Die alte preußische Armee zur Zeit Friedrichs des Großen
Vielleicht ist es interessant, einmal die Armee Friedrichs II. zu betrachten. Ein günstiger Zeitpunkt ist meiner Meinung nach die Armee, mit der er in den Siebenjährigen Krieg gezogen ist und mit der er die erste Hälfte seiner Regierungszeit abgeschlossen hat.
Vorbemerkungen Ein charakteristisches Merkmal dieser Armee war es, dass sie für ihre Gestaltung keine Anleihen bei fremden Armeen genommen hatte. Sie war deshalb in ihrer Zeit tatsächlich „einzigartig“ und ob ihrer Erfolge viel bewundert. Natürlich war sie keine Ideal-Armee nach theoretischen Grundsätzen, in vielen Dingen war sie der militärischen Tradition ihrer Zeit verhaftet und keineswegs mängelfrei. Aber ihre Organisation und Ausbildung war zweckmäßig, ihr Kampfeinsatz effizient. Der Aufbau des preußischen stehenden Heeres begann unter Friedrich Wilhelm, dem Großen Kurfürsten, planmäßige Züge anzunehmen. Bis dahin war seine Truppen zwar tapfer und erfolgreich, aber gleichzeitig von nur mäßiger Disziplin und von Taktik hatten selbst ihre obersten Befehlshaber höchstens sehr allgemeine Vorstellungen. Friedrich I. übernahm von seinem Vater eine bereits gut organisierte Armee und einen (Klein-)Staat mit aufkeimender Wissenschaft und Kultur. Bei seinem Tod war Berlin als Königsstadt etabliert. Um so schlimmer war die darauf folgende Entwicklungsphase Brandenburg-Preußens, welche nur noch auf den Ausbau der Militärmacht ausgerichtet war. Als geistiges Vorbild sollte wohl Sparta dienen. Täglich fanden Waffenübungen statt. Soldaten schienen nur noch für Paraden da zu sein und nur noch ihr Stand war geachtet und geehrt. Die Garnisonsstädte glichen Heerlagern in denen Zivilisten herabgewürdigt und verspottet und die Angehörigen der untersten Schichten verachtet wurden. Die Angehörigen der Oberschicht lebten üppig in Saus und Braus, das gewöhnliche Volk lebte in Armut und litt unter der staatlich verordneten Sparsamkeit. Ein allgemeines Umgebungsgeräusch stellte das ständige Waffengeklirr dar. In Potsdam stand des Königs Riesengarde, in der 2400 großgewachsene Soldaten Dienst taten. Sie waren aus aller Herren Länder zusammengebracht . Allein der russische Zar „lieferte“ jährich einen Nachschub von 200 Riesen und erhielt neben dem hohen Stückpreis als zusätzliches Dankeschön z. B. das Bernsteinzimmer, welches nach seiner Fertigstellung nicht einmal zwei Jahre in Preußen verblieb. Andere Riesengardisten wurden gekauft, überlistet, gepresst oder gekidnappt, um als Spielzeug des Königs Friedrich Wilhelm I. zu dienen. Alles im Staat war in dieser Zeit ausschließlich nach seinem militärischen Wert gemessen, in diesem Sinn wurden die Menschen erzogen und geformt. Die Einführung des Kantonsystems machte die neugeborenen Knaben zu Soldaten, bei der Truppe wurde eine bis dahin unbekannte Ordnung und Reinlichkeit eingeführt und die militärische Ehre war der höchste Maßstab in der Gesellschaft geworden. Als Friedrich II. den Thron bestieg, übernahm er einen Staat mit einem Heer von 60 000 Mann, wie es sich ein zukünftiger Eroberer nur wünschen konnte. Einen Schönheitsfehler hatte dieses Heer jedoch: von Krieg und Kriegskunst hat es nichts verstanden. Um das zu ändern, war Gestaltungskraft gefragt, und diese hatte Friedrich II. Seine Grundidee im Feldkampf war es, durch taktische Bewegungen den Feind im Unklaren über seine Ziele zu lassen und damit dessen Kräfte zu zersplittern. Seine eigenen Kräfte konzentrierte er auf einen Punkt und stellte lediglich schwächere Kräfte in Reserve, die den Feind zwar bedrohten, aber untätig blieben, bis der Hauptzweck des Kampfes erreicht war. Die von Friedrich