Ich möchte heute mit dem wohl bekanntesten in Magdeburg in Garnison liegenden Regiment, dem 1. Magdeburgischen Infanterie-Regiment Nr. 26, welches 1898 den Ehrentitel „Fürst Leopold von Anhalt-Dessau“ erhielt, die Betrachtung über das preußische Erbe zu Beginn des Kaiserreiches 1870/71 weiterführen. Das auch deshalb, weil eine der von diesem Regiment genutzten Kasernen auch heute noch zum Teil existent ist und wegen ihrer Nutzung auch allgemeines Interesse genießt. Das Regiment hatte um 1872 eine Effektivstärke von 1704 Mann. Davon konnten in der Kaserne Mark 853 untergebracht werden. Der Rest von 851 Mann wohnte in Bürgerquartieren. Großzügig war das für das Militär nicht und für die Bürger in der ohnehin übervölkerten Stadt eine echte Belastung. Wenn es auch die ärmeren Schichten betraf, die sich von der Einquartierungspflicht nicht freikaufen konnten, belastete es das Verhältnis zwischen Militär- und Zivilbevölkerung dennoch. Mit diesem Verhältnis war es aus vielerlei Ursachen nicht eben zum Besten bestellt. Die Defensionskaserne Mark war von 1862 bis 1865 auf dem Hauptgraben der Festung auf einem Niveau unterhalb der Stadt (auf Höhe der Uferstraßen der nahen Elbe errichtet - wie später auch die Kasernen Magdeburg und Ravensberg). Bis zum Bau der Kanalisierung war die Künette im Hauptgraben allein für die Abführung der Abwässer der nördlich und westlich gelegenen Stadtgebiete zuständig. Die Kaserne war sehr widerstandsfähig errichtet d. h., dass sie in besonders starkem Mauerwerk ausgeführt wurde und mit einer starken Erdabdeckung „bombensicher“ gemacht war. Sie besteht aus einem Parterregeschoss und zwei darüber liegenden Stockwerken. Das Mittelgebäude (in Ost-West-Richtung) wurde von zwei unter einem Winkel von 120° nach NW bzw. SO anschließenden Flügeln ergänzt. Die Fenster aller Wohnräume sind auf den inneren Hof gerichtet. Die Nordseite enthält einen geräumigen Korridor, der mit Geschützöffnungen versehen war und durch mit Türen versehene Bretterverschläge in Kompanie-Reviere untergliedert wurde. Im östlichen Teil befanden sich die Unterkünfte für das 1. Bataillon, im Mittelteil die für das 2. Bataillon und im Westflügel diejenigen des Füsilier-Bataillons. Jedem Bataillon waren 18 zweifenstrige Stuben in den Abmessungen von 9,5 – 9,8 m Tiefe; 5,6 – 5,7 m Breite und 2,6 – 3,2 m Höhe zugewiesen. Jedes Zimmer ist mit durchschnittlich 17 Mann belegt, allerdings ist nur Platz für 3 – 5 Betten, so dass die übrigen Betten auf dem Korridor stehen müssen. Eine besondere Belüftung ist nicht vorhanden, lediglich in den Korridoren sind für den Abzug des Pulverdampfes der Geschütze über jeder Schießscharte schräg nach oben verlaufende Kanäle von etwa 10 cm im Quadrat eingelassen. Diese sind durch Fenster verschließbar. Die Latrinen liegen gegenüber der Hauptfront auf dem Hof, angelehnt an den Wall. Sie bestehen aus einer großen gemauerten Grube mit schräg geneigtem Boden. Mittels ständig fließendem Wassers aus einer Wasserrinne werden die Exkremente in einen kleinen Kanal gespült, dem sich ein größerer anschließt und von dort je nach Wasserstand schneller oder träge in die Elbe abfließt. Auf beiden Seiten der Latrine befinden sich ständig bespülte Pissoires, die ebenfalls in die Grube ableiten. Der Ableitungskanal führt von Westen her Abwässer und Kloakeninhalte (z. B. auch aus dem Altstädtischen Krankenhaus) im offenen Verlauf bis etwa 100 Meter in Richtung der Kaserne und ist dann ausgemauert und abgedeckt; er unterquert den westlichen Flügel, den gesamten Hof und den Ostflügel der Kaserne und setzt ca. 100 m hinter der Kaserne seinen Lauf zur Elbe offen fort. Die Abdeckung des Kanals erfolgte mit Steinplatten und Bohlen, war aber nicht abgedichtet. Bei Westwinden herrschte zum Teil ein bestialischer Gestank auf dem Kasernenhof. Am Wall waren weiterhin Asche- und