Frau Siegrid Svatek aus Magdeburg, Jg. 1933, geb. 16.1.33 Tel- Interview durch H. Menzel Juni 2013
Der Krieg ging zu Ende
Als die Amerikaner in Magdeburg einrückten waren wir nicht mehr in Magdeburg. Wie waren evakuiert und kamen erst Mitte/Ende Mai 45 zurück. Da waren die Amerikaner schon in der Stadt. Mein Vater war zu der zeit als Koch eingesetzt in der Genesungskompanie in Magdeburg, zum Kriegsende, in einem Stift von Buckau. Der hatte immer sein Feld-Kochbuch dabei: Klopse wurden immer mit „Bratlingspulver“ gemacht. Es sollte doch nach Fleisch schmecken, aber da war kein Fleisch drin. Als die Ami’s in Magdeburg einrückten hatte sich mein Vater sich gleich freiwillig gestellt, da ausgerufen wurde, das sich jeder Armeeangehörige stellen, sonst werdet ihr erschossen. Schnell packte er noch Verpflegung, Brot usw. in den Rucksack. Sein Kamerad sagte, das brauchst du doch nicht, dass sind Amerikaner, da brauchen wir doch kein Essen mitnehmen. Zum Glück hörte er nicht auf seinen Kameraden. In der ersten zeit brauchte er nicht hungern. Als er sich in Magdeburg den Ami’s ergab, das war in Buckau auf der Straße. Ein US-Panzer hat die beiden aufgesammelt. Zuerst wurden alle Gefangenen in Buckau gesammelt, wo das Armaturenwerk war. Der Aufruf zum Ergeben geschah mit Lautsprecherwagen in den Buckauer Straßen. Mein Vater war damals knapp 50 Jahre alt. Von Magdeburg auch ging die Kriegsgefangenschaft bis in die Rheinwiesen. Die Russen kamen erst im Juli nach Magdeburg. Wir saßen in den Räumen des Hauses des Handwerks (Notunterkunft) im Souterrain. Als die kamen, schauten wir hinter den vergitterten Fenstern auf die Straße. Wir hatten riesige Angst. Die russische „Siegerarmee“ schien nur aus Panjewagen zu bestehen. Die Russen kamen über eine Behelfsbrücke bis Uniplatz (heute). Dort teilten sie sich. Einteil bog in den Breiten Weg ein und der andere teil in die Lüneburger Straße.
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Dr. Dirk Hagemann Jg. 29 wohnhaft heute Beethovenstraße 1 wohnte bis Kriegsende im Lenneviertel MD
Ende des Krieges in MD/Ami’s Das Ende des Krieges erlebten wir in einem fremden Luftschutzkeller, weil in unserem Haus kein ausgebauter vorhanden war. MD. war schon mehrere tage belagert, seit dem 11.4.45 mit Feindalarm (ca. 14.4.45). Ich bin zwar mit dem Fahrrad mehrmals zum einkaufen gewesen, den die Vorräte der Wehrmacht wurden sinnvoller-weise für die Bevölkerung freigegeben. So erinnere ich mich an einen Fleischerladen am Breiten Weg (Schweinhagen oder am Hasselbachplatz), der voller Waren war. Ob die Menschen zu diesem Zeitpunkt noch Lebensmittelkarten dafür hergeben mussten, dass weiß ich nicht mehr. Auf dem Rückweg erlebte ich einen Tieffliegerangriff (Breiter Weg), den Flieger hörte ich schon akkustisch auf mich zukommen. Ich warf mein Fahrrad auf den Fahrweg, lief ins nächste Haus, wo zufällig mein Schulkamerad Achim wohnte. Da bin ich schnell in den Keller und sah Leute des Hauses sitzen, auch die Eltern von Achim und auf die Frage, wo ist den Joachim, erfuhr ich, dass er sich freiwillig zum Fronteinsatz gemeldet hatte. Ich war wie vor den Kopf geschla-gen. Noch am 16.4.45 fuhr ein Kübelwagen der Wehrmacht durch die Sternstraße und durch die Hallische Str., blieb an verschiedenen Stellen stehen und verkündete durch Lautsprecher: „Achtung! Achtung! Es geht an alle Frauen, Volksgenossinnen und Volksgenossen zwischen 16 und 65 Jahren, haben morgen früh dort……. sich zum Schanzen zu melden! Wer nicht kommt, wird erschossen!“ Meine Mutter, die damals an einer Magen-Darm-grippe laborierte, ignorierte diesen Aufruf. Ich habe die ersten Amerikaner erst am 18.4.45 gesehen. Den ersten Ami habe ich von hinten gesehen. Da bin ich schnell in den Luftschutzkeller Humboldstraße gelaufen und rief den Leuten zu, da oben laufen ja Fallschirmjäger herum. Ich kannte ja deren Uniformen und helme nicht und deshalb glaubte ich, es seien Fallschirmjäger. Ami’s, Britten, Russen Ich erinnere mich, dass man diese Situation sogar noch den Reichsminister Franz Seldte anrief bei Kiel, ob man hier die Vorräte antasten dürfe. Am Telefon wurde gesagt, der Minister habe dies abgelehnt. In Wirklichkeit wurde dieser mit solchen Anrufen nie belästigt, das Anliegen ist einfach abgewürgt worden. Die Führung hatte ja schließlich auch ganz andere Probleme. Andererseits ist daraus auch zu erkennen, dass damals, am 17./18.4.45 noch die Telefonverbindung intakt waren. Ich sah natürlich, wie die Amerikaner auch unsere Straße und das Lennee-Viertel durchsuchten, nach Waffen, Fahnen, Soldaten usw. Weiter, als bis zum Polizeipräsidium bin ich in dieser Situation nicht gelaufen. Das war ja auch zu riskant. Viele Häuser wurden wie hier von den Amerikanern besetzt. Die brachten ihre sogenannten „Marketenderinnen“ (Niederländerinnen), ihre Liebchen mit, die für sie sorgten. Die sorgten aber auch dafür, dass wir auch von ihnen Weißbrot oder Butter bekamen. Die haben wir also nur von der guten Seite kennen gelernt. Eine Ami-Kommandantur war in der Villa von Franz Seldte eingerichtet. In der amerikanischen Kommandantur wurden auch Kriegsgefangene verhört. Da hatten wir auc den ehemaligen Gauleiter Jordan am Kellerfenster sehen können. Alle Parteigenossen in Zivil pirschten sich heimlich an das Fenster und verständigten sich. Sie forderten ihn auch mal auf das Oberlicht des Fensters anzukippen um Zigaretten reinzuwerfen. Als die Britten die Ami’s für einen Monat ablösten (1.6.45) hatten wir das Gefühl, es zieht etwas Normalität in MD ein. Es begann ein Ernährungsamt, ein Finanzamt, ein Arbeitsamt provisorisch wieder zu arbeiten, also eine erste Stadtverwaltung um Aufräumungsarbeiten zu organisieren. Da es keine richtige Beschäftigung für mich gab, Schulen waren ja geschlossen, lief ich zunächst viel in Md umher um zu schauen, was los sei. Da erlebte ich auf dem Eckleinufer, wie von der anderen Elbseite Bewohner, meist Frauen herüber riefen, auch Hilferufe, denn zu dieser zeit, waren ja die Russen schon in MD Ost (seit 5.5..45). Rote Armee ab 5.5.45 Von der Ankunft der Roten Armee in MD-Ost hatte ich am 5.Mai 45 und danach zunächst mit gar nicht mitbe-kommen im Westteil MD. Etwa 10 Tage vor dem 1.7.45 hatten die Britten, die, die gleichen Häuser besetzt hatten als zuvor die Ami’s, so auch im Lennee-Viertel, sagte uns ein junger Offizier aus London ein Mr. Corner, dass er mich gerne als Boy mitnehmen würde auf den Weiterzug. Das war eigentlich ein nettes Angebot, denn der Mr. Corner war ja ein netter Kerl der auch etwas Deutsch sprach. Der schenkte mir sogar eine Schallplatte von Marlene Dietrich…von der ich schwärmte. Mc. Corner hatte auch einen deutschen Soldat steht‘s als Dol-metscher bei sich, der umgenähte ehemalige Wehrmachtsuniform trug. Das muß wohl ein ehemaliger Englisch-lehrer gewesen sein. In dieser Zeit hausten wir immer noch im Luftschutzkeller der Humboldstraße, den die Wohnungen waren ja von englischen Offizieren besetzt/belegt. Die Hausbewohner baten mich, den Mr. Corner zu fragen, was an den Gerüchten dran sei, daß die Russen bald über die Elbe kommen sollten in den Westteil MD. Der antwortete: „Kannst deiner Mutter sagen, die kommen nicht, wir bleiben hier. Das ist alles gelogen!“Das habe ich auch getan. Doch in der gleichen Nacht zogen die Britten still und leise ab und die Russen kamen am nächsten Tag 1.7.45. Morgens schaute ich raus, da waren alle weg. Die hatten bei uns auch ein Offizierskasino. Die Britten hatten also die deutsche Bevölkerung im ungewissen gelassen, damit keine Panik entstehen sollte. Ab dem 1.7.45 kamen die Russen rüber mit Panjewagen usw. Ich habe die wie als Arme empfunden, denn es gab keine Panzer zu sehen, wenn dann nur LKW’s. Viele Offiziere, meist sehr übergewi-chtig liefen zu Fuß durch die Straßen, im Westteil, so auch in der Carl Müller Straße. Ich dachte nur: „Haben die dicke Bäuche!“ Einige hatten auch lange Mäntel an, die bis zu den Fußspitzen reichten und das im Sommer.
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Es war am Nachmittag des 11.4.1945. Wir waren im Geschäft(z.Z. Privathaus Gartenheimweg). Der Verkehr war sehr ruhig. Die Bevölkerung war sehr unruhig. Es wurde viel erzählt, aber keiner wusste etwas genaueres, Jedenfalls eines stand fest, in einiger Zeit, sei es in einigen Tagen oder Stunden, stand uns der Angriff der Amerikaner bevor. In der letzten Zeit mussten wir sehr oft wegen Fliegeralarm in den Keller. Manchmal 3-4 mal am tage und so auch Nachts. Natürlich waren es nicht immer Angriffe, doch krachte es in der letzten Zeit wieder häufiger. Jedoch ein so großer Angriff wie am 16.Januar dieses Jahres gab es noch nicht wieder. Man gewöhnte sich an den häufigen Fliegeralarm und verlor darüber keine Worte. Am besagten Nachmittag also schien die Sonne so herrlich, wir gingen vor das haus und ließen uns von der Sonne bescheinen . Von Fernen hörte man ein dumpfes Grollen. Was kann das wohl sein? Einige meinten, dass ist die V3, andere wollten wissen, dass sind Bomben die irgendwo abgeworfen werden. Andere meinten es sei doch wohl schon die Artillerie. Nun es wurde überlegt und überlegt. Plötzlich ein Heulen; Klein Alarm!...Also alles fertig machen, falls doch noch Vollalarm kommt. Richtig -hui-hus-hui- geht es schon los. Mantel,- Taschen, -Schal und dann los. Aufwiedersehen- hoffentich- bleib über!...und alle Kolleginnen sausen ab. Da, die Sirene heult aus. Nanu, der hat wohl auf den falschen Knopf gedrückt? Es geht wieder von vorn los hui- hui- Es ist als wären alle wild geworden. Radfahrer sausen klingelnd vorbei, Autos rasen um die Ecke. Die Straßenbahn hält und die Insassen jagen weiter. Menschen hasten, jagen und rufen durcheinander. Es ist ein Tumult wie bei jedem Vollalarm und doch es ist alles Anders. Die Menschen sind noch aufgeregter als sonst, denn die Sirenen stimmen immer wieder ihr schreckliches Geheul an. Mit Kinder, Kisten und Koffer rannte ein Trupp Menschen dem rettenden Bunker zu, denn es ist allen klar geworden, das ist kein Fliegeralarm. Das ist Feindalarm! Panzer rollen auf unsere Stadt zu. Da heißt es also, alle schnell nach Hause. Naßgeschwitzt komme ich zu Hause an(Schrotestrasse 25). Man ist schon dabei alle Sachen, auch die Federbetten und vor allen Dingen, Lebensmittel in den Keller zu schaffen. Immer wieder geht es treppauf und treppab. Wasser, Kochtopf, Kissen, Kocher, Brot, Tassen, Besteck und was einem alles noch wichtig erschien. Dann endlich wird wohl alles wichtige unten sein. Wie sieht es draußen aus? Es ist noch alles ruhig. Einige ganz Wagehalsige gehen noch auf die Straße. Sonst ist alles leer, hier und dort steht man in den Türen und überlegt und beratschlagt was wohl kommen mag und was man tun soll. Hier und dort schnappt man einige Neuigkeiten auf: „Panzerspitze in Ottersleben“. „Die Stadt wird als freie Stadt erklärt.“ Von anderer Seite wird mitgeteilt: „Die Panzer stehen in der Leipziger-Straße, es wird verhandelt“. „Magdeburg wird als Festung erklärt“. Alle wissen etwas, dabei weiß keiner genaueres. Plötzlich eine Neuigkeit die alle in Aufregung versetzt und sich in Windeseile verbreitet: „Im Kühlhaus gibt es butter ohne!!“ Mit Eimern bewaffnet geht es ab. Wenn man so etwas hört, dann ist die Gefahr und Angst vergessen.“ Leider wird uns an der nächsten Ecke der bedauerliche Bescheid gegeben, dass die Butter alle ist, was ja bei dem Andrang kaum zu verwundern ist, zumal gleich ganze Fässer genommen wurden. Was wird uns die Nacht bringen? Ein Angriff aus der Luft oder einen auf der Erde? Beide sind gefürchtet. Doch noch mehr der Terrorangriffe von denen haben wir genug. Langsam beginnt es zu dunkeln. Wir sind noch immer im Ungewissen, was nun aus uns werden wird. An der Panzersperre stehen die Soldaten angriffsbereit. Der Volkssturm I ist mit herangezogen und eingesetzt. Es ist ruhig. Wir ziehen uns in die Keller zurück. Zur gewohnten Zeit um ca. 22:00Uhr hören wir das Brummen der Flugzeuge. Es scheint endlos, dass Gebrumm lässt nicht nach, hoffentlich geht alles gut. Wirklich, sie scheinen doch eine andere Stadt als Angriffsziel zu haben. Mit der Zeit wird es doch ungemütlich im Keller. Man wird müde und weiß nicht recht, wo man mit seinen Gliedmaßen hin soll. Die Beine sind schwer und scheinen so lang, dass man nicht weiß wo man sie lassen soll. Es wird wohl das Beste sein, wir gehen hoch. Gott sei Dank, man kann sich langlegen. Wenn auch in gesamter Kleidung, man schläft wie ein sack. Der kommende Tag ist ruhig, aber man traut dem Frieden nicht. Die Sonne scheint und man steht tatenlos vor der Tür. Am Elbbahnhof gibt es Fett oder Öl. 12 Wagons stehen dort. Also los, wer was haben will. Die Räder gefasst und einen Eimer und ab geht es. Man würde den Weg auch so finden, ohne das man ihn weiß, den die Erde ist schillernd vor Fett und ein Menschenstrom geht und kommt. Auf dem Bahnhof ein Gewimmel und getribbel wie auf der Messe, und alles ölig, die Straße, die Wagen und selbst die Menschen sehen aus wie Ölsardinen. Da ist natürlich kein rankommen. Es sind schon vier Personen von dem Wagon gefallen, was bei der Glätte kein wunder ist. Also müssen wir leer nach Hause fahren. Nachdem wir den ganzen tag im Freien verbracht haben, gehen wir am Abend wieder in den Keller. Die Artillerie schießt schon bis zu uns. Wann es angefangen hat mit diesem summen das mit einem Knall endet, wobei sämtliche Scheiben zu zerspringen drohen weiß ich nicht mehr so genau.
Reinschrift Teddy
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Inge Sorge aus der Sundermannstraße/Magdeburg (heute wohnt sie Turmschanzenstraße 9) war 1945 20 Jahre alt, wohnte 1945 in der Schrotstraße(Puschkinstraße9
- Bevor die Amerikaner kamen, waren wir schon Tage lang im Keller. - Panzersperre war am Olvenstedter Platz, Ecke Immermannstraße, an der Gaststätte „Lowe“, da stand ein Geschütz.
Inge Sorge sah hier nach dem Einmarsch der Amerikaner eine Uniformjacke die blutig war, am Fensterkreuz hängen.
- zweite Panzersperre aus eisernen spanischen Reitern an der Olvenstedter-Chaussee am Rundteil/Ecke Sudermannstraße. - In der Zeit zwischen 16. und 17.4.1945 kam die Familie auch hin und wieder aus dem Keller hoch, um zu sehen was inzwischen passiert war. Die Artillerie schoss, dass war an dem Donnern zu hören. - In der Zeit vom 11.-17.4.1945 waren öfters Tiefflieger über Magdeburg. So auch, als Inge mit ihrem Vater zur Großen Diesdorfer Straße ging um Erledigungen zu tätigen. Es sollen deutsche Stukas gewesen sein, die auf dem Flugplatz Süd gestanden hatten.(Möglich, dass es zwei oder drei maschinen waren die bei dem Panzerabschuss-2.AD- am 11./12.4.1945 noch rechtzeitig abheben konnten)
Aus Teilen der Bevölkerung behauptete man(Parolen) dass in den deutschen Stukas amerikanische Flieger gesessen haben sollen, die auf dem Flugplatz Süd in die Maschinen gestiegen seien. Jedenfalls praktizierten diese Stukas über Magdeburg mehrere Sturzflüge, ohne Bomben abzuwerfen und ohne zu schießen.
- Auf der Straße erfuhren die Leute, durch Mundpropaganda, wo die Amis z.Z. waren.
