2. Die heimlichen Hilfen des Kurfürsten zu Sachsen für Magdeburg Der Chronist schildert den Kurfürsten zu Sachsen als einen Menschen, der öffentlich voller Patriotismus und Vorkämpfer der evangelischen Sache sei. Er ließ dem schwedischen König mitteilen, dass er mit diesem bei der Erhaltung der evangelischen Religion, der deutschen Freiheit und bei der Wiedererringung beständiger Ruhe und Sicherheit getreulich kooperieren wolle. Sollte es jedoch zu konkreten Vereinbarungen kommen, so ergaben sich immer wieder große Irritationen, weil der Kurfürst zu keinem Schluss gebracht werden konnte „worauf ein fester Fuß zu setzen were“. In blumiger Sprache vermerkt der Chronist in diesem Zusammenhang, dass „Chursachsen sehet durch die Finger, daß Magdeburg durch sein Land mit proviant und munition versehen werde.“ Dabei sollte das sächsische Risiko überschaubar bleiben. Der Kurfürst gestattete, dass unter seinem Namen Munition in das kurfürstliche Amtshaus in Gommern gebracht würde. Von da aus sollte sie bei passender Gelegenheit von den Magdeburgern in die Stadt geholt werden. Dieses Verfahren wurde mehrfach erfolgreich praktiziert. Auf Vorschlag des Kurfürsten wurde in Barby eine „gute partey“ Korn aufgeschüttet, welches die Magdeburger Garnison abholen konnte. Auch dieses Vorgehen war vom Erfolg gekrönt. Im Zusammenhang mit diesen Lieferungen, die nur gegen Bares erfolgten, gab es eine Episode, die ich hier nach dem Original wiedergeben will, weil man darin ein wenig von der Art der Politik und der Kriegführung erfährt, wie sie im Mittelalter praktiziert wurden.
Graff von Ladron von den Magdeburgischen niedergemacht Man hette zwey hundert musqvetierer/ und so viel Centner Pulver gern in Magdeburg gebracht/ und war das Pulver schon nach Gomern geführet/ von dannen es die musqvetierer abholen sollten: Welcher Anschlag und dessen execution, nebenst andern Officierern/ des von Falckenberg Hofemeister/ Gugel genandt/ anvertrawet ward. Derselbe traff unterwegens den Keyserlichen Obristen/ Grafen von Ladron, in der Vorstadt zu Wittenberg im Wirtzhause an/ und verkundschaffte: Daß dieser zu Wasser ins Lager vor Magdeburg fahren wollte. Solchem zu Gefallen/ setzte er die/ ihm anbefohlene/ partey nach Magdeburg auf eine Seite; gieng mit etlichen musqvetierern voraus; ergriff ein Boot/ und wartete dem Graffen hart bei der Dessawer Schantze auf der Elbe vor; attrapirte Ihn fast im Gesichte der Wachten/ da Er sich im weinigsten einiges Feindes versahe; und machte Ihn sambt seiner ganzen svite (Suite) nieder: Verhoffend eine stadtliche Beute/ und/ weil Er von München kam/ heimliche importante (wichtige) Schreiben bey Ihm zuerhaschen. Er ward aber/ so viel die Beute anlanget/ ziemlich/ so viel die Schreiben/ gantz und gar in seiner Hoffnung betrogen: Und hierüber gleichwol das tempo, gemeldete munition und musqvetierer in die Stadt Magdeburg zubringen/ verabseumet. Wessentwegen er folgends/ da man ihm solches hefftig reprochiret (gerügt)/ und er kurz darauff zu Leipzig mit einem Fleckenfieber (woran er auch seinen Geist aufgeben) befallen/ in Raserey und schwere Anfechtung gerieth: Und kam ihm in der Krankheit immerdar vor; als wan er mit des Graff Ladrons/ und anderer/ so er uncommendiret ümbgebracht/ Köpffen/ gleichsam als mit Kugeln/ zum Kegel schöde. Insonderheit aber ängstigte ihn; daß er wider ordre gehandelt/ und wan die Stadt Magdeburg aus Mangel munition oder Volcks übergeben sollte/ grossen Theils daran schüldig sein würde: Worüber er sich auch fast nicht trösten lassen wollen. Welche Anfechtung doch/ wie man ihm fleissig vorgebetet/ endlich/ kurtz vor seinem Ende/ sich verlohren. Nicht weiniger sahe der Churfürst durch die Finger; daß die trouppen zu Roß und Fuß/ so auf des Königs Nahmen/ und vor die Stadt Magdeburg geworben wurden/ in seinem Lande unvermercket und hin und wieder zerstrewet/ qvartier nehmen/ auch auf die Keyserliche battiren (raufen) und streiffen dörften: Doch bedinge Er sich ausdrücklich aus; daß sie innerhalb seiner Grentze dieselbe nicht angreiffen/ plündern/ oder niedermachen sollten. Diesem nach hetten gemeldete trouppen es bald versehen: In deme sie den Chiesa, Obristen Lieutenant des Fürstenbergischen Regiments/ welcher bey Eroberung der Stadt Mantua das beste gethan/ und darumb vom Keyser zum Ritter geschlagen worden/ auf seiner Reise ausm ErzStifft Magdeburg nach Wien/ aus einer Mühlen/ im Churfürstenthumb Sachsen/ recht an der Böhmischen Grentze gelegen/ in der Nacht aufgehoben; doch gleichwol über die Grentze in Böhmen geführet/ und daselbst todt geschossen. Und solches zwar darumb; weil sie gewust/ daß er überaus rasche und gute Pferde gehabt: Dannenhero sich befahret; Wan sie erwarten wollten/ biß er des Morgens die Grentze pasierte/ und ihn also zu Pferde kommen liessen/ er ihnen durch derselben Geschwindigkeit entwischen möchte. Hierüber erwies sich der Churfürst sehr ungehalten/ und wollte sie fast nicht mehr im Lande gedulden. Weil aber zu Glück bey dem erschossenen Obristen Lieutenant Brieffe gefunden/ und Ihm presentiret wurden/ darinnen nicht allein wegen des Burggraffthumbs Magdeburg/ so Graff Wolff von Mansfeld erblich an sich zubringen gedachte/ allerhand seltzame Anschläge/ sondern auch viel anzügliche und schimpfliche Wort/ auf den Churfürsten zu Sachsen/ und alle andere protestierende Chur-/ Fürsten und Stände enthalten waren/ lies es der Churfürst diesmahl dabey bewenden: Doch daß sie es nicht so mercklich hinfüro machen sollten. Favorisierte Er also die Stadt Magdeburg zwar in Geheim. Aber sonst weiter zugehen/ und zu ihrem völligen Entsatz mit dem Könige sich zuconjugiren/ oder Demselben den Paß durch sein Land über die Elbe zuverstatten/ und Ihm offentlich/ an proviant, und anderem Vorschub zu thun/ konnte Er/ weder dismahl/ wiewol man Ihn darumb angelanget/ noch folgends/ nach geendetem Leipziger convent, da gedachter Stadt Untergang herbey nahete/ und die Gefahr/ je länger/ je grösser ward/ wie ernstlich sich auch der König zu Schweden solches suchete/ bewogen werden.
