Im Januar 1944 stürzte, durch Flak getroffen, eine Halifax auf dem Acker bei Ebendorf ab. Siehe Beitrag 5 am Anfang. Welcher Staffel könnte sie zuzuordnen sein und welche Besatzung war da drin. Was ist ihr Schicksal? Hier könnte eventuell Rothensee etwas weiter helfen. Magado
[ Editiert von Administrator MAGADO-2 am 10.10.13 20:43 ]
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ich kann eine Aussage machen, allerdings kann ich diese nicht zu 100% bestätigen. Am 21.01.1944 sind sehr viele englische Maschinen rund um Magdeburg abgestürzt. z.B. Magdeburg Cracau, Dannigkow, Gommern, Frohse, Pretzien, Glöthe, Stegelitz, Ranies, Wörmlitz ... und auch bei Olvenstedt!
Die Olvenstedter scheint ein heißer Kandidat zu sein. Da es aber auch Verluste gab, die mit "bei Magdeburg" angegeben sind, kann man nicht definitiv sagen welche es war. Auch müssen die Zeitzeugenberichte zu Olvenstedt genau betrachtet werden, da es sich bei Olvenstedt/Ebendorf tatsächlich um die gleiche Maschine handeln KÖNNTE! Das Foto lässt leider keine Rückschlüße auf den Typ zu.
Gesprächs/Gesprächsnotiz 19.12.2008, 13.00Uhr mit H. Menzel
Dieter Graf (heute Lerchenstraße 18, Magdeburg, 0391-6227983 Früher(1945) in Lüttgen Ottersleben, Franz-Seldte- Straße 34 Heute Lüttgen Ottersleben 34
Im Anhang B: -Luftangriffe -Luftverteidigung -Kriegsende -Russen
Den Luftangriff auf Magdeburg, vom 16.Januar 1945, haben wir von dach unseres Hauses in Lüttgen Ottersleben, Franz-Seldte-Straße 34 beobachtet. Unser Haus war dreigeschossig mit Flachdach. Unsere ganze Familie war auf dem dach versammelt, nach dem der eigentliche Luftangriff vorüber war und das beben durch die Detonationen in der Innenstadt, die bis in unseren Keller zu spüren waren, aufgehört hatte. Blutrot flackerte der dunkle Nachthimmel über der Stadt und hier oben auf dem Dach zitterten wir vor Kälte und vor Aufregung. Ab 11.4.1945 Am 18.Februar 1945 wurde bei einem erneuten Luftangriff auch Lüttgen Ottersleben von Bomben getroffen. Es waren, so glaube ich, Fehlabwürfe, denn der größte Teil der Bombenladungen landete zwischen Ottersleben und Diesdorf auf dem Acker. Vermutlich sollte das Lager Poltewerk zerstört werden, wo Munition und Material in diesen Außenlager deponiert war, für die Munitionsproduktion. Jedenfalls hatte Lüttgen Ottersleben mehrere Bombentreffer zu verzeichnen, u.a. auch unser Haus, die Nr.34. Insgesamt waren vier oder fünf kleinere Häuser total zerstört. Bei uns ist es nur das Stallgebäude gewesen. Nach Aussagen des Luftschutzwartes sollen auf Lüttgen Ottersleben drei Kettenbomben? Gefallen sein. Unser Stallgebäude war nur 5m-6m vom Wohnhaus entfernt. Da hatten wir noch viel Glück gehabt. Wir saßen in unserem Luftschutzkeller. Mit unserem Stall war auch das dahinter stehende Mehrfamilienhaus in der Nachbarschaft zerstört worden. Es gab mehrere Tote. Mehrere Tage vor dem Feindalarm(11.4.1945) wurde hinter unserem Haus in der Franz-Seldte-Straße(heute Lüttgen Ottersleben), Richtung Böckelmannsches Anwesen, eine Panzersperre quer über die Straße, aus harten Eichenholzschwellen errichtet. Diese Schwellen von der Bahn wurden senkrecht in Kastenform aufgestellt, von beiden Seiten der Straße. In der Mitte der Straße oder Sperre befand sich eine Lücke, durch die nur noch ein Jeep fahren konnte. Beide Sperrkästen wurden mit Erde und Steine gefüllt. Die Schwellen wurden bis zur Hälfte in der aufgeschachteten Straße eingegraben. Die Errichtung der Panzersperre mussten die Fremdarbeiter Böckelmanns durchführen. Böckelmann war hier der Großgrundbesitzer, der eine stattliche Anzahl von Fremdarbeitern beschäftigte. Verschlossen wurde die Panzersperre in der Mitte mittels eines starken Eisenträgers. Dieser Träger wurde erst bei Auslösung des Feindalarms(am 11.4.1945) von den Fremdarbeitern in die vorgesehenen Führungsschlitze der Sperre eingesetzt. Auch dazu hatte der Großgrundbesitzer Böckelmann eine vielköpfige Mannschaft der sehr geschwächten Fremdarbeiter beordert. Die brauchten jedenfalls viel Zeit dafür. Möglicherweise täuschten sie auch Schwäche vor, um den Einbau des Trägers zu verzögern. Jedenfalls sah es so aus, als hätten sie große Mühe, den Träger in die Öffnung einzufügen. Nachdem Feindalarm kam ein amerikanischer Jeep von Hohendodeleben her mit vier Soldaten, vor die Sperre gefahren, ohne dass auch nur ein Schuss fiel. Die Amis stiegen aus, sicherten nach allen Seiten mit ihren Maschinenpistolen und untersuchten die Panzersperre. Als alles ruhig blieb, hatten die vier Amis ohne Mühe den Eisenträger aus der Verankerung gehoben und an die Straßenseite vor der Sperre geworfen, mit dem sich zuvor die Fremdarbeiter lange herumgeplagt hatten. Gegenüber der Panzersperre befand sich das Grundstück Falkenburgs. Hinter der Grundstücksmauer hatten sich noch bei Auslösung des Feindalarms, bis kurz vor dem Eintreffen der Amis, junge deutsche Soldaten und HJler verschanzt. Sie sollten die Sperre verteidigen. Doch dem Grundstücksbesitzer Falkenberg war es aber noch rechtzeitig gelungen, diese Volkssturmtruppe davon zu überzeugen, das Grundstück zu verlassen und damit die Sperre aufzugeben. Sie rückten auf der Franz-Seldte-Straße Richtung Dorfteich ab. Dadurch wurde für Lüttgen Ottersleben und wohl auch für das Böckelmannsche