Die „Kriegsorganisation“ bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges
Kriegerische Auseinandersetzungen zwischen zwei oder mehreren Staaten wurden im europäi-schen Mittelalter in aller Regel durch Söldnerheere ausgetragen. Sowohl die Feldherren, als auch die Soldaten wurden für die beabsichtigten Feldzüge angeworben und unter Vertrag genommen. Dass ein Feldherr „die Seiten wechselte“, galt durchaus nicht als anrüchig, schon gar nicht als Verrat – hatte er doch jeweils einen befristeten (üblich war ein Jahr) Vertrag, in welchem ihm für diesen Zeitraum ein entsprechender Sold zugesichert wurde. Regimenter wurden eingekauft, in denen der Hauptmann für die in Aussicht genommene Truppe bezahlt wurde. Die Vergütung der Truppe (Landsknechte) sowie deren Ausrüstung und Verpflegung waren durch ihn zu sichern. Für bestimmte Dienststellungen zahlte der Feldherr zusätzlichen Sold in festgelegter Höhe als Zusatzvergütung. Ich will in diesen und nachfolgenden Ausführungen auf die Struktur des Heerwesens eingehen. Sie waren im europäischen Raum vergleichbar, bevor die langjährigen kriegerischen Auseinandersetzungen die Schaffung stehender Heere vorantrieb und zu zunehmend nationalen Varianten führte. Aber auch sie bauten auf die früheren Lösungen auf. Im ersten Teil meiner Ausführungen möchte ich lediglich die Hierarchie des Heerwesens darstellen. Sie enthält die Bestandteile der Streitkräfte, die funktional erforderlich waren, unabhängig von der Heeresstärke. In weiteren Beiträgen möchte ich solche Funktionen beschreiben, die von den einzelnen Bestandteilen ausgefüllt wurden. In späteren Beiträgen möchte ich noch spezielle Aufgaben erläutern und schließlich einige Situationen ausmalen, die den Zustand der Heerestruppen im gelebten Alltag illustrieren.
An der Spitze einer Kriegspartei stand der Kriegsherr. Das konnten weltliche oder geistliche Herrscher sein. Die Territorialgewalt war keine Voraussetzung. Der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches hatte durchaus kein geschlossenes Territorium, welches er regierte. Auch der Papst war historisch als eigenständiger Kriegsherr aufgetreten. So erklären sich die Verhängung von Bann und Acht als Mittel der Durchsetzung von Interessen zentraler Bedeutung gegen abweichende Bestrebungen ansonsten unabhängiger Teilglieder. Die Belagerung Magdeburgs durch Moritz war dafür ein Beispiel, wie später die Belagerung durch Wallenstein. Der Kriegsherr war oberster Befehlshaber, musste aber nicht selbst auf dem Kriegsschauplatz agieren. Er konnte aber einen Vertreter entsenden, der ihm in allen Rechten gleichstand. Der eigentliche Befehlshaber für die Truppen war der Oberste Feldhauptmann oder Feldherr. Ihm zur Seite stand der Oberst Leutnant als Stellvertreter. Dem Feldherrn nachgeordnet war der Feldmarschall. Quasi als Stab standen ihm zur Verfügung: - der Wachtmeister - der Quartiermeister - der Oberste Zeugmeister - der Schanzmeister - der Brandmeister Einen besonderen Status besaßen die Rittmeister. Ihre Stellvertreter waren die Rittmeister Leutnants. Für die Organisation der Truppe waren die Feldwebel zuständig. Eine Sonderrolle spielten die Rumormeister. Als berittene Kampftruppen dienten die gemeinen Reiter. In der militärischen Hierarchie folgten den Rittmeistern die Fußvolks (Infanterie) Obersten. Zu Ihnen parallel bestanden Sonderbeauftragte für Verwaltung, Disziplinaraufgaben und Gerichtsbarkeit in Form - des Profosen - des Schultheißen - des Quartiermeisters - des Wachtmeisters und - des Proviantmeisters. Den Landsknechten waren deren Hauptleute vorgesetzt, die wiederum von Fähnrichen, Feldwebeln, gemeinen Webeln, Führern und Fourieren unterstützt wurden. Sonderaufgaben waren den Hurenwaybeln (Hurenwebeln), Stockmeistern und Scharfrichtern übertragen.
Kriegsrecht im 16. Jahrhundert 1. Der Kriegsherr – Aufgaben, Rechte und Pflichten Dem Kriegsherrn gebührten nach Kriegsrecht alle Schlösser, Städte, Flecken und alles Land mitsamt den Einwohnern, die im Sturm oder sonst wie erobert oder aufgegeben wurden. Das galt selbst für ehemaliges Eigentum seiner Verwandten und Bundesgenossen. Der Kriegsherr erhielt das Eigentum an allen bei Brand-, Land- und anderen Schatzungen erzielten Beuten. Ebenso an allen großen Geschützen und der zugehörigen Munition. Er konnte die Zeugmeister an der Beute beteiligen. Er war verpflichtet, vor Kriegsbeginn die menschlichen und finanziellen Ressourcen des Gegners zu ermitteln und darauf bezogen den erforderlichen Proviant, das notwendige Geschütz mit der Mindestausstattung an Munition bereitzustellen und den Gegner „auszukundschaften“. Für die Ermittlung der gegnerischen Absichten sollte Geld nicht gespart werden. Bild entfernt (keine Rechte) In Gefangenschaft geratene gegnerische Kriegsherren oder Oberste Feldhauptleute gehören (hinsichtlich eventuellen Lösegeldes oder politischer Forderungen) dem Kriegsherrn, doch soll derjenige, dem die Gefangenschaft zu verdanken ist, Anerkennung finden. Übrige Gefangene gehören demjenigen, denen im “Bestallungsbrief“ entsprechende Zusagen gemacht wurden. Für den Kriegsherrn, der sich an der Front aufhält, sind die notwendigen Schutz- und Sicherungsvorkehrungen zu treffen und „Tag und Nacht wohl besetzt“ zu halten. Über das Schicksal von Menschen, Proviant und Waffen eroberter Festungen entscheidet ausschließlich der Kriegsherr. Vereinbarte Ansprüche der Obersten Feldherren, Feldmarschälle und anderer bleiben unberührt. Kriegsherren, die selbst die Aufgabe des Feldherrn übernehmen, sollen sich zum eigenen Schutz eines Stellvertreters bedienen: „Dann wenn ein Kriegsherr der Oberster Feldhauptmann im Feld darnider ligt oder einen Leibschaden empfehet, Ist es beschwerlich und allem Kriegsvolck erschrecklich, wie die Kriegserfarnen wol wissen, auch andere leicht ermessen können.“ Ein jeder Fürst wird davor gewarnt, einen Bundesgenossen mit Kriegsvolk in sein Land zu holen. Gleichfalls soll er Proviant- oder Futtervorräte vernichten, wenn er sie nicht vor dem Feind sicherstellen kann.