3. Die Belagerung Magdeburgs Der eigentlichen Belagerung ging der Aufmarsch der kaiserlichen Truppen voraus, die zugleich als Drohgebärde gegen die Stadt zu verstehen war. General Tilly machte die Stadt mit seiner kaiserlichen Vollmacht bekannt und forderte in drei Schreiben an die Stadt Magdeburg, den Administrator und den schwedischen Oberst Dietrich von Falkenberg die Übergabe und Unterwerfung der Stadt. Von allen drei Adressaten erfolgte eine negative Antwort. Parallel zu den offiziellen Maßnahmen wurde auch versucht, die Front der Verteidiger aufzubrechen und zu schwächen. So ließ Feldmarschall von Pappenheim Falckenberg wissen, dass er an einem persönlichen Gespräch mit dem Legaten des Königs von Schweden interessiert sei. In der damals üblichen Form wurde diese Nachricht von einem Trompeter überbracht. Falckenberg wurde, für den Fall eines Seitenwechsels eine bessere Stellung beim Kaiser versprochen, verbunden mit entsprechenden conditionen. Dazu sollte er einen Grafentitel verliehen bekommen und zusätzlich vierhunderttausend Reichstaler. Falckenberg ließ den Trompeter seine Nachricht und Offerte vor Notaren und Zeugen wiederholen. Als Antwort an Pappenheim ließ er sagen, wenn Pappenheim einen Schelmen und Verräter suche, solle er dabei nicht auf Falckenberg, sondern auf sich selbst blicken. Sollte erneut ein Bote mit ähnlichen Angeboten geschickt werden, würde diesem "ein Strick an den Hals zugewartet" werden.
4. Vorspiel der kriegerischen Auseinandersetzungen Nach der schwedischen Chronik liefen die Vorgänge zur Belagerung zunächst in Form vorbereitender Maßnahmen. Die magdeburgische Garnison hatte Anfang März 1631, ungefähr zwei Meilen oberhalb der Stadt in Richtung Schönebeck (Kreuzhorst), eine Schanze aufgeworfen. Deren Zweck sollte in der Freihaltung eines Weges in das Kurfürstentum Sachsen sein. Von daher hoffte man sich mit Proviant versehen zu können. Der Zweck wurde auch zunächst erreicht, indem die von Sachsen in Gommern bereitgestellte Munition durch die Holzung herbeigeschafft werden konnte. Der gleiche Weg wurde gewählt, um aus Barby mehr als 50 Wispel Korn (1 preußischer Wispel entsprach ca. 1300 Litern, 1 sächsischer Wispel entsprach ca. 2500 Liter; als Kornmaß entsprach in Preußen Wispel ca. 100 kg), die dort von kaiserlichen (sächsischen) Offizieren sowie von ortansässigen Landwirten im Ratskeller aufgeschüttet waren. Die Aktion wurde getarnt, indem ein Überfall mehrerer Hundert magdeburgischer Musketiere vorgetäuscht wurde. Am Folgetag dieser Aktion mussten die Arbeiten zur Fertigstellung der Schanze unterbrochen werden, da die kaiserlichen Truppen mit etwa 600 Mann zu Fuß und „etlichen compagnien Reutern“ dem Magdeburger Treiben ein Ende machen wollten. Die Verteidigungsfähigkeit der Schanze war allerdings bereits soweit fortgeschritten, dass die Besatzung, die über vier Stücke verfügte, den Kampf aufnehmen konnte. Da gleichzeitig Entsatz aus Magdeburg ankam, mussten die Kaiserlichen unter schweren Verlusten den Rückzug antreten. Die Magdeburger Verluste beliefen sich auf 10 Mann. Als wertvollsten Verlust hat man den Tod eines erfahrenen Capitain mit Namen Vultejus angesehen. Im übrigen Monat März blieb es an der Schanze im Kreuzhorst recht ruhig, bis Tilly am 30. März selbst einen Angriff gegen sie führte. Das ist der eigentliche Beginn der feindlichen Attacken gegen die Stadt und ihre Verteidigungsbemühungen. Tillys Truppen besetzten das Holz zwischen der Schanze im Kreuzhorst und der presterischen Schanze und schnitten damit den Soldaten im Kreuzhorst den Rückweg in die Stadt ab. An beiden Elbufern ließ Tilly etliche Stücke Geschütz in Stellung bringen und auf die Schanze im Kreuzhorst richten. Der kommandierende Capitain Böser hat sich daraufhin mit ca. 80 Knechten und den vier Stücken auf Diskretion ergeben. Die Schanze wird in der schwedischen Chronik als nicht sehr stark, lediglich aus Sand errichtet und „nicht wohl verwahret“ bezeichnet, was den Vorwurf der vorschnellen Kapitulation mildern sollte. Größere Ehre wurde einem namentlich nicht genannten magdeburgischen Lieutenant bekundet, der der nicht weit entfernt mit vier Rotten Musketieren fünf Stürme durch Tillys Truppen erfolgreich abgeschlagen hatte und diesen erhebliche Verluste zufügte. Schließlich musste, er durch eine Drahtkugel am Arm schwer verletzt, den Kampf aufgeben. Die Soldaten wurden „alle durch die Spitze lauffen (ge)lassen“, also getötet; der Leutnant aber in die Stadt zurückgeschickt. Am 31. März begann Tilly den Kampf gegen die Schanze in Prester, die mit mehreren Hundert Mann besetzt war. Um nicht von Rückzugsmöglichkeiten abgeschnitten zu werden, zog sich die Besatzung der Prester Schanze in die Zollschanze zurück. Dorthin wurden sie nicht verfolgt. Tilly konzentrierte seinen weiteren Angriff auf den Cracauer Turm. Dieser war leicht befestigt und mit 15 Mann besetzt. Diese Mannschaft wehrte sich zunächst heftig mit Erfolg, konnte aber dem konzentrierten Einsatz von fünf schweren Stücken, die vom Morgen bis zum Mittag feuerten, nicht standhalten. Sie wurden von Tillys Truppen niedergehauen, nachdem sie sich in das Erdgeschoss des Turmes zurückgezogen hatten. Auf dem linken Elbufer befand sich die Buckauer Schanze mit einigen Reduiten. Sie wurde durch den Grafen Mansfeld angegriffen. Die 70-köpfige Besatzung kämpfte bis zum Verbrauch allen Krauts und Loths, ehe sie überwältigt werden konnte. Erst am 15. April wurde gegen die Zollschanze vorgegangen. Die kaiserlichen Truppen wurden erfolgreich abgewehrt. Ihre Verluste werden mit ca. 200 Toten angegeben. Die Einnahme der Zollschanze war sowohl von der Land- als auch von der Wasserseite geplant. Für den Angriff über die Elbe waren 300 Musketiere kommandiert. Alle dazu benutzten Schiffe blieben jedoch in den Untiefen der Elbe und zwischen den Pfählen stecken. Dabei wurden Schiffe so stark beschädigt, dass sie untergingen und dabei viel „Volcks“ mit zu Grunde gesunken ist. Nachdem die Eroberung der Zollschanze missglückt war, hatte Tilly als nächstes Ziel die Schanze im roten Horn ausgewählt. Mit einem 24-stündigen Bombardement aus fünf am andere Elbufer aufgestellten Kanonen sollte die Schanze sturmreif geschossen werden. Da die Beschädigungen der Schanze erheblich waren, hat man die Besatzung erfolgreich in die Stadt zurückgebracht. Von den auf der Schanze vorhandenen Geschützen konnten ebenfalls alle, mit Ausnahme eines kleinen Stücks, in die Stadt zurückgeholt werden. Kaiserliche Truppen besetzten am frühen