II. eingeführte Kommandosprache war kurz und eindeutig. Die daraufhin ausgeführten Handlungen waren schnell und präzise. Ihre Merkmal e waren Geschwindigkeit, Leichtigkeit und Genauigkeit. Die Angehörigen der Armee mussten die von Friedrich II. gestellten Anforderungen zunächst kennenlernen und die Unterschiede zwischen Kriegs- und Friedensdienst von den bestehenden Vorurteilen befreien. Ihre bisherigen Kenntnisse bezogen sich auf den Exerzierplatz, die sie einfach auf das Schlachtfeld übertrugen. Aber im Kugelhagel Schritt zu halten, keine Hand zu rühren, das Auge nicht vom rechten Flügel abzuwenden, beim Niederstürzen eines Soldaten über dessen Leichnam unbeteiligt hinwegzusteigen und maschinenartig Lücken zu schließen – das war unbekannt und ungeübt und nur im tatsächlichen Krieg zu erlernen. Eins blieb dabei allerdings unverändert: der Stock der Offiziere und Unteroffiziere, der wie ein Dämon ständig über den Häupter der „Kerle“ schwebte und Furcht verbreitete, die selbst im Kanonenfeuer alle anderen Gefühle überwog. In den ersten Schlesischen Feldzügen wurde deshalb die eingeübte Taktik umgesetzt und weiterentwickelt. Sie wurde durch die gemachten Erfahrungen ergänzt, verändert und in Kriegsregeln fixiert. Damit unterschied sich Friedrich von seinen Vorgängern, die nur Feldherren, aber nicht Gestalter waren. Die ursprünglichen Tugenden der Kämpfer: Tapferkeit, Mut, Gewandheit, körperliche Stärke und Ausdauer im Kampf sowie die aus der Anzahl der Kämpfer resultierende Kampfkraft waren nicht mehr primäre Voraussetzungen für die Überlegenheit im Kampf. Taktik wurde zur Wissenschaft und eine entsprechende Ausbildung der Offiziere wurde zur unabdinglichen Voraussetzung für den erfolgreichen Kampf. Eine weitere Veränderung erfuhren die Musterungen, d. h. die Vorführung der Truppen bei ihrem Kriegsherren, der die Ausbildungsfortschritte begutachten wollte. Das waren bei Friedrich Wilhelm gigantische Spiele, die minutiös eingeübt wurden und natürlich nichts über die Kampfkraft der Armee aussagten. Das Exerzieren hatte das einzige Ziel, die Mannschaften zu Automaten zu machen und das reibungslose Funktionieren im Verband präziese zu gewährleisten. Es war sinnentleert und auf die Realität kriegerischer Auseinandersetzungen nicht ausgerichtet. Friedrich II. brachte für die Soldaten (das sind in seinem Sinne selbstverständlich die Offiziere gewesen, ein bisschen noch die Unteroffiziere und der Rest der Armee bestand aus „Kerlen“) nunmehr Ideen aus der Taktik, der Physik, der Politik und der Philosophie in die Ausbildung und gab damit Orirntierungen zur Entwicklung der Armee und zu deren Grundlagen im Staat. Die Befehlshaber sollten keine Maschinen sein und ihnen gehörte die Ehre, eine immaterielle Entlohnung, die sie weit über alle anderen erhob. Die „Kerle“ wurden durch Befehl in Reih und Glied gestellt und durch die Furcht vor den Vorgesetzten dort gehalten. Nach einer praktizierten Maxime sollte ihre Furcht vor den Vorgesetzten größer sein, als die Furcht vor dem Feind im Gefecht. Im gesellschaftlichen Leben, das sich für Preußen in Berlin abspielte, gab es auch wieder Impulse für eine gesellschaftliche Fortentwicklung. Musik, Literatur (keine deutsche!), Musik, Wissenschaften und Philosophie fanden wieder eine Heimstatt. In der Armee war nicht länger die Körpergröße Maß für irgendwelche Verdienste, die Riesengarde wurde aufgelöst und bei den Soldaten wurde auf eine allgemeine körperliche Entwicklung geachtet. Die Bewaffnung wurde verbessert, die Uniformierung und Ausrüstung auf einen höheren Standard gebracht und die Hygiene auf ein bis dahin nicht vorhandenes Niveau gehoben. Die Musketen, Seitengewehre