Müllgruben angelegt, die nach Bedarf ausgefahren wurden. Küchenabfälle wurden täglich abgeholt. Für die Wasserversorgung waren auf dem Hof zwei Brunnen angelegt, einer davon wurde jedoch bereits kurze Zeit nach Inbetriebnahme wieder geschlossen, da sein Wasser unbrauchbar war. Der verbliebene Brunnen lieferte zwar klares Wasser, war aber durch organisches Material stark belastet und gehörte zu den schlechtesten der ganzen Stadt. Die Kaserne war an die zentrale Wasserversorgung der Stadt angeschlossen. Da diese jedoch bis 1877 nur rohes, unfiltriertes Elbewasser lieferte, welches oft trüb und schlammig war, entstand beim Militär die Meinung, dass dieses Wasser nur zum Spülen und Säubern der Straßen und Kanäle gedacht war. Man monierte z. B., dass das Wasser aus dem Leitungsnetz „seiner eigentlichen Bestimmung entgegen aber vielfach auch als Nutzwasser und sogar als Trinkwasser verwendet [wird].“
Wegen knapper Quellenlage will ich an dieser Stelle noch das 2. Magdeburgische Infanterie-Regiment Nr. 27 anschließen, welches in der von mir behandelten Zeit mit seinem 1. und 2. Bataillon in Magdeburg in Garnison lag. Die beiden Bataillone hatten eine Effektivstärke von 1179 Mann, von denen 453 in der Kaserne Magdeburg und 726 Mann in Bürgerquartieren untergebracht waren. Die Kaserne Magdeburg besaß zwei Stockwerke mit bombensicherer Bedeckung und verfügte über 28 Mannschaftsstuben für durchschnittlich je 16 Mann. Die Zimmer sind nach Südosten gerichtet, während sich im Nordwesten ein das gesamte Gebäude durchziehender Korridor mit Schießscharten befunden hat. Latrine und Pissoir lagen etwa 100 m von der Kaserne entfernt. Die Latrinengrube wurde bedarfsweise 5 bis 6 Mal im Jahr entleert. Die Küchenabfälle wurden in einem 20 m von der Kaserne befindlichen Turm (Rondel Magdeburg) in Tonnen gesammelt und von Zeit zu Zeit verkauft. Für die Wasserversorgung standen zwei Brunnen auf dem Hof zur Verfügung. Ein dritter Brunnen war wegen zu großer Verunreinigung des Wassers außer Betrieb.
Als ich den v. g. Beitrag von Hugo las, fiel mir die Erwähnung der Tierhaltung in der Regimentsgeschichte von Hadischa wieder ein, wie man sich früher, als es noch kein 2% Ziel des Rüstungshaushaltes gab, im Infanterie-Regiment 26 bei knappen Kassen durch Umsicht und Eigeninitiative behalf: 1868, kurze Zeit nach dem preußisch-österreichischen Krieg hatten die Preise für Lebensmittel einen hohen Stand erreicht. Da kam der damalige Regimentskommandeur Oberst von Schmeling auf die Idee eine regimentseigenen Viehhaltung zur Verbesserung der Mannschaftsverpflegung zu betreiben. Zuerst wurden einige Kühe gekauft und in der regimentsinternen Schlachterei geschlachtet. Die ersten Ergebnisse hatten einen so großen Erfolg, dass die Viehwirtschaft immer weiter ausgedehnt wurde. Schon ein Jahr später war der Bestand schon auf 400 Kühe, Hammel und Schweine ausgedehnt worden. Untergebracht waren die Tiere in eigens errichteten Ställen im Hauptgraben bei der Bastion Mark. Ergänzung fand die Viehhaltung mit der Übernahme der Selbstbewirtschaftung der Kaserne Mark von der Garnisonsverwaltung. Aus den erwirtschafteten Geldüberschüssen kaufte das Regiment Wiesen und Äcker in der näheren Umgebung der Stadt. Beim Kröken-Tor konnte sogar für die Regimentsangehörigen eine Schwimmanstalt aus diesen Mitteln errichtet werden. Bei der Entlassung bekam jeder Essenssteilnehmer aus dem Fond ein kleines Startgeld ins Zivilleben von einem Pfennig pro Tag der Teilnahme ausgehändigt. Trotzdem betrug der Kapitalbestand am Vorabend des deutsch-französischen Krieges noch einige hundert Taler. So sicherte Engagement und Findergeist der Regimentsführung den Untergebenen ohne Hilfe von "oben" eine mehr als auskömmliche Verpflegung mit vielen Extras, bestehend aus Frühstück, Mittag und Abendessen, während ihres Militärdienstes..