Anwesen schlimmeres verhindert. Nachdem die vier Amerikaner(wohl am 14.4.1945) den Eisenträger aus der Sperre entfernt hatten, schwangen sie sich in ihren Jeep und fuhren dann durch die Sperre hindurch, sehr langsam, die Maschinenpistolen im Anschlag, die Dorfstraße herunter. Die ersten weißen Fahnen zeigten sich an den Häusern. Die Bewohner hatten einfach weiße Bettlaken aus den Fenstern herausgehängt. Oben, am Ottersleber Teich, gab es dann doch noch eine heftige Schießerei, wo sich die Volkssturmangehörigen, Wehrmachtsangehörige und SS verschanzt hatten. Möglicherweise gerieten die vier Amis im Jeep in ihr Visier. Mit Vollgas kamen die vier Amerikaner in ihrem Fahrzeug wieder auf die Dorfstraße und rasten in Richtung Hohendodeleben weiter. Es muß am 17.April 1945 gewesen sein, da hörten wir ein Brummen in der Luft. Dann kamen die amerikanischen jagdbomber. Mehrere Stunden dauerte dieser Luftangriff, zwischen den Fliegergruppen und deren Anflügen gab es längere Pausen. Bomben wurden abgeworfen, mit Bordwaffen geschossen. Die Stadtrandgebiete Magdeburgs wurden angegriffen. Sudenburg wurde in seinen westlichen Bereichen beschossen und bombardiert und vor allem Georgshöhe. Während der Kampfhandlungen und kurze Zeit danach, um Otterlsleben und vor allem während der Eroberung Magdeburgs(17.-19.4.1945), hatten sechs bis acht Panzer, wohl Shermans, neben dem Böckelmannschen Park westlich, Aufstellung genommen und von hier aus Sudenburg und Magdeburg beschossen. Sie standen hinter den Flakbaracken. Sie schossen pausenlos nach Magdeburg. Wir konnten das alles von unserem Haus aus beobachten. Wir sahen auch, wie ständig der Nachschub an Granaten gebracht wurde. Diese befanden sich in Papphülsen. Die übrig gebliebenen Papphülsen benutzten sie Amis um damit Lagerfeuer zu machen, bei den ehemaligen Flakbaracken. (Anmerkung H. Menzel Irrt hier Herr Graf, wenn er von Shermanpanzer spricht? War es nicht die Feldartillerie der Amerikaner? Das ist wohl eher möglich, denn nur von dieser wurden Granaten größeren Kalibers verschossen, die in Papphülsen antransportiert wurden. Auch die Feldartillerie besaß Geschütze auf Kettenlafetten bis zu 155mm). Die Flakbaracken standen gegenüber unserem Haus Nr.34 in der Franz-Seldte-Straße(heute Lüttgen Ottersleben Nr.34). Hier hatten Flaksoldaten und Flakhelfer 1944 und bis Januar 1945 ihre Unterkunft. Sie gehörten zur Flak-Batterie, bestehend aus drei bis vier 8,8cm Geschütze und Scheinwerfer, auf dem Hängelsberg(Höhe134.0) die dort in einer Senke geschützt stand. Jedenfalls waren damals hier auch ältere Flak-Soldaten untergebracht. Nachdem Magdeburg am 18./19.4.1945 von den Amerikanern eingenommen wat, wurden die Flakbaracken mit einfachen Maschendraht eingezäunt und von mehreren Wachtürmen gesichert. Hier richteten die Amis ein Kriegsgefangenenlager für deutsche Soldaten ein. Dieses Kriegsgefangenenlager existierte nicht lange. Diese deutschen Soldaten waren bald mit LKWs abtransportiert worden. Danach zogen in dieses Lager befreite Fremdarbeiter ein. Das waren meist Franzosen vom Poltewerk und Polen. Mit den polnischen befreiten Zwangsarbeitern gab es aber Probleme. Da diese Leute aus dem Lager gehen durften, es diente ja nur als Unterkunft, kam es hier zu Plünderungen und Übergriffe(Schlägereien etc.). Die Franzosen waren ruhig. Da mein Vater nicht im Krieg war, sondern bei Polte als Maschineneinrichter in der kriegswichtigen Munitionsproduktion, hatte er mit den Franzosen im Werk bereits zu tun. Sie hatten ihn hier in Lüttgen Ottersleben wieder erkannt und sich sogar gefreut. Es war ein herzliches Verhältnis, ganz im Gegensatz zu den Polen. Nachdem die Fremdarbeiter auch verschwunden waren, kamen Umsiedler, die hier, in den ehemaligen Flak-Baracken, längere Zeit wohnten. Die Baracken galten als Notwohnungen. Als die Amerikaner abzogen(1.6.1945) kamen die Engländer/Schotten mit kleinen, sehr kleinen flachen Panzerfahrzeugen. Wir Kinder, ich war damals achteinhalb Jahre alt, spotteten über sie „Spielzeugpanzer!“ Wir Kinder durften aber in diesen kleinen Panzerfahrzeugen ungestört herumklettern. Keiner der Soldaten jagte uns weg. Die Amis und danach die Schotten(Offiziere) wohnten damals u.a. in der Villa - repräsentatives Wohnhaus- des Grundstückes von Hoffmeister, der eine Dampfmüllerei betrieb. Das Grundstück war das Eckgrundstück an der Straße Lüttgen Ottersleben - Am Hügel-, westlicher Ortsausgang. Nachdem die Engländer wer waren, am 1.Juli 1945, gab es in Lüttgen Ottersleben plötzlich Tumult. Es hieß die Russen kommen. Das Bild vergesse ich niemals, nachdem wir es bis dahin nur mit motorisierten Einheiten der Amerikaner und Engländer zu tun hatten, kamen die Russen mit Panjewagen. Es war ein entsetzlicher Anblick, als wir diese „ruhmreiche Rote Armee“ zerlumpt und abgerissen sahen. Zerlumpte Gestalten saßen oben auf dem Panjewagen, die durch Lüttgen Ottersleben, von kleinen Pferden gezogen, fuhren oder nebenher liefen. Ein Dorfbewohner fuhr mit dem Fahrrad und einer roten Fahne in der Hand, vor dem Eintreffen der „Roten Armee“ im Dorf herum. Dieser Bürger war aus Friedenshöhe und kündigte so die neuen Besatzer an. Bevor die Amis abrückten, hatten sie auf unserem Hof, gleich neben dem Tor, eine Menge Versorgungsmaterial und