Hallo Magado-2, siehe #74 Text, leider wurde das Buch nie wieder verlegt. Habe vorhin nochmals eine Anfrage an Siegfried gesendet, in wieweit er noch Aufzeichnungen hat aus der Entstehungszeit des Buches "Herbststimmung" besitzt. Sollte ich eine positive Antwort erhalten sage ich Bescheid, gilt auch für negative Rückantwort
Die Bundesstiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung sammelt Fluchtgeschichten. 24.11.2017 Öffentlichkeitsarbeit
Die Bundesstiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung führt einen Aufruf zur Sammlung von Zeitzeugenberichten durch. Gesucht werden Fluchtberichte und Lebensgeschichten von Vertriebenen und Geflüchteten für das Archiv ihres künftigen Dokumentationszentrums in Berlin. Dort werden sie dauerhaft aufbewahrt. Das Dokumentationszentrum wird sich mit dem Thema Flucht und Vertreibung weltweit befassen. Dazu zählt die Geschichte von Millionen Deutschen am Ende des Zweiten Weltkriegs. Heimatverlust ist eine universelle Erfahrung, auch heute sind unzählige Menschen davon betroffen. In diesem Kontext bietet die Stiftung künftig mit Ausstellungen, Veranstaltungen und Recherchemöglichkeiten ein Forum für historisches Lernen. Neben schriftlichen Berichten über Flucht und Neuanfang sucht die Stiftung Tagebücher, Briefe, Fotos, Zeichnungen, Ausweise und sonstige Dokumente in verschiedensten Sprachen. Der Aufruf richtet sich an alle Menschen, die selbst oder deren Familien Flucht und Vertreibung erlebt haben: z.B. Flüchtlinge der Jugoslawienkriege in den 1990er Jahren, deutsche Vertriebene aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, ihre Kinder und Enkel, oder heutige Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten. Die Stiftung freut sich über Nachrichten und Zusendungen an: Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung Mauerstraße 83/84 10117 Berlin
Mailadresse kann bei mir erfragt werden, falls es Mitglieder des Forums gibt welche hier ihren Beitrag dazu leisten möchten.
Erlebnisbericht Alfred König Am 26.06.1945 wurde ich mit meiner Familie durch die tschechischen Behörden aus unserem Wohnort Dörfel [Vesec] bei Reichenberg [Liberec] im Sudentenland ausgewiesen. Wir hatten innerhalb von 10 Minuten unsere Wohnung zu verlassen und durften nur einige persönliche Sachen mitnehmen. Mit hunderten anderen Deutschen kamen wir in ein Sammellager bei Röchlitz [Rochlice] mit bewaffneten Posten. Als Signal für die Nachtruhe wurde abends eine Maschinengewehrsalve über das Lager geschossen. Mitte August fuhr man uns mit Viehwagen per Bahn bis nach Sohland [Sohland an der Spree – Sachsen] hinter der Grenze; wir mußten dort aussteigen und blieben uns selbst überlassen. Jeder suchte sich auf eigene Faust Arbeit und Unterkunft bei den Bauern in den umliegenden Dörfern. Ich kam mit meiner Familie von Bauer zu Bauer bis nach Pirna und meldete uns auf der russischen Kommandantur an. Wir gaben als Unterkunftsziel Wolmirstedt in der Provinz Sachsen an, weil wir dort Bekannte hatten. Mit einem Passierschein für alle Besatzungszonen fuhren wir dann, wieder mit Viehwagen, über Leipzig und Halle bis zum Bahnhof Wolmirstedt. Dort nahm uns ein Hilfspolizist in Empfang. Er war gleichzeitig Beauftragter der Stadtverwaltung für Flüchtlinge und hatte den Auftrag, uns wegen Typhus zuerst in Quarantäne zu bringen. Die Aufnahmestelle war am Kirchplatz und von dort kamen wir in den Saal des Gasthofes „Bürgergarten“ in der Burgstraße. Verantwortlich war dort Herr Focke. Es waren dort etwa 100 Menschen untergebracht. Weil ich Erfahrung in der Verwaltungsarbeit besaß, wurde ich von Herrn Focke als Stubenältester eingeteilt und habe 9 Wochen die Betreuung der Flüchtlinge und Vertriebenen mitorganisiert. Eine Schulküche lieferte täglich warmes Essen, das auf Essenmarken oder Gutscheinen ausgegeben wurde. Alle Menschen erhielten Schutzimpfungen durch den Stadtarzt Dr. Reischik. Sie kamen aus fast allen deutschen Ostgebieten und hatten Furchtbares erlebt. Meistens waren es Frauen, Kinder und alte Menschen. Es wurde auch versucht, Arbeit zu vermitteln. Es wurden täglich nur acht Frauen in der Küche der Kommandantur oder bei Bauern in der Stadt gebraucht. Wer arbeitete erhielt die Lebensmittelkarte Gruppe 3 und Nichtarbeiter Gruppe 4. Kinder bekamen täglich ¼ Liter Magermilch. Andere Flüchtlingslager befanden sich noch in der evangelischen Schule, im NAVERMA-Haus, Reitbahnstraße, auf dem Gutshof Schricke, in der Drahtfabrik Bleiche und in der Kegelbahn und dem Saal in Glindenberg. Im Frühjahr wurde das ehemalige Gefangenenlager im Gasthof „Zur Sonne“ ebenfalls für Vertriebene eingerichtet. Hierher kamen auch 40 Ruhr- und Typhuskranke aus dem aufgelösten Lager in Bleiche. Täglich gab es Tote. Nachdem der Landrat die Bildung von Flüchtlingskommissionen angeordnet hatte, wurde Herr Bode Beauftragter der Stadt Wolmirstedt und er setzte mich als Betreuer ein. Ab Oktober 1946 begannen wir mit der Einrichtung von Selbsthilfegruppen der Flüchtlinge und Vertriebenen. Sie haben Herrn Künstler und Herrn Schubert, beides Landsleute von mir, in einem Keller des Schlosses auf der Schlossdomäne eine Werkstatt für Kochgeräte aus gestanztem Blech von der Firma Buckau/Wolf in Magdeburg eingerichtet. Sie besaßen nach dem sudetendeutschen Vorbild eine Backröhre und wurden für 90 RM verkauft. Es gab dafür viel Bedarf. Der Betrieb finanzierte sich selbst. Später hat Herr Schubert in Elbeu eine eigene Schlosserei gegründet. Mein Landsmann, Herr Ludwig, richtete mit anderen Teilhabern im Saal des Gasthofes „Brauner Hirsch“ in Elbeu eine Tischlerei für Gebrauchswaren und eine Bürsten- und Besenbinderei ein. Auch er machte sich später selbstständig. Für Streitigkeiten gab es einen Schlichtungsausschuss. Trotz aller Mühe und Arbeit hat sich das Leben der Vertriebenen erst nach 1950 normalisiert.
Hallo, als ,,Wahlwolmirstedter" diesen Bericht zu lesen, war schon aufschlussreich. Die Tischlerei Ludwig existiert heute noch. Die erwähnten Gaststätten ,,Bürgergarten", ,,Sonne" und ,,Brauner Hirsch" leider nicht mehr.
#86 die von wirbelwind erwähnten Gaststätten" Bürgergarten"; "Sonne" und "Brauner Hirsch" wurden mir heute als Bilddokumente von der Leiterin des Museums Stadt Wolmirstedt zugesendet (ältere Aufnahmen, leider keine Angaben von wann diese Aufnahmen sind). Da ich leider Probleme habe mit der Veröffentlichung dieser Aufnahmen, werde ich Sie Helmut enden mit der Bitte um Veröffentlichung.