Im nicht weit entfernten Loburg war garnichts los. Jemand lief mit weißer Fahne den Rotarmisten entgegen und siehe da, Loburg blieb quasi unbesetzt. Hatte das etwa Auswirkung auf Möckern? Da ballte dich die Rote Armee mit zwei Divisionen. Die Angst rieb zum Massensuizit......
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Helmut, Du meinst mit Deiner Aussage sicherlich nur unseren unmittelbaren ,,Beritt"Ansonsten darf ich an den Massensuizid in Demmin Ende April-Anfang Mai 1945 erinnern. Da waren es wesentlich mehr als 42 Personen. MfG Wirbelwind
zu #6 und 7 Abschrift Oberinspektor Paul Wille Überreicht von Dr. Axel Genz 9.8.2021
Geschehnisse beim Einmarsch der Roten Armee in Möckern im Mai 1945 =====================================================
Als Augenzeuge kann ich nichts berichten, ich war derzeit noch Wehrmachtsangehöriger und befand mich in Bayer. Der Oberinspektor Paul Wille vom Gut hat darüber im Protokollbuch des Reitervereins Möckern einen Bericht niedergeschrieben. Diesen Bericht hat er überschrieben: „Ein schwarzer Tag, wie ihn Möckern noch nicht erlebte“ ---------------------------------------------------------------------
Am Sonnabend, den 5. Mai 1945 war der Feindeinmarsch der russischen Truppen in Möckern. In dem Wald hatten noch Kämpfe stattgefunden und die letzten deutschen Truppen mußten sich der Übermacht weichend ergeben. Somit war das Ende des unseligen Zweiten Weltkrieges gekommen, der über Deutschland so unsägliches Elend gebracht hat und Möckern war die letzte Stadt, wo die Feinde als Sieger einrückten. Bald nach dem Einmarsch der Truppen schieden 42 Leute aus dem Leben und zwar aus purer Verzweiflung hatten diese guten Leute Selbstmord begangen. Es wurden davon 40 im Schlosspark und die Nummern 42,42 auf dem Friedhof zur letzten Ruhe gebettet. Die Nr. 1 hat bei dem Massengrab den Anfang gemacht und liegt am Nordende des Grabens, d.h. nach der Schloßseite zu. 1. Otto Grützmacher; 2. Herr Husenau; 3. Frau Brüning; 4. Erna Grünberg geb. Köhring; 5. und 6. Kinder Grünberg; 7. Frau Köhring; 8. Ursula Golze; 9. Paul Golze jun.; 10. Paul Golze; 11. Ruth Golze; 12. Frau Golze; 13. Treschau; 14. Anni Treschau; 15. Gertrud Treschau; 16. Else Burgwitz; 17. Fritz Burgwitz; 18. Margit Stender; 19. Klaus Stender; 20. Hilde Stender, 21. Erich Stender; 22. Herr Förster aus Hamburg; 23. Martha Wünsche; 24. Erich Wünsche; 25 1. Kind mit Namen Schierarndt; 26. Inge Schierarndt; 27. Otto Strobach; 28. Minna Strobach; 29. Erika Kehk geb. Strobach; 30. und 31.je 1 Kind mit Namen Kehl; 32. Lore Strobach,; 33. Edith Schierarndt; 34. Frau Sellnick; 35. Dr. Sellnick, Tierarzt; 36. Frau Kühne (Cellarius); 37. Frau Apotheker Brennecke; 38. Frau Heberlein; 39. und 40. je 1 Kind mit Namen Heberlein; 41. Frau Krüger und 42. Fritz Thiele (41. und 42 auf dem Stadtfriedhof beerdigt). ) Furchtbar war der Anblick bei der Familie Golze, die am Wasserrade der Mühle sich erschossen hatten und auf einem Bretterverschlag lagen und saßen, diese 5 Leichen mußten durch ein kleines Fenster gehoben werden, weil dorthin kein anderer Zugang war. Ein schauriger Anblick war ferner bei Brüning, wo 5 Personen – die Nr.3-7 – sich erhängt hatten und in dem Schuppen erst mit einer Leiter heruntergeholt werden mußten. Bei der Abholung der Familie Wünsche (Nr.23-26) hatten wir Abholer einen gewaltigen Schreck, auf der Liste standen 4 Personen, wir fanden aber nur drei. Erich Wünsche fehlte. Nach langem Suchen kamen wir in ein vollständig dunkles Zimmer. Wünsche den wir nicht sehen konnten, fing an zu erzählen, wobei mir wahrhaft gruselig wurde. Das elektrische Licht brannte nicht und wir mußten dann mit vieler Mühe die Rollläden hochziehen. Wünsche, der inzwischen immer erzählt hatte, saß auf dem Bettrand und wollte wissen, wer im Zimmer sei und verlangte, wir sollten Licht machen, denn er könne nichts sehen. Nachdem er seine Familie, Frau und Tochter mit Kind erschossen hatte, wollte er sich erschießen, hatte jedoch nur den Schnerv? oder Schnorv? Zerschossen, er hatte sich in den Mund geschossen und die Kugel war seitwärts am Ohr wieder herausgekommen. Eine tolle Sache war es, daß ich beim Abholen der Leichen dreimal von höheren russischen Offizieren mitgenommen wurde zum Rathaus, weil diese annahmen, wir hätten die Menschen umgebracht. Auf dem Rathaus war ein Dolmetscher der dann die Offiziere über den wahren Sachverhalt aufklärte. Das dritte Mal wurde ich bei Wünsche mitgenommen. Als ich mit einem russischen Oberst wieder vor dem Dolmetscher erschien, sagte der zu mir: „Macht nun bloß, daß ihr mit den Toten von der Straße kommt!