Lebensmittel abgeladen und aufgestapelt. Wir Kinder trauten uns nicht, nur eine Tafel Schokolade zu stehlen, obwohl dieses Lager unbewacht war. Als sie weg waren, war in der Nacht auch das Lager verschwunden. Sie hatten die Sachen aber nicht mitgenommen. Dorfbewohner hatten sich in der Nacht auf unseren Hof geschlichen und alles weggeschleppt, ohne das wir etwas davon mitbekommen hatten. Das Hoftor musste ja steht’s offen bleiben, als die Amis hier waren. Wir hatten von den schönen Sachen nichts abbekommen. Mit den Russen, ab Anfang Juli, hatten wir nichts zu tun. Die quartierten sich in der Nachbarschaft in der Böckelmannschen Villa ein und in den Gutsgebäuden. Ihre Fahrzeuge standen dort auf dem Hof und vor allem im Park herum. Direkte Kontakte zu den Russen hatten eigentlich niemand im Dorf, ganz im Gegensatz zu den Amis und Schotten, mir denen die Mädels von Lüttgen Ottersleben gelegentlich freundschaftliche Beziehungen angeknüpft hatten. Später hatten die Rotarmisten auf dem Böckelmannschen Hof die Pferde des Großgrundbesitzers benutzt um einwenig „Wildwest“ zu spielen, im Park und auf dem Hof wie Cowboys herumzureiten. Kurz nachdem die Amis am 17.4.1945 in Lüttgen Ottersleben waren, hatten sie mit einem Räumpanzer die Straßensperre/Panzersperre gänzlich zerstört, einfach weg geschoben. Dabei wurde auch das Stallgebäude von Falkenbergs Hof, ander Straße gelegen, gleich mit weggerissen. Die Amis bei Hofmeisters hatten ihre Gepäck-Tornister, alle an der Hauswand abgestellt und wir Kinder haben dann ihr Gepäck durchforstet. Die Amis haben von oben aus dem Fenster zugeschaut und sich darüber amüsiert, dass wir Kinder sie nicht bemerkt hatten. Dagegen eingeschritten sind sie nicht. Der Chef vom Lindenhof, Oberstleutnant Hartmann. Koordinierte auch die Luftabwehr im Süden Magdeburgs und im Westen. Dazu gehörte u.a. die Flakbatterie Lemsdorf, die Batterie Hühnengrab am Lauskoch und die Batterie Hängelsberg. Auch die Luftverteidigung des Flugplatzes Süd unterstand seinem Kommando. Reinschrift Teddy
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Das ist wieder so eine Frage. Es gab den Sherman M4 mit 105 mm Haubitze statt der regulären Panzerkanone, der Panzer ist bis auf das andere Rohr optisch gleich, ein solches Modell steht vor dem Museum in Bastogne. Die Munition für die 105er wurde auch in Containern geliefert. Diese Sherman-Variante wurde auf Battailionsebene als Assault Gun Platoon eingesetzt und feuerte in direkten Schuss. Wäre ein Thema dem man sich widmen müsste, um die TOE der Einheiten in Ruhe durchzugehen. Nach der Beschreibung könnte es durchaus so gewesen sein. Vielleicht solltest du mal eine Vergleichslichtbildtafel anfertigen, die die US Panzer und Fahrzeuge im Bild enthält, und die Bilder vorlegen? Dann kann der Zeitzeuge das auf den Bildern zeigen. Ich würde da 4 Bilder auf eine Seite machen.
Ich habe jetzt was dazu gefunden, ich wusse doch dass wir das haben, und zwar bei dem Teilbereich Ausrüstung US Army 2.AD/30.ID, dort #16, sind die Sherman mit der 105 mm Haubitze statt Panzerkanone im TOE zu finden.
Der Kriegseinsatz-Mein Sprung vom Kind zum Erwachsenen (1944 bis 1945)
Eingangs einige einführende Bemerkungen zu den historischen Abläufen, die unser Leben zu jener Zeit bestimmten und zu so frühen Einsatz zum Kriegsdienst führten. Man darf schließlich nicht vergessen, dass wir in der Regel 15- bzw. 16jährige Schüler waren, als wir zu den Waffen gerufen wurden. Schon die schweren Verluste der deutschen Wehrmacht im Sommer/Herbstfeldzug 1941 und vielmehr noch die im Winterfeldzug 1941/42 hatten dazu geführt, dass bereits im April 1942 das OKH den weg freigab für die Einberufung 17jähriger Kriegsfreiwilliger, übrigens von diesem Zeitpunkt an auch ohne Einwilligung der Eltern. Der erneut wachsenden Verluste im Sommer/Herbstfeldzug 1942 und im Winterfeldzug 1942/43, insbesondere das Heer, in eine tiefe personelle Krise geführt. Es wurde zunehmend schwerer, die gewaltigen Menschenverluste, vor allem die an der Ostfront, zu ersetzen. Diese ganze Problematik blieb dem deutschen Volk in seiner masse weitgehend verborgen. Wir empfanden nur ein wachsendes Unbehagen angesichts der sich verschlechternden Kriegslage. Im Februar 1943 war die Schlacht um Stalingrad zu Ende gegangen, für uns ein bedrückendes Erlebnis, den die „unbesiegbare“ Wehrmacht hatte nun eine weitere Niederlage in strategischem Ausmaß hinnehmen müssen. Die Moskauer Schlacht hatten wir so nicht zur Kenntnis genommen, obgleich auch sie schon eine Niederlage von der gleichen Qualität gewesen war, denn sie stellte eigentlich das Menetekel für Scheitern der Blitzkriegsstrategie dar. Im Berliner Sportpalast rief Goebbels nun den totalen Krieg aus, den wir aber zunächst selbst zu spüren bekamen. Die Luftalarme nahmen zu. Allerdings hatte Magdeburg seit 1941 keinen Luftangriff mehr erlebt und die je zwei Luftangriffe 1940 und 1941 hatten nur geringe Opfer gefordert. Doch der Luftkrieg über Deutschland entwickelte sich zunehmend zu einer front, die immer mehr Menschen erforderte. Die riesigen personellen Verluste an den Fronten, vor allem der Ostfront, führten dazu, dass dem Heer ständig Personal aus anderen Wehrmachtteilen, vor allem der Luftwaffe, zugeführt werden musste. Die