und die Beschläge auf den Patronentaschen der Mannschaften waren hochpolierter Ausdruck der herrschenden Reinlichkeit. Die Offiziere erhielten prachtvolle Uniformen mit reichhaltiger Gold- und Silberstickerei. Auch die zur Ausrüstung gehörigen Feldzeichen wie Schärpen, Ringkragen und Degenbänder waren aufwändig gestaltet. Die Leibwache zu Fuß strotzte vor Silber, die Leibhusaren hatten mit Sternzeichen geschmückte Tigerdecken, die Kürassiere silberne Trompeten und Pauken, die Dragoner und die Infanterie künstlerisch gefertigte Messingtrommeln. Bei den Grenadieren waren zusätzlich zu den Trommlern und Trompeter auch noch Pfeifer integriert. Die Spontons der Infanterieoffiziere glänzten von Stahl und Gold. Die Garde zu Pferd hatte hellpolierte Kürasse, reich gestickte Westen und als Paniere nach Alt-römischer Art silberne Adler. Jedes Regiment hatte sechs bis acht Hoboisten, das Artilleriekorps glänzte mit Janitscharenmusik und einem großen Wagen mit Heerpauken. Dieser Glanz war natürlich Absicht, sollte er doch den Mut der Krieger befördern, angenehme Empfindungen auslösen und die Würde des Heeres sichtbar machen. Friedrich II. schaffte eine größere Anzahl von Füsilierregimentern in denen die nicht zum Riesenwuchs neigenden Soldaten ihr militärisches zuhause fanden. Sie zeichneten sich gegenüber der übrigen Infanterie durch hellpolierte Mützen und kleinere Gewehre aus, die sich schneller laden ließen. Die Mützen sollten den Mangel an Körpergröße etwas ausgleichen, hatten aber durch ihre Ähnlichkeit mit den Grenadiermützen auch einen „moralischen“ Effekt, galten Grenadiere doch als Elitesoldaten, denen auch der Feind erheblichen Respekt entgegenbrachte. Ähnliche Absichten wurden bei den Kürassieren mit der Beibehaltung der Brustharnische verfolgt. Diese erfüllten in den mit Feuerwaffen geführten Gefechten nicht mehr den ursprünglichen Schutzzweck, machten auf den Gegner wegen der Assoziation mit der schweren Kavallerie aber dennoch Eindruck. Da der Kürass etwa 12,5 Kilogramm wog, hatten die Träger allerdings eine große Last zu tragen, die noch verstärkt wurde durch die bei Dragonern und Kürassieren üblichen eisenverstärkten Hüten, die vor Kopfhieben schützen sollten. Den preußischen Fahnen wurde große Achtung gezollt. Wurden sie vor der Linie vorbeigetragen, begrüßte man sie wie Könige, Feldmusik ertönte, die Bataillone neigten ihre Waffen und die Offiziere standen mit entblößtem Haupt. Selbst der König bezeugte diese Ehrerbietung. Die Fahnenträger waren grundsätzlich von Adel und das Tragen der Fahnen wurde als erste Stufe auf dem Weg zu militärischen Würden betrachtet. Da die Subordination, die blinde und bei Todesstrafe widerspruchlose Befolgung der Befehle als Seele des preußischen Heeres galt, war auch die Befehlsausgabe ein besonderes Ritual (das allerdings bei der Erteilung der üblichen Dienstbefehle nicht ausgeprägt war). Der täglich ausgegebene Oberbefehl (die Parole) wurde wie ein Orakelspruch behandelt. Man empfing ihn mit allen Zeichen der Ehrfurcht , auch der König stand barhäuptig bei jedem Wetter, wenn er die Parole ausgab. Die Parole wurde dann in den Dienstbereichen bei allen Regimentern bekanntgegeben und durch Befehle der jeweiligen Befehlshaber ergänzt. Die Parole selbst bestand nur aus einem einzigen Wort, meist dem Namen einer Stadt, und das damit verbundene Feldgeschrei war der Name eines Menschen. Beide Wörter dieser Losung wurden allen Offizieren und Unteroffizieren bekanntgegeben. Das Feldgeschrei wurde den wachhabenden Soldaten genannt. Wenn ein Soldat desertierte, wurde die gesamte Losung (Parole und Feldgeschrei) durch den kommandierenden Befehlshaber geändert.