Morgen des nächsten Tages die Schanze mit per Schiff über die Elbe gebrachten Truppen. Nunmehr sollte die Zollschanze endgültig genommen werden, wozu auf dem Werder ein komplettes Regiment zu Fuß und mehrere berittene Kompagnien zum Einsatz kommen sollten. Der Aufmarsch begann in Richtung des Werkes bei der Ziegelhütte, in Richtung Stadt und in Richtung des Durchschnitts. So sollte der Besatzung auch der Weg in die Stadt abgeschnitten werden. Die Magdeburger hatten aus den Vorbereitungen der kaiserlichen Truppen die richtigen Schlüsse gezogen und die Besatzung aus der Zollschanze in die Stadt zurückgezogen, nicht ohne hinter sich die Brücken abzuwerfen. Als letzte Verteidigungsstellung außerhalb der Mauern konnten noch Sudenburg und Neustadt gelten. Auf allgemeinen Rat hin wurde aber beschlossen, die Vorstädte zu quitiren (aufzugeben), um einer Zersplitterung der Verteidigungskräfte vorzubeugen. Als in der Nacht des 20. April Tilly einen Angriff auf Sudenburg befohlen hatte und dabei die naheliegende Mühlenschanze eingenommen wurde, wurde Sudenburg von den Magdeburgern am 21. April in Brand gesteckt und am 22. April wurden noch bestehende Häuser- und Mauerreste „schlecht gemacht“. Am 23. April ist Feldmarschall Pappenheim mit fünf Regimentern zu Fuß über die von General Tilly bei Schönebeck errichtete Schiffsbrücke über die Elbe gekommen und hat vor der Neustadt sein Lager eingerichtet. Magdeburg hat dann auch die Neustadt geräumt und in Brand gesteckt.
5. Magdeburg ab 24. April 1631 Alle Außenwerke, die mit denen der Vorstädte ca. 20 Stück waren, sind erobert oder aufgegeben. Der von ihnen geleistete Widerstand war insgesamt nicht nennenswert. Einzige Verteidigungslinie außerhalb der Mauern war der Durchschnitt auf dem Werder. Diese Linie für den Übergang zur Stadt wurde bis auf das Letzte behauptet. Doch gegenüber dem Verlust verteidigungsfähiger Werke, Schanzen, Reduiten und anderem, war der Mangel an Kräften für die Verteidigung der Stadt das größere Problem. Der Administrator hatte die Zersplitterung der ursprünglich vorhandenen Kräfte auf eine Vielzahl von Orten im Erzstift zu verantworten. Für Magdeburg selbst waren Ende April 1631 neben der Bürgerschaft nur noch etwa 2000 Mann zu Fuß sowie 350 Reiter als kriegstüchtig verfügbar. Der Versuch, jüngere Jahrgänge der Bürgerschaft für den freiwilligen Dienst zu werben, verlief ohne spürbares Ergebnis. Die Verteidiger der Stadt konnten davon ausgehen, dass mit dem beginnenden Pappenheimschen Angriff auf die nur zum Teil abgebrannte Neustadt, die öffentliche Belagerung begonnen hatte. Der Administrator und Falckenberg beorderten daraufhin alle in der Stadt anwesenden Offiziere in das Rathaus. Nunmehr wurden alle Posten in der Stadt und auf dem Wall bestimmt und die dafür Verantwortlichen festgelegt: - Der Administrator nebst Oberstleutnant Longius übernahmen den Gebhardt und das neue Werk hinter dem Dom, - von Falkenberg übernahm den Heydeck von Sudenburg bis ans Krökentor, - Generalmajor Carl Huno von Ambsteroth wurde das gesamte Werk an der Neustadt, vom Krökentor bis zum Fischerufer anvertraut, - das Fischerufer und die Elbe überließ man den Fischern und einigen Bürgern zur Verteidigung, - Oberstleutnant Trost wurde in den Durchschnitt auf dem Werder nebst der Elbbrücken und Pforte kommandiert, - das Oberkommando lag beim Administrator und von Falkenberg. Die Bürgerschaft übernahm den Oberwall – in der Nacht mit Wachmannschaften aus allen 18 Vierteln, am Tage waren die Viertel im Wechsel jeweils zur Hälfte im Einsatz. Die Soldaten wurden in die Zwinger und Faussebrayen verteilt. Gleichzeitig wurde beschlossen, trotz der geringen Personaldecke den Feind durch Ausfälle zu schädigen und dessen Hochmut zu dämpfen. Der erste Ausfall wurde am 24. April von Generalmajor von Ambsteroth am hellen Mittag gegen Neustadt unternommen. Beteiligt waren etwa 40 Mann. Die Beute bestand aus den Schanzkörben des Feindes sowie einer größeren Anzahl von Schippen und Spaten; im Laufgraben wurden 17 Mann erlegt und zwei Gefangene gemacht. Feldmarschall von Pappenheim hatte sich wenige Schritte entfernt noch verstecken können und blieb unerkannt. Ein zweiter Ausfall am gleichen Tag erfolgte unter dem Kommando von Oberstleutnant Trost mit etlichen Hundert Mann zu Roß und Fuß über der Brücke. Der Überraschungsangriff forderte auf kaiserlicher Seite mehr als 150 Tote. Die Magdeburger blieben ohne Verlust. Ein dritter Ausfall erfolgte nochmals unter dem Kommando des Generalmajors von Ambsteroth in die Neustadt. Dabei fielen 40 Feinde und es wurde Beute in einem Offizierslager gemacht ("versilberte Degen, hübsche partisanen und andere Sachen"). General Tilly richtete nach den Anfangserfolgen seiner Belagerung, vor den geschilderten Ausfällen, nochmals schriftliche Aufforderungen zur Übergabe und Unterwerfung der Stadt an die Stadt selbst, den Administrator und den königlich schwedischen Legaten Falkenberg. Die Antwort des Administrators, der sich die Stadt und Falkenberg dem Grunde nach anschlossen, ging auf zwei Ziele hinaus: 1. Verhandlungen unter Einbeziehung der Churfürsten von Brandenburg und von Sachsen sowie den "StädtenAmMeer" (Hansestädten) aufzunehmen und 2. bis zum Ende der aufgenommenen Gespräche die Waffen ruhen zu lassen. Während Tilly mit Punkt 1 einverstanden war, lehnte er eine Waffenruhe ab. Er ging von der berechtigten Annahme aus, dass eine solche den Eingeschlossenen bei der Vorbereitung neuer Kämpfe helfen und die Gewinnung von Bündnispartnern erleichtern könne. Tilly setzte also die Annäherung an die Stadt fort. Aus der Stadt heraus wurde am 29. April ein neuer Ausfall, wieder in Richtung Neustadt, ausgeführt. Dabei werden etwa 100 Mann niedergemacht und ein Generaladjutant sowie einige vornehme Personen gefangengenommen und in die Stadt verbracht. Die noch vorhandenen Keller in Sudenburg und Neustadt bieten den Belagerern die Möglichkeit zur Annäherung an die Mauern. Sie kommen auf der Neustädter Seite bis an den trockenen Stadtgraben und liegen außerhalb des Schussbereiches der Magdeburger Stücke. In der Nacht des 1. Mai wird eine Batterie in Neustadt fertiggestellt, von der aus ab 2. Mai in die Stadt geschossen wird. Allerdings wurde von der Stadt aus ein Geschütz durch Beschuss demoliert und einem Constabler der Arm abgeschossen sowie weitere Mannschaften verletzt. Dennoch wurde der Beschuss fortgesetzt und die Annäherung an die Mauern bis zum Bord des Grabens erreicht. Weitere Batterien konnten aufgebaut werden.