Luftwaffe ging auch hier anfangs einen Sonderweg, sie bildete die Luftwaffen-Felddivisionen, die für den Einsatz im Rahmen des Heeres bestimmt waren bis 1944 ihre endgültige Überführung ins Heer erfolgte. Vor allem die Flak-Verbände wurden von diesem Aderlass betroffen. Das führte aber zu einer weitgehenden Schwächung der sogenannten „Reichsverteidigung“, die angesichts der alliierten Luftangriffe so nicht mehr hinnehmbar war. Daher ergab sich die Notwendigkeit, die jungen Soldaten, die von dem im Reichsgebiet stationierten Heimatflak-Batterien abgezogen worden waren, durch anderes Personal aufzufüllen, um so die Batterien wieder voll einsatzfähig zu machen. Aber die personelle decke war zu kurz, so dass sich das als äußerst kompliziert erwies. So wurde die Idee geboren, russische Kriegsgefangene zu Hilfsdiensten wie Munitionstragen in den Heimatflakbatterien heranzuziehen und Arbeiter der Rüstungsbetriebe als Flakwehrmänner nachts in den Batterien einzusetzen. Auch der Reichsarbeitsdienst stellte das Personal für zusätzliche Flakbatterien bereit. Aber alles das reichte bei weitem nicht aus, die personellen Lücken zu schließen. Ab Herbst 1942 „prüfen“ daher Reichsluftfahrtministerium und Reichserziehungsministerium, in welchem Umfange auch Schüler und Lehrlinge zum Kriegshilfsdienst in der Flak herangezogen werden könnten. Das Ergebnis war, dass vorerst die Schüler der Höheren und Mittleren Schulen zum Dienst als Luftwaffen- bzw. Marinehelfer in den Flakbatterien zum Einsatz vorgesehen wurden. Im März 1943 erfolgten die ersten Einberufungen von Schülern auch unserer Schule als Luftwaffenhelfer zur Flak. Es waren die Schüler des Jahrgangs 1927, die in der 6.Klasse waren, so dass wir, die im April in die 5.Klasse kamen, uns ausrechnen konnten, wann wir einzurücken hätten. Viele von uns freuten sich also das ganze Jahr schon auf die Zeit, in der wir endlich selbst Krieg führen konnten und nicht immer nur davon lesen mussten. Ich gehörte auch dazu, wenn ich auch lieber als Marinehelfer eingezogen worden wäre. Und dieser Zeitpunkt rückte schneller heran als wir anfangs glaubten. Schon im November 1943 erhielten alle Schüler des Jahrgangs 1928 ihre Einberufung für den 10.Januar 1944. das bedeutete, dass die beiden 5. Klassen unserer Schule neu strukturiert werden mussten Alle Schüler des Jahrgangs 1929 aus den beiden Klassen wurden zu einer zusammengefasst, die in der Schule verblieb. Wir anderen bildeten ebenfalls eine Klasse, die zur Flak ging, denn ursprünglich sollte der Unterricht in konzentrierter Form weitergeführt werden, um auch uns den Wissensstand zu vermitteln, der für den Erwerb der Mittleren Reife erforderlich war. Deshalb wurden wir anfangs auch nur in Flakstellungen eingesetzt, die in unmittelbarer Nähe unserer Heimatorte lagen. Diese Umstrukturierung erfolgte während der Weihnachtsferien 1943, so dass wir mit Beginn des Jahres 1944 schon den neuen Klassenverband bildeten. Uns beschlich doch ein etwas seltsames Gefühl, als es nun wirklich Ernst mit dem Einsatz im Kriege wurde. Das Soldatische überhaupt und der Soldat im Besonderen stellte, zumindest seit dem Kriege von 1870/71, ein leuchtendes Vorbild für viele, vielleicht sogar für die meisten Jungen in Deutschland dar, mich ausgenommen. Das soldatische Ideal war die Wertvorstellung, die unser Leben bestimmte, dieses Ideal sollte nun in Zukunft unser Handeln bestimmen. So fühlte wohl die Mehrheit von uns und wir bedauerten die, die noch an der Schule verbleiben mussten. Für mich persönlich stellte das einen überaus tiefgreifenden Einschnitt in einem bisherigen Leben war. Wie tiefgreifend dieser Einschnitt war, habe ich erst viel später begriffen, als mir klar wurde, dass ich viele Namen meiner Klassenkameraden aus der Zeit vor der Trennung unserer Klassen vergessen habe, aber nicht die Namen derer, mit denen ich zusammen zur Flak eingerückt bin und mit denen ich das erste Jahr im aktiven Kriegseinsatz verbrachte. Am 10.Januar1944 um 8Uhr morgens hatten wir uns auf unserem Schulhof einzufinden, natürlich in HJ-Uniform. Mitzubringen hatten wir unsere persönlichen Gegenstände zur Körperpflege, unser Sportzeug, Schuhputz- und Nähzeug sowie sonstige Kleinigkeiten, die man so brauchte. Das alles war in einem Pappkarton verpackt, der wiederum gebraucht wurde, um nach erfolgter Einkleidung unsere eigenen Bekleidungsstücke aufzunehmen, die dann nach Hause geschockt wurden. Ich sehe noch sehr deutlich meinen Abschied von zu Hause vor mir. Als ich über den Hof ging, stand Mutter am Fenster und winkte mir nach. Sie hat sicher geweint, als sie nun ihren „Großen“ in den Krieg ziehen lassen musste. Mütter weinen dann immer, weil sie um die gefahren wissen, die auf ihre Söhne warten. Die Söhne selbst sehen das natürlich ganz anders, zumindest die meisten von ihnen. Vor der Tür wartete schon Manfred Bruchmüller auf mich. Diesmal gingen wir allein zur Schule, denn unser dritter Freund, Rolf Struszewski, gehörte zum Jahrgang 1929 und blieb zu Hause. Auf dem Schulhof am Westring versammelten sich dann die rund 30 neuen Krieger und harrten der Dinge, die da auf sie zukommen würden. Von der markigen Abschiedsrede unseres Rektors habe ich nicht mehr im Gedächtnis. Sicher sprach er von Vaterlandsverteidigung.