Dem zweiten schlesischen Krieg folgte eine 11-jährige Friedensperiode. Diese Zeit wurde genutzt, um eine verständlichere Ordnung im Militärwesen zu schaffen. Die Schießübungen wurden verbessert und man „schoss“ mit hölzernern Übungspatronen bis zu 7mal in der Minute. Mit Platzpatronen schaffte man 5-6 Schuss und mit scharfer Munition wurden immerhin noch 4 Schüsse abgegeben. Für das Marschieren und die Bildung von Formationen für den Kampf wurden neue Entwicklungen geschaffen und einexerziert. Dazu wurden alle Einzelschritte schriftlich fixiert und den Offizieren übergeben. Diese mussten sie auswendig lernen und dann die Truppen entsprechend ausbilden. Gleiches erfolgte bei der Kavallerie. Ein weiterer Schwerpunkt war die Kriegsökonomie, die das Ziel verfolgte, die Truppe stets im abmarschbereiten Zustand zu erhalten. Das ging bis zur Reservierung von Pferden, die registriert und von ihren Besitzern bei Auslösung des Marschbefehls sofort aufgekauft und ihrer Bestimmung zugeführt wurden. Die Soldaten erhielten jährlich neue Monturen. Die Waffen wurden ständig auf ihre Verwndbarkeit überprüft. Interessant ist, dass mit Ausnahme der Festungen, die Rüstkammern der Garnisonen wo möglich auf den Dachböden der Kirchen eingerichtet waren. Der Sold der preußischen Soldaten war mit dem anderer europäischer Armeen vergleichbar. Eine gute Bezahlung erhielten erst die Offiziere vom Hauptmann an aufwärts. Subaltern-Offziere hatten sich mit der Ehre und den Aussichten auf die Zukunft zu begnügen. Sie bedurften des Zuschusses aus dem Familienkreis, was insbesondere bei der Kavallerie der Fall war. Die Strafen der Soldaten bestanden in Stockschlägen bei kleineren Vergehen. Verbrechen wurden mit Gassenlaufen durch 200 (auch mehr)Mann Spießruten laufen geahndet. Die Mindeststrafe war sechsmal durch die Gasse zu laufen. Die Höchstzahl war auf 36 festgelegt. Diese Höchststrafe hatte die Bezeichnung: Auf Leben und Tod. Sie wurde an drei aufeinanderfolgenden Tagen vollzogen, wobei am dritten Tag gleichzeitig ein Sarg auf die Parade gebracht wurde. Deserteure wurden in den ersten beiden Fällen mit Spießruten gestraft, eine nochmalige Wiederholung war mit dem Strang verbunden. Auf Mordtaten folgte das Schwert oder das Rad. Die schlimmste Straftat war die Verletzung der Subordination. Selbst für geringste Vergehen war das Spießrutenlaufen oder „die Kugel vor den Kopf“ angedroht. Wer sich mit der Waffe in der Hand zu Tätlichkeiten hinreißen ließ, wurde lebendig gerädert. Offiziere wurden erschossen. Da die Soldaten als Arbeitskräfte im Land dringend gebraucht wurden, war die jährliche Dienstzeit auf 6 Wochen begrenzt. Auch „Ausländer“, d. h. Nicht-Preußen erhielten als so genannte Freiwächter Urlaub und konnte ihrem Gewerbe nachgehen. Die Arbeitsbereitschaft der Soldaten wurde durch die Unterbrechung der Soldzahlung während der Beurlaubung gesteuert. Wie bei der Auswahl und dem Drill der Soldaten wurde auch bei der Bewaffnung das Ziel höchster Effektivität verfolgt. Die geharnischten Reiter und Dragoner erhielten Karabiner, mit denen im Notfall ein voll infanteristischer Einsatz dieser Truppen möglich wurde. Die Dragoner wurden ebenfalls mit Karabinern ausgestattet, diese aber vorwiegend aus Gründen der Selbstverteidigung. Alle diese Reiter hatten Pistolen am Pferdehalfter, mit denen aber nie im Treffen geschossen wurde, da Zielgenauigkeit im Ritt und Schussweite dafür nicht ausreichten (österreichische Truppen feuerten auch im Ritt, mit wenig Erfolg). Pallasch und Säbel waren messerscharf geschliffen und galten als Hauptwaffe der Reiter. Die Artillerie führte im Feldkrieg sechspfündige Feldstücke, achtpfündige Haubitzen und Batteriekanonen, die zwölf Pfund Eisen verschossen, mit sich. Batteriekanonen erreichten eine Schussfolge von sechs Schüssen pro Minute. Zur persönlichen Verteidigung führte der Artillerist einen kleinen Pallasch. Als erster Feldherr führte Friedrich II. Haubitzen in den Feldkrieg ein. Sie wurden mit Erfolg bei der Einnahme offener besetzter Ortschaften bzw. „verrammelter“ Dörfer sowie zum Kampf gegen verdeckt aufgestellte Kavallerie eingesetzt. Die Infanterie war durchgehend mit Musketen ausgerüstet, die auf damals technisch hohes Niveau gebracht und sorgfältig hergestellt waren. Der eiserne Ladestock erhöhte die Schießgeschwindigkeit und war bruchsicher. Durch das selbst bei Friedensübungen und –märschen dauerhaft aufgepflanzte Bajonett war die Muskete selbst bei fehlender Munition eine fürchterliche und ernstzunehmende Waffe.
