Ich zitiere mal unser eigenes Forum (Barby45 Art.118), auch für @Henning der noch nicht so lange bei uns ist. Ist nicht schlimm interessantes wieder mal vor zu holen aber man kann auch über die Suchfunktion oben rechts vorsondieren.
Auch das gehört hierher, im Bereich der Brücke in Tangermünde ist auf dem einen Bild ja ein Wlassow-Soldat zu sehen.
Volksstimme, 06.03.2014
Relativ wenig ist über die sowjetische Besatzungszeit bis zum Ende der 1950er Jahre in Barby bekannt. Besonders über das Schicksal der sogenannten Wlassow-Soldaten, die auf deutscher Seite gegen die Rote Armee kämpften, gibt es kaum gesicherte Hinweise.
Barby l Die neue Barbyer Chronik von Engelmann/Ulrich stützt sich auf die Erinnerungen der 2012 verstorbenen Anneliese Reimelt. Sie gehörte zur Familie von Dietze, die bis 1945 das Herrenhaus bewohnte und gegen ihren Willen in den Westen flüchten musste. Anneliese Reimelt und der damals zehnjährige Burkart von Dietze dürften die einzigen bekannten Zeitzeugen sein, die sich an dieses Streiflicht Barbyer Geschichte erinnern. Nachfolgend Auszüge aus jenem Kapitel, wo Reimelt und von Dietze die Barbyer Wlassow-Episode beschreiben.
Hof des Rittergutes war eine "Umschlagstelle"
"Der Hof des Rittergutes war Sammel- und `Umschlagstelle` dieser Gefangenen. Es hieß, es seien bis zu zweitausend Mann in Barby inhaftiert gewesen. Wir bekamen die Gefangenen täglich zu sehen, wenn sie in Marschkolonnen vom Hof ... in die Stadt und wieder zurück geführt wurden. Die meisten von ihnen waren sehr hochgewachsene Männer, mit blankgeschorenen Köpfen. Sie sahen unglücklich und verzweifelt aus. Beim Marschieren sangen sie - Tag für Tag dasselbe Lied. Ein kräftiger, weithin hörbarer Männerchor aus guten Stimmen. (...) Die Frage, warum denn immer dasselbe Lied gesungen werden musste, beantwortete mir die nette russische Dolmetscherin. Der Text des Liedes war eine öffentliche Selbstanklage, in übelster Manier totalitärer Regime. Ich erinnere mich nur noch an die erste Zeile. Sie lautete: "Wir sind die Verräter von Moskau ....". In gleicher Tonart ging es durch alle Strophen. Weiter wurde dieses Thema aber nicht vertieft, denn ich spürte die Befangenheit der jungen Russin, die offensichtlich wusste, was diesen armen Menschen bevorstand. Auch uns andere schmerzte der Anblick dieser jungen Menschen, die Todeskandidaten waren, führte er uns doch die absolute Sinnlosigkeit von Krieg beispielhaft vor Augen.
Wohltönende Soldatenstimmen
Zorn und Angst, Mitleid, Traurigkeit, Wehmut und Verzweiflung, dieses Gemisch aus Gefühlen und Stimmungen, mit dem wir alle täglich fertig werden mussten, kam besonders stark in Bewegung, wenn an den warmen Sommerabenden wunderschöne russische Volkslieder angestimmt wurden, mit Vorsänger und zweistimmigem Chor aus wohltönenden Tenor- und Bass-Baritonstimmen. Manche meinten, dies sei der Chorgesang der gefangenen Weißrussen und ihre Lieder gleichsam ein Abschied von diesem Leben. Ob die Bewacher dieser Gefangenen den verachteten und geschundenen Wlassow-Soldaten das Singen russischer Lieder gestattet haben würden? Ich habe da meine Zweifel.
Durch die Nacht peitschten regelmäßig Schüsse
Wie auch immer - für eine große Zahl der gefangenen Wlassow-Männer werden die abendlichen Konzerte, ob als Sänger oder Zuhörer aus der Ferne, tatsächlich Abschied bedeutet haben, denn von ihnen hat wohl keiner die Gefangenschaft überlebt. Nicht wenige werden in Barby, wahrscheinlich auf dem Hof, gestorben sein, denn Nacht für Nacht peitschten Schüsse durch die Stille, und aus unserer Kontorwohnung hatte man den Eindruck, sie kämen aus ziemlicher Nähe, etwa vom Ochsenstall am Wilhelmsweg. Am nächsten Morgen hieß es dann, Gefangene seien von ihren russischen Bewachern auf der Flucht erschossen worden. Ob tatsächlich die Flucht versucht worden war oder ob sie vorsorglich erschossen wurden - beides ist denkbar. (...) Irgendwann im August 1945 wurden die letzten Wlassow-Soldaten abtransportiert."
Keinerlei militärischen Ehren
Wo die erschossenen Soldaten verscharrt wurden konnte niemals geklärt werden. Man geht aber davon aus, dass es auf oder unweit des Rittergutes geschah, da man den "Verrätern" keinerlei militärische Ehre erwies.