6. Vorbereitung und letzter Sturm auf Magdeburg Am 7. Mai hatten die kaiserlichen Truppen acht Batterien aufgebaut, mit denen sie begannen die Stadt sturmreif zu schießen. Drei Batterien waren in Sudenburg, flankierend zum Heydeck, eingesetzt. Auf dem Heydeck waren 10 halbe Kanonen aufgestellt. Weitere drei kaiserliche Batterien befanden sich in Neustadt; sie verfügten über acht halbe Kartaunen und bekämpften den Hohepforte-Turm. Auf diesen hatten die Belagerten ein Stück gebracht, mit welchem sie verheerende Folgen bei den kaiserlichen Truppen erzielten. Eine weitere Batterie befand sich am östlichen Elbufer gegenüber dem Zwinger am neuen Werk der Neustadt. Diese Batterie war ebenfalls mit acht halben Kanonen ausgestattet und donnerte fortlaufend nach Magdeburg. Die letzte kaiserliche Batterie befand sich vor dem Zoll. Von da aus wurde der Durchschnitt auf dem Werder mit fünf Feldstücklein beschossen. Der Chronist bemerkt kritisch, dass die Munitionsversorgung der kaiserlichen Truppen von einem evangelischen Glaubensbruder der Magdeburger, dem Hamburger Kaufmann Bertram Pape, sichergestellt wurde. Dieser hat noch zuletzt eine größere Pulverlieferung an Tilly auf den Weg gebracht, die bis Dömitz von 14 Hamburger Soldaten eskortiert wurde. Nach Meinung des Chronisten wurde damit der Stadt Magdeburg der Rest und die letzte Ölung gegeben. Zunächst erweckten Tillys Aktivitäten den Eindruck, dass am 7. Mai der Sturm auf Magdeburg zum Abschluss gebracht werden sollte. Deshalb waren auch alle Kräfte der Belagerten mobilisiert und bewaffnet. Allerdings wollte Tilly als Ausgangspunkt des Sturms den Turm an der Hohen Pforte nehmen, der intensiv beschossen, aber nicht zerstört werden konnte. Die Absicht, den steinernen Turm und das daneben befindliche Rondell in den Graben zu stürzen, gelang nicht. Von Tillys Truppen hatten sich bereits 20 Mann unter Führung eines Sergeanten durch die Keller der Neustadt bis an den Wall herangearbeitet, um die beabsichtigte Bresche zu sichern. Ein Ausfall der Magdeburger, die dabei zwei Gefangene machten, einen feindlichen Soldaten töteten und den Rest des Trupps verjagten, stellte das labile Gleichgewicht erst einmal wieder her. General Tilly und Feldmarschall von Pappenheim befanden sich in der Neustadt, da sie angenommen hatten, dass die Magdeburger Parlamentäre entsenden und zu Übergabeverhandlungen bereit seien. Diese waren allerdings anderer Meinung und verstärkten ihre Gegenwehr. In der Nacht wurden darauf viele Feuerkugeln -granaten in die Stadt geschossen, um die Verteidiger zu zermürben. Die Magdeburger waren jedoch in den Straßen und Gassen der Stadt sehr aufmerksam und sorgten dafür, dass es nicht zu größeren Schäden kam. In der Stadt bemühte sich insbesondere Falkenberg um die Organisation und Aufrechterhaltung des Widerstands. Ein von ihm geleiteter Ausfall in den feindlichen Laufgraben führte bei Tillys Truppen zum Verlust von 60 Mann, darunter ein Hauptmann und ein Leutnant. Eine Wende der Belagerungssituation konnten die Magdeburger gegenüber einem vielfach überlegenen Feind mit ihren Ausfällen jedoch nicht herbeiführen. Tilly ließ die Futtermauern am Heydeck durchbrechen und setzte dort vier Geschütze zum Kampf gegen den Zwinger dieses Bollwerkes ein. Am 8. Mai gegen Mittag erschien wieder ein Trompeter und überbrachte Schreiben Tillys an die drei bekannten Empfänger. Er forderte, bevor er zum Äußersten schreiten müsse eine Unterwerfungserklärung Magdeburgs unter den Kaiser und wäre dann bereit zu gütlichen Verhandlungen (accord). Der Trompeter wurde in der Stadt zurückgehalten. Man wollte sich beraten und dann das Ergebnis schriftlich mitteilen. Das dauerte Tilly aber wohl zu lange, so dass am dritten Tag nach der Aushändigung der Schreiben Magdeburg gestürmt und genommen wurde. Nach der Ankunft des Trompeters machte Pappenheim mit einigen Knechten den Versuch, sich im Wall zur Neustadt festzusetzen. Ein Gegenstoß von 40 Magdeburgern machte den Plan zunichte, forderte allerdings das Leben des Magdeburger Capitains Wüstenhoff. Ein weiterer Versuch der kaiserlichen Truppen, bei dem sie sich mit voll Erde gefüllten Bierfässern schützten, war dann doch erfolgreich, da die Flanken und Streichwehren zerschossen waren und die Magdeburger keine wirksamen Waffen einsetze konnten. Als letzte Verteidigungsmöglichkeit am Wall, begannen sie diesen zu contraminieren. Am 9. Mai wurden die Pulvervorräte Tillys wohl doch etwas knapp, so dass sich nach dreitägiger Kanonade das Geschützfeuer deutlich abschwächte. Obwohl viele tausend Schüsse auf Magdeburg abgefeuert wurden, war doch wenig erreicht. Die Magdeburger Mauern und Bollwerke waren solid gebaut und von äußerster Festigkeit. Am Heydeck war beispielsweise das Mauerwerk so fest, dass „keine Kugel ein grösser Loch gemachet/ als wie sie selber war/ und eine auf der anderen stecken blieben: Daß also der Feind keine breche (Bresche) dieses Orts gewinnen können“. Den Turm der Hohen Pforte fällten die Kaiserlichen am 8. Mai, nachdem sie 