Wenn ich schon einmal bei den 26-ern bin, ein paar textliche Angaben zu den geführten Fahnen des Regiments. (ohne IV. Bataillon)
Das grundsätzliche Aussehen der Fahnen am Vorabend des Weltkrieges kann dem schönen Beitrag von Magado : "Abschied von den Fahnen des IV. Ak" entnommen werden. Durch mehrere AKO`s , zuletzt vom 15.06.1815, beschloss König FW III. denjenigen Regimentern Fahnen zu verleihen, die noch nicht im Besitz derselben sind. Dies betraf auch das 26. Infanterie-Regiment. Am 03. Oktober 1815 fand im Kantonnement von Givet, einem Ort westlich von Paris, die Weihe und die Nagelung der verliehenen Fahnen statt. Prinz August von Preußen schlug den ersten Nagel in die Stange ein. 5 Tage später leistete das Regiment ebenfalls dort den Fahneneid. Das Fahnentuch des Musters 1808-1820 war schwarz mit spitzen weißen Keilen, einem orangenen Mittelschild und einem hellblauen Spruchband. Die Malerei war golden. Das Tuch hatte eine Größe von 1,40m x 1,40m. Die etwa 3m lange Stange war schwarz angestrichen. Die Spitze wies den Namenszug des Königs auf. Die Nagelung bestand aus einer Reihe. Die Fahne besaß die obligatorische mehrfach schwarz/weiße gestreifte Banderole. Bereits mit AKO vom 03. Juni 1814 hatte der König beschlossen den Regimentern in Erinnerung an die Befreiungskriege Fahnenbänder zu verleihen. Da die Fahnen des Regiments noch nicht im Feuer waren erhielten alle 3 Bataillone statt des Eisernen Kreuzes in der Spitze das weiß/schwarz/orange/schwarz/weiße Band der Kriegsdenkmünze 1813/14. Dies ersetzte die Banderole. Um die vielen gleichaussehenden Fahnen unterscheiden zu können wurde mit AKO vom 01.12.1837 ein 5 cm breiter Messingring mit dem Regimentsnamen angebracht. Erst 1860 ergänzte die Angabe des Bataillons auf dem Ring den Namen. Gemäß AKO vom 01.01.1861 erhielt das I. und Füsilier-Bataillon in Erinnerung an ihren Einsatz 1848/49 das Band des Militärehrenzeichens mit Schwertern für den Kampfeinsatz in der Revolutionszeit. Eine weitere Auszeichnung durch AKO vom 12.12.1866 bekamen alle 3 Bataillone mit der Verleihung des Bandes des Erinnerungskreuzes mit Schwertern für den Feldzug 1866 gegen Österreich.
Da das Regiment bis jetzt noch die Spitze mit dem Königlichen Namenszug "FWR" führte, erhielt es für seinen Einsatz im Krieg 1870/71 gemäß AKO vom 16.06.1871 eine neu gestaltete Fahnenspitze mit dem Eisernen Kreuz. Die alten Spitzen ging in den Besitz der Bataillone über. In Erinnerung an diesen Feldzug verlieh Kaiser Wilhelm II. im Nachgang am 18.08. 1895 den Bataillonen das weiß-rot-weiße Band der Kriegsdenkmünze 1870/71 mit Gefechtsspangen.
Seit der Regierungszeit von FWR III. galt in Preußen der Grundsatz, dass an den Fahnen nichts geändert werden durfte. Deshalb fanden verschiedene Reparaturen von sogenannten "Verletzungen" statt. So erhielt die Fahne des II. Bataillons einen um den Fuß gelegten 4,5cm breiten silbernen Ring mit der Inschrift: "Beaumont, 30.August 1870" und die Fahne des Füsilier-Bataillons einen ähnlichen 4.5cm breiten Ring mit der Inschrift: "Koeniggraetz, 3.Juli 1866". Ende des 19.Jh. waren die Fahnen in der Armee so verschlissen , dass Kaiser W II. festlegte diese sukzessive zu ersetzen. Am 03.08. 1903 erhielt das Regiment erneuerte Fahnen. Die Tücher jetzt 1,26m x1,26m groß, aus doppelter Seide waren gestickt. Die schwarzen Stangen in den Längen I. Bataillon: 3,15m, II. Bataillon: 3,105m und Füsilier-Bataillon 3,115m trugen einen Messingschuh von 5cm Höhe. Alle 3 Bataillone erhielten zu Ihrem 100 ten Geburtstag am 02.08.1913 ein Sekulärband neuen Musters.
Ich möchte noch eine Ergänzung anbringen: Neben der den Regimentern verliehenen Kriegsdenkmünzen gab es auch noch eine "Siegs und Friedens Münze" in Erinnerung an den Krieg gegen Napoleon. Anlass war der Wiener Kongress zur Schaffung einer Friedensordnung im Nachkriegs-Europa. Die Münze wurde aus Eisen geschlagen, das aus Kanonenkugeln stammte, welche auf dem Schlachtfeld der Völkerschlacht bei Leipzig eingesammelt wurden. Nach langem Ausprobieren ist mir eine recht gute Fotografie der in meinem Besitz befindlichen Münze gelungen (denke ich zumindest). Ich stelle sie hier einmal ins Forum, weil ja ein bisschen Teilnahme Magdeburgs an dieser Schlacht immerhin nachweisbar ist, auch wenn die Festung zum Zeitpunkt der Schlacht noch in französischer Hand war.
Hier mal eine private Anfrage: Mein Urgroßvater ist im Januar 1915 im Argonner Wald gefallen. Er war Ersatzreservist 8.Komp. des Landwehr IR26. Der Dienstgrad Ersatzreservist wirft für mich Fragen auf. Soviel ich bisher erfahren konnte handelt es sich dabei um jemanden der bereits seinen Wehrdienst geleistet und im E-Fall zur Fahne gerufen wird. Aber Ersatz und dann Reservist im ersten/zweiten Kriegsjahr? Auch die Einheit wirft bei mir Fragen auf. Vielleicht kann ja jemand Licht ins Dunkle bringen. spusu