2. Oberster Feld-Hauptmann oder Feld-Herr Er handelt im Auftrag des Kriegsherrn und ist verpflichtet, die Finanzierung des Krieges aus den Erfolgen der Eroberungen zu sichern. Dass er auch noch einen Gewinn für seinen Herrn sicherzustellen hat, ist ausdrücklich gefordert. Für seinen Gewinnanteil gibt es keine Vorgaben. Im extremsten Fall soll er „umsonst“ arbeiten. D. h., dass er mit Lehns- und eigenen Gütern ausgestattet ist sowie aus anderen Einkommensquellen des Adels seinen Lebensunterhalt standesgemäß gesichert hat. Da der Kriegsherr ja oft auch Lehnsherr ist, sind die verliehenen Güter und Rechte als Vorschuss für noch zu leistende Dienste anzusehen. Nimmt der Kriegsherr nicht selbst am Feldzug teil, ist der Feldherr im Prinzip mit einer absoluten Befehlsgewalt ausgestattet. Diese wird von den allgemeinen Kriegsregeln allerdings eingeschränkt. So kann er beispielsweise keine Urteile sprechen. Er hat in der Regel auch kein Begnadigungsrecht. Andererseits untersteht er ausschließlich der Befehlsgewalt des Kriegsherrn, der ihn beliebig berufen oder entlassen kann. Für die Tätigkeit des Feldherrn sind eine große Anzahl von Regeln aufgestellt (eine Ausarbeitung von 1578 nennt alleine 101). Auffallend dabei ist, dass er eine hohe persönlich wahrzunehmende Verantwortung trägt, die ihm gleichzeitig den Einsatz qualifizierter Spezialisten vorschreibt.
Da eine reine Aufzählung von Rechten und Pflichten zu ermüdend wäre, werde ich die Rolle des Feldherrn in einer zusammenhängenden Darstellung besonders vornehmen.
Zunächst eine kurze Vorbemerkung zu den im 15. Jahrhundert aufgekommenen Landsknecht-Heeren. Kaiser Maximilian I. war zwar „weltliches Oberhaupt“ in Europa, hatten aber zur Durchsetzung seiner Interessen keine Heeresmacht zur Verfügung. Seine lehnspflichtigen Fürsten und Herren kamen ihren Pflichten entweder gar nicht, oder nur sehr lau, nach und alle Nachbarn warfen eifersüchtige Blicke auf sein Land. Dieses noch um die von seiner verstorbenen Gemahlin, Maria von Burgund, geerbten Territorien zu vergrößern, war anderen Territorialherrschern ein Dorn im Auge. In Ermanglung „ritterlicher“ Heerscharen rief er in den Österreichischen Erblanden rüstige Stadt- und Landbewohner zusammen, bewaffnete sie mit Schwert und Spieß, unterstellte sie (meist adligen) Hauptleuten und nannte sie „Landsknechte“. Diese Bezeichnung verdankten sie ihrer Herkunft vom flachen Lande. Ihr Vorbild waren wohl die „Schweizer“ – vom Hochland stammende Soldaten (wie sie noch heute in der „Schweizer Garde“ des Vatikans fortleben). Die Methode ihrer Werbung, ihrer Ausbildung und ihres Einsatzes bewährte sich und so waren die Landsknechtheere geboren. Sobald der politische Gang von Auseinandersetzungen zwischen Territorialherren die Aufstellung einer Heeresmacht als notwendig erscheinen ließ, trat nunmehr folgender Ablauf ein. Der Kaiser (oder jeder entsprechende andere zukünftige Kriegsherr) fertigte für einen angesehenen, berühmten Kriegsmann, zu welchem er ein besonderes Vertrauen hatte, ein Patent an. Dieser wurde damit zum Feldobristen eines Regiments von Fußknechten ernannt und ermächtigt, die benötigte Zahl Mannschaften anzuwerben. Ein solches Werbepatent hatte etwa folgenden Inhalt: Wir, Maximilian I., Sancti Imperii Romani imperator etc. etc., Allen Churfürsten, Fürsten, Obrigkeiten, Unterthanen und Lieben Getreuen, weß Standes und Würden sie seien, insonderheit auch Unsern fürstlichen erblichen Ländern Unsern Gruß zuvor. Nachdem Wir aus bewegenden Ursachen beschlossen, zu Heiligen Römischen Reichs und Teutscher Nation Wohlfahrth Unser Heer durch eine Anzahl teutschen Kriegsvolks zu vermehren und zu dessen Werbung Unsern Hauptmann und des Reichs lieben Getreuen N. N. beauftragt haben, so befehlen Wir und fordern hiermit männiglich auf, gedachten Unsern Hauptmann überall in Unserm Reiche in Churfürsten- und Fürstenthümern, sowie auch in Unsern fürstlichen Erblanden öffentlich umschlagen und Truppen für Unsern Dienst annehmen zu lassen, ihme darin auch nicht hinderlich zu sein, vielmehr seine Unternehmungen nach allen Kräften so zu fördern, wie Wir dies aus obgesagten Gründen gewärtigen. – Urkundlich unter Unsrer eigenhändigen Unterschrift und Kaiserlichem Insiegel etc. etc. Gleichzeitig erhielt er den Artikelbrief, in welchem der Kaiser die Heeresverfassung festlegte. Von besonderer Bedeutung war das darin festgelegte Rechtsverfahren. Die weiteren Festlegungen betrafen den Sold, die Anzahl und Stärke der Fähnlein und der Ort, an dem sich die Geworbenen dem vom Kriegsherrn bestimmten Musterherren zu gestellen hätten. Der Oberst wählte nun unter den ihm bekannten Waffenkundigen und sonst angesehenen Herren seinen Stellvertreter (Oberstlieutnant) und für jedes zu stellende Fähnlein (Kompanie) einen bewährten Hauptmann. Nun zogen die Werber mit der Werbetrommel durch Stadt und Land, das Kaiserliche Werbepatent wurde öffentlich verlesen und in kurzer Zeit (besonders wenn bisher erfolgreiche Kriegsleute unter den Werbern waren) sammelten sich rüstige und unbescholtene Burschen (nur solche durften anfangs als „fromme Landsknechte“ eintreten). Sie waren bekleidet mit Wamms und Schuhen und wohlbewehrt mit Harnisch, Schwert, Spieß oder Hellebarde, oder auch mit Armbrust oder Hackenbüchse. Gerne wollten sie der berühmten Kriegsherrn Ruhm teilen (und möglichst ein gutes Stück Geld für die „Notdurft“ beiseitelegen). Jeder, der sich anwerben lassen wollte, ließ seinen Namen