Die friederizianische Armee im Krieg Überflüssiges wurde in der Armee Friedrichs II. nicht geduldet, aber mit größtmöglicher Vorsorge auf das Vorhandensein alles Notwendigen geachtet. Dazu gehörten beispielsweise gut ausgestattete Magazine, ein speziell für Märsche und Feldstellungen zuständiges Proviantkommissariat, die Feldbäckereien, die Kriegskasse, die bei den Hauptquartieren angesiedelten Feldapotheken, mobile Feldlazarette, die Feldpostämter und die Feldpolizei. 150 kupferne Pontons zum Brückenbau waren auf mehrere Armeen verteilt. Aller Tross wurde von den Kampfeinheiten ferngehalten. Weder Marketender noch Krämer, keine Kutschen für Maitressen (wie beim französischen Heer) oder Zeltwagen (wie bei der österreichischen Truppe), keine Plünderkarren (wie in der zaristischen Armee) waren gestattet. Alles Tragbare wurde auf Packpferde verladen und lediglich Munition und das Brot für die Truppen wurde mit Fahrzeugen transportiert. Jede Kompagnie verfügte über einen vierspännigen Brotwagen, die aber in einiger Entfernung hinter der Armee blieben, um deren Marsch nicht aufzuhalten. So entlastet war die preußische Armee allen anderen Armeen in Sachen Marschgeschwindigkeit überlegen. Die Märsche erfolgten in der Regel in Schlachtordnung. Berittene Patroullien und kleine Fußtruppen begleiteten die Märsche, um Störungen durch geringere feindliche Kräfte zu verhindern und die Marschordnung zu gewährleisten. Die Marschkolonnen wurden auf der rechten Seite von ihren Kanonen- und Munitionszügen begleitet, denen allein die Benutzung der Straßen vorbehalten waren. Links der Linie gingen die Packpferde einzeln in langer Reihe. Die Ladung der Packpferde war durch übergehängte Decken geschützt, auf denen gleichzeitig die Regimentsnamen und die Eigentümerangaben angebracht waren. Gleiche Kennzeichnung war für die Wagen und Karren angewiesen. Die Marschplanung war so ausgefeilt, dass es zu keiner kreuzenden Querung von Infanterie und Kavallerie kam. Ursprünglich waren die Feldlager durch Gassen nach ihren einzelnen Abteilungen gegliedert (die Zahl der Gassen war mit der Zahl der Kompagnien identisch). Kenner dieses Sytems waren daher in der Lage, aus einiger Entfernung die Struktur der lagernden Truppenteile zu erkennen und sich damit über die Stärke des Gegners zu informieren. Friedrich II. änderte die Lagerordnung gegen Ende des siebenjährigen Krieges in der Art, dass die Zeltgassen verschwanden und die Armeen in drei Reihen nebeneinanderstehender Zelte kampierten. Je Kompagnie gab es in der Regel vier Offizierszelte, zwei Zelte für Unteroffiziere und 26 für die Mannschaften. Bei den Mannschaften wurden auch die Soldatenweiber untergebracht, von denen acht bis zwölf wegen des Waschens und der Besorgung verschiedener Nahrungsmittel mitgenommen wurden. Die Kürassiere und Dragoner hatten nicht so stark belegte Zelte. Die Husaren hatten keine Zelte, sondern schliefen unter freiem Himmel oder in selbst errichteten Strohhütten. Die Artillerie kampierte z. T. bei den großen Batterien bzw. bei den Regimentskanonen. Zu einem Zelt gehörten zwei Wolldecken, ein Feldkessel, eine Wasserflasche, ein Beil, eine Schaufel und eine Hacke. Diese Teile mussten Fußsoldaten und Reiter beständig mit sich führen. Bei den Fußsoldaten kamen an zu tragender Ausrüstung noch das Gewehr, der Tornister, ein Brotsack mit sechs bis zwölf Pfund Brot und eine mit 60 Patronen gefüllte Patronentasche hinzu. Im Zeltlager waren die Bataillons- bzw. Regimentsbereiche durch kleine Flaggen gekennzeichnet. Die Kompagnien bauten ihre Gewehre in Form von Pyramiden vor den Zelten auf, die bei schlechtem