Toller detailreicher Artikel, prima. Offensichtlich ging der Transport über das Gelände der HVA. Ein Detail das mir so nicht bekannt war. Im Normalfall wäre das sicherlich nicht ohne Wissen der Kommandantur möglich. Jedoch in diesen letzten Kriegstagen war es sicherlich der kürzeste Weg oder die vorhandenen Karten veraltet. Wer weiß.
81 Jahre nach dem D-Day: Zeitzeuge erzählt: So endete der zweite Weltkrieg in Haldensleben
ZitatVor 81 Jahren läuteten die Alliierten mit ihrer Landung in der Normandie das Ende des Zweiten Weltkriegs ein. Ein Zeitzeuge erinnert sich an die letzten Kriegstage in Haldensleben. ...
Kriegsende 1945 Wie der Haldensleber Karl-Heinz-Vogeley das Frühjahr 1945 in der Stadt erlebte
Karl-Heinz Vogeley, Jahrgang 1929, ist ein waschechter Haldensleber. Als 16-Jähriger hat er das Ende des 2. Weltkriegs in seiner Heimatstadt erlebt. Von Jens Kusian 01.07.2021, 11:29
Haldensleben - Der 2. Weltkrieg ist in Haldensleben am 13. April 1945 zu Ende gegangen - mehr als drei Wochen vor der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht. Zu diesem Zeitpunkt war Karl-Heinz Vogeley 16 Jahre jung, hatte soeben die mittlere Reife erworben. „An diesem Tag gab es Feindalarm in Haldensleben“, blickt der heute 92-Jährige zurück. „Und dann standen auf einmal drei amerikanische Panzer auf dem Marktplatz.“
Haldensleben war zu diesem Zeitpunkt Lazarettstadt. Etwa 8000 Verwundete waren in der Stadt untergebracht, die überwiegend im Krankenhaus in Haldensleben III - dem heutigen Ameos Klinikum für Psychiatrie - und in der damaligen Mittelschule an der Maschenpromenade versorgt wurden, „Daher wurde Haldensleben kampflos übergeben, kein einziger Schuss ist damals gefallen“, weiß Vogeley. Zuvor allerdings hatte die Wehrmacht noch die Brücken über den Mittellandkanal gesprengt, um den Vormarsch der Amerikaner aufzuhalten.
Den ersten Kontakt mit den Besatzern hatte Karl-Heinz Vogeley eine Woche später. „Am 20. April standen plötzlich amerikanische Soldaten vor der Tür und befahlen uns, das Haus sofort zu verlassen. Meine Mutter war völlig fassungslos und wusste gar nicht, was sie machen sollte. Sie war völlig überfordert.“ Nur mit dem Nötigsten an Garderobe und mit den Betten verließ die Familie ihr Haus an der Bornschen Straße. Beim Schneidermeister Kaiser in der Langen Straße fand sie Unterschlupf.
„Wir hatten zuhause Hühner, die habe ich weiterhin jeden Tag gefüttert. Als ich am 24. April hinkam, war es völlig still. Alle Türen standen offen, das Haus war leer, die Amerikaner waren weg.“ Der 16-Jährige schaute sich neugierig im Haus um - und entdeckte einige Flaschen Whiskey. „Da habe ich das erste Mal Schnaps getrunken. Ich war dann so besopen, dass ich eingeschlafen bin.“ Noch reichlich angetütert konnte er seinen Eltern erst am Abend erzählen, dass ihr Haus wieder leer sei. Allerdings lief er auf dem Weg durch die Stadt am Stendaler Tor einem Wachposten in die Arme, der den Jungen aber angesichts seines Zustandes passieren ließ. „Ab 18 Uhr herrschte ja Ausgangssperre, da hatte ich richtig Glück“, erzählt der Haldensleber. Kontakt mit den Amerikanern
Die US-Soldaten waren zumeist in hermetisch abgeriegelten Bereichen in Haldensleben einquartiert. „Doch auch bei uns im Nachbarhaus waren Amis untergebracht.“ Täglich hatte Karl-Heinz Vogeley mit ihnen zu tun. „Das waren ganz normale junge Männer. Ich konnte mir gar nicht mehr vorstellen, dass das bis vor kurzem noch unsere Feinde waren“, erzählt er.