in die Musterrolle eintragen, sich den wesentlichen Teil des Artikelbriefes mitteilen und ein Handgeld auszahlen, um sich am festgesetzten Tag auf dem im Werbepatent genannten Platz zu gestellen. Hier hatte sich der Kaiserliche Musterherr eingestellt, ein vornehmer Herr mit genauen Kenntnissen des Landsknechtsbrauchs. Ihm zur Seite standen Kriegsräte und Musterschreiber. Der Musterherr prüfte mit scharfem Auge jeden einzelnen Knecht, der mit seiner Wehr und Waffe (Landsknechte mussten für ihre Ausrüstung selbst aufkommen) an ihm vorbeiziehen musste. Wer nicht mindestens Schwert und Spieß besaß oder körperlich untauglich oder gebrechlich war, wurde zurückgewiesen. Ausgesondert wurden auch die besonders gut und reichlich Ausgerüsteten, die außer Schwert und Spieß noch mit Sturmhaube, Arm- und Beinschienen, mit Krebs, Rücken, Ringkragen etc. sowie alle die mit Hackenbüchsen ausgestatteten waren. Sie wurden als „Doppelsold“ bezeichnet, so dass ihr monatlicher Sold 8 Gulden betrug, während der übliche Monatssold auf 4 Gulden festgelegt war. Eine weitere Aufgabe des Musterherrn war es, die Stärke eines Fähnleins, das unter einem eigenen Hauptmann stand, mit mindestens 400 Knechten zu gewährleisten. Gern gesehen waren dabei mindestens 50 Hackenbüchsen (später erhöhte sich diese Anzahl). Noch eine wichtige Aufgabe oblag den Musterherrn, nämlich die Kontrolle darüber, ob sich jemand mehrfach (unter falschem Namen) oder mit fremden Waffen hat mustern lassen. Da an die Hauptleute den Sold für die nominelle Zahl der Knechte gezahlt wurde, war das ein beliebtes Mittel zur Erhöhung des Einkommens der Hauptleute. Eine echte Kontrolle über dieses Verfahren konnte jedoch nicht erreicht werden. Hatte der Musterherr seine Aufgabe erledigt, folgte die feierliche Übernahme des Regiments durch den Obersten (zuweilen auch Kardinal genannt). Er ließ zur Gemeine schlagen (Generalmarsch) und versammelte, hoch zu Ross, das gemusterte Kriegsvolk im Ring um sich. Er nahm sein Barett ab und setzte den Knechten in kurzer Ansprache den Zweck ihrer Aufstellung auseinander. Dabei forderte er sie auf, ihrem Kriegsherrn für die Zeit, auf welche sie angeworben waren, treu, hold und gewärtig zu sein, den ihnen mitgeteilten Artikelbrief getreulich zu halten und diesen, ihren Willen in die Hände des Schultheiß zu beschwören. Der Schultheiß war eine sehr wichtige, einflussreiche Persönlichkeit im Regiment und hatte den Vorsitz bei Stand- und Kriegsgerichten. Er war im Rang dem Hauptmann gleich. Nach Ableistung des Eides wurden die im Regiment besetzten höheren Ämter und die ihnen vorstehenden Personen öffentlich bekannt gemacht. Jeder Amtsinhaber hatte das Recht, sich durch eine kurze persönliche Vorstellung bei den Knechten zu empfehlen. In der Reihenfolge waren dies der Oberstlieutnant, der Proviantmeister, der Pfennigmeister (Rechnungsführer), der Quartiermeister und der Profos. Letzterer war der öffentliche Ankläger und Urteilsvollstrecker in Kriegsrechtssachen und immer ein hochgeachteter tapferer Kriegsmann im Hauptmannsrang. In seinem Gefolge befanden sich der Stockmeister und die Stockknechte (heute vielleicht die Feldpolizei – Kettenhunde) und der „Freimann“, der Scharfrichter, der im blutroten Wamms, mit roter Feder am Hut und dem breiten Richtschwert an der Hüfte, stolz daherschritt. Der Profos richtete eine Ansprache an die versammelten Knechte, die etwa folgenden Wortlaut gehabt haben könnte: Also, lieben Landsknechte, dieweil ich Euch bin zu einem Profos geordnet, so will ich Euch gebeten haben, Ihr wollet betrachten, was Ihr beschworen habt, auf dem Artikelbrief, demselben treu nachzukommen, und wollet gut Regiment führen und handhaben und Euch hüten vor Spielen, Vollsaufen, Balgen, Schelten, Schmachwort und anderen desgleichen; denn ich muss darauf greifen und durch meine Stockknechte in Eisen legen, oder, wofür Gott sei, Euch zu eigener Strafe überantworten, damit gut Regiment gehalten werde. Die vorstehend genannten Chargen bildeten gewissermaßen den Regimentsstab. Zu ihm zählen noch der Brandmeister mit seinen Brandknechten. Er stand ebenfalls im Hauptmannsrang und war verantwortlich für das kriegsmäßige Sengen, Brennen und Brandschatzen. Eine besondere Rolle, nicht für den Kampf, aber für die Kampfkraft, war ein hochangesehener Würdenträger mit der (heute etwas anrüchig klingenden) Bezeichnung des Hurenwaibels (Hurenwebel). Auch er stand im Hauptmannsrang und hatte dafür zu sorgen, dass der ungeheure Tross, der etwa 3 ½ mal so viele Köpfe zählte, wie die eigentliche Kampftruppe, den Verlauf der kriegerischen Handlungen nicht negativ beeinträchtigte. Er bestand aus Weibern, Kindern, Dienstgesinde, Marketendern, Sudlern und Sudlerinnen (Köchen) und ähnlichen Personen. Nicht immer war deren Geschäftsgebaren ehrsam und ehrlich. Nach der Vorstellung der „hohen Ämter“ wurden die vom Obersten ernannten Hauptleute dem Ring der Landsknechte bekannt gemacht. Jeder Hauptmann hatte 10fachen Sold (40 Gulden) monatlich. Dem Hauptmann stand, wie in noch größerem Maß dem Oberst; ein sogenannter Staat zu. Das waren Trabanten, Buben, ein Kaplan, Schreiber und Feldscherer. Der Hauptmann focht zu Fuß, stattlich bewaffnet und bewehrt, während der Oberst zu Ross kämpfte. Die Zahl der Fähnlein (Kompanien) in einem Regiment betrug 10 – 15, als Standard hatte sich aber wohl die Zahl von 12 eingeführt.
Die Organisation der Fähnlein werde ich in einem besonderen Beitrag beleuchten.