Am 17.4.1945 hatte Inge Sorge selbst sehen können, wie die einrückenden Amis durch die Schrotestrasse schlichen, von einem Haus zum anderen mit Karabiner in der Hand. Da freute sich die Familie und auch viele Nachbarn: „Nun ist der Krieg vorbei!“ Das Gefühl kann sich keiner vorstellen. Nun konnten auch keine Bomben mehr fallen.
- Den 16.1.1945 hatte Inge Sorge auch in der Schrotestrasse miterlebt im Keller. - Die Russen kamen mit Panjewagen, kleine Pferde, voll beladen, auf der Großen Diesdorfer-Straße und fuhren durch Magdeburg durch. Hinter den wagen waren Pferde und Kühe festgebunden. - Russen wurden dann auch im Kalenbergstift einquartiert. Offiziere auch in den Villen Gartenheimweg. Da wohnte auch mein damaliger Chef. Der musste sein Haus verlassen und ein russischer Offizier nahm es in Besitz. Etwas später konnte ihr Chef wieder einziehen und der Offizier wohnte oben. - Während der Zeit der Demontagen 1945 in Magdeburg währe Inge beinahe erschossen worden von einem sowjetischen Soldaten. In der Schrotestrasse gab es eine Sargfabrik wo ihr Vater arbeitete. Auch hier wurden die Maschinen demontiert. So wie das geschah, wird es wohl unmöglich gewesen sein, diese in der Sowjetunion wieder ordentlich zusammen zu bauen. Inge kam gerade darauf zu. Der Soldat hatte sich so erschrocken, dass er seine Maschinenpistole herum riss und zielte und rief „Stoi!“ Da ihr Vater den Soldaten, der die Demontage beaufsichtigte schon kannte rief er vom Wohnungsfenster zu Sascha, das das seine Tochter ist. Alles klärte sich auf und die Sache war vergessen. - Unter der Bevölkerung Magdeburgs wurde den Frauen und Mädchen eingeschärft, immer eine kleine Flasche mit Tinte bei sich zu haben, um den Sowjetsoldaten, der etwas von ihnen wollte damit zu bespritzen, damit dieser dann später identifiziert werden konnte. Offiziere bestraften Übergriffe und Plünderer/Vergewaltiger außerordentlich hart. In der Friesenstraße auf einem Hinterhof war von den Russen eine Einrichtung zur Bestrafung eingerichtet gewesen. - Inge Sorge sind in Magdeburg keine Vergewaltigungen bekannt geworden, aber auf dem Lande soll so etwas häufig passiert sein. - 1944/45 Inge Sorge hatte öfters die Sperrballons über den Junkerswerk oder Brabag aufsteigen sehen, etwa fünf-sechs Stück. „Die Elefanten gehen hoch! Jetzt ist es bald wieder soweit, ein Angriff wird erfolgen.“ - Am 13.4./14.4.1945 war Inge Sorge mit ihrer Freundin nach Stendal unterwegs gewesen um ein Radio von ihrer Verwandtschaft zu holen. Auf dem Rückweg – sie waren mit Fahrrädern unterwegs stießen sie vor Dolle auf einen großen amerikanischen Militär-Konvoi. Sofort sprangen sie von den Rädern und liefen durch den Wald –Inge das Radio auf den Rücken geschnallt. Nach einer Weile kamen sie wieder auf die Straße. Auch hier waren überall amerikanische Fahrzeuge. Sie wurden angesprochen und schließlich verfrachtete man sie in einen Kastenwagen mit den Fahrrädern und dem Radio. Endlos erschien die Fahrt. Sie wussten nicht was mit ihnen nun passieren würde. Ein Amerikaner gab ihnen etwas zu essen, das schmeckte aber fürchterlich nach Benzin. Es war ein Kuchen. Schließlich ging nach langer Fahrt die Tür des Fahrzeugs auf und sie durften aussteigen. Das war an der Autobahn bei Barleben. Von hieraus fahren sie mit ihren Rädern und dem Radio nach Magdeburg hinein, ohne dass ihnen etwas geschehen war. Bei Neustadt passierten sie die Straßensperren. Zwei oder drei Tage später begann dann der Angriff auf Magdeburg.
Reinschrift Teddy
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Dr. Peter-Klaus Henke, (1945, damals 15 Jahre alt), 04319 Leipzig-Engelsdorf, Topasstraße 60 03416517650
Bei der HJ war ich Mitglied und Melder des Luftschutzes mit blauer Armbinde mit weißem „M“. Da ich in Sudenburg, in der Nähe des HJ-Bannes wohnte, so war ich hier als Bann-Melder tätig. Vor dem 16.Januar 1945 erhielt ich meine Ausbildung auf dem Sportplatz am Königsweg an der Mittelschule. Die Ausbildung beinhaltete die Bekämpfung von Brandbomben und Flüssigkeitsbomben. So wussten wir wie zum Beispiel eine Stabbrandbombe in die Hand zunehmen war, auf schlagen und warten musste bis das Leitwerk abflog, wegwerfen und anschließend löschen. Bei den Flüssigkeitsbrandbomben wurde das brennbare Gel hingeworfen, es entzündete sich durch das Phosphor dann selbst –Phosphorbekämpfung durch Sand. Das waren Übungen, die wir als Luftschutz-Bann-Melder öfters mitmachen mussten, um im Notfall auch helfend eingreifen zu können. Die Meldetätigkeit hielt sich für mich aber im Rahmen, da Sudenburg kaum bombardiert wurde. Jeder Stadtteil war in einem Stamm gegliedert. Wir waren Stamm 6-Sudenburg. Jeder Stamm des Bannes hatte also seine Leute. So war ich nur in Sudenburg einzusetzen. Wir wurden zum Beispiel eingesetzt, als einmal der Sudenburger Friedhof bombardiert wurde als Melder mit den jeweiligen Dienststellen. Als Melder durften wir auch mit 14(15) Jahren bei Fliegeralarm auf der Straße sein, während die Bevölkerung in den Luftschutzkellern, Schutz suchen mussten. Als Luftschutzmelder waren wir in Sudenburg auf der Straße bei Bombenangriffen. Als Ausrüstung hatten wir einen Luftschutzhelm. Die eigentlichen Probleme begannen für uns erst mit dem 16.1.1945. Als der Magdeburger-Hauptbahnhof zerstört war, da wurde unser Meldezug in Sudenburg in die 12. Grundschule einquartiert. Hier war auch das Auffanglager der Flüchtlinge die aus dem Osten kamen. Die wurden zwar auf dem Hauptbahnhof eingeleitet und kamen auf dem Sudenburger Bahnhof an, wo sie entladen wurden. Hier war der NS-Frauenbund aktiv, wir von der HJ, Parteimitglieder ohne Uniform waten auch hier beim Entladen eingesetzt. Frauen mit Kindern, mit „Sack und Pack“, wurden schon hier in Quartiere eingeteilt. Auch Speditionsfirmen mussten größere Transporte dieser Leute erledigen. Wir von der HJ hatten Schiebekarren, Handwagen und transportierten das Gepäck älterer Leute und auch Kinder in die 12. Grundschule. Hier wurden die Flüchtlinge erst einmal aufgenommen, registriert, ärztlich versorgt, nach Bekannten und verwandten befragt und versorgt/verpflegt. In gewissen Abständen worden dann auf dem Sudenburger Bahnhof ein Zielzug zusammengestellt. Davon mussten wir von der HJ die ganze Prozedur wiederholen, die Leute dort hin bringen, das Gepäck verstauen, die Kinder im Zug unterbringen und versuchen, dass alle einiger maßen auch Sitzplätze bekamen. Natürlich fanden sich auch hin und wieder Soldaten ein, die „abhauen“, „desertieren“ wollten, die wurden von uns, um sie vor den „Kettenhunden“ zu schützen in Abteile geschoben, wo Mütter mit vielen Kindern waren! Hier wurden diese Soldaten in die Toiletten gesperrt und der Zugang von den vielen Frauen mit Kindern verstellt. Wenn die „Feldjäger“(Kettenhunde) in ein solches Abteil schauten und die vielen Frauen und Kinder sahen, die dann auch noch zu weinen begannen, verschwanden diese ganz schnell wieder, ohne weiter zu kontrollieren. In dieser Zeit der Einsätze waren wir in der 12. Mittelschule so zu sagen kaserniert, dass heißt, wir durften nicht nach Hause und waren dadurch ständig in Bereitschaft. Dort wohnten wir im Keller und schliefen in Doppelbetten(Militärbetten). Damit wir auch jederzeit erreichbar waren, hatten wir im Keller auch einen Telefonanschluß. Wenn ein Anruf kam, ein Zug/Transport ist auf den Sudenburger Bahnhof eingetroffen, dann mussten wir sofort bereit sein, um zu helfen. Manchmal hieß es, in einer Stunde trifft ein Transport ein, dann standen wir auf dem kalten zugigen Bahnsteig einsatzbereit. Das war dann weniger angenehm, denn es war Winter und wir frohren. Dennoch wurden wir aber gut verpflegt. Die Firma Eckstein(Konservenfabrik) lieferte das warme Mittagessen. Die auf dem Sudenburger Bahnhof eingesetzten Frauen haben für die Flüchtlinge auch „Stullenpakete“ geschmiert. Versorgungsmäßig konnte sich keiner beklagen. Wir haben zum Beispiel besser gelebt, als die eigentliche Bevölkerung Magdeburgs, die mit den Lebensmittelkarten auskommen musste. Nur wir hatten keine Schule mit 14/15 Jahren so zu sagen kaserniert! Dann sind wir eines Tages eingesetzt worden, nachdem ich einmal zum Wäsche wechseln zu Hause gewesen bin, kurz vor dem Feindalarm, oben am Kloster- Berge-Garten, in einer kleinen Querstraße, zu Schanzarbeiten. Hier mussten wir mit Picken und Schaufeln das Straßenpflaster aufreißen und einen Graben ausheben um Panzersperren zu errichten. Wir waren hier aber nur bis kurz nach Mittag eingesetzt. da kam eine Meldung: „Ihr müsst zurück nach Sudenburg, es ist wieder ein Transport von Flüchtlingen da!“ Da sind wir von der schweren Arbeit erlöst worden. Einmal hatten sie uns abgezogen, einen Teil unserer Gruppe, um aus einem unterirdischen Munitionslager hinter Halberstadt(KZ-Dora?). Was das für ein Lager war, konnten wir damals nicht genau nachvollziehen, denn wir saßen hinten auf einem LKW. Der Fahrer war ein Wehrmachtsangehöriger, der vom Afrika-Korps stammte. Der LKW war ein alter, wohl Fünftonner. Wir haben vom Lager nicht viel sehen können. Der LKW fuhr dort ins Lager rein, wo wir schnell viele Panzerfäuste aufladen mussten, die in Kisten verpackt worden. Nach dem aufladen fuhren wir wieder Richtung Magdeburg. Kurz vor Langenweddingen, wo die Baumallee begonnen hat, kam ein Hupsignal von den Fahrern der drei LKWs. Das bedeutet Tieffliegerangriff. Die Fahrer waren aber klever und fuhren unter die Baumallee, so dass die Jabos uns nicht mehr sehen konnten. Wir hörten nur, dass es irgendwo knatterte. Als es wieder ruhig war, fuhren wir weiter. Auf Höhe von Schmidts Hübscha waren, sahen wir einen brennenden PKW. Den hatten die Jabos erwischt, als sie über die Baumallee drüber weg waren. Der war völlig „zerledert“. Wir erreichten unversehrt Magdeburg. In der Gebietsführung der HJ(später Amo-Kulturhaus) wurden die Kisten mit den Panzerfäusten abgeladen, dann war hier unser Einsatz beendet. Zuvor hatte uns der Stammführer der HJ gesagt, wenn ihr in das Waffenlager bei Halberstadt kommt, dann seht mal zu, ob ihr noch Pistolen abzocken könnt, die bringt ihr dann auch noch mit. Seht mal zu was ihr dort noch ergattern könnt. Doch das gelang uns nicht. Eigentlich wäre das kein Problem gewesen, denn zu dieser Zeit durften wir(auch schon mit 15 Jahren) mit Waffen hantieren. Kleinkaliber war gar kein Problem, ein Teil meiner Freunde und HJ-Kameraden hatten zum Teil von ihren Eltern, Pistolen erhalten. So sind wir zu dieser Zeit oft mit Pistolen am Koppel in der Stadt spazieren gegangen. Ich hatte in der Gesäßtasche eine 765er. Es hatte damals keiner was dagegen gehabt. Allerdings wurden wir eindeutig über den Umgang mit der Schusswaffe belehrt. Wehe wenn einer damit irgendwelchen Unsinn gemacht hätte, dann währe der Ärger schon dagewesen. Zum Beispiel auch das Rauchen auf der Straße hatte sich keiner von uns gewagt, den hätten die von der HJ-Streife, wenn sie einen von uns erwischt hätten, welche hinter die Ohren gehauen und das nicht zu knapp. Wer sich solcher vergehen schuldig machte, kam zum Wochenende nach Burg zum „Streichölzer hacken,“ wie man sagte. Wer einmal in Beuge HJ-Straflager(bei der Alten Kaserne) war, der machte keinen Blödsinn mehr. Der wurde dort so geschliffen, dass er auf dem „Zahnfleisch gekrochen“ ist. Dann wurden wir noch einmal von Streifen- und Meldedienst abberufen, als letzter Jahrgang der nicht „Kinderland“ verschickt wurde, zum Wehrertüchtigungslager. Doch letztendlich brauchten wir nicht mehr in das Lager. So wurden wir hinter der „Berthold-Otto-Oberschule“ auf dem Sportplatz(der noch nach dem Krieg umgeackert wurde um Kleingärten anzulegen), an der Panzerfaust, am Panzerschreck, MPi, Pistole und am MG42 ausgebildet worden. Das war an einem Sonntag. Dann wurden wir in Ruhe gelassen, weil das „Transportunternehmen“ der HJ für die Behörden wichtiger erschien. Wir waren wohl die einzigen, die diese Transporte bis zum Schluss durchführten. Als Magdeburg durch die Amerikaner angegriffen wurde, war ich nicht in Magdeburg. Ich hatte keinen urlaub bekommen an diesem Wochenende und war bei meinen Verwandten/Tante in Wolmirsleben. So wollte ich von Wolmirsleben aus wieder nach Magdeburg zurück fahren zur 12. Mittelschule in Sudenburg um meinen Dienst anzutreten. Unterwegs(10.4./11.4.1945?) kam Feindalarm. Da ich aber mit meinem Fahrrad in der Landschaft, Feldwege benutzte, hatte ich diesen Feindalarm gar nicht so mitbekommen. Ich hörte zwar Sirenen, aber ich dachte mehr an Vorwarnung/Luftalarm. Als ich in Langenweddingen an der Kirche ankam(wo später die MTS war) dort befand sich eine riesige Panzersperre aus Baumstämmen usw. mit einem schmalen Durchgang, welcher zu diesem Zeitpunkt offen war. Da wollte ich nun mit meinem Fahrrad durch. Ein SS-Mann(ob Offizier? Das weiß ich nicht mehr), hatte mich hier festgehalten. Da sagte ich ihm, dass ich zum Dienst müsse als Dienstverpflichteter. Der SS-Mann gab zu verstehen, dass ihm das nicht interessiere, hier habe er die Dienstgewalt und ich unterstehe nun seiner Gewalt. Er drückte mir einen Karabiner in die Hand und ich musste hinter der Panzersperre in Stellung gehen. Da ich aber einigermaßen Bördeplatt sprechen konnte, so konnte ich mich mit den einheimischen Volkssturmmännern unterhalten. Ich wollte nun trotzdem bei der ersten Gelegenheit nach Magdeburg weiter fahren. Da erwischte mich der SS-Mann, als ich mich aufs Fahrrad schwang und stauchte mich zusammen. Es sei die letzte Verwarnung, sonst passiert was anderes! Also musste ich wieder hinter die Panzersperre. Als er dann etwas später mit dem Motorrad zum Mittagessen wegfuhr, haben die Volkssturmmänner gefragt wo ich hergekommen bin, da sagte ich, aus Wolmirsleben. „Setzt dich schnell auf dein Fahrrad und verschwinde nach Wolmirsleben, so schnell wie möglich, der ist jetzt erst einmal für längere Zeit weg!