Das bestätigt auch der Barbyer Historiker Prof. Dieter Engelmann, der vor Jahren mit mehreren Zeitzeugen zu diesem Thema ins Gespräch kam.
Ist zwar alles schon mehrfach behandelt, aber gerade für jüngere Forumsmitglieder nicht ganz geläufig: Ranglisten zum Vergleich der Dienstgrade in den militärischen oder militärisch gegliederten Einrichtungen des "Dritten Reiches". Weil es ebenso oft um "Politische Leiter" geht, auch noch eine Vergleichsübersicht zu dieser Truppe. Es kommt dazu, dass viele Ränge in Personalunion besetzt wurden. Ein Standartenführer der SS konnte auch gleichzeitig den Rang eines Generalmajors (der Wehrmacht) innehaben, um in einem zusammengesetzten Gremium einem Oberst der Wehrmacht gegenüber weisungsbefugt sein zu können.
Aller guten Dinge sind DREI. Hier folgt noch der Versuch, Beamtenränge in Wehrmachtsdienstgrade zu übersetzen. Da die Wehrmacht sehr pingelig war, wenn es um die Akzeptanz irgendwelcher Anweisungen ging, musste auch ein hoher Staatsbeamter die Rangfolge beachten, wenn er gegenüber einem Wehrmachtsangehörigen Forderungen erheben wollte. Da es in der Endphase des Krieges von verschiedenen Beauftragten, Bevollmächtigten, Kommissaren usw. nur so wimmelte, waren Unterscheidungen schon wichtig. Ob sich immer alle daran gehalten haben, ist allerdings zu bezweifeln.
Bild entfernt (keine Rechte)
(der letzte Titel im höheren Dienst ist "Leitender Regierungs-Direktor" und nicht "-direkter"; bitte um Entschuldigung)
Mit der Übersetzung aus dem Lettischen war wirklich nicht so einfach. Den Großteil hat eine Software gemacht, aber verschiedene Stellen hat nochmal ein Bekannter von mir, der aus Lettland stammt, angeschaut ... sonst hätte Vieles keinen Sinn ergeben. Vor allem problematisch ist die militärische Sprache und Redewendungen oder Idiome, die es im Deutschen so nicht gibt.
Wer sich selber mal durchkämpfen möchte: Ich habe das Dokument angehängt. Es sind auch viele Bilder darin, aber leider keine aus den letzten Tagen.
Es gibt darin viele weitere sehr interessante Beschreibungen. Die Flucht mit List und Glück aus Berlin (Janums hat sich z.B. an die vorderste Front begeben, um zwei SS-Überwacher loszuwerden, die sich irgendwann nicht mehr weiter trauten), Kämpfe mit den Russen, 70km Gewaltmärsche usw. Dem Wehrmachtkommando war durchaus bewusst, dass sich eine Division "aus dem Staube" gemacht hatte, aber sie hatten dem nicht viel entgegenzusetzen außer Versorgungsdepots mitzuteilen, dass keine Lebensmittel ausgegeben werden dürfen.
Unrockbar
hat folgende Dateien an diesen Beitrag angehängt
Danke für die Gegenüberstellungen der Dienstgrade. Ich bin eben mit der US Army unterwegs, hahaha. Habe ich mir gleich runtergeladen. Unrockbar, die Probleme mit einer Übersetzungssoftware haben wir hier schon etliche Male angesprochen. Die kennen meist nur eine übersetzung, wobei jedoch in verschiedenen Sprachen ein Wort mehrere Bedeutungen hat. Henning, die Luftwaffe der Wlassow-Armee befand sich auf dem Flugplatz in Eger/Cheb, Tschechische Republik. Ich bin hierauf in meiner Ausarbeitung zum Kriegsende im Bereich Selb, Asch/As und Eger/Cheb eingegangen. Ist ein interessantes Kapitel des Krieges.
Nochmal zu Barby. Beevor schreibt in "Berlin 1945 Das Ende" : "Als die Kämpfe an Heftigkeit zunahmen, beschloss der Direktor des Krankenhauses (Beelitz), Dr. Potschka, zu den Amerikanern an der Elbe Kontakt aufzunehmen. .....Am 28.April wurden die 3000 verletzten und kranken Kinder von Männern der Division "Ulrich von Hutten" auf Güterzüge geladen, die sie in langsamen Tempo nach Barby brachten. Dort hatte man eine Kinderklinik wieder eröffnet. Die Amerikaner nahmen die Verletzten bereitwillig als Kriegsgefangene auf"
Hallo, der von Spusu aus dem Buch von Beevor entnommene Bericht zum Abtransport von 3000 Kindern im April 45 durch ,,Hutten" organisiert, war mir neu. Die Befreiung der dt. Verwundeten und des medizin. Personals in Beelitz-Heilstätten kannte ich. Auch da erfolgte der Abtransport mit Güterzügen nach Güterglück, Calbe/Saale und an andere Orte. Konnte vor längerer Zeit mal mit einem ZZ darüber sprechen. Kinder erwähnte er allerdings nicht. Nun ja, er war selbst verwundet. Da hat er sicherlich nur darauf geachtet, dass er selbst abtransportiert wird. MfG Wirbelwind
Ja, ich habe diese Passage auch unkommentiert eingestellt. Möglicherweise handelt es sich bei den Kindern auch um einen Übersetzungsfehler. Ein Kinderkrankenhaus in Barby, welches 1945 reaktiviert wurde hab ich bisher nicht finden können. Hochspannend finde ich die Geschichte allemal. Vielleicht können wir @Wirbelwind noch ein bißchen rauskitzeln von seinem ZZ und der Evakuierung der Beelitzer Heilstätten in unsere Region.