Wetter zeltartig abgedeckt wurden. Im Mittelpunkt der Bataillone waren die Trommeln aufgetürmt und die Fahnen aufgestellt. Jedes Infanterieregiment führte vier Kanonen und eine Haubitze mit sich, die bei den Feldwachen aufgestellt wurden. Diese Feldwachen waren 40 Mann stark und wurden von jedem Bataillon im Abstand von hundert bis zweihundert Schritten vor der Front aufgebaut und durch kleine aufgeworfene Schanzen geschützt. Die davor stehenden Schildwachen wurden doppelt besetzt und bildeten eine lange Reihe wachsamer und einsatzbereiter Soldaten. Durch das angewiesene Feldgeschrei wurde die Wachsamkeit und Einsatzbereitschaft auch dem entfernten Feind gegenüber demonstriert. Verstärkt wurde der nächtliche Schutz durch um das Lager laufende Patroullien und Ronden. Patroullien wurden aus einem Unteroffizier und zwei Gemeinen gebildet, Ronden von einem Offizier geführt. Ronden wurden in der Regel aus dem Kreis der Offiziere der höheren Stäbe geführt (ihre Dienststellung wurde durch den Zusatz „de jour“ kenntlich gemacht) und selbst Friedrich II. visitierte die Wachen, so dass niemand vor seinen Kontrollen sicher war. Die Kette der Feldwache war wiederum durch eine Kette von Wachen der Kürassier- und Dragonerregimenter gedeckt, die wie das Fußvolk Doppelposten aufstellte, die ihrerseits wieder durch leichte Infanterie (Frei-Bataillone bzw. Jäger) gedeckt wurden. Letztere konnten auch durch Pikets ersetzt werden – das waren große Wachtscharen aus Fußvolk und verschieden große Husarentrupps – das war die äußerste Wachtlinie vor der Front. Hinter der Front hatte jedes Regiment eine vierzig Mann starke Wache zu stellen, die als Lagerpolizei Ordnungsaufgaben erfüllte und gleichzeitig Desertionen verhindern sollte. Diese Wachen stellten Einzelposten als Schildwache, genannt Brandwache, auf. In diesem rückwärtigen Teil der Front lagen die für jede Kompagnie ausgehobenen quadratischen Kochplätze der Soldaten. Die „Donnerbalken“ lagen vor der rückwärtigen Front und waren mit Gebüsch umgeben. Hinter den Zeltreihen waren die Marketender untergebracht sowie der Tross und die Wagenburgen. Reiterwachen und Patroullien schlossen den hinteren Lagerteil nach Außen ab. Das Hauptquartier war standardmäßig hinter der Front, wenn möglich in einer Stadt oder einem Dorf. Dort war auch die tägliche Paroleausgabe für die obersten Befehlshaber, die dabei von ihren Adjutanten begleitet wurden. Jedes Regiment (Reiter- und Infanterieregimenter)hatte im Hauptquartier einen Offizier mit ständig gesatteltem Pferd stationiert, um wichtige Befehle unverzüglich übermittelt zu erhalten. Diese Offiziere wurden aus der königlichen Küche versorgt. Während des siebenjährigen Krieges hat es für preußische Soldaten keine wirklichen Versorgungsengpässe gegeben. Selbst das „Fleischgeschenk“ Friedrichs II. (1 Pfund Rindfleisch pro Woche für jeden Soldaten) ist immer geliefert worden. Das war übrigens ein Grund dafür, dass es verhältnismäßig viele Überläufer der fremdem Armeen gab. Zum ordnungsgemäßen Betrieb der Truppenteile gab es in jeder Kompagnie Schuster und Schneider, die außerhalb des Kampfgeschehens von allen Diensten befreit waren und nur für die Ausrüstungsinstandhaltung zu sorgen hatten. Oft hatten die Kompagnien auch eigene Fleischer. Bei der Infanterie waren Zimmerleute und Büchsenmacher ständig verfügbar; bei der Kavallerie Schmiede und Sattler und bei der Artillerie Wagenbauer. Alle waren Soldaten. Jeder Offizier hatte einen Bedienten (Bursche), dieser war Soldat und trug Uniform, war aber nur seinem Offizier zu Diensten verpflichtet, von anderen Diensten war er befreit.