3. Der Oberste Leutenant Der Oberste Leutenant übt die gleiche Befehlsgewalt aus, wie der Feldherr (Feld-Hauptmann) selbst, soweit dieser nicht zur Verfügung steht. In Abwesenheit des Feldherrn übt er die uneingeschränkte Befehlsgewalt aus und ist verpflichtet, in besonderen Situationen sofort zu handeln. Das sind beispielsweise bei Aufruhr des Kriegsvolkes, bei feindlichen Überfällen oder bei Gefahr für Proviant- und Futtervorräte. Wenn das Kriegslager geteilt wurde, hatte der Oberste Leutenant in einem Teillager automatisch die Funktion des Kriegsherrn zu übernehmen, es sei denn, dass die beigeordneten Räte oder der Feldherr selbst anderweitig entscheiden. Während des Zuges hat der Oberste Leutenant die Marschordnung zu kontrollieren und sicherzustellen, dass die festgelegte Reihenfolge der eingeteilten „Geschwader“ eingehalten wird. Der Oberste Leutenant war verantwortlich für das normale Tagesgeschäft „bis zu den Feinden“, d. h. bis zur Aufnahme von Kampfhandlungen. Der Feldherr sollte „in Ruhe bleiben“, um über die „Aufgaben notdürftig nachzudenken“ und um die „Arbeit an dem Feinde besser zu ertragen“. Der Feldherr oder der Oberste Leutenant ist bei Anwesenheit des Kriegsherrn verpflichtet, diesen in der Hauptstreitmacht zu „verordenen“ und neben, hinter und vor diesem durch gute und wohlgerüstete Leute zu schützen. Während der Herstellung der Schlachtordnung wird der Platz des Kriegsherrn von einem Fähnrich markiert, der bei der Wiedereinordnung des Kriegsherrn in die Streitmacht an dessen rechter Seite bleibt. Für die Ordnung der Reiterei war ein zusätzlicher Hauptmann verantwortlich, der dem Feldherrn bzw. dem Obersten Leutenant zur Seite stand und auch zur Erledigung „fürfallender Gescheffte“ gut zu gebrauchen war. Für den Fall, dass es sich nur um eine kleine Streitmacht handelt, wurde dem Kriegsherrn empfohlen auf den Obersten Leutenant oder auf den Feldmarschall zu verzichten – das gebiete die Sparsamkeit („von der grossen Besoldung wegen“).
4. Der Feldmarschall Der Feldmarschall war Oberster Befehlshaber der berittenen Truppen eines Kriegsherrn. Er kooperierte mit dem Feldherrn, war aber in seinen Entscheidungen weitestgehend frei von dessen Befehlen. Je nach Größe der Reitertruppen unterstanden ihm noch ein Untermarschall und für die Rennfahnen (Reiterschwadronen) besondere Hauptleute. Die Rennfahnen wurden aus den berittenen Mannschaften der Hauptleute der Landsknechte rekrutiert. Um Ungerechtigkeiten und Unfrieden unter den Truppenführern zu vermeiden und gegen solche möglicherweise mit der Befehlsgewalt des Feldherrn vorgehen zu können, hatte er sich bezüglich der Rekrutierung mit letzterem abzustimmen. Eine solche Notwendigkeit ergab sich auch daraus, dass sich die einzelnen Kämpfer auf eigene Kosten kleiden und bewaffnen mussten. Die Kosten, die ein Reiter hatte, waren damit immens hoch, so dass sich fast ausschließlich nur Adlige der berittenen Truppe anschließen konnten. Diese zu führen bedurfte eines besonderen Geschicks, da sie sich „von Natur aus“ privilegiert fühlten. Die Reiterei war vom Wachdienst befreit, bestand also aus "Gefreiten". Dafür hatten sie übergeordnete Wach- und Ordnungsdienste auszuführen. Dazu gehörte, dass sie beim Aufbruch eines Lagers bereits eine Stunde vor dem Aufbruchtermin kampffähig die Vorbereitungen zum Abmarsch zu sichern hatten. Während des Marschs begleiteten sie sichernd und ordnend die Fußtruppen und die Trainmannschaften. Der Feldmarschall wählte das neue Lager aus und die Aufgabe der Reiterei war erst dann beendet, wenn das Lager eingerichtet und bezogen war. Bei getrennten Marschsäulen bestimmte der Feldmarschall den gemeinsamen Sammelplatz (Lärmplatz) so, dass die Beanspruchung der Marscheinheiten möglichst gleichmäßig erfolgte. Insbesondere hatte der Feldmarschall darauf zu achten, dass während des Marsches und außerhalb des militärischen Lagerbereichs kein Handel mit Lebensmitteln, Futter oder Marketenderwaren stattfand, er hatte die Handelsbräuche zu überwachen, was sich hauptsächlich auf faire Preise und gegen unlauteren Wettbewerb unter den Händlern bezog. Auch musste er durch die Ordnung des Angebots gewährleisten, dass die Rationierung für Fußvolk und Reiterei in gleichem Maße erfolgte, um Unzufriedenheit und Unruhe unter den Mannschaften zu verhindern. Strafgelder und wegen Verstoßes gegen die Handelsbestimmungen eingezogene Handelsware verfiel dem Feldmarschall. Ebenso erhielt er 10 Prozent des gemachten Umsatzes (1 Pfennig auf 10 Pfennige). Die vom Feldmarschall angeführten Rennfahnen begannen in einer Schlacht jeweils die Attacken und verfolgten die feindliche Nachhut. Auch das stellte den Feldmarschall während des erfolgreichen Vorgehens vor Probleme, da er den Raum zwischen der Kavallerie und den schwerfälligeren Fußtruppen nicht zu groß werden lassen durfte (ein Problem, das nach den ersten „Blitzkriegs“-Erfolgen ab 1942 in veränderter Form zwischen Panzer- und anderen Verbänden wieder eine Rolle spielte).
