Hallo nessler, Aus den Eintragungen ist zu erkennen, dass es sich um die Abrechnung der Einsätze im Arbeitskommando 544/10 handelt Da die erste Eintragung für September 1940 erfolgt ist und der letzte Eintrag (Restzahlung) 17.7.1942 lautet, ist anzunehmen, dass Dein Großvater nicht ununterbrochen in dem genannten Arbeitskommando ei9ngesetzt war. Leider sind wohl einige Eintragungen nachträglich vorgenommen, da die chronologische Folge nicht einge4halten ist. Der Einsatz des Kommandos 544/10 fand jedoch in unterschiedlichen Orten (Magdeburg und Schönebeck) statt.
Ich schreibe hier die Reihenfolge in zeitlicher Ordnung auf:
Magdeburg 25.6.-31.7.1940 Lohn 19,61 RM (Reichsmark) Schönebeck (ohne Tagesdatum) August 1940 Lohn 7,40 RM Magdeburg (ohne Tagesdatum) September 1940 Lohn 16,68 RM Schönebeck (ohne Tagesdatum) September 1940 Lohn 3,10 RM Magdeburg (ohne Tagesdatum) Oktober 1940 Lohn 21,53 RM Magdeburg (ohne Tagesdatum November 1940 Lohn 40,02 RM Magdeburg (ohne Tagesdatum) Dezember 1940 Lohn 18,78 RM Magdeburg (ohne Tagesdatum) Januar 1941 kein Lohn (wahrscheinlich kein aktiver Einsatz)
Es ist zu vermuten, dass dein Großvater in einem Magdeburger Außenlager untergebracht war, denn beim Eintrag der Krankheit (Scharlach) steht in der nächsten Spalte, dass er im Lazarett des Kriegsgefangenenlagers Magdeburg behandelt wurde. Die Arbeitseinsätze fanden möglicherweise nicht an einer bestimmten Stelle und im täglichen Einsatz statt. Ebenfalls fehlen Arbeitszeiten (Stunden), eine volle Arbeitszeit ist nicht anzunehmen, dazu sind die berechneten Löhne zu unterschiedlich. Es sind ja auch nur aus Lohnlisten übernommene Beträge. Ein ungefährer Stundenlohn lässt sich daraus leider nicht berechnen. Damit ist auch keine Vermutung über die Art des Einsatzes (berufliche Tätigkeit als Schreiner oder Hilfsarbeiten) möglich.
Eine "Liste des commandos", auf ein Französische site
[URL=http://ppognant.online.fr/registre00_accueil.html]http://ppognant.online.fr/registre00_accueil.html[/URL]
Ich habe nochmals einiges zusammengesucht, was mit Stalag XI-A und einem Arbeitseinsatz in der Firma Buckau R. Wolf AG im Zusammenhang steht. Zunächst steht fest, dass französische Kriegsgefangene in diesem Werk eingesetzt wurden. Das geht z.B. aus den Lohnfestlegungen hervor, die für französische und sowjetische Kriegsgefangene getrennt festgelegt waren. Weiterhin gibt es den Bericht eines Beauftragten des Stalag XI-A über eine im März 1945 durchgeführte Kontrolle des Werkes Buckau R. Wolf AG hinsichtlich der Unterbringung der Kriegsgefangenen.
Die Buckau R. Wolf AG meldete: Beim Luftangriff am 21.1.1944 gegen 22.50 Uhr wurde das Werk Feldstraße 9/13 durch eine Spreng- und mehrere Brandbomben getroffen. Das an der Werkstraße gelegene Ausländerlager II (4-geschossig, im Erdgeschoss Lagerräume) ist dabei völlig ausgebrannt.
Offensichtlich handelt es sich bei so wenig Einschlägen um einen Zufallstreffer - und der erwischte auch noch die Falschen: zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppte Ausländer.
Weitere Arbeitslager der Firma gab es in Salbke in der Mertensstraße und an der Friedrich-List-Straße (speziell für sowjetische Kriegsgefangene) im Bereich hinter der Schule. Inspektionsberichte des STALAG XI-A (Bericht von Leutnant Spindler vom 16.3.1945) über das „Russenlager“ und Protokoll über die Inspektion des Gemeinschaftslagers Mertensstraße durch den Amtsarzt Medizinalrat Dr. Jeske vom 29.1.1944 belegen katastrophale Mängel in der Unterbringung der Kriegsgefangenen. Das Lager in der Feldstraße (jetzt Karl-Schmidt-Straße) war wohl zum Glück für die Kontrollierten zu diesem Zeitpunkt schon ausgebrannt.