“ Das habe ich also ausgenutzt und fuhr nach Wolmirsleben zu meinen Verwandten zurück. Dadurch habe ich die Kampfhandlungen um Magdeburg nicht direkt miterleben können, wo einige meiner Kameraden in Magdeburg ums Leben kamen. Sie haben, wie ich später erfuhr, zum Teil im Herrenkrug und im Rothehornpark gekämpft, zum Teil in Sudenburg, wo der Hauptzugang der Amerikaner war(Halberstädter-Straße-Endstelle Straßenbahn). Dort war oben auf dem Wohnhaus-Dach ein MG-Nest mit MG42, wo mein Gefolgsführer und ein Klassenkamerad eingesetzt. Von dort haben/sollen sie die ersten Amerikaner, die auf Motorrädern fuhren abgeschossen haben, da diese etwas leichtfertig anrückten. Nachdem die ersten Amis abgeschossen waren zog sich die Spitze zurück und Panzer(M10) mit MG rückten vor. Sie schossen zum Dach des Gebäudes und zerstörten das MG-Nest. Beide, Gefolgschaftsführer mit Kamerad kamen dabei um. Dann rückten die Amis langsam und vorsichtig in Sudenburg ein. Das soll am 17.4.1945 gewesen sein. Von einer Panzersperre hier weis ich nichts, da ich ja zu dem Zeitpunkt nicht in Magdeburg war. Peter-Klaus Henkes Vater war Artillerie-Offizier im Ersten Weltkrieg gewesen, später im Ruhestand, wurde aber während des Zweiten Weltkrieges zur Einweisung von Flak-Helfern und Flak-Soldaten eingesetzt. Zunächst war er zu Kriegsbeginn nach Altengrabow eingezogen werden, wo er ca. sechs Wochen war, dann hat ihn der Reichswehrstand freigestellt, weil er als Getreidehändler für sie kriegswichtige Dienste leistete, versorgungsmäßig. Anfang/Ende 1944? Wurde die Heimatflak aufgestellt, wo die Artilleristen verpflichtet wurden, die Flak-Batterien zu betreuen und einzuweisen. Sie musste etwa eine Woche abends in den Flak-Batterien erscheinen, er war oben im Reform in einer 8,8er Flakstellung(Großkampfstellung) und hinter der SA-Siedlung in einer kleineren mit vier Geschützen(bei Krupp-Aschenberg). Dort befehligte er mit anderen Artilleristen abends die Batterie und die Flakhelfer unterwiesen, eine Woche lang am Tage. Abends, als die Flakhelfer schlafen konnten, haben die alten Artilleristen die Batterie übernommen in eigener Regie von 18:00Uhr bis 6:00Uhr morgens. Dann wurden sie von den Flakhelfern wieder abgelöst. Vom Vater hatten wir sogenannte Luftlagekarten mit Koordinatensystem zu Hause, so dass wir bei Fliegeralarm, wenn wir im Keller saßen, per Nachmeldung aus dem Radio genau nachvollziehen konnten von wo, nach wo die Feindflugzeuge flogen. Auch über Drahtfunk, über Telefonnetz konnten Luftlagemeldungen abgehört werden. Diese Meldungen kamen aus einer Luftlagevermittlungsstelle. Magdeburg lag in der Anflugroute auf Berlin, über Braunschweig kommend. Den Luftangriff am 16.1.1945 erlebte ich in Magdeburg. Da viel zu spät Alarm ausgelöst wurde, hatte ich, weil ich über Drahtfunkmeldungen die Angriffsroute auf meiner Karte nachvollziehen konnte, konnte ich von unserem Garten aus sehen, wie plötzlich die Weihnachtsbäume am Himmel standen und die Stadt hell erleuchteten. Die Bombengeschwader schwenkten erst im letzten Augenblick auf Magdeburg ein. Gleich nach dem Angriff meldeten wir uns in unserer Zentrale 12. Mittelschule Sudenburg. Da das Telefonnetz hier noch funktionierte, wurden wir alarmiert. Wir sollten jetzt wieder als Bannmelder zum Bann kommen und zu dritt sollten wir nun eine Meldung zum Brückenbunker in der Altstadt bringen, eine andere Gruppe sollte zum Hochbunker, dass Sudenburg nicht betroffen sei. Die Bunkerinsassen sollten durch uns über die heutige Schleinufer nach Sudenburg gebracht werden. Wir kamen aber nur bis Höhe Hasselbachplatz. Wir konnten kaum noch atmen, obwohl wir mit Gasmasken ausgerüstet waren, Stahlhelme hatten wir auch. Als Schutzkleidung trugen wir alle eine Kombination(einem Kombi). Vom Hasselbachplatz wollten wir zunächst Richtung Schleinufer weiter gehen. Da kamen wir aber nicht durch, da brannte alles. Auch über die Otto v. Gericke Straße und Bahnhof-Straße dorthin zu gelangen, war ebenso zwecklos. Wir gaben den Weg in die Innenstadt auf, da nirgends ein Durchkommen war. Überall explodierten noch Blindgänger. Als wir sahen, wie vor uns eine Frau mit Kindern von einer umstürzenden Häuserfassade verschüttet wurde, kehrten wir endgültig um. Als die Amerikaner vor Magdeburg standen, war mein Vater zum Besuch in Wolmirsleben gewesen(Familienfeier), da er in dieser Woche keinen Dienst hatte, sonst hätte er den Besuch nicht machen können. Wir hatten uns alle bei unseren Verwandten in Wolmirsleben getroffen. Dann kamen die Amerikaner langsam angerückt. Da war für uns der Krieg zu Ende. In Wolmirsleben rückte eine Kompanie Amerikaner ein. Der Offizier war ein Deutschjude und sprach gutes Deutsch. Er hieß Rosenthal. Der fiel mir deshalb auf, weil er seine schwere Pistole, seinen Colt, vorne vor der Brust trug, in der Tasche. Sie besetzten zwei Grundstücke neben der Tante. Meine Tante hatte ein Eckgrundstück und im Grundstück daneben und in dem gegenüber auf der anderen Straßenseite nisteten sich die Amis ein. Das war eine Truppe, wir haben nur mit dem Kopf geschüttelt: „Was ist denn das für ein Haufen!“ Die sind in Wolmirsleben deshalb verblieben, weil in Thorthun eine riesige unterirdische Munitionsfabrik war(wohl sechs Stockwerke tief). Sie waren hier in einem Außenkommando von Thorthun. Zur Mittagszeit fuhren die Kompaniemannschaften steht’s abwechselnd von vier bis sechs Mann zum Mittagessen, in völlig lockerer Art. Für unsere Diszipinvorstellungen also völlig absurd. Da ich damals einigermaßen Englisch sprach, konnten wir uns mit denen relativ gut verständigen. Abends hatten wir Ausgangssperre ab 18:00Uhr, ausgerechnet auf dem Dorfe! Wie sollte das funktionieren? Die Kühe mussten gemolken werden, die wurden bereits unruhig. Das dem Kommandeur erst einmal klar zu machen, war gar nicht so einfach, dass das nicht geht. Wir Jungs trafen uns bei meiner Tante im garten, hinter der hohen Mauer, über die wir kletterten. Hier saßen wir abends zusammen. Eines Abends wollte auch wieder einer der Jungs bei uns über die mauer, aber er konnte nicht so richtig drüber weg. Da tauchte plötzlich ein weißer Helm mit der Aufschrift MP(Militär-Polizei) auf. Sie waren auf Patrouille und hatten die Krakselei mit bekommen, während der Ausgangssperre. Ruckzuck kamen die MPs auch über die Mauer. Da wir durch unsere Englischkenntnisse mit denen verständigen konnten, war das dann doch nicht so schlimm. Das waren große Kerle. Sie trugen ihre Pistolen wie Wildwest, locker an der Seite. Stolz zeigte einer seine Pistole. Auf den Griffschalen aus Plexiglas waren nackte Frauen zu sehen. Der fragte uns nun ob wir rauchen. Von uns kam ein zögerliches nicht ja, nicht nein. Daraufhin gab er uns jeden eine Zigarette. Das war meine erste im Leben. Danach waren wir nicht mehr so richtig beisammen, denn das waren Zigaretten mit Marihuana. Der Ami hatte eine Großkampfverpflegung bei sich, mir einer Viererpackung Zigaretten drin, in einer braunen Schachtel „Philipp Morris“. Dieses Verpflegungsset mit den vier berauschenden Zigarettenschachteln hatten die Amis meist vor den Kampfhandlungen bekommen. Diese Zigaretten sollten aufputschend wirken. Unsere Soldaten bekamen im Vergleich vor Kampfhandlungen Pervetin und die hatten ihre Marihuana-Zigaretten. Danach haben wir uns geschworen, nie wieder dieses Teufelszeug zu rauchen. Die Amis waren also ganz friedlich und fragten nur, on wir Schnaps hätten. Da wir aber keinen Schnaps hatten, sprangen sie wieder über die Mauer und setzten ihre Streife fort. Eine amerikanische Artilleriestellung lag bei den Irxlebner Bergen, wo sich ein Aussichtssturm befindet, eine Batterie mit mehreren Geschützen. Das weis ich von Bekannten, die in der Nähe wohnten, die sagten, hier oben stand der Ami und hat von hier auf Magdeburg gefeuert. Da muss eine größere Anzahl von Geschützen gestanden haben. Eine weitere Batterie befand sich in der Nähe Ottersleben, hinter der Autobahnabfahrt-Benneckenbeck(südlich). Eine andere Batterie soll auf dem Acker in der Nähe des Danziger Dorfes gelegen haben. Auch am Kümmelsberg lag eine Batterie. Mehr Stellungen gab es nicht, die auf drei Standorte konzentriert waren und relativ nahe an der Stadt(Ottersleben, Irxleben, vor Neue Neustadt). Später standen kleine Geschütze und vor allem Granatwerfer auf dem Fürstenwall, um die Deutschen auf dem Rothehorn und bei der Stadthalle zu beschießen. Wir haben in Magdeburg in der Westendstraße/Ecke Lutherstraße 25 gewohnt, später abgerissen durch die Russen. Da wir zu dieser Zeit des Einmarsches der Amis nicht in Magdeburg waren und das Haus leer stand, haben sich die Amis einquartiert. Die haben in unserem Haus ganz schön gehaust, Kleidung zerschnitten usw. Und als sie später das Haus wieder verließen, haben sie versucht, das Haus anzustecken, in dem sie auf dem Schreibtisch meines Vaters ein Buch aufgeklappt und angesteckt hatten und daneben einen 20 Literkanister Benzin daneben gestellt hatten. So wollten sie das Haus abfackeln. Komischerweise haben sie meine HJ-Uniform, die im Keller hing, nicht angefasst. Meine Waffensammlung haben sie aber mitgenommen. Die brauchte ich dadurch später auch nicht mehr abgeben. Als wir nach Magdeburg zurückkehrten, haben wir in unserem demolierten Haus noch bis 6.12.1945 gewohnt. Am 6.12.1945 mussten wir über Nacht unser Haus in der Westendstraße 25 räumen. Da zogen die Russen ein. Vorher lagen schottische Soldaten(Juni 1945) in der Grundschule Helmstedter-Straße einquartiert. Die hatten die ganze Schule beschlagnahmt als Kaserne. Sie hatten auch eine Dudelsack-Band. Die Russen kamen am 1.juli 1945. Sie besetzten die Westendstraße bis zum Rundteil oberhalb. Es war eine Smersch-Einheit „Tot den Spionen“, die als erste hier einzogen. Am Rundteil riegelten sie die Straße ab - Sperrgebiet - Im Dezember rückte die GPU(NKWD) an/ein. Sie zogen in die Westendstraße vom Rundteil bis vor zur ehemaligen HJ ein. Das Gebäude der HJ hatte noch vor dem Eintreffen der Amis, der Sturmbannführer selbst abgefackelt. Das Gebäude stand noch vor dem Grundstück des Frauenarztes Beuckert. Es war eine große Villa gewesen. Der Sturmbannführer ist in unsere Straße gefahren und hatte mit einer Panzerfaust in den Keller geschossen, weil er Angst hatte, dass die dort lagernden Unterlagen in die Hände der Amis fallen würden, Er wusste offensichtlich nicht, dass in der Wolfenbüttler-Straße 66 - der Außenstelle der HJ.-. vom Fähnlein 12 die ganzen Unterlagen noch einmal aufbewahrt lagen. Als am 6.Dezember 1945 der NKWD(morgens 10:00Uhr) mussten wir nachmittags 4:00Uhr raus sein. Sie verlangten zuvor von uns, dass in jedem Zimmer ein Schrank, ein Bett, ein Tisch und vier Stühle standen. Wie sollten wir soviel solcher Möbel in einem sieben Zimmerhaus hernehmen? Da wir also ein Eckgrundstück besaßen fanden wir die Möglichkeit unsere wichtigsten Sachen und Möbel hinten aus dem Fenster raus zuschaffen, zur Lutherstraße. Meine Mutter hatte den Posten während dieser Zeit ständig Tee angeboten und somit voll abgelenkt. So war es möglich wenigstens einen Teil abzutransportieren. Im Nebenhaus von uns, Westendstraße 27, ein großes Mietshaus mit Seitenflügel, hochherrschaftlich, dass wurde NKWD-Gefängnis. In unserem haus quartierten sich Offiziere ein. Das erste was diese Offiziere fertig brachten, war die Zentalheizung in die Luft zu jagen. So etwas kannte die nicht. Unser haus und noch einige andere waren, als sie 1973 auszogen so heruntergewirtschaftet, dass sie nur noch gesprengt/abgerissen werden konnten.
Rückblende Von der HJ aus hatten wir in Sudenburg unsere Heimatabende. Die wurden in der Berufsschule in der Kirchhofstraße durchgeführt. Sport führten wir auf den Preußenplatz durch. Aber nachdem wir dort den Rasen zu sehr beschädigt hatten, stand uns der große Sportplatz am Königsweg zur Verfügung. Wir waren damals der HJ-Stamm 6. Ich erinnere mich an einen Stammführer der zur Zeit in der Ausbildung bei der Kripo war. Anfang Januar 1945 kam der zum Heimatabend und sagte: „Jungs was heute passiert ist, ist sagenhaft. Da war dieser Fall Falke in der Kurfürstenstraße.“ Das war ein Mordfall. Ein gewisser Herr Falk hatte damals eine Wirtschafterin, deren Eltern in Schlesien eine Fleischerei hatten. Der Herr Falk war ein ausgenommener Fleischesser und hatte ihr immer alles weggegessen. Eines Tages wurde sie gefragt, wo der Herr Falk sei, der ist schon lange nicht mehr gesehen worden. Sie beantwortete dies, das er verreist sei. Als Herr Falk nach weiteren Tagen aber nicht auftauchte hatten Leute aus der Nachbarschaft die Polizei benachrichtigt. Da ist dann die Kripo erschienen(unser Stammführer war mit dabei). Als diese die Wohnung betrat und in die Küche trat, stand ein großer Topf auf dem Herd und köchelte vor sich hin. Unter dem Küchentisch standen zwei Koffer. Zunächst glaubten die Beamten, es seien Luftschutzkoffer. Auf die Frage, wo Herr Falk sei, brachte die Frau zum Ausdruck, dass sie es nicht wisse. Damit schien die Angelegenheit eigentlich beendet zu sein. Als einer der Kriminalbeamten sie fragte, was kochen sie den heute? Und hob neugierig den Topfdeckel hoch, da war der Kopf von Herrn Falk drin. Anschließend wurden die Koffer geöffnet und da lag der Rest von Herrn Falk drin, auseinandergenommen, Beine, Arme abgetrennt. Die Innereien, Herz, Lunge usw. hatte sie schon gegen Einweckgläser eingetauscht. Die Eingeweide fanden die Beamten in der Müllkuhle. Die Frau wurde dann sofort abgeführt. Was aus ihr wurde, haben wir nicht mehr erfahren. Unser Bannführer hatte uns später noch Fotos von dem Fall gezeigt, wie der Kopf in dem Topf lag. Falk hatte kurze weiße Haare. Das war so ein Kanibalenfall, der aber durch den 16.Januar 1945 dann völlig untergegangen war. Mitte April 1945 Ein Klassenkamerad von mir, etwas älter als ich, war damals bereits Flakhelfer und lag in der Flakkaserne Preter. Den habe ich mal Sonntags besucht, das war möglich. Da bin ich über die Eisenbahnbrücke mit Fahrrad gefahren(Hubbrücke). Da standen bereits Posten davor und dahinter, von der Wehrmacht. Da hielt mich einer an mit der Frage, ob ich Flugblätter gefunden hätte. Ich verneinte dies. Das war in Ordnung, denn diese mussten abgegeben werden. Die Amis hatten in der Nacht über Magdeburg Flugblätter abgeworfen. Ich fuhr weiter zur Kaserne Preter über Cracau. Dort habe ich ihn gefragt: „Du Hubert, was ist denn hier los?“ „Ich weis auch nichts. Es ist hier ganz eigenartig. Wir liegen hier dauernd in Alarmbereitschaft, aber wir haben gar keine Geschütze hier.“ „Letzte Nacht musste ich die Staubrücke bewachen und da hat die Wehrmacht irgend was hantiert. Wir durften aber nicht an die Brücke heran, sondern standen auf dem Stadtmarsch am Ufer und mussten die Leute zurück schicken. Andere Kameraden von mir mussten die Adolf Hitler Brücke an Kavallerie Scharnhorst bewachen und abriegeln. Einige meinten, die Brücke wird vermint, andere wiederum versuchten das Gerede mit dem Kommentar, die Brücke werde nur überprüft, ob Panzer darüber wegfahren können.“ Es hatte ja auch keiner so richtig mitbekommen, wie nah der Amerikaner war. Tags darauf machte ich meinen Besuch in Wolmirsleben wo der Feindalarm mich überraschte auf der Landstraße/Feldweg, wo ich meite Fliegeralarm zu hören und habe nach Tiefflieger Ausschau gehalten. So waren wir sehr Unwissend, über das Vorrücken der Amis. Im März oder April wurden wir HJ-Führer zusammen gerufen, im Banngebäude oder in der Kirchstraße. Da wurde uns mitgeteilt, dass wir demnächst eine Ausbildung zum Wehrwolf erhalten sollten. Dann sollten Spezialisten kommen um uns auszubilden. Der Führer von der Streifen-HJ, das war ein SS-Mann(Waffen-SS) der hatte nur noch einen Arm. Der erteilte unsere erste Einweisung in die neue Rolle und sprach davon, dass wir im Nahkampf ausgebildet werden sollen, wie man lautlos tötete. Als Wehrwölfe müsst ihr es verstehen, wann der Feind sich auf der Straße bewegt, lautlos anzuschleichen, auch hinter einem Baum zu verstecken, von hinten euch anzunähern und den Gegner von hinten so abzustechen, dass er keinen Laut von sich geben kann. Wir sollten später so ausgebildet werden, dass wir den Kampf auch dann noch fortsetzen können, wen der Ami schon in der Stadt sei. Damit sollten wir dann als Widerstandskämpfer dem Feind schaden zufügen. Gott sei dank war das nur eine Einweisung darüber, wie wir ausgebildet werden sollten. Dazu ist es dann nicht mehr gekommen. Der Ami war schneller da als wie wir es uns überhaupt vorstellen konnten. Wir hatten ja auch nicht viel mitbekommen, da wir als HJ-Melder in der 12. Grundschule völlig isoliert lagen, im Keller. Wenn wir nachts im Einsatz waren, schliefen wir am Tag im Keller in unseren Doppelstockbetten. Die Fenster wurden dann mit Flak-Decken verhangen, auch die oberen Betten, da das Licht im Keller ständig brannte. Durch unsere Isoliertheit sind wir auch wohl einigen unangenehmen Dingen aus dem Wege gegangen. Anrücken der Roten Armee 1.Juli 1945 Zunächst hatten wir in Wolmirsleben Amerikaner, dann Engländer. Es waren auch viele Fremdarbeiter hier vom Außenlager KZ-Polte. Am Schachtteich standen Baracken, direkt an der Bahnlinie. Die wurden über Etgersleben-Blumenberg jeden Tag nach Polte in Magdeburg transportiert. Im Lager waren hauptsächlich Halbjuden und Italiener KZ-Häftlinge. Die wurden zwar von den Amis befreit, streiften hier aber plündernd herum. Die Engländer mussten hier, nachdem die Amis abgezogen sind, für Ordnung sorgen. Die Engländer waren dann aber nicht in Wolmirsleben sondern in Egeln stationiert. Abends kamen Patrouillen nach Wolmirsleben. Die Dolmetscherin der Truppe war eine Rheinländerin, ein junges Mädel, die durch dortige Bombenangriffe versetzt worden war, wie wir erfuhren. Die wohnte bei meiner Tante einige zeit lang… Die Russen kamen aus Richtung Atzendorf nach Wolmirsleben. Zunächst sahen wir auf der Landstraße um den 1.7.1945 eine riesige Kolonne Panjewagen, Pferde in Massen, alte Sis-LKWs, die teilweise sogar von Pferden gezogen wurden. Die Russen lagen oder saßen auf den Panjewagen auf Stroh, spielten Ziehamonika, sangen und zogen durch Wolmirsleben und waren dann verschwunden. Wir dachten Gott sei dank, sind sie wieder weg. Doch diese Truppe zog in die Baracken des ehemaligen KZ-Außenlagers ein, am Schachtteich. Die Unmenge von Pferden worden einfach freigelassen. Die liefen dort auf den Wiesen herum. Wir hatten im Dorf drei Schmieden. Einen tag später standen die Russen mit einem Teil der Pferde vor der Schmiede und wollten, dass man die Hufe der Pferde Beschlagen werden sollten. Das ging die ersten Tage noch ganz gut. Die Schmieden mussten von Morgens bis Abends die Pferde beschlagen. In dieser Zeit lungerten die Russen draußen herum und rauchten ihre Machorka. Wir Jungs verstanden die überhaupt nicht. Eines Morgens kam ein Offizier und eröffnete die Kommandantur, im gleichen Gebäude wie vorher die Amis. Als das Eisen ausging, gab es ein Problem. Da im Ort ehemalige Schnitter aus Polen lebten, die noch polnisch sprachen, konnte sich die Schmiede sich mit deren Hilfe mit dem Offizier verständigen. Wir haben kein Eisen und keine Kohle mehr. Da ist der Offizier nach Tharthun gefahren mit LKW, hat Kohle besorgt. Dann kam er mit einem Eisenbügel an, vier bis fünf cm stark. Das waren Bügel für Stukabomber die auf Holzschlitten befestigt worden, bespannt mit diesem Bügel. Diese Bügel wurden dann zu Hufeisen umgeschmiedet…Das war ein ganzer LKW voll. Tagelang dauerte das beschlagen der Pferde mit Hufen. Bis eines Tages die Russen verschwunden waren. Eines Tages, wir kamen am Nachmittag vom Feld/Ernte, da war das ganze Dorf abgeriegelt. Keiner durfte nach Haus „Nix! Rabotti!