5. Wacht- und Quartiermeister Dem Feldmarschallamt waren die Wacht- und Quartiermeister zugeordnet.
5.1 Wachtmeister Ein Lager hatte im Normalfall 4 berittene Wachtmeister. Nur bei größeren Truppen (die Maximalgröße eines Heeres lag bei 30 000 Mann, lediglich Wallenstein bildete mit 40 000 eine Ausnahme) war auch eine größere Zahl von Wachtmeistern vorzusehen. Eine weitere Ausnahme bildeten Heerzüge gegen die Türken, da diese oft von mehreren Völkern gemeinsam geführt wurden und die Wachtmeister die Landessprache der Truppenteile beherrschen sollten. In der Regel wurden Tag- und Nachtwachen aufgestellt. Der Wachtmeister war für die Planung der Wachdienste verantwortlich und hatte den eingeteilten Wachen jeweils am Morgen für die kommende Nachtwache und am Abend für die folgende Tagwache den Wachdienst öffentlich bekannt zu machen. Wachzeiten waren im Sommer abends ab 8 Uhr bis 4 Uhr morgens. Die Ablösung stand dann bis Mittag 12 Uhr und die dritte Wache folgte bis 8 Uhr am Abend. Verlängerungen der Wachzeiten sollten die Wachtmeister vermeiden. In den Monaten März und April sowie September und Oktober wurden die Wachzeiten auf sechs Stunden verkürzt und vier Wachen eingeteilt, die ab Mitternacht im entsprechenden Wechsel eingeteilt waren. Im Winter waren Feldwachen nicht üblich (wahrscheinlich gab es in festen Quartieren nur die Schilderwachen, für die es ein anderes Reglement gab. Zur Unterstützung der Planungsarbeit waren alle Hauptleute (außer denen der Rennfahnen) verpflichtet, Namenslisten ihrer Regiments- und Geschwaderangehörigen zur Verfügung zu stellen. Vom Wache halten waren die Angehörigen des Gesindes des Feldherrn, des Obersten Leutenants, des Feldmarschalls, des Untermarschalls und des Quartiermeisters befreit. Nicht jedoch Offiziere wie Hauptleute und Rittmeister, die ebenfalls aufziehen mussten. Der Wachzyklus begann immer mit einer berittenen Gruppe und wechselte mit Fußtruppen ab. Überzählige Gruppen einer Waffengattung folgten hintereinander. Dieser Rhythmus wurde in der Regel unverändert beibehalten. Die Gruppe für die folgende Nachtwache wurde vom Tagdienst rechtzeitig beurlaubt, um sich (und „ihre Roß“) vorzubereiten und noch zu ruhen. Die Standorte der Wachen wurden bei einer Lagerbesichtigung vom Feldmarschall mit dem Zeugmeister und anderen bestimmt. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die „ReutterWacht viel weiter vom Lager halte dann des Fueßvolcks“. Die Kontrolle der Wachordnung und deren Durchsetzung oblag den Wachtmeistern im Wechsel. Für Belagerungen oder in Feldstellungen nahe am Feind wurden Wachen am Tage nicht förmlich aufgestellt, um deren Standplätze nicht zu verraten. In der Dunkelheit erfolgte die Wachaufstellung hingegen an festen Standorten. Insbesondere den „Türcken“ wurde nachgesagt, dass sie am Tage ausgekundschaftete Standorte bei Dunkelheit aufsuchten und die Wächter bei der Nachtwache „hinwegk haben“. Aus diesem Grund sollen die Wachtmeister die Nachtwachen auch regelmäßig abreiten, um deren Anwesenheit zu überprüfen. Feuer anzumachen war den Wächtern verboten. Interessant ist, dass man den Wachtmeistern Verhaltensempfehlungen gab, wie nah oder fern die Wachen vor den Wagenburgen aufzustellen waren. Kämpfte man gegen Deutsche, Spanier, Franzosen, Italiener, Engländer, Dänen, Schotten, Schweden oder Norweger, waren die Wachen möglichst weit ins Vorfeld zu verlegen. Diese Gegner waren erfahrungsgemäß mit starken Rüstungen ausgestattet und in großer Zahl angetreten. Ein beabsichtigter Überfall musste deshalb sehr früh erkannt werden, um das lagernde eigene Kriegsvolk kampfbereit machen zu können. Kämpfte man hingegen mit Türken, Tataren, Russen, Moskowitern, Polen, „Retzen“, „Stradiotten“, Ungarn, „Windische“, „Crabaten“, „Huseer“ etc., reichten die nicht berittenen Lagerwachen, um dem ersten Ansturm zu begegnen und die übrigen Mannschaften konnten sich auf ihren Einsatz vorbereiten.
5. Wacht- und Quartiermeister Dem Feldmarschallamt waren die Wacht- und Quartiermeister zugeordnet.
5.2 Quartiermeister Die Quartiermeister sind unmittelbar dem Feldmarschall unterstellt und haben keine eigene Befehlsgewalt. Den von ihnen erteilten Anordnungen müssen sich Truppenteile jedoch fügen. Ziehen die Truppen mit Wagenburgen, so haben die Quartiermeister keine Aufgaben, da jedem Mann sein ständiger Platz zugewiesen ist. Wenn der Feldherr selbst ausnahmsweise in einer Wagenburg untergebracht werden muss, hat der Quartiermeister die dazu erforderlichen Vorkehrungen zu treffen. Im Feldlager war es Aufgabe der Quartiermeister das Lager für den Feldherrn einzurichten, davor das des Obersten Leutenants mit einem Losament (Wohnung in einem temporär errichteten nicht massiven Hause) und davor die Unterkunft des Feldmarschalls. In deutschen und burgundischen Kriegsheeren sind die Plätze von Oberstleutnant und Feldmarschall vertauscht, was vom Feldherrn allerdings geändert werden kann. Die Truppenteile werden nach einer einmal vom Feldmarschall festgelegten Ordnung um die Lagerplätze der obersten Führung angeordnet und sollen dem Platzbedarf der einzelnen Einheiten angemessen sein. Die dem Feind nächstgelegene Seite des Lagers war für die Unterbringung der berittenen Truppenteile festgelegt. Die Renfahnen hatten darüber hinaus stets einen eigenen umschlossenen Lagerbereich. Wurde das Lager in Ortschaften aufgeschlagen, konnte es passieren, dass noch vor den Quartiermeistern Truppenteile auftauchten und in Häusern, Klöstern oder auf reichen Bauernhöfen auf Beute gingen. In der Mehrzahl waren diese Schatzungen Gelderpressungen gegen die Zusage der Unversehrtheit des betroffenen Eigentums. Dagegen mussten die Quartiermeister vorgehen und sicherstellen, dass die den einzelnen Bürgern auferlegten Lasten (Einquartierung) den wirtschaftlichen Verhältnissen angemessen und gleichmäßig auf alle verteilt wurden. Ebenso war es ihre Aufgabe, Gerechtigkeit bei der Zuweisung der Quartiere an die Truppenteile sicherzustellen, um Unruhen zu vermeiden. Da die Quartiermeister zahlreichen Überredungskünsten und Bestechungsversuchen ausgesetzt waren, was die Belastung einzelner Quartiergeber oder die Qualität der zugewiesenen Unterkünfte betraf, war es dem Feldmarschall aufgetragen, solche Unregelmäßigkeiten zu verhindern und zu ahnden. Überführte „Thetter“ sollten ernstlich gestraft werden. Als Nebenaufgabe oblag es den Quartiermeistern die Kuriere an die einzelnen Einheiten abzufertigen, um die Kommunikation zwischen dem Feldherrn und den Hauptleuten und Rittmeistern zu sichern. Durch ihre Kenntnis der Quartiersorte waren sie dazu am besten in der Lage.
Nachdem ich einen Teil des Reglements der im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts entstandenen Landsknechtheere erläutert habe, möchte ich zwischendurch versuchen, die raue Wirklichkeit zu schildern, wie sie nach 150 Jahren edler Praxis ausgesehen hat. Die Söldnerheere waren nämlich inzwischen etwas verwildert. Die Hauptursache war wohl der Zwang zur Sparsamkeit bei den Kriegsherren. Waren deren Ziele erreicht, oder unerreichbar geworden, waren die ganzen großen Heere nur noch Kosten und Probleme verursachende Einrichtungen. Also zogen die aufgelösten Haufen als „gartende“ Knechte durchs Land und verschafften sich mit ihrem Schwert Nahrung und Genuss bis sie mal wieder irgendwo gebraucht wurden. Sie waren ja durch erfolgreiche Kriege verwöhnt, innerhalb kurzer Zeit zum Teil riesige Schätze zu erobern – aber genauso schnell verschwand der ganze Reichtum beim Spiel und bei Gelagen. Der Disziplin war solches Verhalten und marodieren nicht dienlich. Heere zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges waren teuer. Ein Regiment zu Fuß von 3 000 Mann kostete umgerechnet auf heutige Preise mindestens 13,2 Millionen Euro. Das angestrebte Heer von 50 000 Mann (siehe unten), darin enthalten waren neben Fußtruppen ja auch noch die wesentlich teureren Reiter, konnten also weder der reiche Herzog Wallenstein noch der Kaiser bezahlen. Es gab dementsprechend für das Volk wieder einmal Sondersteuern. Gutsherren, Pfarrer, Doktoren, Kaufleute, Advokaten, Bürger und Handwerker mussten ihre Vermögenslage offenlegen, um eine Steuerfestlegung zu ermöglichen. Bauernknechte, Tagelöhner und Mägde mussten 15 Kreuzer beitragen. Hilferufe an Spanien, Venedig und den Papst verhallten ungehört. An dieser Stelle will ich das Zustandekommen der Söldnerheere unter die Lupe nehmen. Und zwar beispielhaft (wegen des lokalen Interesses) bezogen auf die Zeit, als Wallenstein nach Tillys Niederlage bei Breitenstein wieder eingesetzt und vom Kaiser mit der Schaffung eines neuen Heeres beauftragt war.