Welche Rüstungsproduktion erfolgte bei Buckau R. Wolf? In einem werksinternen Bericht für das Jahr 1942 gibt es dazu folgende Angaben:
„Als gleich nach der Machtübernahme der Führer die Wehrhaftmachung des deutschen Volkes befahl, war die Maschinenfabrik Buckau R. Wolf Aktiengesellschaft eine der ersten deutschen Fabriken, die sich in die Fertigung von Heeresgeräten einschaltete. Ihre damalige zentrale Lage im Herzen Deutschlands ließ es offenbar ratsam erscheinen, hier eine Fabrikationsstätte für Kriegsgerät aufzubauen, die einen gesicherten Standort hatte ... Räumlichkeiten und Maschinenpark reichten bald nicht mehr aus. Es mußten Um- und Anbauten vor-genommen sowie ganz neue Hallen errichtet werden. Betriebsmittel und Werkzeuge, die bei den Spezialfabriken schon sehr bald lange Lieferzeiten erforderten, mußten im Interesse eines schnellen Anlaufens der neuen Fertigung häufig selbst erzeugt werden.
Die Hauptlast der Arbeit lag dabei zunächst in den technischen Büros.
Aber nicht nur das Heereswaffenamt, sondern auch Marinedienststellen legten damals bereits die ersten Aufträge in unsere Werkstätten in Salbke...
Der einsetzende Krieg und die damit zusammenhängende Umstellung des größten Teiles unseres Werkes Salbke steigerten die Anforderungen, die um so größer wurden, als ja ein Teil der Gefolgschaft zu den Fahnen mußte. Auch die bald vorliegenden und sich daher auswirkenden Kriegserfahrungen mit den Geräten brachten dauernd neue Aufgaben. Nicht nur dauernde Steigerung der Ausbringungszahlen unter schwierigsten Verhältnissen (Einbeziehung von Fachkräften und Ersetzung durch Ausländer und Kriegsgefangene, Materialschwierigkeiten), sondern auch die andauernde Verbesserung der Geräte stellte höchste Anforderungen. ..
Erwähnt möge sein, daß seit Aufnahme der Gerätefertigung nach und nach etwa 27 komplette Geräte verschiedenster Art zu fertigen waren, dazu kamen Gesenkschmiedeteile für zahlreiche andere Geräte bauende Firmen und vor allem Räder für alle Fahrzeuge vom leichten Holzrad für das Infanteriefahrzeug bis zum großen Mörserrad. Baustoffe waren Holz, Eisen, Leichtmetall in mehreren Qualitäten, Sonderguß. Gerade das von uns entwickelte Sondergußrad, das in bezug auf Haltbarkeit nicht wesentlich schwerer ist, ist berufen, große Mengen an Leichtmetall einzusparen.“
Aus Auftrags-, Fertigungs- und Lieferlisten gehen die Fertigungssortimente klarer hervor:
Sortiment der Kriegsproduktion: In den Jahren 1934 bis 1945 wurden folgende Kriegsgeräte für Heer, Luftwaffe und Kriegsmarine in den Magdeburger Betrieben des Konzerns gefertigt: — Feldküchen und Kochherde; — Artilleriefahrzeuge (Schwere Protzen und Rohrkarren); — Stahlgußendböden, Hintersteven, Zuluftmasten und div. Bauteile für Seiten- und Tiefenruder der U-Boote; — Torpedos; — Torpedo-Ausstoßrohre (Sechslinge); — gepreßte Stahlhalbkugeln für Seeminen; — Minensuchgeräte (Schwimmkörper) HFG 12 und HFG 24; — Bojenköpfe für die Kriegsmarine; — Wurfgranaten 5 cm und 8 cm; — Wasserbombenwerfer; — Betriebsmittel (Gesenke und Vorrichtungen); — Schlag- und Preßteile (Schmiedeteile); — Räder für Geschütze und Fahrzeuge; — Beobachtungswagen; — Maschinengewehrwagen; — Teile für Flugzeugfertigung (Ago); — Geschütze PAK 8H/63/7,5 cm; — Gebirgsgeschütze 36/75, cm; — Leichte Feldhaubitzen LFH 16 und LFH 18 40 (10,5 cm) mit Protzen; — Infanteriegeschütze IG 42/7,5 cm; — 8,8 cm KWK (Kampfwagenkanonen).