“ Wir mussten bis es dunkelte weiter arbeiten. Selbst Sonntag’s wurden alle zur Ernte aufs Feld getrieben, außer der Pastor. Später war uns klar, nur dadurch war die Ernte gesichert. In Tharthun wurde die Munition durch die Russen abtransportiert und zum Teil gesprengt. Die Russen hatten solche Ladungen gesprengt, dass auf der Weide erheblich viele Pferde umfielen und starben(Druckwelle). In der Umgebung wurden dadurch sogar Dächer abgedeckt. Bevor die Kolonne mit den vielen Pferden und Panjewagen abrückten, hatten sich einige Bauern heimlich frei herumlaufende Pferde eingefangen und versteckt. Sonst hatte man mit den Russen hier keine Probleme. Ehemalige Arbeiter der Munitionsfabrik Tharthun wurden im Dorf Wolmirsleben eines Abends abgeholt und nach Russland verschleppt. Dort wurden sie als Munitionsspezialisten eingesetzt und gebraucht. Es sollen wohl auch V-2Teile in Tharthun hergestellt worden sein. In Tharthun lag noch viel Munition in den sieben bis acht unterirdischen Stockwerken bei Kriegsende. Die Nazis wollten die Anlagen bei Annäherung der Amis mit einemmal sprengen. Wenn das geschehen wäre, dann hätte es in Magdburg noch weitere große Schäden gegeben. Das hing mit dem Untergrund zusammen. Die Kabel lagen bereits. Von Staßfurt aus sollte gezündet werden. Mutige Leute hatten aber das Kabel heimlich durchtrennt. Es kam nicht mehr dazu. Zuerst hat der Ami, dann der Engländer und dann der Russe das was noch zu gebrauchen war abtransportiert. Der Rest wurde in kleineren mengen gesprengt. Eines Tages hieß es : „Wolmirsleben muß geräumte werden – heute wird gesprengt!“ Sirenen heulten und die Dorfbewohner verließen ihre Gehöfte. Dann wurde die unterirdische Anlage gesprengt. Obwohl soviel Munition abtransportiert worden war, war noch soviel vorhanden, dass die Sprengung der Boden bebte. Danach ist der Schacht vollgelaufen durch die Bode und andere Gewässer. Vergewaltigungen hatte es in Altenweddingen, Wolmirsleben usw. keine gegeben. Schnaps, Uhren usw. wurden aber requieriert und geklaut. Während der Amerikaner schon in Magdeburg war, leisteten deutsche Soldaten vom Stadtpark aus noch artilleristischen Widerstand. Durch Granatwerferbeschuss der Amis kam dabei auch der Sohn des Besitzers der Neustädter Löwenapotheke Hübner ums Leben, der hier bei der kämpfenden Truppe als HJler dabei war.
Reinschrift R. Schulze
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Das sind ja super tolle Berichte, voll mit Informationen. Ich hab schon das zweite mal gelesen weil ich beim ersten mal gar nicht alles gerafft habe. Das ist Golldstaub für Erbsenzähler wie mich.
Gesprächs/Gesprächsnotiz 19.12.2008, 13.00Uhr mit H. Menzel
Dieter Graf (heute Lerchenstraße 18, Magdeburg, 0391-6227983 Früher(1945) in Lüttgen Ottersleben, Franz-Seldte- Straße 34 Heute Lüttgen Ottersleben 34
Im Anhang B: -Luftangriffe -Luftverteidigung -Kriegsende -Russen
Den Luftangriff auf Magdeburg, vom 16.Januar 1945, haben wir von dach unseres Hauses in Lüttgen Ottersleben, Franz-Seldte-Straße 34 beobachtet. Unser Haus war dreigeschossig mit Flachdach. Unsere ganze Familie war auf dem dach versammelt, nach dem der eigentliche Luftangriff vorüber war und das beben durch die Detonationen in der Innenstadt, die bis in unseren Keller zu spüren waren, aufgehört hatte. Blutrot flackerte der dunkle Nachthimmel über der Stadt und hier oben auf dem Dach zitterten wir vor Kälte und vor Aufregung. Ab 11.4.1945 Am 18.Februar 1945 wurde bei einem erneuten Luftangriff auch Lüttgen Ottersleben von Bomben getroffen. Es waren, so glaube ich, Fehlabwürfe, denn der größte Teil der Bombenladungen landete zwischen Ottersleben und Diesdorf auf dem Acker. Vermutlich sollte das Lager Poltewerk zerstört werden, wo Munition und Material in diesen Außenlager deponiert war, für die Munitionsproduktion. Jedenfalls hatte Lüttgen Ottersleben mehrere Bombentreffer zu verzeichnen, u.a. auch unser Haus, die Nr.34. Insgesamt waren vier oder fünf kleinere Häuser total zerstört. Bei uns ist es nur das Stallgebäude gewesen. Nach Aussagen des Luftschutzwartes sollen auf Lüttgen Ottersleben drei Kettenbomben? Gefallen sein. Unser Stallgebäude war nur 5m-6m vom Wohnhaus entfernt. Da hatten wir noch viel Glück gehabt. Wir saßen in unserem Luftschutzkeller. Mit unserem Stall war auch das dahinter stehende Mehrfamilienhaus in der Nachbarschaft zerstört worden. Es gab mehrere Tote. Mehrere Tage vor dem Feindalarm(11.4.1945) wurde hinter unserem Haus in der Franz-Seldte-Straße(heute Lüttgen Ottersleben), Richtung Böckelmannsches Anwesen, eine Panzersperre quer über die Straße, aus harten Eichenholzschwellen errichtet. Diese Schwellen von der Bahn wurden senkrecht in Kastenform aufgestellt, von beiden Seiten der Straße. In der Mitte der Straße oder Sperre befand sich eine Lücke, durch die nur noch ein Jeep fahren konnte. Beide Sperrkästen wurden mit Erde und Steine gefüllt. Die Schwellen wurden bis zur Hälfte in der aufgeschachteten Straße eingegraben. Die Errichtung der Panzersperre mussten die Fremdarbeiter Böckelmanns durchführen. Böckelmann war hier der Großgrundbesitzer, der eine stattliche Anzahl von Fremdarbeitern beschäftigte. Verschlossen wurde die Panzersperre in der Mitte mittels eines starken Eisenträgers. Dieser Träger wurde erst bei Auslösung des Feindalarms(am 11.4.1945) von den Fremdarbeitern in die vorgesehenen Führungsschlitze der Sperre eingesetzt. Auch dazu hatte der Großgrundbesitzer Böckelmann eine vielköpfige Mannschaft der sehr geschwächten Fremdarbeiter beordert. Die brauchten jedenfalls viel Zeit dafür. Möglicherweise täuschten sie auch Schwäche vor, um den Einbau des Trägers zu verzögern. Jedenfalls sah es so aus, als hätten sie große Mühe, den Träger in die Öffnung einzufügen. Nachdem Feindalarm kam ein amerikanischer Jeep von Hohendodeleben her mit vier Soldaten, vor die Sperre gefahren, ohne dass auch nur ein Schuss fiel. Die Amis stiegen aus, sicherten nach allen Seiten mit ihren Maschinenpistolen und untersuchten die Panzersperre. Als alles ruhig blieb, hatten die vier Amis ohne Mühe den Eisenträger aus der Verankerung gehoben und an die Straßenseite vor der Sperre geworfen, mit dem sich zuvor die Fremdarbeiter lange herumgeplagt hatten. Gegenüber der Panzersperre befand sich das Grundstück Falkenburgs. Hinter der Grundstücksmauer hatten sich noch bei Auslösung des Feindalarms, bis kurz vor dem Eintreffen der Amis, junge deutsche Soldaten und HJler verschanzt. Sie sollten die Sperre verteidigen. Doch dem Grundstücksbesitzer Falkenberg war es aber noch rechtzeitig gelungen, diese Volkssturmtruppe davon zu überzeugen, das Grundstück zu verlassen und damit die Sperre aufzugeben. Sie rückten auf der Franz-Seldte-Straße Richtung Dorfteich ab. Dadurch wurde für Lüttgen Ottersleben und wohl auch für das Böckelmannsche Anwesen schlimmeres verhindert. Nachdem die vier Amerikaner(wohl am 14.4.1945) den Eisenträger aus der Sperre entfernt hatten, schwangen sie sich in ihren Jeep und fuhren dann durch die Sperre hindurch, sehr langsam, die Maschinenpistolen im Anschlag, die Dorfstraße herunter. Die ersten weißen Fahnen zeigten sich an den Häusern. Die Bewohner hatten einfach weiße Bettlaken aus den Fenstern herausgehängt. Oben, am Ottersleber Teich, gab es dann doch noch eine heftige Schießerei, wo sich die Volkssturmangehörigen, Wehrmachtsangehörige und SS verschanzt hatten. Möglicherweise gerieten die vier Amis im Jeep in ihr Visier. Mit Vollgas kamen die vier Amerikaner in ihrem Fahrzeug wieder auf die Dorfstraße und rasten in Richtung Hohendodeleben weiter. Es muß am 17.April 1945 gewesen sein, da hörten wir ein Brummen in der Luft. Dann kamen die amerikanischen jagdbomber. Mehrere Stunden dauerte dieser Luftangriff, zwischen den Fliegergruppen und deren Anflügen gab es längere Pausen. Bomben wurden abgeworfen, mit Bordwaffen geschossen. Die Stadtrandgebiete Magdeburgs wurden angegriffen. Sudenburg wurde in seinen westlichen Bereichen beschossen und bombardiert und vor allem Georgshöhe. Während der Kampfhandlungen und kurze Zeit danach, um Otterlsleben und vor allem während der Eroberung Magdeburgs(17.-19.4.1945), hatten sechs bis acht Panzer, wohl Shermans, neben dem Böckelmannschen Park westlich, Aufstellung genommen und von hier aus Sudenburg und Magdeburg beschossen. Sie standen hinter den Flakbaracken. Sie schossen pausenlos nach Magdeburg. Wir konnten das alles von unserem Haus aus beobachten. Wir sahen auch, wie ständig der Nachschub an Granaten gebracht wurde. Diese befanden sich in Papphülsen. Die übrig gebliebenen Papphülsen benutzten sie Amis um damit Lagerfeuer zu machen, bei den ehemaligen Flakbaracken. (Anmerkung H. Menzel Irrt hier Herr Graf, wenn er von Shermanpanzer spricht? War es nicht die Feldartillerie der Amerikaner? Das ist wohl eher möglich, denn nur von dieser wurden Granaten größeren Kalibers verschossen, die in Papphülsen antransportiert wurden. Auch die Feldartillerie besaß Geschütze auf Kettenlafetten bis zu 155mm). Die Flakbaracken standen gegenüber unserem Haus Nr.34 in der Franz-Seldte-Straße(heute Lüttgen Ottersleben Nr.34). Hier hatten Flaksoldaten und Flakhelfer 1944 und bis Januar 1945 ihre Unterkunft. Sie gehörten zur Flak-Batterie, bestehend aus drei bis vier 8,8cm Geschütze und Scheinwerfer, auf dem Hängelsberg(Höhe134.0) die dort in einer Senke geschützt stand. Jedenfalls waren damals hier auch ältere Flak-Soldaten untergebracht. Nachdem Magdeburg am 18./19.4.1945 von den Amerikanern eingenommen wat, wurden die Flakbaracken mit einfachen Maschendraht eingezäunt und von mehreren Wachtürmen gesichert. Hier richteten die Amis ein Kriegsgefangenenlager für deutsche Soldaten ein. Dieses Kriegsgefangenenlager existierte nicht lange. Diese deutschen Soldaten waren bald mit LKWs abtransportiert worden. Danach zogen in dieses Lager befreite Fremdarbeiter ein. Das waren meist Franzosen vom Poltewerk und Polen. Mit den polnischen befreiten Zwangsarbeitern gab es aber Probleme. Da diese Leute aus dem Lager gehen durften, es diente ja nur als Unterkunft, kam es hier zu Plünderungen und Übergriffe(Schlägereien etc.). Die Franzosen waren ruhig. Da mein Vater nicht im Krieg war, sondern bei Polte als Maschineneinrichter in der kriegswichtigen Munitionsproduktion, hatte er mit den Franzosen im Werk bereits zu tun. Sie hatten ihn hier in Lüttgen Ottersleben wieder erkannt und sich sogar gefreut. Es war ein herzliches Verhältnis, ganz im Gegensatz zu den Polen. Nachdem die Fremdarbeiter auch verschwunden waren, kamen Umsiedler, die hier, in den ehemaligen Flak-Baracken, längere Zeit wohnten. Die Baracken galten als Notwohnungen. Als die Amerikaner abzogen(1.6.1945) kamen die Engländer/Schotten mit kleinen, sehr kleinen flachen Panzerfahrzeugen. Wir Kinder, ich war damals achteinhalb Jahre alt, spotteten über sie „Spielzeugpanzer!“ Wir Kinder durften aber in diesen kleinen Panzerfahrzeugen ungestört herumklettern. Keiner der Soldaten jagte uns weg. Die Amis und danach die Schotten(Offiziere) wohnten damals u.a. in der Villa - repräsentatives Wohnhaus- des Grundstückes von Hoffmeister, der eine Dampfmüllerei betrieb. Das Grundstück war das Eckgrundstück an der Straße Lüttgen Ottersleben - Am Hügel-, westlicher Ortsausgang. Nachdem die Engländer wer waren, am 1.Juli 1945, gab es in Lüttgen Ottersleben plötzlich Tumult. Es hieß die Russen kommen. Das Bild vergesse ich niemals, nachdem wir es bis dahin nur mit motorisierten Einheiten der Amerikaner und Engländer zu tun hatten, kamen die Russen mit Panjewagen. Es war ein entsetzlicher Anblick, als wir diese „ruhmreiche Rote Armee“ zerlumpt und abgerissen sahen. Zerlumpte Gestalten saßen oben auf dem Panjewagen, die durch Lüttgen Ottersleben, von kleinen Pferden gezogen, fuhren oder nebenher liefen. Ein Dorfbewohner fuhr mit dem Fahrrad und einer roten Fahne in der Hand, vor dem Eintreffen der „Roten Armee“ im Dorf herum. Dieser Bürger war aus Friedenshöhe und kündigte so die neuen Besatzer an. Bevor die Amis abrückten, hatten sie auf unserem Hof, gleich neben dem Tor, eine Menge Versorgungsmaterial und Lebensmittel abgeladen und aufgestapelt. Wir Kinder trauten uns nicht, nur eine Tafel Schokolade zu stehlen, obwohl dieses Lager unbewacht war. Als sie weg waren, war in der Nacht auch das Lager verschwunden. Sie hatten die Sachen aber nicht mitgenommen. Dorfbewohner hatten sich in der Nacht auf unseren Hof geschlichen und alles weggeschleppt, ohne das wir etwas davon mitbekommen hatten. Das Hoftor musste ja steht’s offen bleiben, als die Amis hier waren. Wir hatten von den schönen Sachen nichts abbekommen. Mit den Russen, ab Anfang Juli, hatten wir nichts zu tun. Die quartierten sich in der Nachbarschaft in der Böckelmannschen Villa ein und in den Gutsgebäuden. Ihre Fahrzeuge standen dort auf dem Hof und vor allem im Park herum. Direkte Kontakte zu den Russen hatten eigentlich niemand im Dorf, ganz im Gegensatz zu den Amis und Schotten, mir denen die Mädels von Lüttgen Ottersleben gelegentlich freundschaftliche Beziehungen angeknüpft hatten. Später hatten die Rotarmisten auf dem Böckelmannschen Hof die Pferde des Großgrundbesitzers benutzt um einwenig „Wildwest“ zu spielen, im Park und auf dem Hof wie Cowboys herumzureiten. Kurz nachdem die Amis am 17.4.1945 in Lüttgen Ottersleben waren, hatten sie mit einem Räumpanzer die Straßensperre/Panzersperre gänzlich zerstört, einfach weg geschoben. Dabei wurde auch das Stallgebäude von Falkenbergs Hof, ander Straße gelegen, gleich mit weggerissen. Die Amis bei Hofmeisters hatten ihre Gepäck-Tornister, alle an der Hauswand abgestellt und wir Kinder haben dann ihr Gepäck durchforstet. Die Amis haben von oben aus dem Fenster zugeschaut und sich darüber amüsiert, dass wir Kinder sie nicht bemerkt hatten. Dagegen eingeschritten sind sie nicht. Der Chef vom Lindenhof, Oberstleutnant Hartmann. Koordinierte auch die Luftabwehr im Süden Magdeburgs und im Westen. Dazu gehörte u.a. die Flakbatterie Lemsdorf, die Batterie Hühnengrab am Lauskoch und die Batterie Hängelsberg. Auch die Luftverteidigung des Flugplatzes Süd unterstand seinem Kommando. Reinschrift Teddy
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Ort des Geschehens war der Bauernhof meiner Eltern in Olvenstedt, Dorfstraße 25. Zur Familie gehörten meine Schwester Erdmute, damals 10 Jahre, ich war 6 Jahre, meine älteste Schwester Marie-Luise (Ise) war seit 1.Januar 1945 auf einem Bauernhof in Schleswig-Holstein, war gerade 18 Jahre geworden, im Austausch einer Tochter der dortigen Bauernfamilie (Elli) die hier so zusagen zum Empfang, den 16. Januar erleben musste. Der Großvater war Emil Rungwerth(Vater meines Vaters), der Olvenstedter Chronist. Renate war seine Tochter, wohnte in Glindenberg. Meine Mutter hat den Bericht im Alter von etwa 80 Jahren auf der Grundlage von ihren kurzen Kalendereintragungen und auch denen meines Vaters, geschrieben.