Die Werbung Die Werbung begann im Januar 1632 und sollte binnen drei Monaten ein Heer von 50 000 Mann schaffen. Hätte nicht Wallenstein diese Zusage gemacht, wäre sie als großsprecherisches Gerede abgetan worden. Sein Renommee war aber so groß, dass keiner an der Erfüllung dieser Aufgabe zweifelte. Schnell sammelten sich um Wallenstein Offiziere, Oberste und Hauptleute, die bereits früher unter ihm gedient hatten und nun mit ihm wieder Kriegsglück erreichen wollten. Da kamen Pechvögel, bei Beförderungen Übergangene Glücksritter, Abenteurer und Waghälse und ein sonstiges Sammelsurium geeigneter und auch weniger geeigneter zukünftiger Helden zusammen. Alle wurden von Wallenstein mit den ihm vom Kaiser ausgestellten Werbebriefe ausgestattet. Das waren die Vollmachten für die Anwerbung von Fähnlein und Regimentern. Die bemittelten Offiziere sollten mit dem Versprechen auf vielfachen Gewinn eigenes Vermögen einsetzen. Und in der Tat verkauften viele von ihnen Landgüter und Immobilien, um den Erlös in Soldaten anzulegen. Die Unvermögenden bekamen von Wallenstein großzügige Kredite. In Österreich, in Ungarn, in Mären, in Schlesien, im Krain, in der Steiermark – kurzum in allen Kaiserlichen Erblanden begann das bunte Treiben des Werbens. Das reichte jedoch noch lange nicht: Graf Merode warb in Flandern Wallonen, Terzky (Wallensteins Schwager) warb in Polen Kosaken, Oberst Isolani warb in Ungarn Kroaten an. Und so ging es fort: in Dalmatien, der Walachei und in Venezien, am Niederrhein, in Westfalen, Lothringen und Italien. Erfolgreiche Werbung wurde belohnt und führte zu Beförderungen: Wallenstein band seine Offiziere auf vielfache Weise an sich. Bei wem sonst sollten sie auch ihre Erwartungen auf hohe Verzinsung des eingesetzten Kapitals erfüllt bekommen? Die Nachricht über die Werbeaktionen verbreitete sich schnell und die Werber hatten einen großen Zulauf allerlei Volks. Die Werbelustigen kamen allein, in Haufen und in ganzen Zügen. Wallenstein war als vom Glück begünstigt und, was noch wichtiger war, als großzügig bekannt. Demzufolge kamen neben heruntergekommenen Männern und Landstreichern rauflustige und beutegierige Kumpanen, Fahnenflüchtige von anderen Kriegsherren, Jünglinge und abgehärtete Veteranen, Reiter und Fußvolk. Es kamen Bauern, Schüler, Studenten, verarmte Bürger – Leute aller Nationen. Wählerisch waren die Werber nicht. Starke, Gesunde mit einer kräftigen Faust wurden gern genommen. Schwächliche, sagte Wallenstein, werden bald von selbst darauf gehen. Glauben, Stand oder Vaterland spielten keine Rolle - dem Soldaten war es ja auch einerlei, ob er gegen den Papst oder Gustav Adolf kämpfen sollte. Die einzige unverzichtbare Forderung Wallensteins war unbedingter Gehorsam, das wusste Jeder und auch die rücksichtlose Strafe für die dagegen verstoßenden war bekannt. Außerhalb des knechtenden Dienstes genossen Wallensteins Soldaten jedoch Freiheit und Ungebundenheit, wie sie an keiner anderen Stelle bekannt waren. Jeder der Angeworbenen hatte die Sicherheit einer Unterkunft und des täglichen Brotes, was für das vom Krieg bedrückte Volk eher die Ausnahme als die Regel war. Die Werber verursachten am Ort ihres Auftretens ein dort sonst ungewohntes Leben und Treiben. Ein Beauftragter des Hauptmanns, welcher ein Fähnlein werben wollte, zog mit kriegserfahrenen Leuten unter Trommelschlag durch die Ortschaft und verlas den Werbebrief mit der Werbevollmacht. Haufen von Neugierigen, Alt und Jung umstanden den Kriegsmann, der sich bemühte seinen Auftrag zu erläutern und ihn den Beworbenen schmackhaft zu machen. Auf dem Markt oder an anderem geeigneten Ort wurden Buden aufgeschlagen in denen sich die Werber niederließen. Die Listen füllten sich schnell, hatten doch viele schon auf die Gelegenheit gewartet, die sich im Voraus angekündigt hatte. Natürlich waren die Goldgulden, das „Lauf-“ oder „Werbegeld“ der stärkste Anreiz, obwohl sie zum Teil auch mit dem späteren Sold verrechnet wurden. Schenkbuden verstärkten die jubelnde Stimmung der freigiebigen Rekruten durch Bier, Wein und Imbiss. Das Handgeld für einen kräftigen guten Fußknecht erreichte 25 Thaler (heute etwa 550 Euro). Manchem Bewerber sahen es die erfahrenen Schreiber an, dass sie es nur auf dieses Handgeld abgesehen hatten, um bei der erst besten Gelegenheit in den Büschen zu verschwinden. Doch zunächst wollte man volle Listen. Man nahm auch ohne Bedenken ganze Haufen wohl ausgerüsteter und erfahrener Kriegsleute an, die man von anderen Bundesgenossen (z. B. Tilly) weggekapert hat. Wollten die Listen nicht voll werden, so gab es bewährte Mittel und Methoden, dennoch zum Ziel zu kommen. Man schenkte einem jungen Burschen z. B. freigiebig Wein und Bier ein und animierte ihn, mit schwerer Zunge, auf das Wohl des Kaisers zu trinken. Tat er das, wurde er als des Kaisers Rekrut begrüßt. War er vorsichtig und verweigerte er den Zutrunk, wurde er als Rebell bezeichnet und von handfesten Wachleuten in Gewahrsam genommen. In Eisen gelegt wurde er gern kleinlaut und nahm das Handgeld an. Manch einfältiger Bauernbub bekam einen Soldatenhut aufgesetzt mit der Erklärung, dass er nun des Kaisers Soldat sei und nicht mehr zurückkönne. Auch rohe Gewalt war an der Tagesordnung: man drang in Häuser ein, in denen nach rekrutierungsfähigen Burschen gesucht wurde. Fand sich ein solcher, legte man Geld und einen Strick auf den Tisch und rief: „Entweder Soldat oder aufgehängt!