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Einsatzbereitschaft, Heldentum und ganz sicher von der „Treue zum Führer.“ Danach übernahm uns ein Unteroffizier unserer zukünftigen Batterie. Dich statt mit stolzem Marschgesang abzumarschieren, wie wir es erwartet hatten, führte er uns ganz unsoldatisch zur Straßenbahn. So wurde nichts aus dem „triumphalen Auszug der Helden in die Schlacht“, mit dem wir unsere zurückbleibenden Mitschüler zu beeindrucken gedachten. Mit der Bahn fuhren wir bis zur Endhaltestelle der Linie I, die sich damals noch an der Kastanienstraße in Neustadt befand und marschierten von hier aus ebenfalls in aufgelöster Ordnung zu unserer Batterie, die direkt an der Chaussee nach Ebendorf lag. Es war ein trüber nasskalter Januartag und unsere Hochstimmung war während des Marsches doch etwas gedämpft worden. Der Empfang in der Batterie überraschte uns nicht, sondern vollzog sie wie es erwartet hatten, nämlich mit militärischen Drill und Tempo. Als erstes erfolgte die Einteilung auf die Gefechtsabschnitte, für die wir vorgesehen waren. Die kräftigsten von und kamen von uns an die Geschütze, der Rest wurde auf Kommandogeräte 40, Umwertung und Funkmessgerät, kurz FuMG genannt, aufgeteilt. Die letzteren Bezeichnungen sagten uns Neulingen noch wenig. Ich geriet in die Umwertung. Unser Gruppen- bzw. Korporalschaftsführer, kurz Kapo, war der Unteroffizier Albert Stahlecker. Er stammte irgendwoher aus Südwestdeutschland, wie sein Dialekt verriet. Er war uns von Anfang an sympathisch und ein Vorgesetzter, an den ich noch heute mit Respekt zurückdenke, kein preußischer Kommisstyp, kein Schleifer, aber in der Ausbildung konsequent und steht’s mit Verständnis für uns Jungen, die nun in den Alltag des Krieges geworfen worden waren. Durch seine gesamte Haltung, besonders seinen Untergebenen gegenüber, wäre er für mich ein echtes Vorbild in meiner späteren militärischen Tätigkeit geworden. Das ganze Gegenteil zu ihm war sein Nachbar, Unteroffizier Bozau, Leiter des FuMG. Der stellte sich schnell als ein ausgemachter Schleifer heraus, der seiner Truppe kaum Ruhe gönnte. Er wollte mit Gewalt die beste Gruppe -er nannte sie immer Korporalschaft- der Batterie haben. Nach der Einteilung führte uns unser neuer Kapo zur Kammer zum Einkleiden. Wir bekamen die volle Ausrüstung eines Soldaten des Zweiten Weltkrieges, allerdings keine Waffen. Dazu gehörte eine Dienstuniform, eine Ausgangsuniform mit Mantel, ein Drillichanzug, ein Übermantel zur Wache, Mütze, Käppi und Stahlhelm, ein Paar Stiefel, die so genannten Knobelbecher und ein Paar Schnürschuhe, Unterwäsche in doppelter Ausführung, die einmal wöchentlich getauscht wurde, sowie mehrere Paar Strümpfe und Fußlappen für die Stiefel. Natürlich durften Gasmaske und Brotbeutel mit Kochgeschirr, Feldflasche und Trinkbecher nicht fehlen, obgleich wir in unserem festen Quartier von Tellern aßen. Auch die Erkennungsmarke, die uns ausgehändigt wurde, machte uns klar, dass es nun Ernst wurde. Diese Erkennungsmarke war zweigeteilt und konnte in der Mitte durchgebrochen werden. Auf beiden teilen enthielt es die wichtigsten Daten des betreffenden Soldaten, vor allem die Wehrstammrollennummer. Im Todesfall wurde die eine Seite dem zuständigen Wehrbezirkskommando, das die Wehrstammrolle führte, zugesandt und der zweite Teil blieb bei dem toten Soldaten. Selbst wenn beide Teile bei dem gefallenen bleiben, war er nach Auffinden immer noch zu identifizieren. Dieses System erlaubte eine exakte Erfassung der Verluste und ermöglichte die Benachrichtigung der Angehörigen. Trotz dieser Möglichkeit hat die Naziführung oftmals gefallene Soldaten den Angehörigen als vermisst gemeldet, um die ungeheuren Verluste zu vertuschen. Die Zeitungen waren sowieso schon mit seitenlangen Traueranzeigen für gefallene Soldaten gefüllt. Weiterhin gab es pro Person zwei Woodecken, von denen die eine in die ebenfalls ausgegebene karierte Bettwäsche eingezogen werden musste, während die andere am Fußende des Bettes zu liegen hatte. Im Bett selbst lag ein Strohsack, die echte „Freude“ für jeden Soldaten, denn das Bett musste steht’s glatt wie ein Brett gebaut sein und die karierte Bettwäsche in exakt abgezählten Karos liegen. Wie tief diese „Freude“ sein konnte, versteht nur der, der selbst einmal mit einem Strohsacke eine glatte Fläche hat herstellen müssen. Zwei Sachen wunderten uns bei der Einkleidung sehr. Einmal waren das die langen Unterhosen, die wir unser Leben lang noch nicht getragen hatten und hier nun Vorschrift wurden. Zum anderen war das die HJ-Armbinden, die wir zu unserer Ausgangsuniform geliefert bekamen. Das war ein echtes Ärgernis, denn wir fühlten uns nicht mehr als Hitlerjungen, sondern als Soldaten. Folglich verschwand das Ding unverzüglich, sobald wir die Batterie verlassen hatten. Das Gleiche geschah mit dem HJ-Abzeichen an der Mütze, es wurde ebenso unverzüglich durch einen Hoheitsadler der Luftwaffe ersetzt. Das war eigentlich ein Dienstvergehen und hätte uns Arrest einbringen können, wenn wir erwischt worden wären. Doch unsere Vorgesetzten sahen großmütig darüber hinweg. Sie hielten das, genau so wie wir, für ausgemachten Unsinn, denn im Einsatz gegen die alliierten Bomberverbände zogen wir alle an einem Strang. Ich darf hier einfügen, dass diese leidige Geschichte ihren Ursprung in der Entstehung des Einsatzes der Luftwaffenhelfer hatte. Nachdem sich Luftfahrt- und Erziehungsministerium über die Modalitäten des Einsatzes von etwa 200.000 zukünftigen Luftwaffen- und Marinehelfer geeinigt hatten, wollte auch noch die Reichsjugendführung ihr Süppchen kochen, denn sie verlor während des Krieges zunehmend an Einfluss zugunsten der militärischen Behörden. Also erwirkte sie bei Hitler die Genehmigung diesen Einsatz als „Kriegshilfsdienst der deutschen Jugend“ zu deklarieren und die politische Führung zu übernehmen. Wir allerdings pfiffen auf die Meinung der Reichsjugendführung und dachten nicht daran, uns weiter als Hitlerjungen zu fühlen. So konnte sie uns zwar die Hakenkreuzarmbinden aufzwingen, nicht aber durchsetzen, sie auch zu tragen. Auch der vorgeschriebene Hitlerjugend-Dienst fand -soweit ich mich erinnere- nicht ein einziges Mal statt, obgleich Joachim Härter aus der Ebendorfer Straße bei uns als Gefolgschaftsführer eingesetzt worden war, aber auch er dachte nicht im Geringsten daran, diesbezüglich tätig zu werden. Es wurde einige Male auf die HJ-Bann-Dienststelle befohlen und das war es dann auch. Allerdings hatte das für mich einen Vorteil, denn eines Tages brachte er die Nachricht von dort mit, ich wäre zum Rottenführer befördert worden. Das war mir zwar schnurzpiepegal, aber manchmal brauchte man so etwas doch, wie sich noch zeigen wird. Aber ich bin vorausgeeilt. Der erste Tag unseres Soldatendaseins verging also mit Einteilung, Einkleidung, Einweisung in die wichtigsten Dienstobliegenheiten, Revierreinigen und natürlich dem Üben von Bettenbau und Spindordnung. Damit waren wir bis zum Abend voll beschäftigt. Wie gesagt, das Bett musste gerade wie ein Bett sein, bei den alten Strohsäcken, die wir hatten, eine wahre Kunst, die wir allerdings sehr schnell lernten. Im Spind hatte eine genaue Ordnung zu herrschen, der Platz für jeden Ausrüstungsgegenstand war genau vorgeschrieben, oben auf dem Spind hatten Stahlhelm und Gasmaske zu stehen, genau ausgerichtet. Obendrein hatte der Spind steht’s verschlossen zu sein wegen angeblicher „Verleitung zum Kameradendiebstahl.