Wir hatten fünf Zivilrussen zum Arbeiten und viele Flüchtlinge im Haus. Die Keller waren voll besetzt. Die Bombennächte waren nun zu Ende. In den folgenden Nächten wurde die letzte Munition aus den vier Geschützen auf dem Flakberg in die Luft geschossen, weil die front immer näher rückte. Vater und ich gingen nach Feierabend zum Platzacker. Von dort konnten wir die Front in der Ferne hören. 11.4 feindliche Panzer südlich von Diesdorf vorgestoßen 12.4 in Dahlenwarsleben, Hohenwarsleben- Feindpanzer beschießen Magdeburg 13.4 nicht gearbeitet, immer noch Schießerei, Panzer der Amerikaner in Olvenstedt 14.4 bis Mittag gestreikt Nachmittag Schießerei, vier Geschütze mit 32 Mann abends bei uns auf dem Hof einquartiert (aus Vaters Tagebuch) Es war Sonnabend Abend, die Kinder waren gebadet und im Bett. Plötzlich waren die Amis da. Vor der Korridortür standen unzählige Soldaten, keiner kam rein. Sie warteten auf die Offiziere und auf Befehl. Dann ging es los. Wir mussten alle schnell nach oben, alles stehen und liegen lassen. Dann kam die furchtbare Nacht. Vater legte sich auf Großvaters Sofa. Elly, Elisabeth Eiling, die Kinder und ich in deren Stube über der Küche. Wir sind alle zusammengekrochen. Großvater blieb in seiner Schlafstube. Nach Stunden waren Schritte zu hören, es wurde bei uns geklopft. Gegenüber ging die Tür auf. Eine Flüchtlingsfrau sagte: Leise, hier schlafen Kinder! und er zog wieder ab. Im Hause war ein fürchterlicher Tumult, die Kellertüren wurden gewaltsam aufgebrochen, es hat gekracht und gebumst. Am anderen Morgen mussten wir das Vieh versorgen und gingen schweren Herzens wieder runter. Es sah schlimm aus. Der Ausguß war verstopft, in der Küche stand handhoch Wasser. Die ganze Herdplatte glühte, als ob sie einen Ochsen darauf gebraten hätten. Auch auf dem Hof waren Feuerstellen, wo sie gebrutzelt hatten. Daneben lagen Speck, Fleisch und Eierschalen. Elly suchte vergebens nach ihrer Uhr. Ich hatte meine in die Schürzentasche gesteckt, die hing in der Küche am Haken und die Uhr war noch drin. Es ging eine Hausdurchsuchung los, ich musste mit einem Offizier durch alle Räume. Unser Volksempfänger, Fotoapparat usw. wurden beschlagnahmt. Die vier Geschütze wurden um den Mistberg aufgestellt. In der folgenden Nacht wurde aus allen Rohren unentwegt geschossen. Durch die Erschütterungen rieselte der Kalk von allen Wänden. Später stellte sich heraus, daß sie Königsborn beschossen haben. Auch am nächsten Tage waren sie noch da, es gab aber keine besonderen Vorkommnisse. 17.4 Am Vormittag rüsten die Amis zum Abzug. Ein Laster wurde vollgeladen, obenauf unsere Steppdecken, alles mir der Wäscheleine festgebunden. Großvater war erbost, sie sollen die Sachen wiedergeben. Er forderte auch die Soldaten auf, die Löcher von den Geschützen mit Pflaster wieder zumachen. Natürlich vergebens. Alle Panzer und Besatzungen zogen bis Mittag wieder ab. Auch die Zivilpersonen wurden abtransportiert, nur Phillip, ein Kriegsgefangener blieb bei uns. Es war sehr warm und schöner Sonnenschein. Wir haben uns alle gefreut. Die Flüchtlinge haben gewaschen, der Hof hing voller Wäsche. Leider dauerte es nur bis Nachmittag 16:00Uhr. Es kamen neue Besatzer, keiner wusste wie viel. Wir mussten alle aus dem Haus und wurden bei Grete Haselhorst einquartiert. Die Zivilrussen kamen zurück und durften drinnen bleiben. Auch unser Großvater und drei alte Flüchtlinge durften bleiben und bekamen oben das linke Zimmer an der Treppe. Eine halbe Stunde bekamen wir zum packen. Danach durften wir nicht wieder ins Haus. Das Vieh konnten wir auf dem Hof versorgen. Tante Gretes Haus war überbelegt, wir fanden aber alle noch eine Schlafstelle. Gegen morgen wurde ich von einem komischen Geräusch wach. Es zischte und dann kam eine Detonation. In kurzen Abständen wiederholte es sich und kam immer näher. Ich machte Vater munter, er sagte, das ist Artilleriebeschuß, wir müssen schnell in den Keller. Bei Haselhorsts ist der Keller unter der Scheune, wir mussten über den Hof. Ganz waren wir noch nicht drinnen, da krachte es auch schon. Zwei Treffer kriegte die Scheune ab. Staub, Steine und Holz alles flog durcheinander. Jetzt merkte ich erst, daß ich nur Traude bei mir hatte, Erdmute war mit in den Keller geraten. Wir waren kaum wieder draußen, da kam Katja angelaufen. „Schnell kommen, alte Chef viel Blut.“ Das war ein großer Schreck! Wie liefen schnell rüber. Großvater lag wieder im Bett, er hatte einen Splitter abbekommen. Oberhalb des Knöchels war der Knochen durch. Der Fuß lag in endgegengesetzter Richtung neben der Wade. Es sah schlimm aus. Wir hatten gehört, daß eine Sanitätsabteilung im Hause war, deshalb habe ich laut um Hilfe gerufen. Schmerzen hatte Großvater noch nicht, er wollte aus seiner Weinflasche trinken. Die stand in seiner Wohnung. Zwei Amerikaner kamen nach einiger Zeit und kümmerten sich um ihn. Maria, eine Zivilrussin, hatte eine Verletzung am Knie, zwei Soldaten waren verwundet. Großvater wurde verbunden und wir mussten das Haus wieder verlassen. Mit Maria wurde er ins Wolmirstedter Krankenhaus gebracht. In Großvaters Stube war ein Einschuß. Er hatte es gehört und wollte nachsehen. Dabei bekam er seine Verletzung. Wäre er doch lieber im Bett geblieben. Durch die Splitter war in seinem Zimmer viel kaputt, auch der Heizkörper. In seinem Schrank hatten wir zwischen der Wäsche Margarine und Zucker versteckt. Durch die Splitter war alles zerfetzt und durcheinander. Dann hatten wir noch einen Treffer auf dem Ostgiebel und drei auf dem Hof. Der Beschuß kam von Königsborn zurück. Es war Ausgangssperre, nur von 9-12Uhr durften wir raus. Keiner konnte sich um Großvater kümmern. Marias Freund, auch einer von unseren Zivilrussen, durfte ins Krankenhaus. Er nahm für ihn etwas mit, auch einen Brief, ob ihn Großvater bekommen hat, wissen wir nicht. Einmal brachte er einen Zettel von einem jungen Mädchen mit, die Ise kannte und auch schon bei uns zu Besuch war. Sie war im Krankenhaus als Helferin eingesetzt. Das Bein hatten sie ihm abgenommen, er hatte große Schmerzen und bettelte um eine Spritze zum Einschlafen. Die Glindenberger mussten den Ort verlassen. Paul suchte seine Familie bei uns, kam wegen der Sperre aber nur bis Rusches und erfuhr dort, das Großvater in Wolmirstedt ist. Als Renate wieder in Glindenberg war, wollte sie ihren Vater besuchen, er war verstorben. In der Leichenhalle durfte sie ihn suchen. Dadurch erfuhren wir von seinem Tod. Am 21.4. erfuhren wir von seinem Tod, am 19.4. war er gestorben. Nachmittags bekamen wir Erlaubnis, die Leiche zu holen. Einen Sarg konnte Renate nicht kriegen und musste sich mit einem Notsarg behelfen, den ein Tischler schnell zusammen genagelt hat. Der Flieder war am Aufblühen und mit anderen Blumen haben wir den Sarg geschmückt. Wir waren dankbar, das wir ihn neben der Großmutter beisetzen konnten. Am Sonntag der 22.4., um 14:00Uhr war die Beerdigung. Renate hatte viele Schwierigkeiten, daß sie teilnehmen konnte. Sie kam mit Gisela und einem Geschirrführer mit der Kutsche. Es war sehr kalt geworden. Sie war der einzige auswärtige Gast. 23.4 wir sind immer noch bei Haselhorste. Die Ausgangssperre wurde von 7 bis 18Uhr verlängert. Es wurde wieder gearbeitet. 24.4 Kartoffeln gepflanzt, Mittelfrühe 29.4 Schnellhase fährt unsere Zivilrussen nach Lemsdorf, alle Polen müssen auch dort hin (aus Vaters Tagebuch) Der Wagen war hoch beladen, gekommen sind sie mit Handgepäck. In der Laube hatten wie eine Grube ausgehoben und allerhand Vorräte, Silber usw. versteckt. Am anderen Mittag hielt ein amerikanischer Laster vor unserem Hof. Wassili erschien mit anderen und sie machten unser Versteck auf und verluden vieles davon auf dem Wagen. Es war ein baumlanger Ami als Fahrer dabei. Mit dem habe ich geredet, es wäre alles unser, wir hätten nicht mehr. Er stieg aus dem Wagen, holte vieles wieder runter fragte vorher, ob es meins wäre. Wassili hatte das Nachsehen. Er muß uns beim Verstecken beobachtet haben. Jeden Mittag zur selben Zeit kam ein Tiefflieger, wir nannten ihn den Eisernen Heinrich. Er schoß auf Zivilisten, besonders häufig auf der Autobahn. Ein Olvenstedter verstarb an seiner Verletzung im Wolmirstedter Krankenhaus. In unser Haus durften wir immer noch nicht, aber heimlich haben wir es doch gemacht. Zum Füttern und Melken mussten wir ja auf den Hof. Wenn die Luft rein war, haben wir manches geholt, weil wir auch was zum Leben brauchten. Unsere Kuchenkiste stand in der Schlafstube auf dem Schrank, die haben wir voll gerettet. In der Kinderstube hatten wir zwischen den Anziehsachen Margarine und Zucker. Ein Ami schnarchte im Bett und der Laden war unten. Elly und ich an den Schrank, die Sachen kamen ins rutschen, es gab ziemliche Geräusche, er schlief weiter und wir liefen mit unseren Sachen auf und davon. Es wurde viel geklaut. Einmal lief eine Frau mit meinen Kleidern über dem Arm vom Hof. Unsere elektrische Waschmaschine war auch nicht mehr da. 30.4 Wir waren mit unserer Arbeit auf dem Hof fertig. Vor dem Tor nach Schulzes stand ein Ami und rauchte Zigarre. Wir schlossen das Tor vor ihm zu. Darüber wurde er sehr wütend. Wir liefen schnell zu Haselhorsts. Am nächsten Tag erzählte uns Phillip, daß er noch sehr im Haus tobte und viele Möbel zerschlug. An diesem Tag sind wir in aller frühe zum Melken geschlichen, weil wir Angst vor ihm hatten. Es war ruhig und still und wir sind unbemerkt wieder vom Hof gekommen. Am 1.Mai mittags zog die Besatzung ab. Die Kinder hatten schon vormittags von Haselhorsts Laube beobachtet, wie sie packten. Wir waren sehr froh, daß wir unseren Feind, den Zigarrenraucher los waren. In unserem Haus war was los. Was auf dem Boden war, fanden wir im Keller und umgekehrt. Nur die großen Möbel standen auf ihrem Platz. Die Möbel aus der großen Stube hatten wir schon vor den Bombenangriffen in den Keller geschafft. Den großen runden Tisch hatten sie in den Waschkeller unter den Wasserhahn gerollt. Die Schäden an dem Büfett und an der Kredenz sieht man heute noch. Als die Amis noch da waren, begegnete Elly und ich einem Ami mit Hammer und Meißel, der schon einige Schlösser aufgebrochen hatte. Ich habe schnell die Schlüssel geholt und die restlichen Fächer aufgeschlossen, sonst wären die Schäden noch größer geworden. Viel schmutziges Geschirr hatten sie aus dem Küchenfenster geworfen. Der Hühnerstall war fast leer, davon hatten sich wohl auch die Zivilrussen ernährt. Das Rupfen war gewiß sehr mühsam, überall lagen die abgezogenen Häute mit den Federn umher. Es stank auch schon doll. Nach langer Zeit hatten wir wieder Ordnung im Hause. Eines Tages kam Olinde mit einer Glucke und Küken an. Das war eine Freude. Es ging wieder aufwärts. 6.5 (Sonntags) alle Amerikaner aus Olvenstedt 13.5 in Gemeinschaftsarbeit Bombentrichter beseitigen (zumachen) 1.6 Brief an Ise von einem Flüchtling mitgenommen, der nach Holstein will 7.6 sieben Flüchtlinge als Einquartierung. Sie kamen mit Handwagen, waren lange hier und kochten mit in der Küche. Es war eine große Belastung 30.6 sechs Pferde, zehn Leute im Quartier. Sie hatten alles mit. Waren in der Scheune und kochten auch draußen. 1.7 Sonntags, morgens 4:40Uhr ertönte die Sirene. Es wird bekannt gegeben, dass der Russe bis Helmstedt besetzt hat. Ausgangszeit 9:00 bis 10:00Uhr und 15:00 bis 16:00Uhr. Engländer rücken ab. Amerikaner bleiben hier. Der Treck versucht bei Helmstedt über die Grenze zu kommen. Geht nicht, abends nach 22:00Uhr wieder hier. Das haben viele versucht, bei manchen hat es geklappt. 4.7 Polenalarm 5.7 16:00Uhr, wieder Polenalarm. Die Polen hatten sich zusammengerottet und plünderten. Bei Alarm sollten die Leute vom Feld reinkommen und Beistand leisten. Es war blinder Alarm, die Polen kamen nicht. 29.7 russische Zeit eingeführt, 2Stunden vor normal
Reinschrift durch Teddy
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Augenzeugenbericht Wilhelm Meißemann Magdeburg (Jahrgang 1929, wohnte damals in Sudenburg, Vater besaß die Feilenfabrik, Walmbergweg 22)
Ich war vom Gymnasium „Bismarck-Schule“ evakuiert. Drei Tage vor Feindalarm (8.4.45) wurden wir aufgelöst und fuhren nach Hause nach Magdeburg. Dadurch waren wir, bzw. ich, für den Volkssturm noch nicht erfasst.