300 Kugeln auf ihn geschossen hatten. Ihre Kriegskunst hatte jedoch nicht ausgereicht, ihn in den Graben fallen zu lassen. Er fiel seitwärts auf den Wall und füllte das nahe liegende alte Rondell mit seinem Schutt. Nach Frondsberg war die Artillerie damals bereits so fortgeschritten, dass Türme mit ihr nach Belieben in das Innere der Festung oder in den Graben gestürzt werden konnten. In Magdeburg ist es den kaiserlichen Truppen nicht gelungen. Die Menschenverluste in der Stadt (Zivilisten und Soldaten) beliefen sich während der ganzen Zeit der Beschießung auf 8 oder 9 Personen. Am 9. Mai am Abend hielt Tilly Kriegsrat und äußerte dabei Zweifel, ob ein Sturm auf die Stadt erfolgreich verlaufen könne. Einer der beteiligten Offiziere erinnerte an das Beispiel von Maastricht, wo am frühen Morgen selbst die Wachen geschlafen hätten und die Bürger schon frühzeitig ihre Posten verlassen hatten, um zu Hause zu schlafen. Dieser Hinweis löste die Spannung und es wurde beschlossen, am Morgen des 10. Mai einen Generalsturm zu versuchen. Folgende Angriffspunkte wurden festgelegt: 1. Feldmarschall Pappenheim greift mit den Gronsfeldischen, Wanglerischen und Savellischen Regimentern das große Werk an der Neustadt an, 2. Herzog Adolph von Holstein das Werk am Krökentor, 3. Graf Wolf von Mansfeld den Heydeck und 4. weitere drei kaiserliche Regimenter, unterstützt von ligistischem Volk, beginnen den Sturm auf das neue Werk auf dem Werder bei der Brücke. Der gemeinsame gleichzeitige Angriff sollte auf das Signal von den Schüssen der groben Stücke hin einsetzen.
Um den verarbeiteten Inhalt zeitgenössischer Informationen und Berichte deutlich zu machen, folgt die nachstehende Schilderung dem Wortlaut des Originals der Chronik:
Vor allen anderen aber hatte der FeldMarschalck Pappenheim auf seiner Post (Posten, Position) einen grossen Vortheil zum Sturm: Als/ nemlich/ nächst einen truckenen Graben/ einen gantz thalhengigen Wall/ den man leicht und fast ohne mühe hinnan lauffen mögen; ohne einige Streichwehren und flancken. Der Ihm auch/ an seinem Ort/ die Sache eyferig angelegen seyn/ die Nacht über alles zum Sturm fertig machen/ seine Knechte in den Wall sich einschneiden/ und viel Stiegen/ den Wall schrat hinauf/ biß unter die Sturmpfäle einhawen lassen; auch anders mehr/ zu diesem Schimpfe dienlich/ angeordnet. Ob nun wol den vorigen Abend abgeredet gewesen/ gleich mit dem Tage anzufallen: Noch dennoch/ weil der General Tilly so gar am guten effect gezweiffelt/ daß Er des Morgens noch einmahl Kriegsrath darüber gehalten/ hat es sich damit biß nach sieben Uhr zu Morgens/ und zwar zu der Stadt grössesten Unglück/ verzogen. Dan es war die Verordnung in der Stadt gemachet: Daß bei der Nacht die gantze Bürgerschaft und Soldatesca auf dem Walle sich finden lassen müssen. Des Morgens gieng der Halbe Theil heim: Kam auf den Mittag aber wieder hinnauf/ und lösete die andere helffte ab. Welche sich alsdan biß gegen den Abend zu Haus verfügete: Da sie sich alle mitteinander auf den Posten wiederumb ver-sambleten. Als nun in der Stadt/ den neunden MayMonats/ beschlossen war/ den Tillyschen Trompetter mit einer resolution, nächst kommenden Morgens/ den Zehenden dito, wieder abzufertigen/ unterdes aber die ganze Bürgerschafft/ nebenst den Soldaten/ die Nacht über/ auf dem Walle im Gewehr gewesen/ und des Feindes erwartet hatte; vermeinten sie: Weil der Feind/ die Nacht über/ sich stille gehalten/ würde es nunmehr bey hellem Tage nichts sonderlich zubedeuten haben. Bevorab/ da sie des vorigen Tages gesehen/ wie der Tilly etliche grobe Stücke Geschütz abführen lassen: Und deswegen/ daß die Keyserliche/ wegen verhandenen Entsatzes (wovon sie/ ohne das/ gewissen Nachricht gehabt) zum Abzuge sich schickten/ gemuthmasset. Giengen also die Bürger der halbe Theil/ ihrer vorigen Gewohnheit nach/ als die vor dismahl nunmehr ausser Gefahr weren/ umb fünf Uhre des Morgens zu Hause/ und begaben sich zur Ruhe: In deme der von Falckenberg nach dem Rathhause/ den Tillyschen Trompetter/ nebenst dem Rath zudepechiren/ geritten war. Aber wie jenne am besten ruhen wollten/ die übrige auf dem Walle/ mehrentheils müde und schläfferig/ keines Unheils/ viel weiniger eines generalsturms sich befahreten; Diese aber in embsiger Berathschlagung begriffen waren: Siehe/ da richten die Keyserliche und Ligistische ihr Vorhaben zu Wercke/ und fället der FeldMarschalck Pappenheim/ nach sieben Uhren/ wie vorgemeldet/ das newe Werck bey der Newstadt mit gantzer Macht an/ nachdem Er dem Volcke die Losung/ Jesus Maria, und ein weis Bändlein umb den Arm zum Abzeichen gegeben; treibt die Soldaten/ deren etwa fünffzehen auf dieser Post gewesen/ aus der faussebray, auf den Oberwall; lässet den Oberwall auch bald in einer furi anlauffen/ und war schon bis über die Brustwehre kommen: In deme der von Falckenberg nach empfangenen Lärmen/ eben damals vom Rathhause/ mit etlichem Volcke/ so er in der Eil zu sich genommen/ angefanget/ und ihn dieses Orts mit Verlust wieder zurück getrieben. Unterdessen