Zum Schluss noch einige Angaben zur preußischen Armee insgesamt. Zu Beginn des siebenjährigen Krieges zählte die Armee Friedrichs II. 107.000 Mann in 49 Feldregimentern. Dazu kamen 26.000 Mann Garnisonstruppen in 49 Bataillonen (Besatzungstruppen). Die Kavallerie verfügte über 13 Kürassierregimenter (je 861 Mann), 12 Dragonerregimenter (je 886 Mann) und 1 Husarenregiment mit 1518 Mann. Die Artillerie bestand aus lediglich 2 Regimentern mit insgesamt 3000 Mann. Um dem Mangel an leichten Truppen zu begegnen, errichtete der König Frei-Bataillone aus im Ausland angeworbenen Freiwilligen ohne Rücksicht auf körperliche Größe und andere Eigenschaften, die mit gleichem Sold wie die preußischen Soldaten für Kriegsdauer angestellt waren. Weiter zur Armee gehörten das Ingenieurkorps, die Mineure, das Kadettenkorps, die Jäger zu Fuß und zu Pferd und die mit Lanzen bewaffneten Bosniaken. Dazu kamen die Landmiliz für den Schutz der von Soldaten entblößten Provinzen. Zur Vervollständigung der im Frieden nicht komplett unterhaltenen Truppenteile war die Beschaffung und Aktivierung von zusätzlich 51.000 Pferden und 26.000 Knechten erforderlich. Aus bitteren Erfahrungen mit großen Verlusten sank die Qualität der Infanterie, was man durch starke Vermehrung des Geschützes auszugleichen suchte. Friedrich der Große erklärte im Jahre 1759: »Den Feind ohne Vorteil des Feuers anzugreifen, heißt mit Stöcken sich gegen Waffen schlagen. Man muß soviel Artillerie als möglich aufbringen, so unbequem sie auch sein mag. Ich habe die unsrige so vermehrt und sie wird die Mängel unserer Infanterie ersetzen.« Damit führte man überall die nahezu doppelte Anzahl an Geschützen in das Feld. Für diese Entwicklung ist die Zahl der Artilleristen in Preußen bezeichnend. Im Jahre 1740 waren es 800, 1749 erst 1000, 1756 schon 3000, 1769 etwa 5000 und beim Tode Friedrich des Großen (1786) an die 11000 Mann. Dazu waren zu diesem Zeitpunkt etwa 6000 Geschütze und 84000 Zentner Pulver vorrätig.
Gewehrzelt der alten preußischen Armee Bild entfernt (keine Rechte)
Ich habe mal ein wenig in der Kleiderkiste der alten preußischen Armee gekramt. Es ist recht interessant, auch mal zu sehen, wie man damals Machdeburg oder Hallee geschrieben hat - das war so um 1760 herum. Habe aus dem großen Berg nur einige Beispiele gegriffen. Hier sind sie:
Den Link kann ich leider nicht zur Verfügung stellen, da ich ihn selbst nicht habe. Ich hatte mir das Werk bei einem Besuch in der Französischen Nationalbibliothek kopiert, da brauchte ich keinen Link. Es steht dort unter dem Titel: "Foehnisch, Johann David. Auteur du texte. Mondirung Buch von der Königl. preussischen Armee... / Uniforms... fecit Joh. David Foehnisch. 1760." im Bereich Gallica. Ich habe dazu folgendes Blatt erhalten
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Vielleicht findest Du übers Web einen Zugang dorthin.