11.4.1945
Vorher war ich auch in der Genthiner Schule und im Burger-Bann-Ausbildungslager (Bann 26) Ottersleben (752 Bann). In Magdeburg erfolgte die Ausbildung. Da haben wie Soldatenuniformen erhalten. Ausgebildet wurden wir an allen Waffen, Panzerfaust, Panzerschreck, Hohlhaftladungen, MPi, MG-42. Insgesamt war ich zweimal im Ausbildungslager. Anfang Februar wurden wir von Burg/Genthin nach Schirke/Harz verlegt, bis das Ausbildungscamp dann drei Tage vor dem Feindalarm (11.4.459 am 8.4 aufgelöst wurde. So kam ich also wieder nach Magdeburg zurück.
11.4.1945 –Feindalarm!
Ich war gerade in Ottersleben beim Friseur gegenüber der Feuerwache. Als der Sirenenalarm „Feindalarm“ erklang fuhr ich schnell mit dem Fahrrad zur Friedrichstraße, wo ein Kegelfreund meines Vaters wohnte. Da sagte ich „Tante mete, es ist Feindalarm!“ Sie antwortete „Junge du spinnst!“ Ne, es ist Feindalarm, wollen wir wetten? Um zwei Würstchen?“ Der Freund meines Vaters war Hausschlächter. Ich wusste ja, daß ich Recht hatte. Dann kam auf einmal Ernst, ihr Mann und bestätigte meine Nachricht, „bei Maraschke in Ottersleben stehen die ersten amerikanischen Panzer.“ Dann bin ich schnell mit dem Rad über Lemsdorf nach hause gefahren. Da war nur noch ein Soldat oben in Sudenburg an der Panzersperre, Halberstädter-Straße 190. Da bin ich auf das Dach des Gebäudes gestiegen, von wo ich sehen konnte, daß die amerikanischen Panzer von der Langenweddinger Chaussee auf den Flugplatz Süd beschossen haben. Nach etwa einer Stunde kam erst die amerikanische Panzerinfanterie und haben die Panzersperre besetzt(?) (17.4.)! Bei unserer Feilenfabrik in Sudenburg haben sich die deutschen Soldaten als HKL eingegraben, einen Tag, bevor es losging! Als die Amis am 17.4. anrückten, waren unsere Soldaten plötzlich verschwunden. Nur die Schützenlöcher blieben zurück. Bei dem Komposthaufen auf dem Grundstück hatte man ein Maschinengewehr in Stellung gebracht. Nur der Schütze mir seinem Ladeschützen waren noch da. Etwa 150m nach SW war noch ein Vorposten, der Meldungen durch gab. Das waren noch die einzigen Soldaten hier. Unsere Feilenfabrik befand sich in der Walmbergstraße 22/Braunlager Straße. Die Stellung des Vorposten befand sich in Richtung Brenecke Straße/ Schierker Straße. Das Eingangstor unseres Betriebes lag am Kopfende des Grundstücks an der Walmbergstraße. So konnte auch der MG-Schütze durch das offene Tor bei der Annäherung der Amis schießen. Da nun die einzelnen Schützenlöcher an der Walmbergstraße unbemannt blieben, da haben wir, mein Vater Wilhelm und ich, unsere Hühner auf dem Hof eingefangen, in Säcke gesetzt und in den Schützenlöchern vor den Amis versteckt, die wir erwarteten. Mein Vater war noch in einem der Löcher, da sahen wir auf dem Acker zwischen Ottersleben und Sudenburg-Lemsdorf, zwischen Königsweg und Ballenstedter Straße die Detonationswolken hochgehen, die immer näher kamen. Und dann sah ich auch schon die ersten Granaten direkt herankommen. Die schlug vor den Löchern ins Erdreich. Ich war noch rechtszeitig in ein Loch gesprungen. Da flog der Dreck auch schon über uns drüber weg und ins Loch hinein. Die Amis schossen aus ihren Panzern und der Pz.-Artillerie nach Sudenburg. Da dachte ich „Jetzt ist es wohl mit uns vorbei!“ Da hauten auch schon die letzten Soldaten aus der HKL ab, denn zu diesem Zeitpunkt standen die US-Panzer bereits oben bei Bäcker Ehlert, am Platz. Von dort aus konnten sie die Straße gut einsehen und schossen einem deutschen Soldaten mit dem MG durch beide Kniegelenke, der sich noch zurückziehen wollte. Seine zwei Kameraden sind weiter gelaufen und der verwundete lag vor dem Zaun. Da nach diesen Feuerstößen ruhe herrschte, haben wir, mein Vater und ich, den verwundeten aus der Feuerlinie gezogen und in unserem Keller versorgen lassen. Auf einmal kam noch so ein fanatischer Volkssturmtrupp mit Panzerfäusten. Von der hinteren Tür aus feuerten sie noch eine Panzerfaust in Richtung amerikanischer Panzer ab, werfen die Waffen weg und verschwinden wieder. Daraufhin richteten die Panzer ihre Rohre auf unser Grundstück und eröffneten das Feuer. Das Wohnhaus erhielt nun vier Artillerietreffer. Die Grundstücksmauer war wie ein Sieb durchlöchert. Wir hockten im Keller. Dann plötzlich klopfte es oben an der verschlossenen Luftschutztür. Ich versuchte mit dem wenigen Englisch zu verständigen, nach dem ich diese Tür geöffnet hatte. Die fragten nur „Soldat? Soldat?“ und leuchtete in den Keller hinein. Da sind wir alle raus gegangen. Oben standen sie dann mit MPi im Anschlag. Die drei letzten deutschen Soldaten mit ihren Verletzten, den sie in der Mitte nahmen und hielten, ergaben sich auf dem Hof, nachdem sie auch aus dem Keller heraus gekommen waren. Als sie sahen, daß ihr Kamerad schwer verwundet war und die beiden anderen unbewaffnet waren, meldeten sie über Funksprechgerät „ok“ und zogen weiter. Die drei deutschen Soldaten nahmen sie mit. Als diese Amis nun weg waren, sagte mein Vater zu mir: „Nun hol man unsere Hühner wieder aus den Löchern.“ Ich machte mich auf den Weg zu den Schützenlöchern, merkte aber nicht, daß dort noch zwei Posten zurück gelassen wurden. Die riefen „Hände hoch!“ durch eine offene Like. Einer drückte mir den Lauf seiner MPi auf den Bauch. Nun versuchte ich mit Englisch klar zu machen, daß ich doch mur nach unseren Hühnern in den Säcken aus den versteck holen wollte. „Hühner im Sach holen…! Die dachten wohl, mir dem können wir nichts anfangen… Der ist etwas durcheinander. Jedenfalls ließen sie mich gehen und die Hühner holen. Am Walmbergweg oben, bei Kohlenshütte hatten die Amis dann einen Posten stehen, Tag und Nacht, um Plünderungen in der Zuckerfabrik zu verhindern. Dadurch sind wir auch von den befreiten Polen nicht weiter belästigt worden, die zum Beispiel in Ottersleben viel geplündert hatten. Noch mal zurück auf die Belagerung der Amis vom 11.-17.4.1945. Als die Parlamentäre von Ottersleben aus nach Sudenburg kamen, wurden diese sogar noch von unserem Volkssturm, HJ oder Militär beschossen. Später wurde noch eine Parlamentärgruppe von Barleben aus in die Stadt geschickt. Doch Raegener wollte sich nicht ergeben und Magdeburg aufgeben. So kam es dann zu dem sechsstündigen Luftangriff auf Magdeburg am 17.4.1945. Es gab noch mal ca. 1.500 Tote und 650 Verletzte in Magdeburg. Der Unteroffizier Kuhn, der war mein Idol, mit EK I und EK II und Nahkampfspange etc., zu dem habe ich noch am 17.4.1945 gesagt „heute Nacht können wir uns doch noch über den Acker schleichen und ein paar amerikanische Panzer knacken!“ Wir waren ja damals noch so verrückt und wollten als Bengels noch „Held!“ spielen. Doch dann war der so besoffen in unserem Keller, denn die Soldaten, die nun Sudenburg verteidigten, schießen in unseren Keller, dadurch unterblieb „Gott sei Dank“ diese Aktion. In Diesdorf hatten HJler noch sechs amerikanische Panzer mit Pz.-Faust abgeschossen. Als die Amis dann diese HJ-Gruppe überwältigten, einige konnten noch rechtzeitig fliehen, haben sie einen erwischt und sofort standrechtlich erschossen. Bei uns in Sudenburg, an der Endstelle der Linie 1, Bergstraße/Kroatenweg/ Halberstädter Straße in der Kurve, wo rechts der Bauernhof stand, da schoß ein Kumpel von mir aus dem Kellerfenster auf die Amis. Am nächsten Tag will die Bauersfrau in den Keller runter gehen, da stolperte sie über seine Leiche. Er war also erschossen worden von den Amis. Vor der HJ hatten die Amis Angst, da sie als Hitzköpfe, als unberechenbar angesehen wurden. Als die Amis nach dem 17./18.4. in Magdeburg/Sudenburg waren, machte ich so zu sagen den Dolmetscher für die jungen Mädchen, die sich bereits mit den Amis einließen, für Schokolade, Zigaretten usw. oben im Kroatienweg. Später auch mit den Engländern. Am 1.7.1945 kamen die Russen. Sie kamen mit Panjewagen (Tross) und zu Fuß, nachts rasselten dann die Panzer durch-weiter gen Westen. Wir dachten, als wir diese Soldaten sahen das gibt es doch nicht, das diese zerlumpten Kerle unsere Wehrmacht 2 ½ tausend Km aus Russland bis hier her zurück gejagt haben sollen? Für viele brach bei diesem Anblick noch einmal die Welt zusammen. Die Stadthalle ist nicht durch Bomben zerstört worden, sondern durch Ari-Feuer der Amerikaner 26.4.1945. Vom Dachfenster unseres Hauses konnte ich beobachten, wie die Amis den Ausstellungsturm beschossen. Der Glasaufbau des Turmes wurde getroffen und auch das Schützenhaus erhielt schwere Artillerietreffer. Hier hatte sich, als Magdeburg-West bereits besetzt war, HJ und SS verschanzt und beschoß die Weststadt von dort aus.
Vor dem 17.4.1945
Bei uns auf dem Hof, war der deutsche Feldwebel, bevor die Amis kamen, der wollte unser Auto haben. Der Vater sollte die Schlüssel rausrücken. Als mein Vater sagte er wisse nicht wo die Schlüssel sind, da wollte dieser nach einer Stunde, wenn die Autoschlüssel dann nicht da sind, das Auto in die Luft sprengen. Da gab er lieber die Schlüssel raus. Doch dieser Feldwebel kam mit diesem Auto nicht klar/zurecht. Das Auto startete nur. Dann sagte der Feldwebel, daß er doch Verpflegung für seine Leute holen will, aus der Kaserne am Margarethenhof. Noch waren die Elbrücken noch nicht gesprengt. So hat mein Vater diese Fahrt mit dem Feldwebel gemacht und die Verpflegung geholt. In unserer Wohnung wohnten vorübergehend auch noch Flüchtlinge oben. Die waren aus Duisburg. Die Frau Pohl, eine lustige junge Frau, die sich gern mit Soldaten einließ, die standen mit unserem Feldwebel vor der Tür. Da hörte man auch wieder die amerikanischen Artillerieabschüsse aus der Ferne. Der Feldwebel warf sich sofort hin und die Frau lachte ihn dafür aus. In dem Augenblick detonierte eine Granate vor der Tür. Die Splitter hatten ihr den Bauch aufgerissen. Sie war auf der Stelle tot. Unteroffizier Kuhn mit seiner Nahkampfspange war aus Schönebeck,… Bei der Holzhandlung Brehmer, stand eine große Pappel. Dort befanden sich ebenfalls ausgehobene Deckungslöcher und ein MG-Schütze. Die hatten in „Pflichterfüllung“ mit dem MG auf die Amis geschossen, Auch er wurde durch einen Granattreffer getötet. Dem hingen alle Därme aus dem Bauch, als wir ihn später sahen. Als seine Freundin zu ihm kam, konnte sie ihn nur noch tot sehen. Er wurde vorübergehend in einem dortigen Schützenloch begraben und erst später zum Sudenburger-Friedhof exhumiert. Der hatte, als er das Feuer eröffnete, einen amerikanischen Melder abgeschossen, als dieser vom Erkundungstrupp, der bereits die Panzersperre erkundete, zurückgekommen. Während des Artilleriebeschusses vor dem (11.4.) 17.4. wurde, wie gesagt auch unser Wohnhaus getroffen. Eine Granate war direkt in unser Badezimmer eingeschlagen und hatte die Wasser gefüllte Wanne zerfetzt. (Wir hatten diese zuvor gefüllt, falls es mal kein Wasser geben sollte, um wenigstens diese Reserve noch nutzen zu können). Durch den Vorposten auf unserem Grundstück, der hier auch noch ein Feldtelefon mit erhielt, traf eine Granate auch die Treppe vor dem Haus, die weggerissen wurde. Eine weitere Granate durchschlug unser Wohnzimmer. Noch bevor die amerikanischen Panzer anrückten (17.4) hatten wir mit Ziegelsteinen, die auf unserem Hof lagen, alle Schäden notdürftig repariert. Die Panzersperre Halberstädter Straße 189/190. Sie war zweiseitig aus Holzstämmen mit Schuttverfüllung gebaut. Die Öffnung in der Mitte wurde durch eine ausgebrannte Lore geschlossen. Dazu wurde im letzten Moment der Keil vor den Rädern weggeschlagen, so das diese vor die Öffnung rollte. Die Öffnung war gerade so breit, daß ein Auto oder die Straßenbahn durch passte. Diese Sperre hatte ein amerikanischer Räumpanzer mit Leichtigkeit weggeschoben. Die Leute mussten hinterher den Schutt beseitigen. Ich sollte, weil ich neugierig in der Nähe war, hier auch mit aufräumen. Das wollte ich schon gar nicht. Da ich mich hier gut auskannte, konnte ich durch die Häuser der Nachbarschaft und durch die Gärten dieser Arbeit entfliehen. Als die Amis in Sudenburg waren und auch auf unserem Grundstück, sagte einer zu mir: „Du Hitlerjunge? Ich sagte „Ja!“ Er: „Hitlerjunge Scheiße!“ Die Amis hatten auf unserem Hof von den Soldaten die hier waren, einen Brotbeutel gefunden, wo eine silberne Klappdeckeluhr drin war. Die Glasscheibe war ab, Zeiger waren weg und die Krone konnte man abziehen. Der Ami sagte wie „Scheiße!“ und gab mir die kaputte Uhr. Die ließ ich später reparieren. Sie lief dann noch tadellos. Meine jetzige Lebenspartnerin Hannelore hatte den Einmarsch der Amerikaner auch miterlebt. Oben an der ecke zur Hermann-Löns-Straße stand ein schweres deutsches Feldgeschütz. Ob mit diesem noch geschossen wurde kann ich heute gar nicht mehr sagen. Jedenfalls war das recht bald verschwunden. Die deutschen Soldaten hatten sich von hier zurückgezogen und das Geschütz zurückgelassen, einen Tag vor dem Angriff auf Magdeburg, also am 16.4.1945. Eine amerikanische Artilleriestellung stand, nach dem Einrücken am 17./18.4.1945 auf dem Ackerstreifen zwischen Reform und dem Heckenweg, hinter dem Heckenweg. Die mit Tarnnetzen verhangen (mehrere) Kanonen schossen von dort über die Elbe zu Rothehorn, wo sich noch SS und HJ und Wehrmacht verschanzt hatte und die Amis in Magdeburg beschossen. Diese Batterie habe ich selbst gesehen. Das müssen etwa vier Geschütze gewesen sein. Hier bin ich auf den schmalen Weg mit dem Fahrrad gefahren um zu zusehen. Da hat mich ein Pole mit einem Knüppel eine übergezwiebelt, der hier war und ich für ihn kein Platz gemacht hatte. Die Amis kümmerte das nicht. Die nächste Panzersperre auf der Halberstädter-Straße, befand sich unten am Polizeipräsidium unter der Eisenbahnbrücke. Die war ähnlich gebaut, wie die oben an der Zuckerfabrik Halberstädter Straße 190. Auch die wurde mit Räumpanzer geöffnet. Die Kugeltreffer im Eicke v. Repgow-Denkmal sind durch amerikanische Munition entstanden. Die Einschüsse im Repgowdenkmal sollen am 17.Juni 1953 entstanden sein. Das ist Quatsch. Die Russen haben hier überhaupt nicht geschossen. Das was immer gesagt wird, stimmt einfach nicht. Wo es nach Klein Ottersleben ging, befand sich ein Bäcker Namens Ziepel, der ist am 17.4.1945 durch eine amerikanische Granate getötet worden.