man an der hohen Pforten auch angesetzet/ und/ weil daselbst die Wacht gar schlecht bestellet war/ bald Meister gespielet. Dan die weinig Soldaten/ so allda verhanden/ waren schläfferich: Der aber auf der Schildwache stand/ suchte seinen Feind im Busen/ und ward der heransteigenden Keyserlichen nicht ehe/ als mit den Streichen/ gewar. Daher auch die andern leicht übermannet worden/ und der Feind übern Wall bis an die Pforte kommen. Ob nun wol hierauf überall Lärmen in der Stadt entstanden/ und man die Sturmklocke zu leuten begunt/ auch nochmahln tapffer gefochten; Worüber/ unter andern/ Qvint von der Brücke/ Obrist Lieutenant vom Savellischen Regiment/ so vor diesem dem Könige nach dem Leben gestanden/ und deswegen ausgerissen war/ seinen rest empfangen: Ist doch/ da der von Falckenberg/ umb diese Gegend/ in deme er den Feind zurück zutreiben sich bemühet/ geschossen ward/ und umbkam/ eine confusion und Schrecken/ beydes unter Soldaten und Bürgern/ entstanden; also daß/ nach gäntzlicher qvitierung des Walles und der Pforte/ sie in die Stadt sich retiriret. Entzwischen der Hertzog von Hollstein am Kröckenthor/ so Er angegriffen/ weil die Belagerte daselbst sich wol gehalten/ starcken Wiederstand gefunden. Weil aber die Pappenheimische den Wall/ biß zu gemeldetem Thore eingenommen/ und von hindenzu auf die Magdeburger angefallen/ seind sie übermannet/ und mehrenteils an selbigem Ort niedergemacht worden. Der Graff von Mansfeld verzog eine geraume Zeit mit dem Sturm am Heydeck; biß die Pappenheimische albereit über die helffte in die Stadt hinnein waren: Da man Ihm dennoch dergestalt begegnet/ daß er zweymal zurücke weichen müssen. Biß Er endlich/ wie schon alles in der Stadt den Muth zur Gegenwehr fallen/ und die Hände sincken lassen/ zu einem eröffneten Thore hinnein kommen. Auf dem Werder haben die Keyserlichen gleichfalls keinen besseren Marckt gehabt/ ob sie wol eben langsam den Sturm angetreten: Bis zu letzt die/ daselbst logierende Soldaten/ weil sie gesehen daß alles verlohren gewesen/ sie gutwillig eingelassen. Ist also die Stadt Magdeburg gegen der Newstadt werts/ vom FeldMarschalck Pappenheim und dessen untergebenem Volcke/ erstiegen und gewonnen: Welcher Ort wan er mainteniret (behauptet) worden were/ oder mainteniret werden können/ die Tillysche dismahl einen blossen geschlagen/ und an den andern drey Orten nicht hetten durchzubrechen vermocht. Nach des von Falckenbergs Todesfall haben Bürger und Soldaten/ auf Anordnung und Zusprechen des General Majors von Ambsteroth/ Major Wudrichs/ Obriste Lieutenant Trosts/ und anderer Officierer/ (weil alles hieher/ zuretten/ zugelauffen) in der Stadt sich zwar aufs newe gesetzet/ und den Feind schon wieder gegen den Wall weichend gemachet: Doch als diese theils schwerlich verwundet worden/ theils gar todt geblieben/ und der Feind sich/ je länger/ je mehr gestärcket/ die nächst angelegene Häuser angezündet/ auch etliche Stücke auf dem Walle umbgekehret/ und damit Fewer in die Stadt gegeben/ ist endlich alle Gegenwehr umbsonst gewesen. Also/ daß etwa/ umb elff oder zwölff Uhren zu Mittage die Stadt gäntzlich in des Feindes Gewalt gerathen: Da mehrentheils Bürger sich in ihre Häuser begeben; die andern/ so draussen im Gewehr gefunden/ niedergehawen worden. Etliche/ so sich auf den Wällen verspätet/ und umb qvartier gebeten/ haben es gar schwerlich/ und nicht von allen Tillyschen Soldaten/ erlangen mögen. Drey Bürgermeister haben ihr Leben erhalten: Der vierte und etliche RathsHerren/ wie auch von Officierern/ die Obriste Lieutenants/ Longius, und Trost/ Majors/ Cresse und Wudrich; Rittmeister Heydeman/ und andere mehr/ seind todt geblieben. Des von Falckenbergs todter Cörper/ so/ nach empfangenen Schuß/ in ein Haus auf die Seite gebracht war/ ist daselbst/ als das Fewr überhand genommen/ mit verbrandt. Den Administratorn haben die Keyserliche auf dem breiten Wege/ nachdem Er in den lincken Schenckel einen Schuß bekommen/ übermannet; mit einer partisan ins Haubt verwundet; mit musqvetten ziemlich abgeblewet; gefänglich angenommen; fast gar geplündert und ausgezogen; auf ein Pferd/ weil Er/ wegen empfangenen Schusses/ nicht gehen können/ gesetzet; Und also übern Wall hinnaus/ durch einen Weg/ welchen sie mit Hacken und Spaden in Eil gemacht gehabt/ daß auch die Reuter/ einer nach dem andern/ hinnauf kommen können/ erstens ins Pappenheimische Lager/ von dannen folgends nach Wolmerstädt/ endlich nach Wolffenbüttel geführet. Der General Major von Ambsteroth ist gleichfals (doch tödlich geqvetschet/ woran er folgenden Tags gestorben) nebenst den beyden Obristen Lieutenants Uslar und Boyen/ Major Schiffman/ auch der gantzen Reuterey/ so vorm Thum auf dem Newmarckt gehalten/ gefangen worden. Wie nach völliger Eroberung man die Thore eröffnet/ und die Reuter und Crabaten mit Hauffen hinnein gebrochen/ da ist das Plündern/ Rauben/ Morden/ Weiber und Jungfrawen schänden allererst recht angangen; und so grausam/ erschrecklich/ und tyrannisch verfahren worden; daß die