“ Dieser Drohung beugten sich viele. Auch sonstiges herrenloses Gesindel in den Städten wurde aufgegriffen und mit Gewalt unter die Fahnen gesteckt. War die Nacht hereingebrochen, erreichte die Ausgelassenheit ihren Höhepunkt und erfahrene Diebe machten in den offenen Häusern manch lohnenden Schnapp (Schnapphähne). Der Werbeplatz wurde zum Ort des Schreckens, wenn die ausgelassenen Neugeworbenen durch die Straßen zogen und alles unsicher machten. Ermahnungen, keine Gewalt zu gebrauchen und die Androhung von Strafen für diejenigen, die in Gruppen von mehr als 10 Mann herumzogen, fruchteten nicht. Auch in den umliegenden Dörfern wurde Geld erpresst und geraubt. War ein Fähnlein voll, wurde es bei den Bürgern und Bauern ins Quartier gelegt, was eine große Last bedeutete, denn die Einquartierten benahmen sich als die Herren des Hauses, nahmen was ihnen gefiel und verdarben, was sie nicht verwenden konnten. Die bestehenden Gesetze gegen solche Willkür haben zwar bestanden, es fehlten aber in den Kriegszeiten die Mittel und Kräfte dagegen vorzugehen. War ein Fähnlein geworben, so zog der geworbene Haufen zum oft weit entlegenen Musterungsplatz. Es folgten neue Verhandlungen über den Sold, die Artikelbriefe wurden verlesen und die Rekruten wurden vereidigt. Die Artikelbriefe enthielten die Vorschriften und Verhaltensmaßregeln für die Soldaten. Ihnen wurde anbefohlen, einen ehrbaren Lebenswandel zu führen, dem Gottesdienst beizuwohnen, sich vor Völlerei zu bewahren und den gemeinen Mann nicht zu berauben und zu vergewaltigen. Den Unterschied zwischen Theorie und Praxis kann man sich größer nicht denken. Nur wenn die Ungesetzlichkeiten überhandnahmen, wurden Exempel statuiert. Auf dem Musterungsplatz wurden die Fähnlein zu Regimentern zusammengestellt. Wer ein Regiment zum Heer brachte, erhielt von Wallenstein eine besondere „Verehrung“ und drei Monatssolde im Voraus.
Ja Magado, bevor es dich durch- oder umreißt, eine Beruhigung: Ich bin dann mal für ca. 14 Tage weg und dukannst dich erholen. Zuvor will ich aber noch einen kleinen Beitrag einstellen, der die Situation in bzw. genaugenommen vor der zerstörten Stadt ein bisschen illustriert. Beutetrunkene Sieger, nur schwer im Zaum zu halten, bevölkern das kaiserliche Lager vor der Stadt. Ich werde nach meiner Rückkehr die Beschreibung der einzelnen Aufgaben im Heer des 16. und 16. Jahrhunderts fortsetzen und auch noch ein paar erläuternde "Stimmungsbilder" dazu geben. Gute Zeit.
Im Lager Tilly hatte mit dem Kaiserlichen Heer Magdeburg umschlossen. Ihm standen 22 000 Mann Fußvolk, 3100 Reiter und 86 Geschütze zur Verfügung. Unter nicht ganz geklärten Umständen wurde am 20. Mai 1631 die Stadt gestürmt und gelangte in die Hände der Belagerer. Nach allgemeinem Kriegsbrauch wurde sie geplündert. Wiederum unter nicht ganz geklärten Umständen brachen an mehreren Stellen Feuer aus und die Stadt versank in Schutt und Asche. Die Hoffnung der Kaiserlichen, sie für ihre Zwecke als Bollwerk zu erhalten, erfüllte sich nicht. Wer in den folgenden Tagen ein Lager der Kaiserlichen am linken Elbufer besuchte, fand eine im Glück des Sieges schwelgende Soldateska vor. Das Lager umgaben zum Schutz vor Überfällen Erdwall und Graben. Dahinter standen leichte Geschütze, die zugeordneten Constabler standen mit glimmenden Lunten daneben. Vielleicht nicht gleich am 21. Mai, aber einige Tage später bestimmt. An den Lagereingängen waren Posten aufgestellt und außerhalb wachten Musketiere und Reitertrupps. Der leere Raum zwischen der Umfassung und den Lagerreihen war der Lärmplatz, auf dem sich bei Lärm (Alarm) die Truppen aufstellten. Im Lager waren die Carrés der Fähnlein und Regimenter, durch schmale bzw. weitere Gassen voneinander geschieden. Nicht harmonierende Regimenter waren durch größere Abstände voneinander getrennt. Überall flatterten Fahnen, die wie die Standarten und Piken senkrecht in die Erde gesteckt waren. Für die Offiziere waren Zelte aufgebaut. Der Fähnrich war vor demFähnlein, der Leutnant in der Mitte, die Hauptleute und Obersten dahinter. Auch die Mannschaften richteten sich bequem und häuslich ein. Selten begnügte man sich mit Windschirmen, vielmehr errichtete man Hütten aus Brettern, Balken, Reisig und Stroh. Die Lieferanten dieses Materials aus den umliegenden Ortschaften gaben dieses meistens nicht freiwillig her – ihnen blieben oft nur die nackten Lehmmauern ihrer Häuser. In den Hütten wohnten die Soldaten zu Zweien und Vieren mit Weibern, Dirnen, Buben und Hunden. In der Mitte des Lagers erhoben sich innerhalb eines freien Raumes die geräumigen Zelte des Feldherrn und Stabes. In der Nähe zog die Lagerwache auf und es befand sich, zur Abschreckung, an diesem Platz der Galgen. Ebenfalls in der Nähe befand sich der von einem Graben umgebene Lagerplatz für das Artilleriezeug, der Munitionsvorrat und die Lastwagen für das Artilleriezeug. Bei der Hauptwache lag der stets besuchte Spielplatz (Platz auf welchem Karten- und Glücksspiele erlaubt waren), um die von diesem ausgehenden Tätlichkeiten und Streitigkeiten unter Kontrolle halten zu können. Hinter den Zelten der Oberoffiziere waren hinter einer breiten Gasse die Buden und Hütten der Marketender und Garköche. Einheitliche Uniformen gab es bei den Soldaten des Kaisers nicht. Da jeder für Bewaffnung und Ausrüstung selbst aufkommen musste, war es ihm auch überlassen, seine Vorstellungen dabei zu verwirklichen. Ganz allgemein bestand die Kleidung aus enganliegenden Kamisols mit weiten Ärmeln, weiten Hosen, die unter dem Knie gebunden wurden, Strümpfen und Schuhen. Auf dem Kopf saß ein weicher breitkrempiger Hut oder eine Sturmhaube. Offiziere erkannte man an ihrer besseren Kleidung. Sie trugen Wämser aus hellem oder dunklen naturfarbenen Leder, breite Spitzenkragen und Manschetten, wallende Federn auf den Hüten und hohe Reiterstiefel. Oft trugen sie um den Hals goldene Ketten und Auszeichnungen für besondere Verdienste. Die Bewaffnung der Mannschaften war so vielgestaltig wie ihre Kleidung. 