1944/45
Meine Schwester war Nachrichtenhelferin. Sie war in der Flak-Nachrichten-Baracke in der Nähe von Böckelmann in Klein Ottersleben. Die Nachrichtenhelferinnen haben da auch gewohnt, während die Nachrichtenoffiziere in der Villa von Böckelmann (kleinen Hof) wohnten. Die war zum Teil zur Verfügung gestellt worden. Die alte Frau Böckelmann passte genau auf, das die Nachrichtenhelferinnen nicht in die Offiziers-Quartiere konnten. Gottfried Böckelmann war in Ottersleben der größte Ackerbürger und Großgrundbesitzer. Der hatte oben den großen Hof und unten den Kleinen Hof. Auf dem Großen Böckelmann Hof in Klein Ottersleben war auch ein Inspektor. Als wir dort einmal (Vater und ich) Feilen abgelieferten, sah ich wie dieser Inspektor oder Vorarbeiter einen polnischen Zwangsarbeiter tüchtig ins Hinterteil getreten hatte. Der soll die Zwangsarbeiter oft so schlecht behandelt haben. Jedenfalls haben diese Polen, als sie durch die Amis befreit wurden (17.4.), den Inspektor dann totgeschlagen und in die Jauchengrube geworfen haben. Die Flakhelfer der Batterie Lemsdorf wurden auf unserem Hof, Walmbergsteg 22 hinter der Zuckerfabrik der Feilenfabrik, kurz an der Handfeuerwaffe ausgebildet. Das waren fast alles Mittelschüler. Als die Amis unser Grundstück beschossen (11.-17.4.1945) wurde, wie bereits gesagt, auch unser Badezimmer oben getroffen im Anbau, die Holzverschalung hatte außen dadurch Feuer gefangen, da ist mein Vater auf die Leiter und hat die brennenden Bretter abgerissen. Den hätten die Amis abschießen können. Die Amis hatten ihn bestimmt schon im Visier. Ich habe eine Alu-Wanne, in der wir dort auf dem Hof ölige Putzwolle abgelegt hatten, schnell noch umgelegt, damit nicht von dort aus noch Feuer entstehen konnte(Funkenflug). Eine Nachbarjunge ist während der Belagerung 11.-17.4.1945 unten zum Elbbahnhof gegangen um aus den Waggons Speiseöl zu holen. Dort hat er bei einem amerikanischen Artillerietreffer ein Bein verloren- aber überlebt. Während der Belagerung 11.-17.4.1945 wurde auch eine Schweinemastanlage geplündert durch die hungrige Bevölkerung. Leute, die sonst kaum laufen konnten trugen Ferkel auf dem Rücken nach Hause. Auch die Zuckersäcke aus der Zuckerfabrik wurden aus den Lagern geplündert. Die ganze Ecke hier im Walmbergweg war schwarz von Menschen. Jabos flogen darüber weg. Die hätten nur melden brauchen, daß die Artillerie dort hin schießen soll, da wäre eine Katastrophe geworden. Die sahen wohl, daß alles Zivilisten waren. So blieben sie verschont. Mein Onkel hatte Angst vor den Amis und war mit seiner Ziege in den Elbwiesengrund geflüchtet. Als die Amis Magdeburg besetzten, kam er mit der Ziege und dem Rucksack mit Hühnern wieder zurück. Die Amis auf den Panzern -Schwarze- lachten ihn aus, als sie Onkel sahen mit der Ziege und den Hühnern im Rucksack.
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Aus dem Interview 1998 vom ZDF in Magdeburg zum Kreigsende
Zeitzeuge Wilhelm Meißemann
11.April bis 18.April 1945
Ich hatte mich als Jugendlicher freiwillig in ein Bannausbildungslager zur Ausbildung freiwillig gemeldet. Der erste Lehrgang fand in der zeit um den 16.1.1945 in Burg statt, als der Bombenangriff auf Magdeburg erfolgte, wo wir in Soldatenuniformen eingekleidet wurden (Alte Kaserne). Die Ausbildung geschah am Karabiner 98, MPi, Pistole, MG-42, Panzerfaust, Panzerschreck, Handgranaten. Wir waren alle 15-16 Jahre alt. Ich war damals relativ schmächtig, gegenüber den Bauernsöhnen, die mit mir hier waren. Die konnten die MPi ruhiger halten als ich. Aber mit dem Karabiner konnte ich ganz gut umgehen. Wir glaubten ja an den Endsieg und das wir alle zusammenhalten müssen. Durch die Propaganda waren ja gegen die Russen aufgehetzt worden. Außerdem erhielt ich einen zweiten Lehrgang bei Genthin und später noch in Schiercke. Nachdem Lehrgang wurden wir wieder zur Schule in Magdeburg geschickt. Wir sollten mit 16-einhalb Jahren unser Notabitur machen und mit 18-einhalb Jahren sollten wir bereits Offiziere sein. Deshalb schrieen wir dummen Bengels auch „Sieg Heil!“ Wir glaubten doch das und an den Sieg. Damals war eben für ein Jungen „Offizier“ zu werden ein Idealbild. Was es heißt schießen zu müssen, daß lernten wir ja erst, als die Amerikaner vor Magdeburg standen. Die haben geschossen und von Magdeburg wurde auch geschossen. Drei bis vier Tage vor dem Feindalarm war ich wieder in Magdeburg (8.4.1945). Ich war am 11.4. in Ottersleben beim Friseur (bei der Feuerwehr), da kam gegen 17:00Uhr Feindalarm. Da bin ich schnell mit dem Fahrrad über Lemsdorf zurück gefahren zu unserem Grundstück an der Zulieferungseisenbahn für die Zuckerfabrik am Walmbergweg 22, wo mein Vater eine Feilenfabrik betrieb. An der Panzersperre Halberstädter Straße 190 stand nur noch ein deutscher Soldat der dort Wache hielt. Der hatte den keil der ausgebrannten Lore weggeschlagen, damit diese die Öffnung der Pz-Sperre rollte und versperrte. Erst nach zwei Stunden erschienen über Ottersleben die ersten US-Soldaten und besetzten das Dorf. Die amerikanischen Panzer kamen über Ottersleben durch die Gärten und Laubenkolonie, wo heute der Hansapark steht, an der Ecke stand ein deutsches Feldgeschütz (12,6cm oder 12,8cm) und ein MG-Stand. Die Soldaten zur Verteidigung hatten sich bereits vorher zurückgezogen. Ein deutscher Oberleutnant von der Flak rannte mit seiner MPi, auf der Brennecke-Straße herum. Der war dann übergelaufen und hatte den Amis die Stellungen verraten. Deshalb hatten sich fast alle Soldaten sich zurückgezogen. Somit waren die Schützenlöcher an der Brennecken Straße leer. Nur noch der MG-Schütze und sein Ladeschütze waren noch dort. Die Amis hatten beim Einmarsch am 17.4.1945 in Sudenburg auch zwei HJler gefangen genommen, verhört, in den Hintern getreten und nach Hause geschickt. Als sich HJ, SS, Wehrmacht noch im Stadtpark verschanzt hatten (18.4.1945) um in den Westteil Magdeburgs zu schießen (auf die Amis) wurde mit amerikanischer Artillerie auch die Stadthalle(26.4.1945), das Ausstellungsgelände und das Schützenhaus zerschossen. Vom Dach unseres Hauses in Sudenburg konnte ich selber sehen, wie die Amis mit Leuchtspurgranaten den Ausstellungsturm beschossen. Die Zuckerfabrik Sudenburg wurde geplündert durch tausende Magdeburger und freie Fremdarbeiter. Die Amis haben zwar zwei Posten aufgestellt konnten aber die Plünderungen nicht verhindern.
11.April 1945: Eva Felgenträger, eine Zeitzeugin berichtet
- Die Kahlenbergstiftung wurde Truppenverbandsplatz - Der Bunker der Landesfrauenklinik war Hauptverbandsplatz West
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Meine Schwester war Nachrichtenhelferin. Sie war in der Flak-Nachrichten-Baracke in der Nähe von Böckelmann in Klein Ottersleben. Die Nachrichtenhelferinnen haben da auch gewohnt, während die Nachrichtenoffiziere in der Villa von Böckelmann (kleinen Hof) wohnten. Die war zum Teil zur Verfügung gestellt worden. Die alte Frau Böckelmann passte genau auf, das die Nachrichtenhelferinnen nicht in die Offiziers-Quartiere konnten. Gottfried Böckelmann war in Ottersleben der größte Ackerbürger und Großgrundbesitzer. Der hatte oben den großen Hof und unten den Kleinen Hof. Auf dem Großen Böckelmann Hof in Klein Ottersleben war auch ein Inspektor. Als wir dort einmal (Vater und ich) Feilen abgelieferten, sah ich wie dieser Inspektor oder Vorarbeiter einen polnischen Zwangsarbeiter tüchtig ins Hinterteil getreten hatte. Der soll die Zwangsarbeiter oft so schlecht behandelt haben. Jedenfalls haben diese Polen, als sie durch die Amis befreit wurden (17.4.), den Inspektor dann totgeschlagen und in die Jauchengrube geworfen haben.
Die Flakhelfer der Batterie Lemsdorf wurden auf unserem Hof, Walmbergsteg 22 hinter der Zuckerfabrik der Feilenfabrik, kurz an der Handfeuerwaffe ausgebildet. Das waren fast alles Mittelschüler.
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Ich bin 1940 zur HJ gekommen. Zuerst war ich im Jungvolk „Pimpf“, 1944 bin ich in die HJ übernommen worden. Das war ein automatischer Weg. Eine HJ-Uniform zu tragen erfüllte uns damals mit Stolz. Wir sind ja so erzogen worden. Wir sollten dazu gehören, zu den Uniformträgern. Das Regime wollte ja schließlich die Jugend hinter sich wissen. Da konnte man mit einem fanatischen Nachwuchs noch viel erreichen im Sinne des Nationalsozialismus. Den Nazis kann man ein gewisses Organisationstalent nicht absprechen, sonst hätten sie 1933 ein Volk was im tiefsten Dreck lag (Weltwirtschaftskrise usw.) nicht für ihre Zwecke so beeinflussen können. In der HJ prägte uns Disziplin und Gehorsam. Wir hatten auch Respekt vor der Obrigkeit, vor den älteren Menschen. Nicht so wie heute, wo sich selbst Polizisten verprügeln lassen müssen. Damals wurde pariert, wenn ein Polizist was sagte. Auch was der Vater sagte, war für uns wie das „Evangelium“. Zigaretten und Alkohol waren für uns Tabus. Wir fügten und widerspruchslos. Wir empfanden die HJ-Zeit als eine schöne Zeit. Wir verbrachten Ferien in Lagern (Jungvolklager, HJ-Lager). Unser Jungvolklager, in das wir fuhren dauerte 14 Tage, wie schliefen gemeinsam in einer Scheune und spürten das Gefühl der Gemeinschaft. Jeder stand für den anderen ein. Egoismus wie heute, kam damals nicht zu Tage. Es stand die Gemeinschaft im Vordergrund. Ordnung; Disziplin und Gehorsam herrschte hier vor. Selbst als „Pimpf“ wurde es uns durch unsere Führer (Jungzug oder Fähnleinführer) das eingebläut. Wir wurden damals gedrillt, mussten uns auf Befehl hinwerfen, Robben usw. keiner konnte ausscheren. Niemand muckte auf, so etwas gab es nicht. Durch die Uniform war man eine Gemeinschaft, als Einzelner konnte man sich nur durch Leistung hervorheben. Der Einzelne war nichts, die Gemeinschaft war alles! Es wurde auch viel gesungen. Die Lieder wurden uns so eingehämmert, daß ich sie heute noch singen kann, nach über 60Jahren, textlich und melodiemäßig. „Ein junges Volk steht auf zum Sturm bereit“, „Vorwärts, Vorwärts, schmettern die Fanfahren…“, „Deutschland hoch in Ehren…“usw. Selbst als der Krieg umkippte, haben wir uns um die Inhalte der Lieder gar keine Gedanken gemacht. Selbst als der Krieg zu Ende war, die Amis und Engländer hier waren und dann auch die Russen, werden noch naziverherrlichende oder russenfeindliche Lieder gesungen. Erst viel später begannen wir über alles tiefer nachzudenken. Erst viel später erfuhr man, wie die Juden und Ausländer in den KZs reihenweise durch die Öfen geschoben wurden. Man hatte das doch damals alles nicht gewusst. Wir haben doch immer gehört, daß die deutsche Rasse die größte ist usw. Mittwochs und Sonnabends hatten wir in der HJ Dienst. Da wurde gesungen, marschiert, Sport getrieben usw. und das Sportabzeichen gemacht.
Strucktur
Die kleinste Ebene war die Jungschaft-Jungschaftsführer Der Jungschaftsführer hatte drei Jungschaften, der Hauptschaftszugführer (Spieß), Fähnleinführer hatte vier Jungzüge. Der Stammführer hatte vier Fähnlein, der Bannführer trug politische Uniform (SA) und führte die politische Bildung durch. Führermannschaften setzten sich meist aus Mittel- und Oberschülern zusammen. Die politische Bildung fand durch Lehrstunden statt. Hier wurde über deutsches Recht und deutschen Raum gesprochen. Es ging um Lebensraum und schließlich dadurch wurden alle auf den Krieg eingestimmt. Dieser Lebensraum sollte im Osten liegen. Hätten die Menschen Hitlers „Mein Kampf“ gelesen und verstanden, dann hätten mit Sicherheit viele Hitler nicht geglaubt. Der Krieg wirkte ebenfalls auf die HJ ein. Da kamen Wehrmachtsoffiziere, vor allem solche die aus der HJ hervorgegangen sind und versuchten uns zu begeistern, uns als Kriegsfreiwillige zu melden. Ich war selbst nicht eher froh, bis ich auf meinen Schulterstücken einen roten Streifen hatte, der mich stolz als Kriegsfreiwilligen gegenüber anderen, auswies. Das war, mit Abstand betrachtet, das Produkt unserer Erziehung. Kriegsfreiwilliger zu sein machte gegenüber den anderen Stolz. Wir waren doch damals im halbstarken Alter, welches durch die Nationalsozialisten in gewissen bahnen gelenkt wurde. Es gab in der HJ auch Jungs, die nicht so fanatisch waren, die wurden eben keine Kriegsfreiwilligen. Kriegsfreiwilliger zu werden war keine Gruppenentscheidung- das war eigener Wille. Es wurde zwar geworben: „Jungs, ihr müsst euch freiwillig zum Kriegsdienst melden!“ Aber Zwang wurde nicht vordergründig ausgeübt. Wer sich nicht meldete, der war doch später sowieso bei der Wehrmacht, da er regulär eingezogen wurde. Was hielten nun meine Eltern davon? Mein Vater war ein alter Weltkriegssoldat, der als Soldat das EK I und EK II im Ersten Weltkrieg erworben hatte, der war gegenüber meiner Entscheidung sehr offen. Der hatte auch dadurch die starken Nerven, was sich darin widerspiegelte, wenn die Bomber Magdeburg überflogen, blieb er auf dem Hof stehen. Er wusste, wenn die über uns die Bomben ausklinken. Konnte es uns und unser Grundstück nicht treffen, während ich auf der Treppe in den Keller herunter rannte, wenn das Pfeifen der Bomben zu hören war. Während des Beschusses Magdeburgs blieb er auf seinen Hof der Feilebfabrik und rettete unser Haus, als das Holzwerk zu brennen begann durch Treffer.
Amis 11.-17.4.1945
Während des Beschusses der Amis, kletterte er auf die Leiter und riß die brennenden Bretter vom Gebäude runter. Die Amis hätten ihn abschießen können, wenn sie gewollt hätten. Während des Beschusses fuhr er auch mit dem Auto und Anhänger herum, wo wir alles Wichtige verladen hatten, falls alles zerstört werden würde, damit wir dann noch das hatten was im Auto und Anhänger war. Dann kam der Volkssturmtrupp auf unseren Hof. „Jetzt müssen wir hier in die äußerste Ecke, jetzt gibt’s noch mal Jummi“, sagte der Truppführer.
Ausbildung an Waffen (HJ)
Meine Mutter war ja überaus ängstlich über meine Entscheidung. Wenn’s nach ihr gegangen wäre, die hätte mich angebunden. Sie hat immer versucht mich nicht zu den Übungen und Ausbildungen an der Waffe gehen zu lassen. Doch das half nicht’s. beim Schießen mit dem Gewehr war ich immer ein „Ass“. In Burg, drei Schuss, aufliegend 100m auf 12er Ringscheiben, 30 Ringe zu treffen, war eine hervorragende Leistung. Auch das Pistolen schießen war tadellos. Nur mit der MPi lief das nicht so, weil ich zu Klein war. Wer 25 Ringe mit Gewehr und Pistole schoss, der durfte mit der MPi aus der Hüfte schießen. Allerdings traf dann nur der erste Schuß, der Rest ging rechts oben weg. Auch das schießen mit MG, fünf Schuss = drei Treffer war eine gute Leistung, auf ein kleines Quadrat. Die Ausbildung fand zuerst in Burg in der Sturmgeschützschule statt, später in der Alten Kaserne in Burg. Die Ausbildung dauerte fünf bis sechs Tage. Wir wurden dort in Soldatenuniformen gesteckt und schliefen auch in der Kaserne. Es ging alles militärisch zu. Es wurden auch Nachtmanöver absolviert. Danach wurden wir wieder nach Hause geschickt. Danach habe ich mich noch einmal zur Ausbildung gemeldet und das war dann die Ausbildung in der Alten Kaserne in Burg. Danach habe ich darauf gewartet, dass ich endlich eingezogen werden würde. Wir wollten Deutschland noch retten, denn wir schauten nicht nach links und rechts, sondern nur gerade aus. Der Krieg wirkte sich auch auf die Heimat aus und machte sich für uns dadurch bemerkbar, dass unsere Schule evakuiert wurde. So kamen wir nach Genthin und wurden bei Privatpersonen untergebracht. Von Genthin wurde unsere Schule und der Unterricht nach Schierke verlegt, in das Hotel „König“.
