Habe hier schon in einer PN an Wirbelwind eine Anfrage gestellt, betreff einer zuarbeit. Diese ist leider noch bis heute unbeantwortet. Auch was meine Geburts- und Heimatstadt Haldensleben betrifft, ist eine Anfrage an Olln noch unbeantwoertet. Da ich aber am 11.Februar 2016 bei der Bürgermeisterin bin werde ich, falls noch Zeit ist im Kreis- und Stadtarchiv anfragen.
Vielleicht mal ein Anfang. Wie bekannt, gab es in Bleiche ein großes Flüchtlingslager. In Wolmirstedt waren Flüchtlinge im Saal des Gasthofes ,,Bürgergarten" untergebracht, ebenso im ehemaligen Gefangenenlager im gasthof ,,Zur Sonne", in der evangelischen Schule sowie im NAVERMA-Haus Damaschkestr., ehemals Reitbahnstr.(Entnommen der Broschüre ,,Der Krieg ist vorbei") Der Verfasser des Beitrages ist leider verstorben. Mal sehen, was sich noch machen läßt. mein ehemaliger Nachbar stammte wie auch seine spätere Frau aus Königsberg. Beide teilten mir mit, dass sie wie andere Flüchtlinge auch, keinesfalls auf Wohlwolllen oder aktive Unterstützung stießen, als sie nach Wolmirstedt kamen. Ihm half, dass er handwerkliche Fähigkeiten hatte, so dass es peu a peu gelang, hier Fuss zu fassen. Er sagte mir auch, dass nicht alle schlecht waren. Gerade aus russischer Kriegsgefangenschaft entlassen, von Hungerödemen gekennzeichnet, gestattete es der Müller Franke aus Jersleben, dass er sich einen Sack voll Kartoffeln gegen normale Bezahlung mitnehmen durfte. So kulant waren sicherlich nicht alle. Mein Opa erzählte mir,da meine Großeltern gemeinsam mit meiner Mutter und Tante auch Flüchtlinge mit Hunger waren, dass sie einem geizigen Bauern seinen jungen Schäferhund stahlen und letztendlich verzehrten. Da meine Leute das Glück hatten, nur 15 km über die Neiße zu müssen, sind ihnen Szenen, wie bei meinem Nachbarn, erspart geblieben und Opa hat als gelernter Schmied etliche Bauern gekannt und so für die Versorgung einiges beitragen können. Vielen war dergleichen nicht vergönnt. MfG Rüdiger
Eine von mir gerichtete Anfrage an den Ortsbürgermeister von Satuelle über eventuelle Aufzeichnungen über aufgenommene Flüchtlinge, zu denen auch meine Mutter gehörte, welche nach Ihrer eigenen Aussage in Gut Detzel untergekommen war, bekam ich am 18.März 2007 dazu folgende Information zugesendet:
Werter Herr Schulze! Auf Ihre Anfrage, ob es irgendwelche Aufzeichnungen über die Flüchtlingsströme, in welchem auch Ihre Mutter nach Detzel kam, gibt, kann ich keine Antwort geben. In unserer Chronik ist sie nur in einer Einwohnerliste vom 1.1.1947 als Umsiedlerin registriert: -Anna Beier, geb. Steller *20.6.1914 in Schönau (Leobschütz) kath.- mehr steht dort nicht.
Unterschrift
In der Festschrift 775 Jahre Satwella ist unter Entwicklung nach 1945 auf den Seiten 38 bis 42 wenig darüber zu finden. Lediglich auf Seite 38 wird in zehn Zeilen folgendes erwähn:
Nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges und der Zerschlagung des Hitlerfaschismus begann eine Zeit, die das Leben den Satuellern auch nicht unbedingt leichter machte. Die Bombengeschädigten, die während des Krieges in Satuelle Unterschlupf fanden, siedelten in ihre Heimatorte zurück. Dafür kamen ab September 1945 viele Umsiedler in unser Dorf, so dass zeitweilig in Satuelle 993 Einwohner lebten, was für unseren Ort eine Überbelegung bedeutete. 1946 wurde ein Teil der Umsiedler in andere Orte verlegt.
Also, die Einzelgeschichten der Heimatvertriebenen sind seht unterschiedlich. Mein Vater und seine Familie wurden bei Friedland aus Bullendoef (Bulovka) 1946 vertieben und landeten im Güterwagen in einem Lager an der Ostsee. Dort entwickelten sich Eigenaktionen. Suche von Verwandten und Heimatfreunden über Suchdienste... Wie seine Mutte (meine Oma) die Tante die inzwischen in Jersleben gelandet war, fand, ist ihm heute noch ein Rätsel. Sie ist dann mit ihrer kleinen Tochter, meine Tante, nach Jersleben gegangen. Die Tante in Jersleben organisierte eine Unterkunft in Wolmirstedt. Mein Vater fand einen Onkel in Kitzen bei Leipzig vom Lager an der Ostsee aus. Er besuchte ihn und blieb bei ihm. Dort ergab sich, das er ein begonnenes Ing-Studium weiterführen sollte. Aber er entschied sich für den Studienort Magdeburg. Somit wohnte er dann bei seiner Mutter in Wolmirstedt. Sein Vater war in franz. Kriegsgefangenschaft und wurde 1947 entlassen. Auch er fand seine Familie in Wolmirstedt und blieb bis zu seinem Tod. Jup Menzel vom Bauhof W ist vielen Wolmirstädtern bekannt gewesen... Bei Leipzig lernte mein Vater meine Mutter kennen. So landete dann die aus Usti vertriebene Familie Schams auch in Wolmirstedt. ...
Also, das ist ein typisches Beispiel dafür, dass nicht alles per Einweisung an einem Ort verlief. Jedes Schicksal ist sehr komplex und deshalb kompliziert. Jedes Schicksal steht für sich. Wenn an einem Ort Vertriebene dann als Umsiedler statistisch gezählt wurden mit Herkunftsangabe, dann verbergen sich hinter jeder Person sehr differenzierte Schicksale. In unserer Arbeit hier im Forum werden wir deshalb auch nur Beispiele aufzeigen können. Eigentlich schon zu spät, denn die vertriebenen Familienväter und -Mütter jener Zeit sind nicht mehr am Laben. So werden es wieder die damaligen Kinder sein, die uns noch was berichten können.
Ich habe heute meinem Vater aufgefordert das mal aufzuschreiben. Ob ers noch packt...?
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