Fortsetzung Dr. Grigoleit folgt
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“ Hatte das jemand vergessen und einer der Unteroffiziere kam vorbei, so konnte er fast immer sicher sein, seinen Spind ausgeräumt vorzufinden. Dann lag der gesamte Spindinhalt auf einem Haufen in einer decke und er hatte die Aufgabe, das Ganze innerhalb von zwei Minuten wieder einzuräumen, natürlich exakt nach Vorschrift. So geschah es auch beim Bettenbau. War da auch nur irgendeine Falte oder Unebenheit und sei es auch nur in der Phantasie des betreffenden Unteroffiziers, wurde das gesamte Bett zusammengerissen und der „richtige“ Bettenbau so lange geübt, bis der Herr Unteroffizier geruhte, zufrieden zu sein. Dass das Bett oftmals dann nicht so gut aussah, wie zu Anfang der Prozedur, war dabei völlig unerheblich. Natürlich lernten wir alles nicht am ersten Tag, aber wir hatten es dennoch in wenigen Tagen intus, der militärische Drill sorgte sehr schnell. Neben dem Drill gab es eine weitere beliebte „Erziehungsmethode“, die von unseren Unteroffizieren mehr oder weniger stillschweigend geduldet und zum Teil gefördert wurde, nämlich den „Heiligen Geist.“ Er erschien immer dann, wenn in einer Korporalschaft jemand öfters auffiel und damit das Ansehen der Gruppe schädigte. Nun war der betreffenden Korporalschaft ihr Ansehen bei irgendwelchen Personen vielleicht mehr oder wenig gleichgültig. Nicht gleichgültig konnte es ihr aber sein, wenn sie wegen eines ihrer Mitglieder Sonderdienste, Strafexerzieren oder sogar Ausgangssperren aufgebrummt bekam. Einige der Unteroffiziere ließen durchblicken, dass man in solchen Fällen doch zur „Selbsterziehung“ schreiten könne. Das sah dann so aus, dass nachts einige vermummte Gestalten in die Unterkunft des Delinquenten eindrangen, ihm eine Decke über den Kopf zogen und ihm den Hintern mit Schuhcreme schwarz färbten. Gemein wurde es, wenn die Schuhcreme dann auch noch polierten, denn dann war sie ganz schlecht wieder abzuwaschen. Geprügelt wurde dabei selten. Zu Prügeleien kam es nur, wenn die Stubengenossen des „Ausersuchten“, ihn beschützen und die Eindringlinge gemeinsam zurückschlugen. Dann ging es wenig zärtlich zu. So sah es eines Tages Ende Januar in unserer Nachbarstube. Dort wohnte Wolfgang K., der ein echter Bewegungstrottel war und auch sonst ein eben nicht angesehener Zeitgenosse. Er fiel immer aus der Rolle und unsere Umwertung entsprechend auf. Das gefiel wiederum unseren Oberhelfern nicht, die wir ablösen sollten, denn auch sie wurden in Mitleidenschaft gezogen. So erschienen sie eines nachts bei Wolfgang, um ihn zu „erziehen“. Sie hatten jedoch nicht mit unserem Korpsgeist gerechnet. Uns gefiel sein Auftreten auch nicht, aber er gehörte zu uns. Es kam zu einer wilden Prügelei im Dunkeln, weil sich niemand traute, Licht zu machen, um nicht den UvD auf den plan zu rufen. Doch von daher drohte keine Gefahr, denn auch die Unteroffiziere, die auf unserem Flur wohnten, hörten trotz der dünnen Barackenwände angeblich keinen Laut. Das Problem hatten wir ganz allein unter uns auszumachen. Nun einige Bemerkungen zu der Einheit, in der wir eingesetzt wurden. Es war die 1.Batterie der schweren Flak 495(o). Das (o) bedeutete ortsfest. Als militärische Abkürzungen hieß es einfach: 1.schw.Flakabt.495(o) mit der Feldpostnummer L31 218. Die Batterie bestand aus sechs Geschützen vom Kaliber 8,8cm des Baujahres 1936, die in der Reihenfolge die Bezeichnungen „Anton“, „Berta“, „Cäsar“, „Dora“, „Emil“ und „Frieda“ trugen. Dazu gehörten weiter das Kommandogerät40 mit einer 4-Meter-Basis, das Funkgerät, kurz FuMG genannt, heute sagt man dazu Radargerät und die Umwertung mit dem so genannten Malsi-Gerät. Dieses Gerät war von einem Oberst Malsi konstruiert worden und diente der Umrechnung von Schießwerten anderer Batterien auf die eigene Position. Zu unserer Flakabteilung 495 (o) gehörten noch die Batterien in Olvenstedt, Barleben und in Rothensee sowie die auf dem Weinberg bei Hohenwarthe. Die Ausstattung der Heimatbatterien erfüllten vom Stand der Kriegstechnik her im Prinzip alle Anforderungen an eine moderne Kriegsführung. Scheinwerfer und Horchgeräte kamen im vierten Kriegsjahr kaum noch zum Einsatz, sie waren viel zu ungenau, vor allem aber genügte ihre Reichweite gegenüber den in großen Höhen anfliegenden alliierten Bomberverbänden längst nicht mehr. Dafür hatten wir für die Auffassung der Ziele bei Nacht oder bei bewölktem Himmel das FuMG und bei Tag und klarem Himmel das Kommandogerät, das die Ziele optisch erfassen konnte. Das Kommandogerät stellte eine Einheit von optischen Meßgerät und Rechner dar. Der Rechner konnte auch die Werte des Funkmessgerätes und die vom Malsi-Gerät umgerechneten Werte verarbeiten. Dieses System erfüllte also die Funktion einer idealen Feuerleitzentrale für die Geschütze. Jedes der sechs Geschütze war mit dem Kommandogerät verbunden, über die die ermittelten Schießwerte geleitet wurden. Die Richtschützen hatten eigentlich nichts anderes zu tun, als einen Zeiger mittels eines Handrades mit einem vom Kommandogerät gesteuerten zweiten