8.4.1945 Halberstadt-Gröningen
Drei Tage, bevor der Amerikaner kam, wurden wir von Schierke nach Magdeburg zurück geschickt. Da sind wir noch durch Halberstadt gefahren. Da ich ein Fahrrad mitgenommen hatte, hatte uns zuerst ein Auto mitgenommen. Da ich in Wernigerode bereits gemustert wurde hatte mir meine Mutter das Fahrrad mitgebracht, damit ich dort mobil sein sollte. So konnte ich mit einem Kameraden per Anhalter bis Halberstadt fahren und war nicht auf einen Zug angewiesen. In Halberstadt wohnten Onkel und Tante von mir, die ich Sonnabend vor dem großen Luftangriff besuchte. Am 8.4.1945 wollte ich meinen Kameraden nicht allein lassen und so ging ich zum Bahnhof, wo uns aber niemand mitnahm, weil wir so viele Kartons bei uns hatten, Fahrrad und Koffer. Aber ein Pferdefuhrwerk nahm uns dann doch noch mit nach Gröningen. Von dort war es dann bis Magdeburg nicht mehr soweit (11km näher an Magdeburg). Wir waren kaum aus Halberstadt raus, da hörten wir den Voralarm und bald danach Fliegeralarm. Wären wir am Bahnhof dort in den Bunker gegangen, dann würden wir dort wohl umgekommen sein, denn in der Nähe des Bunkers stand ein deutscher Munitionszug, der dort getroffen wurde und vollständig explodierte. Im Bunker waren dann mehrere Tote zu beklagen gewesen. Jedenfalls erreichten wir Gröningen, wo wir die Tiefflieger der Amis erlebten. In einem Chausseegraben in einer Kanalröhre fanden wir Deckung. Eine Leitning hatte uns beschossen, die sehr wendig war und nach vorn und nach hinten feuern konnte. Erst nachts konnte ich von Gröningen aus mit dem Zug nach Magdeburg weiter fahren, wo ich auf dem Buckauer Bahnhof eintraf. Dort habe ich meine Eltern angerufen. Meine Mutter, die sonst immer ängstlich war, beim ersten Sirenengeheul und in den Luftschutzkeller kroch, schwang sich auf’s Fahrrad und holte mich vom Buckauer Bahnhof ab. Drei Tage später war in Magdeburg Feindalarm.
Feindalarm und Kämpfe 11.-16.4.1945 in Magdeburg (Feindalarm in Magdeburg)
Ich war in Ottersleben beim Friseur. Da kam Feindalarm. Da bin ich am Eickplatz in der Friedrichstraße gefahren (mit dem Fahrrad), wo ein Kegelfreund meines Vaters wohnte, der auch schlachtete, da hab ich zu „Tante Mete gesagt, es ist Feindalarm!“ Sie antwortete ungläubig: „Junge du spinnst!“ „Klar -wetten wir um zwei Wünsche?“ Ich hatte keine, wusste aber das ich Recht hatte. Da kam schon ihr Mann nach Hause und sagte: „ Bei Maroschke an der Schmiede unten stehen die ersten amerikanischen Panzer!“ Das war an der Langenweddinger Chaussee. Da bin ich mit dem Fahrrad schnell über Lemsdorf nach Hause gefahren, über die Gleise, durch die Tür in der Hofmauer und von dort vor zur Panzersperre auf der Halberstädter-Straße . Da war nur ein Soldatenposten. Der hatte gerade den keil weggeschlagen, dass die ausgebrannte Lore der Zuckerfabrik vor die Öffnung der Pz-Sperre rollte und versperrte. Die Öffnung war gerade so breit gewesen, dass bis dahin gerade so die Straßenbahn durch passte. Nach zwei Stunden kamen die ersten (deutschen?) amerikanischen Soldaten an. Wenn die Amis nicht soviel Angst gehabt hätten, dann hätten sie Magdeburg ohne Schuss erobern können. Ich bin deshalb zur Panzersperre gegangen, weil ich endlich selber kämpfen wollte: „Jetzt geht’s los“, dachte ich. Die deutschen Soldaten hatten nun die ersten Gleise und Deckungslöcher, die hoch gingen bis zur Brenneckestraße besetzt. Da wollte ich nun mit mischen. Mein Idol war ein Unteroffizier mit EK I, EK II, goldene Nahkampfspange, dem bin ich nicht von der Seite gewichen. Den wollte ich auch noch überreden: „morgen Nacht knacken wir mal ein paar Panzer!“ So hatte ich bereits bei den Deckungslöchern mehrere Pz-Fäuste bereit gelegt. Dann war der aber, wo es losgehen sollte so betrunken, daß es, als der durch die Tür in der Grundstücksmauer trat, der Länge nach hinschlug und liegen blieb. Gott sei dank, dass wir dadurch diese Aktion nicht mehr unternahmen. Werweiß, was aus uns geworden währe. Sicherlich hätten die Amis wie die "Kanickel " abgeschossen. Solche Gedanken kreisten aber noch in unseren Köpfen. Als die Amis dann ihren Sturmangriff auf Sudenburg begannen, da rannte noch ein deutscher Oberleutnant von der Flak herum, mit MPi, an der Hüfte, der ist dann noch übergelaufen und hatte die Stellungen verraten. Die Soldaten waren plötzlich auch verschwunden. Sie sind deshalb zurückgezogen worden. So hab ich noch schnell unsere Hühner in den Sack gesteckt, um sie vor den Amis zu verstecken. Nachdem mein Vater mit dem löschen auf dem Hof fertig war, Granaten hatten auch unser Haus und Hof getroffen (durch Artillerie oder Panzerbeschuss),dann haben wir uns beide mit dem Sack mit den Hühnern in die Deckungslöcher gelegt. Ich sah wie die Granatfontänen auf dem Acker immer näher kamen, bis der Dreck auch in unsere Löcher fiel. Das muss aber die letzte Salve gewesen sein, sonst hätten sie wohl auch unsere Löcher getroffen. Die deutschen MG-Schützen, die über die Brenneckestraße darüber weg in einem Heuhaufen/Schober saßen, waren noch dort (vorgeschobener Posten), die bekamen nun Angst, weil sich ihre Kameraden bereits nach Sudenburg zurückgezogen hatten. So rannte der erste MG-Schütze über die Brenneckestraße drüber weg, als die ersten US-Panzer bereits oben an der Ecke standen und von dort die Brenneckestraße einsehen konnten. Als sich nun auch der zweite absetzen wollte, wurden diesem durch beide Kniegelenke geschossen und brach schreiend zusammen. Der lag nun da und jammerte, während sein Kamerad ihn einfach dort liegen ließ. Da zu dieser Stelle hin zwischen uns und dem Verwundeten noch ein garten lag und Deckung bot, ist mein Vater mit mir dort hin gerobbt. Die Zaunlatten waren an dieser Stelle zerbrochen. So konnten wir den Soldaten durch den Zaun ziehen und schließlich auf unseren Hof bringen und im Keller versorgen lassen. Als die Amis später auf unseren Hof kamen haben sie den Soldaten als Gefangenen mitgenommen. Einen anderen HJ-Kameraden an der Straßensperre haben die Amis noch beim Schießen erwischt. Als die Mutter Kupel(Ackenbürger) im Hause in den Keller gehen wollte, stolperte sie über seine Leiche. Die Amis hatten ihn erschossen, als sie ihn stellten. Bei Siesdorf war das auch so. Die HJler hatten dort noch sechs US-Panzer abgeschossen. Einen 16jährigen haben die Amis noch erwischt und an Ort und Stelle erschossen.
18.4.1945
Dann rückten die Amis mit ihrer Technik an, so was hatten wir bis daher überhaupt noch nicht gesehen. Ein amerikanischer Räumpanzer schob die Panzersperre mit einer Leichtigkeit einfach beiseite. Nachdem nun Ruhe einkehrte und Ausgangssperre verkündet worden war in den Nachtstunden, sollten wir am Tage dort bei der weg geschobenen Sperre aufräumen und den Schutt beseitigen. Da bin ich dort in einem Hauseingang verschwunden und durch die Kellerverbindungen konnte ich mich dieser Arbeit entledigen.
Rollender Luftangriff (17.4.1945)
Der Luftangriff konnte die Zivilbevölkerung zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr demotivieren bezüglich der aktiven Verteidigung, die hatten sich in die Keller verkrochen und dachten hoffentlich ist das alles bald zu Ende. Als die Amis nun in Magdeburg drinnen waren und die Nächte ohne Alarm waren, das war für alle eine Erleichterung. Man konnte in der Nacht wieder durchschlafen. Dennoch hatte es 1600 Tote gegeben. Dabei ist auch der Justizpalast zum Teil zerstört worden und auch die ganze Ecke Leipziger/Halberstädter Straße mit vier Geschäftshäusern.
18.4.1945
Die Amis waren, als sie durch die Straßen vorstoßen sehr vorsichtig. Sie schossen zunächst lieber einmal öfters in die Kellerfenster oder in die Hausflure, bevor sie rein gingen, im nach deutschen Soldaten zu suchen.
16.4.1945 Verteidigung, Sperren und Deckungslöcher April 1945
Die deutsche Panzersperre befand sich auf der Halberstädter Straße, kurz bevor die Straßenbahn in den Kroatenweg bog. Da befand sich ein großes Gebäude, rechts und links ein flacheres Gebäude. Da ging der Walmbergweg rein. Dahinter befand sich das Grundstück der Feilenfabrik meines Vaters und Onkels, daneben war Reuter. Hinter unserem Grundstück stand eine Mauer und die Gleise der Zuckerfabrik. Der Rohstoff der Zuckerfabrik wurde auf Loren transportiert über eine Drehscheibe, nachdem die Eisenbahnwaggons entladen waren, in die einzelnen Schuppen…Da die Gleise tief lagen, befanden sich daneben ein gewisser Wall, auf denen unsere Deckungslöcher ausgehoben worden waren. Über die Chaussee/Straße darüber weg, befand sich die MG-Stellung und an der Ecke, wo die Laubenkolonie war, stand noch ein deutsches Feldgeschütz. Dieses Feldgeschütz kam aber nicht mehr zum Einsatz. Die Verteidiger des Volkssturms hatten ihre Uniformen erst einen Tag vor dem Sturm, also am 16.4.1945 bekommen, auf unserem Grundstück. Sie wurden bei uns auf dem Hof noch Unterwiesen, an den Waffen usw. (Gewehr und MG). Da stand ich selbst daneben. Ich brauchte keine Waffenunterweisung mehr, da ich ja lange vorher in mehreren Ausbildungslagern (Burg) gewesen war als Kriegsfreiwilliger. Die jetzt Magdeburg verteidigen sollten, waren alles junge Bengels, die nun auf diese Weise ins Wasser geworfen wurden. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir bereits acht Granateneinschläge (vier im Gelände und vier im Wohnhaus). Vor unserem Wohnhaus befand sich eine Freitreppe mit fünf Terrazzostufen, wo sich ein Posten mit Feldtelefon befand. Dieser hatte auf dem Acker noch einen vorgeschobenen Beobachter. Dieser Posten am Feldtelefon hatte sich gerade die Beine vertreten wollen und ging um die Hausecke. In diesem Augenblick schlug auf der Freitreppe eine Granate ein. Dieser Posten hätte tödlich getroffen werden können, wenn er sich nicht von seinem Postenplatz entfernt hätte! So hatte auch oben unser Badezimmer einen Treffer bekommen. Wir hatten die Wanne voll mit Wasser als Notreserve stehen gehabt. Abends bemerkte ich, dass alles nass war und als ich nach oben schaute, sah ich, dass ein Granatsplitter das Dach durchschlagen hatte und die Wanne beschädigte.
17./18.4.1945
Unsere Grundstücksmauer aus Hohlblocksteinen, war nach dem Beschuss durchlöchert wie ein Sieb, durch die 20mm Geschosse. Unsere deutschen Verteidiger, die frischen Rekruten, hatten zunächst noch einen Granatwerfer auf die Schienen gestellt und einige Probeschüsse abgegeben in Richtung Ottersleben, wo bereits die Amis waren, die gingen dort in der Friedrichsstraße in einem Bauerhof runter, was ich von unserem haus aus gut beobachten konnte. Die Otterslebener hatten immer gedacht, daß dies Bomben oder Granaten der Amis gewesen seien. Das ist falsch, es waren unsere eigenen Granaten des Volkssturms. Ich habe oben auf unserem Boden neben dem Offizier gestanden, der die Granatwerfertruppe einwies, mit links oder rechts usw. Deshalb konnte ich auch genau die Treffer sehen, da ich die katholische Kirche, die Grundschule in die ich gegangen war, von hier gut erkennen konnte. Dann rückten die Amis an, über die Ecke, wo jetzt das Hansahotel steht (die war früher völlig frei- Acker-). Da konnte man bis zum alten Forst rüber schauen. Wie sollte dieser Ansturm aufgehalten werden? Da konnte man sich besser selbst in Sicherheit bringen. So habe ich also unsere Volkssturmleite/Soldaten aus der HKL zurückgezogen. Irgendwo aus Richtung Ottersleben waren Schießerein hier zu hören. Hier auf dem Hof dachten wir, das sich unsere Verteidiger aus der HKL deshalb sich zurückgezogen hätten, weil der Oberleutnant der Flak die Stellungen verraten hatte, der den Amis mit seiner MPi entgegengegangen war.
Ab 11.4.1945
Obwohl ich Kriegsfreiwilliger war, war ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfaßt, denn als ich von Schierke über Haldensleben zurückgekommen war, wurde in Magdeburg Feindalarm ausgelöst, so das ich mich aus den gegebenen Ereignissen hier auf dem Hof, nirgends mehr melden konnte in Sudenburg. So hatte ich mich auf eigene Faust hier den Verteidigern zunächst angeschlossen. Als die sich nun absetzten, lag ich mit meiner Panzerfaust plötzlich ganz allein im Deckungsloch vor unserem Grundstück. Das wollte ich nun auch nicht und ich verzog mich zunächst auf unseren Hof. Vom Dachboden unseres Hauses konnte ich auch die Detonationen der Brückensprengung hören und die Explosionswolken aus den östlichen Richtungen erkennen. Später erst erfuhr ich, dass es die Brücken waren, die unsere Soldaten sprengten. Die letzte Brücke war die Eisenbahnbrücke zum Margarethenhof. Kurz zuvor hatte noch mein Vater mit unserem Auto Verpflegung für die Truppe hier von dort holen müssen, da der Feldwebel, der selber mit unserem Auto das tun wollte, mit diesem nicht klar gekommen war. Mein Vater wollte den Zündschlüssel erst nicht rausrücken, als dieser aber drohte, dass Auto auf dem Hof in die Luft zu jagen, holte er den Schlüssel und übergab ihn. Doch der Feldwebel konnte das Auto nicht starten und würgte ihn ständig wieder ab. So hatte mein Vater die Tour lieber selber gemacht.
Nach dem 18.4.1945
Nachdem der Westteil Magdeburgs am 18.4.1945 von den Amis besetzt war, wurde noch über die Elbe hin und her geschossen. Vom Dachboden aus konnte ich sehen, wie die Amis gegen den Aussichtsturm mit Leuchtspurgeschossen schossen auf dem Stadtparkgelände, weil sich dort auf der Ostseite noch Soldaten und SS verschanzt hatten und wohl auch HJler, die, die Amis auf der anderen Seite beschossen. So ist nicht nur der Glasaufbau des Aussichtsturmes, sondern auch die Stadthalle und das Schützenhaus durch amerikanischen Artilleriebeschuss zerstört worden.
1944
Ich erinnere mich noch, wie ich mit meinem Vater bei einem alten Kegelfreund (ein bekannter Bäckermeister) auf dem Hof stand und mein Vater zu ihm sagte: „Fritze, ich glaube der Krieg ist verloren, wenn ich so sehe wie die Amis (Flieger) so ungestört in das Reichsgebiet eindringen können!“ Der antwortete: „Wilhelm, wenn Du so denkst, dann verschwinde von meinem Hof!“ So fanatisch waren zu dieser Zeit damals noch viele Magdeburger. Mein Vater sah das schon 1944 etwas nüchterner. Zu mir hatte er damals gesagt, „eines Tages kippt das alles wieder um.“ Aber die Erziehung hat mich damals noch an den Endsieg glauben lassen. Wir glaubten noch an die Wunderwaffen. Auch meine Tante, die im Gegensatz zu meinem Vater sehr fanatisch war, sagte, als ich aus Schierke kam,: „Der Führer weiß schon was er macht, er wird das Ruder wieder herumreißen!“ Wir wollten schließlich auch noch Helden sein.
1943-1945 Propagandaplakat Magdeburg
An der Kölner Straße befand sich ein riesiges Transparent, worauf ein Russe zu sehen war, mit einer Pawel Kortschigin-Mütze, Messer im Mund, alles in Rot gehalten, mit der Aufschrift: „Sieg oder bolschewistisches Chaos!“ Das hing dort von 1943 bis 1945. Ich bin dort immer vorbei gefahren, wenn ich zum Training wollte in der Wilhelmstadt und im Schwimmverein Hellas. Im Winter trainierten wir in Wilhelmstadt. Das prägte sich ein, da musste man ja vor den Russen Angst bekommen.
Russen
Am 1.7.1945 kamen sie, mit Panjewagen, zu Fuß, nur mit Fußtruppen, die wenigen Autos waren die alten Forts, zugenagelt, oben ragte ein Schornstein raus und ich stand an der Chaussee. Ich hatte die deutsche Armee gesehen, die Amis, Engländer und nun kamen die Russen hier so ärmlich an. Ich war so erschüttert: „Wie kann es sein, das 75% des Wehrmachtspotentials im Osten, 2000km von diesen zerlumpten Soldaten zurückgeworfen wurde. Später wurde uns klar das das nur der Tross war. Da nachts Ausgangssperre war bewegten sich ihre Panzer und Stalinorgeln nur in der Nacht durch die Ortschaften Magdeburgs nach Richtung Westen.
Reinschrift Teddy
Magado-2 Wenn nicht anders ausgewiesen, dann Sammlung/Eigentum Magado Bilder/Beiträge dürfen "Nichtgewerblich" genutzt werden.