Feder/ solches zubeschreiben/ fast einen Schew trägt. Es wird berichtet; Daß sie/ in S. Catharinen Kirche/ drey und funffzig/ mehrerentheils Weibspersonen/ gantz unbarmhertziger Weise die Köpffe abgewawen; einen Prediger in S. Johannis Kirche vorm Altar niedergemacht; sonst in der Stadt auch etliche/ in der Geburt arbeitende/ Weiber hingerichtet; ein kleines Kind/ so sie sie auf der Gasse liegend und schreyend gefunden/ ihre zween jeder bei einem Beinlein erwischet/ und mitten voneinander gerissen; die Weibspersonen und Jungfrawen/ wan sie in den Häusern/ und auf den Gassen offentlich/ ihren Muthwillen mit ihnen vollbracht/ hernach ins Fewr geworffen. Darumb sich auch eine Jungfraw vom Adel in einen Brunn/ andere ins Fewr selbsten gestürtzet: Nur daß sie bey Ehren bleiben/ und also ehrlich sterben möchten. Die Kindern seind neben ihren/ erschlagenen/ und auf den Gassen im Blut liegenden/ Eltern gesessen und geschrien; Ach Vater! Ach Mutter! Auch etliche Seuglinge bey ihren todten Müttern gelegen/ und an deren Brüsten gesogen. Welche bald hernach in gesambt dem Fewre zu Theil geworden. Dan es hatte der FeldMarschalck Pappenheim/ wie die gvarnison und Bürgerschafft beym ersten Einfall in die Stadt ziemlich muthig sich erwiesen/ umb solche in confusion zubringen/ und ihnen die Gegenwehr zubenehmen/ Fewr in die nächst angelegene Gassen und Häuser einwerffen lassen: Wie solches die jenige/ so Er dazu commendiret/ und hernachmahle unter den Königlichen Schwedischen gedienet/ selbsten berichtet. Wodurch der Brand erstlich angangen/ und/ weil gar ein unversehener Sturmwind sich erhoben/ so geschwinde überhand genommen: Daß die Soldaten an der Plünderung verhindert worden/ und/ wegen der grossen Hitze/ biß auf etliche Regimenter/ so den Wall besetzet/ sich wiederumb aus der Stadt begeben müssen. Doch haben sie nebenst den Pferden und etlichem Vieh/ viel Weiber und Jungfrawen/ auch theils Manspersonen/ mit sich ins Lager gefangen weggeführet: Die Weibspersonen daselbst erbärmlich zu ihrer Lust misbrauchet; daß viele/ sonderlich kleine Mägdelein/ von zehen oder zwölff Jahren/ derer sie gantz nicht verschonet/ des Todes darüber seyn müssen. Innerhalb zwölff Stunden/ von zehen Uhr Vormittags/ bis wieder zehen Uhr zu Nacht/ ist die ganze Stadt/ und darinnen sechs schöne/ grosse Pfarrkirchen/ sambt ihren Thürnen/ deren theils mit Schiefer/ theils mit Bley/ und die zu S. Johannis mit lauter Kupffer bedeckt gewesen/ benebenst allen Stifftern und ClosterKirchen/ durchaus weggebrandt/ und in die Asche gelegt worden: Bis auf etwa hundert neun und dreyssig Häuser/ die mehrentheils am FischerUfer gelegen/ und kleine Hüttlein waren. Etliche weinig/ nächst am Thum/ und unser lieben Frawen Closter seind/ nebenst diesen beyden Kirchen und dem Closter/ vom Fewer unversehrt geblieben: Wiewol es mit dem Closter auch gefährlich gnug gestanden were; wan die Münche etliche hundert Soldaten nicht dazu vermocht hetten/ daß sie dem Fewre mit ganzer Macht abgewehret.
Auf den weiteren Verlauf der Plünderungen muss hier nicht weiter eingegangen werden. Auch die Freudenfeste, Gelage und Ausschweifungen der Sieger sind bekannt und ebenfalls die Wiedereinrichtung des Domes als katholischem Gotteshaus.
Über die Zahl der Toten und Überlebenden gibt die Chronik keine verbindlichen Zahlen. Sie verweist auf die recht drastische Entsorgung, wonach 6440 Leichen in die Elbe geworfen wurden. Weitere Tote sind infolge des Brandes gar nicht mehr zu bergen und unter verschütteten Haustrümmern nicht mehr zu identifizieren gewesen. Weitere Magdeburger wurden als Gefangene mitgeführt und starben aus unterschiedlichsten Gründen unbekannt und ungezählt an den Folgen des Krieges. Die Zahl der Überlebenden Bürger wird mit etwa 400 angegeben. Die Gesamtzahl der im Dom überlebenden gibt die Chronik mit etwa 1000 an. Auf Spekulationen wird verzichtet.
Während einer Übung des Ersatzbataillons der 4. Magdeburger Pioniere 1941 wurde auf dem Gelände des Rotehornparkes (ehemalige Elbinsel) eine stark korodierte Kanonenkugel gefunden. Sie blieb die vielen Jahre in Privathand und wurde am 22.06.2020 Helmut Menzel zum Tausch von zwei seiner Publikationen angeboten. Helmut Menzel erwarb sie und überreichte sie am 23.06.2020 dem Magdeburger Sanierungsverein Ravelin 2 für die ständige dortige Ausstellung. Somit kam sie wieder nach Magdeburg zurück.
Vernutlich handelt es sich um eine 8 - 12 Pfund Kanonenkugel aus der Belagerungszeit Magdeburgs 1631. Da sie im Rotehornpark (ehemalige Elbinsel) gefunden wurde, kann sie nur aus Magdeburg abgefeuert worden sei, und zwar konkret von der Bastion "Großer Gebhardt". Diese Bastion ist schon im Plan Otto v. Guerickes 1631/32 verzeichnet. Die lange Liegezeit von 1631 bis 1941 im feuchten Boden der einstigen Elbinsel hatte ihre Spuren hinterlassen. Auffallend ist auch, dass im 30jährigen Krieg diese eisernen Kanonenkugeln im Inneren Luftblasen (Hohlräume) hatten. Also minderwertiger Guss. Solche Kugeln standen ja auch nur im einmaligen Gebrauch.