Unzertrennlich ist der Jugendliche mit seinem Freund Helmut. Die beiden Jungs spielen gern Tischtennis - und fordern die Soldaten heraus. „Wir hatten aber nur eine kleine Platte, da waren wir unschlagbar. Die Amis haben wir so richtig abgekocht“, freut sich Vogeley noch heute mit einem dicken Schmunzeln im Gesicht darüber. Immerhin ging es bei den Spielen um Zigaretten - zur damaligen Zeit eine richtig harte Währung. „Und wir haben gut gewonnen.“
Der 8. Mai, der Tag der Befreiung vom Hitlerfaschismus, wurde auch im Hause Vogeley gefeiert. „Bei den Amerikanern im Nachbarhaus gab es einen Sergeant, der kam zu uns und brachte Butter, Mehl und Zucker. Meine Mutter musste Waffeln backen, und am Abend kamen die Amis mit Zigaretten, Schokolade und Whiskey rüber zum Feiern. Ich weiß noch, wie mein Vater ihnen aber an der Haustür die Waffen abgenommen und sie in die Badewanne gelegt hat“, erzählt der Karl-Heinz Vogeley. „Helmut und ich haben immer gedolmetscht, so gut wir es konnten. Alles was gewesen ist, war plötzlich vorbei. Wir haben uns gut mit den Amerikanern verstanden. Die waren auch sehr locker.“
Nicht ganz so locker drauf waren die Nachfolger der Amerikaner. „Am 10. Mai sind die Amis abgezogen. Dann kam der Engländer. Das war gleich eine ganz andere Zucht und Ordnung, nicht so lässig wie bei den Amis.“ Ein Zimmer musste die Familie frei machen - und hatte plötzlich britische Unteroffiziere als „Untermieter“. Doch auch mit denen hat sich der 16-Jährige gut verstanden. Plötzlich kamen die Engländer
Bis Ende Juni. „Plötzlich hieß es, die Engländer ziehen ab und sollen nach Helmstedt verlegt werden“, erinnert sich Karl-Heinz Vogeley. „Die Unteroffiziere haben Helmut und mich noch gefragt, ob wir nicht lieber mitkommen wollten.“ Doch die Jungen blieben. „Wir hatten ja nichts gemacht. Wovor sollten wir Angst haben?“
Am 30. Juni wurde dann plötzlich eine Ausgangssperre verhängt. „Am Mittag zogen die Engländer ab, und dann kamen die Russen“. Vogeley hat noch das Bild vor sich, als die Rotarmisten den Bierkellerberg herunter in die Stadt einzogen. „Das war so gegen 20 Uhr. Und zum ersten Mal in meinem Leben habe ich einen Panje-Wagen gesehen. Ein langer Treck zog in die Stadt ein.“
Für die neuen Besatzer wurde in Haldensleben geflaggt. „Die Kommunisten waren da schon wieder in der Stadt aktiv und haben alle aufgefordert, die Russen mit roten Fahnen zu begrüßen. Das taten wir dann auch - in dem wir rote Fahnen hissten, aus denen wir vorher die Hakenkreuze herausgeschnitten haben“, erzählt der Haldensleber. Mit den Sowjets nur wenig Kontakt
Mit dem Sowjetsoldaten hatte er nur wenig zu tun. „Die haben uns in Ruhe gelassen“, sagt er. Im Juli hatte Vogeley seinen ersten Job. „Es hieß plötzlich, dass jeder, der im arbeitsfähigen Alter sei, aber keine Arbeit habe, auch keine Lebensmittelkarten mehr bekommen würde. Mein Vater hat sich dann um Arbeit für mich gekümmert: Bei Fahrrad-Myrrhe musste ich die kaputten Schläuche flicken.“
Wie es dann in den nächsten Jahren in Haldensleben weiterging, dass kennt Karl-Heinz Vogeley nur noch vom Hörensagen. Am 13. Juli 1945 wird der 16-Jährige verhaftet und später von einem sowjetischen Militärtribunal wegen „Verübung von Terrorakten sowie Beschädigung von Eisenbahn- und anderen Transporteinrichtungen in organisierter Form“ zu 15 Jahren Haft verurteilt. Acht Jahre verbringt Vogeley im Straflager, im sogenannten Gulag. Erst im Dezember 1953 sieht er seine Heimatstadt wieder.