Ich habe ebenfalls nichts bewiskräftiges bei Beevor finden können, obwohl mir zwei längere Zeit auseinanderliegende englische Auflagen zur Verfügung standen. Kinder aus Beelitz von Hutten evakuiert ja, möglich. Ansonsten ist in Verbindung mit der Armee Wenck von "Kindersoldaten" die Rede, die auch nach Westen in amerikanische Gefangenschaft gekommen sind. Da viele von ihnen verwundet waren, hatten die Amerikaner die Bedingung gestellt, dass genügend Betreuungspersonal zur Verfügung steht und die Medikamentenversorgung gesichert sein müsse. In Verbindung mit dem Handling, dass keine Kapitulation von Streitkräften akzeptiert werden darf (Roosevelt und Churchill hatten ja die bedingungslose Gesamtkapitulation erfunden, der sich Stalin später angeschlossen hatte. Da hat man getrickst und auf örtliche Teilkapitulationen abgestellt, die nach der Genfer Konvention immer dann als zulässig und wirksam anzusehen waren, wenn kleinere Gruppen mit der weißen Fahne wedelten. Kleinere Gruppen wurden z. B. so organisiert, dass die 104th Infantery Division ("Timberwolves") gegenüber Torgau Flugblätter abgeworfen hat, in denen die Landser aufgefordert wurden, sich - angeführt von einem"spokesman" - in Abständen von jeweils einer halben Stunde in Dreierreihen zu 500 Mann mit entladener Waffe am Ostufer der Mulde einzufinden: "Von den Divisionspionieren wurden Brücken gebaut. Gruppen von Feinden verhandelten mit Spähtrupps oder folgten der schriftlichen Direktive", vermerkt die Chronik der Division. "Tag und Nacht ergoß sich für die nächsten zehn Tage ein endloser Strom über die Brücken." Allein vom 24. bis 27. April gaben sich dieser Division mehr als 16.800 deutsche Soldaten dieser Division als Gefangene in die Hände. Weiter nördlich gab es ähnliche Vorgänge bei der 9. Infantery Division. Bei einer solchen Massenbewegung zu den Schlupflöchern, die vor sowjetischer Kriegsgefangenschaft retten sollten, ist ein klarer Überblick kaum zu schaffen. Mir erscheint es im Zusammenhang mit der "Russenangst" auch unwahrscheinlich, dass in Barby ein doch recht großes Kinderkrankenhaus eingerichtet sein soll. Ziel war doch für die Allermeisten das Westufer der Elbe. Das galt doch auch für Betreuer, Ärzte, Pflegepersonal ...
Leider ist "mein" Zerbster ZZ schon ein paar Jahre nicht mehr unter den Lebenden, vielleicht hat noch jemand einen heißen Draht. Klarheit zu kriegen, egal mit welchem Ergebnis wäre schon schön.
Hallo, leider war der ZZ Patient in der Klinik und ich habe mir damals den Namen nicht gemerkt und auch keine Adresse geben lassen. Das war 2003. Mittlerweile dürfte der Mann eh schon bei der großen Armee sein. Mich hat es damals erst einmal nur interessiert, zu hören, wie sich die Vorgänge um Beelitz-Heilstätten abspielten, nach der dt. Rückeroberung. Zu DDR-Zeiten waren wir oft in Fichtenwalde. Wenn wir nach Berlin wollten, sind wir die 5 km bis Beelitz-Heilstätten gelaufen. Damals sass ja noch die Sowjetarmee auf dem Gelände und die Kriegsschäden waren zu sehen. Der ZZ meinte noch, dass er selbst gebangt hatte, dass der Güterzug noch rechtzeitig abfährt, ehe die Russen ran waren. Lt. Wiki soll sich auf dem Gelände von Beelitz-Heilstätten noch ein evakuiertes Potsdamer Krankenhaus befunden haben. Gut möglich, dass es da eine Kinderabteilung gab, die ebenfalls nach der Rückeroberung weggeschickt wurden. Etwas anderes als Güterzüge standen in der schnelle nicht zur Verfügung und keinem war klar, wie lange die dt. Truppen den Russen noch standhalten konnten. MfG Wirbelwind