Zeiger in Übereinstimmung zu bringen. Allerdings brauchte man dazu große Meisterschaft, denn jede noch so kleine Abweichungen am Gerät bedeutete beim Schießen eine Abweichung von mehreren hundert Meter vom Ziel. Das Kommandogerät errechnete nicht nur den Höhen- und Seitenwinkel zum Ziel mit dem erforderlichen Vorhaltewinkel, sondern stellte auch automatisch die Zünder an den Flakgranaten ein. Jede Granate musste vor dem laden in das Zündereinstellgerät gestellt werden, das vom Kommandogerät gesteuert wurde. Bei einem Ausfall der Messwerte des eigenen FuMG kam das Malsi-Gerät zum Einsatz, das in der Lage war, die Messwerte anderer Batterien auf den eigenen Standort umzurechnen und so dem Kommandogerät trotzdem die entsprechenden Werte für eine erfolgreiche Feuerleittätigkeit zugänglich zu machen. Aus dem gesagten ergibt sich, dass das Kommandogerät und seine Besatzung das Hirn der gesamten Batterie war. Hier wurde meine Gruppe eingesetzt und wir bildeten uns nicht wenig darauf ein. Zur Stammbesatzung von B I, dem Kommandogerät, gehörten der Leutnant Grunwald, die Unteroffiziere Lengert und Hergenröther sowie die Gefreiten Kraft und Merx. Sie waren neben den Unteroffizieren Stahldecker und Bozau unser Ausbildungsperonal. Die beiden Gefreiten waren noch ganz junge Leute. Es grenzte nahezu an ein Wunder, dass sie noch in einer Heimatflakbatterie dienten, aber als Spezialisten für das hochtechnische Kommandogerät40 waren sie anscheinend unabkömmlich. Noch einige Bemerkungen zum Malsi-Gerät und dem Prinzip der Umwertung. Die angloamerikanischen Bomberverbände hatten gegen ihre Ortung durch das FuMG ein Abwehrsystem entwickelt, das bei uns „Dümpel“ genannt wurde. Es handelte sich hierbei um Tausende von Staniolstreifen, die von den Führermaschinen abgeworfen wurden und so jedes Auffassen durch das Radar unmöglich machten. Die Bildschirme wimmelten dann von einer Unzahl von „Zielpunkten“, hinter der die anfliegenden Bomber nicht mehr auszumachen waren. Das war nachts und bei geschlossener Wolkendecke durchaus erfolgreich. Da aber der Wirkungskreis der Düppel-Streifen seine Grenzen hatte, war es ohne weiteres möglich, dass Funkmessgerät günstiger gelegener Batterie trotzdem Messwerte bekamen, die dann mittels des Malis-Gerätes auf den eigenen Batteriestandort umgerechnet werden konnten. Bei uns lief bald der Spottvers um: „Ein bisschen Blech, ein bisschen Holz, ein bisschen Draht, fertig ist der Malsi-Apparat.“ Das stimmte zwar in der äußeren Form, aber nicht in der Sache, denn die Entwicklung des Obersten Malsi war wirklich eine mathematische Meisterleistung, selbst in ihrer äußerlich primitiven praktischen Umsetzung Der Apparat selbst bestand nämlich nur aus einer großen runden Platte mit einem Messtischblatt des betreffenden Gebietes darauf, auf das die Kurse der anfliegenden Bomber aufgezeichnet wurden und zwei runden Trommeln unterhalb der Platte, auf die Höhen- und Seitenwerte übertragen wurden. Das ganze war durch ein spezielles Zugsystem aus Draht miteinander verbunden. Das war es dann auch schon. Wenn es gelang, die Werte der anderen Batterien richtig auf dieses Gerät zu übertragen, konnte man die exakte Position des feindlichen Bomberverbandes errechnen. Und wenn es dann abermals gelang, diese Position richtig dem Kommandogerät zu übermitteln, konnte dieses die genauen Schusswerte für die Batterie errechnen. Wenn diese Werte wiederum richtig von den Geschützen übernommen werden konnten, war eine erfolgreiche Bekämpfung des feindlichen Kampfverbandes garantiert. So erwies sich dieses Gerät trotz seiner äußerlichen Primitivität durchaus als ein effektives System im Rahmen der Luftverteidigung Deutschlands. Wie gesagt, verfügte unsere Batterie über sechs Geschütze vom Kaliber 8,8Flak 36. wie sie kurz genannt wurde, war zwar eine ausgezeichnete Kanone, aber bei ihrer Reichweite von 10.000 Metern und bei Angriffshöhen der amerikanischen B17 „Fortress II“ von fast immer 8.000 Meter Höhe, war unser Feuerbereich für eine intensive Bekämpfung eines anfliegenden Bomberpulks einfach zu klein. So manches Mal erwies sich dieser Sachverhalt als schmerzliches Handicap bei der Abwehr feindlicher Luftangriffe auf Magdeburg. Nur bei einem direkten Anflug konnten wir unsere ganze Feuerkraft entfalten. Dann aber hatten die angreifenden Bomberpiloten nichts zu lachen, den ein dichtes Flaksperrfeuer zu durchfliegen gleicht einem Flug durch die Hölle. Die Wirkung der Flakgranaten liegt nämlich nicht so sehr in einem direkten Treffer, sondern vielmehr in der weit streuenden Splitterwirkung, die den anfliegenden Bombern kaum eine Lücke ließ. Unbeschädigt kamen nur wenige davon, wie die Berichte nach dem Kriege bestätigten. Zur richtigen Bewertung der Funktion eines Fliegerabwehrsystems sollte man noch wissen, dass der Erfolg der Flak nicht vordergründig an den Abschüssen zu messen ist, sondern daran, dass durch uhr feuer die Bomber am gezielten Bombenabwurf gehindert werden. Es kam also in erster Linie darauf an, durch ein dichtes Sperrfeuer den Schutz der Objekte zu garantieren. Wenn dazu dann auch noch