Helmut Menzel
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Verzeichnis der Geschütze, die bei der Eroberung Magdeburgs am 10./20.Mai 1631, auf dem Wall gestanden haben. (nach Ruepps Schreiben an den Kurfürsten Maximilian v. Bayern vom 27.Mai 1631. München Hauptstaatsarchiv, Dreißigjähriger Krieg, Tom. 169. Fks, München V, s.90 ff.) Singerinnen und Kartaunen 1 Singerin, darauf eine Fortuna und das Stadtwappen, 13,5 Schuh lang (3,45 m), schießt 20 Pfd. 1 Singerin, darauf das Stadtwappen, 14 Schuh lang (3,58 m), schießt 24 Pfd. 1 halbe Kartaune, darauf das Stadtwappen und ein Vogel Strauß,12 Schuh lang (3,07 m), schießt 25 Pfd. 1 halbe Kartaune, 12 Schuh lang (3,07 m), schießt 24 Pfd. 1 halbe Kartaune, 11 Schuh lang (2,81 m), schießt 24 Pfd. 1 Singerin, darauf Greif, 15.5. Schuh lang (3,96 m), schießt 17 Pfd. 1 halbe Kartaune, darauf der Brauer und Bäckerinnung Wappen,11 Schuh lang (2,81 m), schießt 24 Pfd. Quartier-, Not-, und Feldschlangen, sowie kleine Schlangen 1 Quartierschlange, 11 Schuh lang (2,31 m), schießt 12 Pfd. 1 Quartierschlange, die "Lerche" genannt, 11,2 Schuh lang (2,86 m), schießt 12 Pfd. 1 Notschlange, 12 Schuh lang (3,07 m), schießt 12 Pfd. 1 Feldschlange, darauf das Stadtwappen, der "Kuckuck" genannt, 16 Schuh lang (4,09 m), gegossen 1547, Inschrift: V.D.M.I.Q. (Verbum domini manet in aetemum), schießt 8 Pfd. 1 Notschlange, die "Eule" genannt, 16 Schuh lang (4,09 m), schießt 20 Pfd. 2 Schlänglein, jedes 11 Schuh lang (2,31 m), schießen 2,5 Pfd. 1 Schlange, 11 Schuh lang (2,81 m), schießt 3 Pfd. 1 Feldschlänglein, der "Drache" genannt, 13 Schuh lang (3,32 m), schießt 3 Pfd. 1 Schlange, der "Landsknecht" genannt, 14 Schuh lang (3,53 m), schießt 4 Pfd. 1 Schlänglein, die 'Venus" genannt, 13 Schuh lang (3,32 m), schießt 4 Pfd. 1 Schlange, der "Fink" genannt, 16,5 Schuh lang (4,22 m), schießt 6 Pfd. 1 Schlange, 13 Schuh lang (3,32 m), schießt 3 Pfd. 1 Schlange, 10 Schuh lang (2,65 m), schießt 2,5 Pfd. 1 Schlange, 11,5 Schuh lang (2,94 m), schießt 12 Pfd. 1 Stück, an der Fischerpforte, 6,5 Schuh lang (1,69 m),schießt 1 Pfd. 2 Bockstückchen, jedes 5,5 Schuh lang (1,40 m), schießen 0,5 Pfd. Apostelstücke 1 Salvator, 11 Schuh lang (2,31 m), schießt 6 Pfd. 1 St. Paulus, dgl. Länge, schießt 6 Pfd. 1 St. Matthäus, dgl. Länge, schießt 6 Pfd. 1 St. Simon, dgl. Länge, schießt 6 Pfd. 1 St. Andreas, dgl. Länge, schießt 7 Pfd. 1 St. Bartholomäus, dgl. Länge, schießt 6 Pfd. 1 St. Jakob d. Ä.f dgl. Länge, schießt 6 Pfd. 1 St. Jakob d.J., dgl. Länge, schießt 7 Pfd. 1 St. Petrus, dgl. Länge, stand hinter der Ziegelscheune, schießt 6 Pfd. 1 Judas Thaddäus, dgl. Länge, schießt 6 Pfd. 1 St. Johannes, dgl. Länge, schießt 6 Pfd. 1 St. Thomas, dgl. Länge, schießt 6 Pfd. 1 St. Matthias, dgl. Länge, schießt 6 Pfd. 1 St. Phillipus, dgl. Länge, schießt 6 Pfd. Falkonettlein 1 doppeltes Falkonett, 10,5 Schuh lang (2,69 m), schießt 2 Pfd. 1 doppeltes Falkonett, darauf ein Ast, 10,5 Schuh lang (2,69 m), schießt 2 Pfd. 1 Falkonett, 9 Schuh lang (2,30 m), schießt 1 Pfd. 2 Falkonettlein, je 8 Schuh lang (1,68 m), schießt 1 Pfd. Standen am Bollwerk unter der Brücke. 1 Falkonettlein, 7 Schuh lang (1,79 m), schießt 1 Pfd. 1 Falkonett, 7,5 Schuh lang (1,92 m), schießt 1 Pfd. 1 Falkonett, 7 Schuh lang) 1,79 m), schießt 1 Pfd. 1 Falkonett (Kammerstück), 7 Schuh lang (1,79 m), schießt 1 Pfd. 1 Falkonett, 7 Schuh lang (1,79 m), schießt 1 Pfd. Scharffendindl 1 Scharffendindl, 7 Schuh lang (1,79 m), schießt 0,75 Pfd. 3 Scharffendindl, unter dem Wall im Zwinger, jedes 7 Schuh lang (1,79 m) schießen 0,75 Pfd. Auf jeder eine "Nachtigall" 1 Scharfendindl, 7 Schuh lang (1,79 m), schießt 0,75 Pfd. 1 Scharffendindl, 7,5 Schuh lang (1,92 m), schießt 1 Pfd. 1 Scharffendindl, 7 Schuh lang (1,79 m) schießt 0,75 Pfd. 1 Scharffendindl, 7,5 Schuh lang (1,92 m) schießt 0,75 Pfd. 1 Scharffendindl, 7 Schuh lang (1,79 m), schießt 0,75 Pfd. Steinstücke 1 Steinstück, 7,5 Schuh lang (1,92 m), schießt 20 Pfd. Steine 1 Steinstück, bei der Ziegelscheune, Wappen der Seidenkramer-Innung darauf, 6,5 Schuh lang (1,66 m), schießt 10 Pfd. 1 Steinstück, 7,5 Schuh lang (1,92 m), schießt 20 Pfd. 1 Steinstück, 5,5 Schuh lang (1,40 m), schießt 10 Pfd. 1 Steinstück, darauf des Bischofs Wappen, im Hornwerk, 4 Schuh lang (1,02 m), schießt 1 Pfd. 1 Steinstück, 4 Schuh lang (1,02 m), schießt 3 Pfd. 1 Steinstück, darauf das Seidenkramer-Innungswappen, 6,5 Schuh lang (1,66 m), schießt 10 Pfd. 1 Steinstück oder Haubitze, 6,5 Schuh lang (1,66 m),schießt 10 Pfd. 1 Steinstück, 7,5 Schuh lang (1,92 m), schießt 20 Pfd. 1 Steinstück, 7,5 Schuh lang (1,92 m), schießt 20 Pfd. 1 Steinstück, 4 Schuh lang (1,02 m), schießt 3 Pfd. Mörser oder Böller 1 Mörser, darauf das Stadtwappen, schießt 16 Pfd. 1 eiserner Mörser, schießt 31 Pfd. 1 eiserner Mörser, schießt 9 Pfd. 1 Mörser, schießt 50 Pfd. 1 eiserner Mörser, schießt 26 Pfd. 1 Metallböller, schießt 37 Pfd. 1 Böller, schießt 13 Pfd. Doppelhaken 2 metallene Doppelhaken 5 eiserne Doppelhaken 1 eiserner Doppelhaken 12 eiserne u. metallene Doppelhaken Insgesamt: 8 Kartaunen und Singerinnen 18 Quartier-, Not- und Feldschlangen 14 Apostelstücke 10 Falkonettlein 9 Scharffendindl 11 Steinstücke 7 Mörser u. Böller 20 Doppelhaken An Munition wurde aufgefunden: 5 Tonnen Pulver, auf dem Neuen Werk vergraben 20 Zentner Pulver, lagen noch nicht ganz zugerichtet im Pul¬verturm 150 Zentner Salpeter 12 Zentner Schwefel 90 Zentner Blei Zitiert nach: Generalstaben "Sverieges Krig 1611-1632" Band II, Stockholm 1938
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