15 Fuß lange Piken waren die Hauptwaffe der Doppelsöldner (sie erhielten wegen ihrer aufwändigen Bewaffnung doppelten Sold). Über dem Wams trugen sie zusätzliche Eisenstücke als Schutz, wie das Bruststück, den Blechschurz und die Armschienen. Daneben hatten sie einen langen Degen. Die Musketiere schleppten auf den Schultern die Muskete mit dem Luntenschloss und zogen die Gabel nach, auf der die Muskete beim Schuss abgestützt wurde. Über die Schulter ging noch ein breites Bandolier mit einer Reihe von Hohlzylindern für die Patronen und an der Seite hingen Pulverflasche, Kugelbeutel, der Luntenberger und ein Ölfläschchen. Pappenheimer Kürrassiere sind schwerbewaffnete Reiter, die bei der Einnahme Magdeburgs unter ihrem waghalsigen „Schrammheinz“ den Löwenanteil verdienten. Die ihrem Schutz dienenden Eisenteile gehen bis fast zu den Stulpenstiefeln, an denen ungeheure Sporen klirren. An ihrer linken Seite tragen sie ein langes, gerades Schwert, während in den Halftern zwei schwere Pistolen stecken. Fast noch stärker gerüstet sind die Speerreiter (Lanziers), wesentlich leichter aber die Arkebusiere (Karabinieris), die zur eisernen Sturmhaube nur noch Halsring und Brustharnisch tragen. Neben Degen und Pistolen führen sie ein kurzes Faustrohr. Die Dragoner waren berittene Musketiere mit der Büchse des Fußvolkes und einer Axt am Sattelknopf. Im Lager waren noch manche fremdländische Reiter oder Soldaten zu sehen, die nach Herkunft und Tradition unterschiedlich gekleidet und bewaffnet waren. Gerne wurden ungarische Husaren, Kroaten und Kosaken als flinke Reiter für Vorpostendienst und Streifen eingesetzt. Auf dem sich schon durch Lärm auf sich aufmerksam machenden Spielplatz bei der Hauptwache ging es hoch her. Geld hatten Alle und jeder gab sich wacker Mühe, es wieder los zu werden. Die aufgestellten Tische und Bänke wurden nur wenig genutzt – man lagerte sich auf den auf dem Boden ausgebreiteten Mänteln. Die Würfel („Schelmenbeine“) klapperten, lautes Lachen begleitete das Spiel. Es gab bei den Würfeln Niederländer, die man schleifend rollen musste und Oberländer, die hoch „aus der bayrischen Höhe“ geworfen wurden. Die Verwendung präparierter Knöchel war gang und gäbe. Kartenspiele waren ebenfalls beliebt, man spielte „Trumphen, letzter Stich, Pikieren, Quenzen und Labeten“. Außer großen Thalern kamen wirkliche Prunkstücke auf den Spielplatz, mancher öffnete sein Wams und holte aus verborgenen Taschen Haufen von Goldgulden. Ebenso waren unter den Röcken von Spielern ganze Barren von Edelmetallen, zu kostbaren Klumpen zerschlagen. Wieder andere hatten Beutegeld zu Platten oder Formen gegossen, die sie versteckt am Körper trugen. Es gab viel Geschrei, vom Zorn gerötete Gesichter und blitzende Messer, so dass die Wache oft einschreiten musste. Bei groben Tätlichkeiten wurden die Täter dem Profosen übergeben, der sie in Eisen steckte bis sie der Generalgewaltige richtete. Da zeitweilige Verbote von Spielplätzen das Laster nur an andere Orte verbannte, wo du Kontrolle noch weniger wirksam werden konnte, hat sich das Mittelalter wohl oder übel mit den Spielplätzen abgefunden. Ganz selbstverständlich schlichen sich listige Geschäftemacher ins Lager. Ketten und Ringe, kostbares Esszeug und Silbergeschirr wanderten in die grundlosen Taschen der Aufkäufer – meist zu einem Spottpreis. Nach der Einnahme von Magdeburg hat ein Soldat auf einen Fleck 30 000 Dukaten verspielt. Tilly hörte davon und ließ ihn aufhängen. Wenn eine Stadt im Sturm genommen wurde, war es das Recht der Soldaten, zu plündern. Kein Feldherr, auch nicht der strenge Tilly, konnte diesen Brauch einer dreistündigen Plünderung verhindern. Die Sitten waren ungemein roh, es war im Grunde alles erlaubt. Zur Sicherheit verschrieb man sich sogar dem Teufel, nur um ein möglichst großes Stück von der Beute zu erhalten. Um im Lager einen geordneten Dienst zu ermöglichen, wurden die Lagerzeiten von einem Trommelschläger angezeigt, der mit einer gewaltigen Trommel durch die Lagergassen schritt. Bei den Reitern versah ein Trompeter diesen Dienst. Besondere und wichtige Befehle überbrachte der Herold der an seiner auffallenden Kleidung zu erkennen war. Ihn begleitete ein Trompeter. Der Herold verlas die Verordnungen im Namen des Kriegsherrn und gab anderes, auch Befehle zu Schlachten oder Gefechten kund. Das lebhafteste Treiben herrschte in den Gassen hinter den Zeltreihen bei den Marketendern und Garköchen. Auffällig und weithin sichtbar waren an Brettern und Fässern die Preise der Waren angeschrieben, wie sie der Profos festgelegt hatte. Aber nach den Preisen fragte nach der Einnahme Magdeburgs niemand, die Sieger hatten im Überfluss. Neben den Offizieren saßen herausgeputzte Dirnen, an denen dem Marketender kein Mangel entstand. Auch für den gemeinen Mann boten sich Weiber in Fülle an. Auch manches neue Gesicht, das aus der genommenen Stadt kam und durch lange Entbehrung kirre gemacht war. Mancher Kriegsmann stolzierte sonderbar herausgeputzt umher, nachdem er sein Wams weggeworfen und durch einen neuen Beuterock mit Pelzbesatz vertauscht hatte. Die leichten Weiber prunkten in Goldbrokat, Samt und Seide, sie trugen goldene Borden und feine Spitzen, man sah sie mit Hermelin, Zobel und Marder, während auf ihren Hüten große Federn wallten. Diese Stoffe und Spitzen stammten aus Kirchen und von Priesterröcken, genau so wie die teuren Kelche, mit denen sich die Soldaten zuprosteten. Was die nachsichtigen Marketender seit Wochen und Monaten ins Kerbholz geschnitten hatten, wurde jetzt mit reichlichem Zins bezahlt und von den erbeuteten Goldketten nahm man Glied für Glied, um die Zeche zu bezahlen.