Abschüsse kamen, umso besser. Die Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges besagen, dass eine Verlustquote von nur etwa fünf Prozent für die anfliegenden Bomberverbände auf die Dauer nicht zu verkraften ist, weil Verluste an hochausgebildetem Personal nur sehr schwer zu ersetzen sind. Außerdem ist die psychologische Wirkung nicht zu unterschätzen, die ein konzentriertes Flakfeuer auf die Bomberbesatzungen ausübt. Das alles wurde uns zwar in unserer Ausbildung vermittelt, wir glaubten es sogar, waren aber doch im Grunde genommen, nicht so ganz davon überzeugt, denn wir übersahen immer nur unseren kleinen Abschnitt mit wenigen, oftmals keinen Abschüssen. Wir konnten also niemals den gesamten Weg der Bomberverbände mit ihren Gesamtverlusten einschätzen. Erst das erlaubte eine reale Einschätzung der Ergebnisse der Flakabwehr. So erschien uns oftmals unser Einsatz von wenig Erfolg gekrönt. Diese Gedanken, die sich im Laufe des Jahres 1944 immer mehr verstärkten, kamen unter anderem in kleinen Spottliedern über unsere Waffengattung zum Ausdruck. Damals war ein von der bekannten Filmschauspielerin Marika Rökk gesungener Schlager in aller Munde, dessen Text etwa so begann: „Auf dem dach der Welt, da steht ein Storchennest und da sitzen hunderttausend kleine Babys drin…“ bei uns wurde daraus: „Auf dem Dach der Welt, da steht eine Flakbatterie, die schießt die ganze Nacht, doch treffen tut sie nie…“ Man könnte nun in Bezug auf Goethe sagen: „Wer sich nicht selbst zum besten halten kann, gehört bestimmt nicht zu den Besten“, aber mir scheint, dass hier bei uns schon im Unterbewusstsein die Einsicht eine Rolle spielte, dass wir trotz vieler erfolge gegen die alliierte Luftüberlegenheit immer hilfloser wurden. Doch zurück zu unserer neuen Heimat. Unser Batteriebereich war gut ausgebaut. Schließlich bestand dieser Standort ja schon seit Ende 1941 nachdem die Batterie von Dinard in Nordfrankreich nach Deutschland zur Heimatverteidigung verlegt worden war. Direkt neben der Chaussee lagen ein Geräteschuppen und zwei Mannschaftsbaracken. In der einen wohnten die Offiziere und die Portepeeunteroffiziere sowie einige der anderen Unteroffiziere. In der zweiten befanden sich die Schreibstube und Kantine sowie ein Teil der Mannschaftsunterkünfte. Auch unsere Unterkunft befand sich hier. Es war eine einfache Stube, belegt mit den zehn Mann, folglich mit zehn betten, natürlich als Doppelstockbetten angeordnet, zehn Spinden, einem Tisch und zehn Schemeln. Stühle waren für die Mannschaft Luxus. Auf den Schemeln hatten nach dem Schlafengehen die Uniformsachen bei einem eventuellen Alarm griffbereit zu liegen, natürlich militärisch als Päckchen gelegt. Die Schemel mussten auch zum Unterricht mitgenommen werden, da in der Kantine, die gleichzeitig als Schulungsraum diente, nicht genug Sitzgelegenheiten vorhanden waren. Parallel zu der großen Baracke, in der sich unsere Unterkunft befand, lagen Küche und Waschraum und zwei kleinere Mannschaftsbaracken, kurz Bunker genannt, weil’s sie mit einem Erdwall umgeben waren. In der einen wohnten die russischen „Hiwis“ und in der anderen ein Teil der älteren Luftwaffenhelfer. Der große Rest wohnte direkt neben den Geschützen in entsprechenden kleinen „Bunker“, immer zu zehn bis zwölf Mann. Zwischen den Geschützen befand sich ein großer Sportplatz, der aber im allgemeinen zu unserem „Schleifstein“ umfunktioniert wurde. Am Rande des Sportplatzes standen noch einige ausgemusterte Scheinwerfer herum. Etwas abseits lag unter einer dicken Betondecke die Nachrichtenzentrale der Batterie. Die Wege innerhalb der Batterie waren mit Schotter befestigt und wo eine solche Befestigung nicht möglich war, lagen Lattenroste, so dass man auch bei Regenwetter bequem und trockenen Fußes an seinen Einsatzort gelangen konnte. Nun sollte man nicht annehmen, dass unsere Stimmung am ersten Abend fern von zu Hause ge drückt war. Mitnichten- wir trieben trotzdem allerhand Unfug und waren vor allem neugierig, was der nächste Tag bringen würde. Jedenfalls war das mein befinden und ich bin sicher, dass das auch meinen Kameraden so war. Dieser nächste Tag, der 11.Januar, war unser erster Ausbildungstag. Im März 1944 nämlich sollten die alten Luftwaffen-Oberhelfer entlassen werden. Bis dahin hatte unsere Ausbildung abgeschlossen zu sein, damit wir ihre Plätze voll ausfüllen konnten. So begannen Wochen intensiver Schulungen an unseren Geräten, in der Theorie des Flakschießens, kurz Flakschießlehre, in den militärischen Dienstvorschriften und- wie hätte es in einer preußisch-deutschen Armee auch anders sein können- mit einem harten Drill in der Infanterieausbildung. Wir waren ja aus der HJ Gott sei Dank schon einiges auf diesem Gebiet gewöhnt, aber das hier war eine völlig neue Qualität, die wir hier kennenlernten. Es überraschte uns wirklich, was gestandene Zwölfender aus der Reichswehr mit uns auf diesem Gebiet anzustellen verstanden. Und dabei behaupten sie Rücksicht auf unser Alter nehmen würden. Fortsetzung Dr. Grigoleit folgt
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