Damit dürfte allerdings das Sortiment noch nicht vollständig erfasst sein.
Wegen der (Holz)Räderproduktion und der vielen Gusserzeugnisse dürften Fachkenntnisse eines Schreiners hochwillkommen gewesen sein.
Neben der üblichen Kennzeichnung der Erzeugnisse mit einem Herstellerkennzeichen (Kürzel) gab es üblicherweise für viele Rüstungsgüter Tarnbezeichnungen, die im Geschäftsverkehr Anwendung fanden. Für die Firma Buckau R. Wolf AG war das Herstellerkennzeichen "bej". Einige Beispiele für Tarnbezeichnungen waren:
Zu den Arbeitsbedingungen ist aus heutiger Sicht nicht viel zu sagen. Schwerwiegender waren die allgemeinen Lebensbedingungen. So waren die ausländischen Arbeiter zu einem besonderen "Wohlverhalten" verpflichtet. Für die "freiwillig" nach Deutschland gekommenen Arbeitskräfte gab es bei Buckau R. Wolf AG besondere Vordrucke in den verschiedensten Sprachen. Hier ein Beispiel für italienische Arbeiter:
Bild entfernt (keine Rechte)
Verstöße wurden streng geahndet - sie dürften sich von den in KZ geübten Praktiken nicht sehr unterschieden haben.
Die deutschen Arbeiterinnen und Arbeiter standen bezüglich des Umgangs mit Kriegsgefangenen ebenfalls unter hohem Druck. Ihnen wurde die Einlieferung in ein Konzentrationslager angedroht, wenn sie außerdienstliche Kontakte mit Kriegsgefangenen unterhielten. Wie das aussah soll folgende Kopie eines Rundschreibens deutlich machen - wegen der schlechten Qualität habe ich den Text noch einmal abgeschrieben.
Schreiben des Betriebsführers
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Abschrift:
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Ich kannte noch eine Zeitzeugin (Mutter eines Freundes), die in der Firma Polte OHG im Kriegseinsatz tätig war. Ihr wurden als Strafe für ein kleines Stück Brot, welches sie einem sowjetischen Kriegsgefangenen zugeschoben hatte, für zwei Wochen das Tragen von Arbeitsschuhen verboten.
Ich habe nun jetzt erst die Zeit, das nochmal aufzugreifen. Zuerst möchte ich ihn für den riesigen Berg an Informationen bedanken, den Sie mir zur Verfügung gestellt haben. Mein Großvater war Flame und durfte am Januar 1941 nach Hause gehen. Wir vermuten daher, dass er im französischsprachigen Lager untergebracht war.
Der Arbeitsauftrag 544/10 auf seinem Häftlingsausweis und die Liste der Arbeitsaufträge auf dieser Seite [URL=http://ppognant.online.fr/registre00_accueil.html]http://ppognant.online.fr/registre00_accueil.html[/URL] lassen darauf schließen, dass er dort war.
Gibt es irgendwo beim Magdeburger Praktikum eine Agentur, die vielleicht noch Unterlagen dazu hat?
wir möchten unseren Verdacht bestätigt sehen, und bestenfalls Bilder von der Fabrik oder dem Ort, wo er inhaftiert war, wenn es welche gab, natürlich.
Auf der Seite von Bad Arolsen stoße ich auf einige Archive, die auf ihrer Seite leider nicht einsehbar sind.
Personalunterlagen der Maschinenfabrik Buckau R. Wolf AG, Magdeburg
Unterschrift 10010604
Nanlisten und Tekstverkehr der Maschinenfabrik Buckau R. Wolf AG, Magdeburg
Unterschrift 10010595
Vor beiden steht das Endlager Magdeburg, Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt. Weiß jemand, ob das irgendwo online zu finden ist?
das Landesarchiv Sachsen-Anhalt ist im Internet zu finden und bietet auch online-Recherchen an. Nach meiner Kenntnis sind dort allerdings nur sehr wenige Unterlagen zum Zwangsarbeitereinsatz vorhanden. Von der Maschinenfabrik Buckau R. Wolf AG in Magdeburg habe ich in diesem Archiv noch nie etwas zu solchen Vorgängen gesehen. Das betrifft auch die Außenstellen des Archivs in Merseburg und Dessau. Da ich mich mit Details zu diesem Thema sonst nicht beschäftige, kann ich leider keine Erfahrungen weitergeben. Ich drücke Dir sehr die Daumen, dass Du noch Antworten auf Deine Fragen erhältst. Liebe Grüße Hugo