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80 Jahre Kriegsende Gedenken an Todesmarsch durch Hundisburg
Vor 80 Jahren wurden KZ-Häftlinge aus dem Lager Mittelbau-Dora auf einem Todesmarsch durch Hundisburg getrieben. An die Opfer des Marsches und den Mut von drei Hundisburger Frauen wird bei einer Gedenkveranstaltung erinnert. Von Till Frieling 13.04.2025, 19:15
Regina Pasewald (v.l.), Wally Herrmann und Thea Kuhnert legen zur Erinnerung an den Todesmarsch Rosen auf dem Hundisburger Friedhof nieder. Foto: Till Frieling
Haldensleben/Hundisburg. - Drei Menschen fanden in den Mittagsstunden des 10. April 1945 den Tod in Hundisburg, einer am Ortseingang, am Handweiser, ein zweiter am Mordkreuz und der Dritte am Ortsausgang am Kuhteich. Sie gehörten laut Otto Harms zu den noch marschfähigen Gefangenen des Konzentrationslagers Mittelbau-Dora, die auf sogenannte Todesmärsche geschickt wurden, nur wenige Tage bevor alliierte Truppen das Lager am 11. April 1945 befreiten.
Harms hat zu dem Todesmarsch recherchiert, der vor 80 Jahren durch Hundisburg kam. Auf solchen Todesmärschen starben zahlreiche Gefangene an Erschöpfung oder sie wurden von den Wachmannschaften erschossen, so Harms. Für die Opfer fand am Samstag eine Gedenkveranstaltung auf dem Hundisburger Friedhof statt. An dem Gedenken nahmen neben Harms auch Ortsbürgermeister Nico Schmidt und Stadtrat Guido Henke (Die Linke) sowie Mitglieder der Hundisburger Feuerwehr teil. Rote Dreiecke auf der Häftlingskleidung
Zwei der Opfer des Todesmarsches, die in Hundisburg starben, liegen hier auf dem Friedhof begraben. Wer sie waren, ist laut Harms nicht bekannt. Vermutlich seien sie aber politische Häftlinge gewesen, auf ihrer Häftlingskleidung hätten sie rote Dreiecke getragen, die sie als solche ausgewiesen hätten. Laut Zeitzeugen seien sie von Paul und Martha Götzschel bestattet worden. Heimlich hätten die Eheleute die Toten auf den Friedhof gebracht und sie dort nahe der Friedhofsmauer notdürftig bestattet.
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Während der Gedenkstunde erinnerte Harms auch an den Mut und die Zivilcourage, die drei Hundisburger Frauen vor 80 Jahren bewiesen hätten – Anna Kuhnert, Lina Felix und Elfriede Künstler. Die drei Hundisburgerinnen hätten versucht, den nahezu verhungerten Gefangenen Essen und Wasser zu geben. Obwohl sie von den begleitenden Soldaten bedroht worden seien, hätten sie den Mut gehabt, zu helfen, so Harms. „Direkt vor ihrer Haustür wird einer der Gefangenen erschossen, und trotzdem bringen sie den Gefangenen etwas zu essen und zu trinken und wagen es, die Wachmannschaft zu beschimpfen, die sie mit der Waffe bedrohen.“
Um die Zivilcourage der drei Frauen zu ehren, legten Wally Herrmann, Thea Kuhnert, die Schwiegertochter von Anna Kuhnert, und Regina Pasewald während des Gedenkens jeweils eine weiße Rose auf dem Grab der beiden Opfer des Todesmarsches ab. Thea Kuhnert hat ihre Schwiegermutter nicht mehr kennengelernt. Aber sie und Wally Herrmann können sich noch an Elfriede Künstler, die einen Laden in Hundisburg hatte, erinnern. Auch Lina Felix haben die beiden Frauen noch kennengelernt. Sie sei eine resolute Frau gewesen, die sich nicht den Mund habe verbieten lassen, berichteten sie am Rande der Gedenkveranstaltung.
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