“ Da habe ich ihm erklärt, daß ich 42 Leute doch nicht mit einem Mal aufladen kann. Nach Klarstellung mit dem Oberst konnte ich dann wieder gehen. Da die Leichen schon mehrere Tage lagen, war der Befehl ergangen, daß dieselben beerdigt werden mußten. Wir traten zusammen um darüber zu beraten. Es fanden sich viele, die das Grab machen sollten, aber die Leichen zusammenholen, wollte keiner heran. So war ich wohl oder über gezwungen, mir drei Leute zugreifen, die mit mir gingen. Es waren dies: 1. Willy Leye (kurzsichtig); 2. Paul Reinicke (geistesschwach); 3. Günter Gregor (taubstumm). Also mit einem Halbblinden, einem Dummen und einem Stummen dazu ein sehr lahmes Pferd der Gr. Verwaltung haben wir die Arbeit des Zusammenholens in Angriff genommen. Doch jetzt wieder zurück zu dem Zahndentisten Wünsche. Als sich der Oberst mitschleppte, hatte ich Leye gesagt, er solle bei Wünsche warten, denn mir war sofort klar, daß dieser unglückliche Mensch nicht mehr am Leben bleiben konnte. Ich schickte Wünsche auf einer Tragbahre, die wir bei uns hatten, zu Dr. Riemann, damit der ihm eine richtige Spritze verabfolgen sollte. Mit Wünsche auf der Bahre zurückkommend, rauchte Wünsche eine Zigarette und schimpfte daß es dunkel um ihn sei. Gerade in diesem Augenblick ging Schwester Martha vorbei. Derselben setzte ich den Sachverhalt auseinander und bat dieselbe nochmals mit Wünsche zu Dr. Riemann zu gehen und letzteren zu bitten, daß er die richtige Spritze nehmen sollte. Auf dem Marktplatz und in den Straßen war ein tolles Durcheinander, so daß wir kaum unserem Wagen zur Begräbnisstelle am Parkeingang von der Kirchenseite durchfahren konnten. Die Leitung bei der Beerdigung hatte Willy Schröder. Nachdem alle Toten beisammen waren, sprach der Konrektor Martin Behrens das Vaterunser, darauf wurde die lange Gruft zugeschaufelt. Es war der 8. Mai 1945. Für mich war es die schwerste Arbeit meines Lebens.
Paul Wille Oberinspektor i. R. geb. 24.2.1880 in Wespen b./Barby/Elbe
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Von den im Bericht genannte 42 Personen schieden aus dem Leben: Durch Selbsterschießen 5 Personen Durch Erschießen der Ehefrauen, erwachsener Töchter und deren Kinder 19 Personen Bekannter 1 Person Durch Erhängen 9 Personen Durch Erhängen von Kleinkindern 2 Personen Durch Gift 6 Personen Es ist im vorbezeichneten berich also richtig, wenn man von 42 Selbstmorden spricht. Auch die Vermerke in den Sterberegistern, die damals von Laien eingetragen wurden, waren nicht richtig. Dort war nämlich bei allen vermerkt: S e l b s t m o r d durch Erschießen usw. Die Familie Strobach hat sich in den Jahren nach 1945 sehr darum bemüht, zusammen mit anderen betroffenen Familien das Massengrab in einen würdigen Zustand zu versetzen. Heute decken große Abfallberge die Ruhestätte dieser Toten, die 1945 die Nerven verloren und nicht mehr den Mut zum Weiterleben fanden. Andere Einwohner ließen hab und Gut im Stich und versuchten bei Schönebeck über die Elbe zu kommen. Die meisten kehrten aber wieder nach Möckern zurück, als sie die Elbe nicht überwinden konnten. Auch der letzte Graf Rüdiger von Hagen ließ seinen Besitz im Stich und ging über die Elbe.
Lage der Toten im Massengrab im Park zu Möckern. Zählung beginnt von der Kirchenseite aus!
1. Grützmacher, Otto 32,50m. 2. Husemann, Hamburg -, 65m 3. Brüning, Hedwig -,97m 4. Köhring, Gertrud 1,30m 5. geb. Köhring, Erna 1,62m 6. 1,95m 7. 2,30m 8. Golze, Ursula 2,62m 9. Golze, Paul sen. 2,95m 10. Golze, Paul. jun. 3,27m 11 Golze, Liesbeth 3,60m 12. Golze, Ruth 3,92m 13. Treschau, Emil 4,25m 14 Treschau, Anny 4.60m 15. Treschau, Gertrud 4,92m 16. Burgwitz, Else 5,28m 17. Burgwitz, Friedrich 5,60m 18. Ständer, Margit und Klaus 5.96m 19. Ständer, Inge 6,28m 20. Ständer, Hilde 6,60m 21. Ständer, Erich 6,96m 22. Förster, Hamburg 7,12m 23. Wünsche, Martha 7,44m 24. Schierarndt, Inge 7,76m 25. Schierarndt, Kind 8,09m 26. Strobach, Otto 8,40m 27. Strobach, Minna 8,72m 28. geb. Strobach, Erika 9,04m 29. Strobach, Lore 9,36m 30. Kind von Strobach, Erika 9,68m 31. Kind von Strobach, Erika 10,-- m 32. Schierarndt, Edith, geb. Böttcher 10,32m 33. Dr. Hellnick, Karl 10,64m 34. Hellnick (Ehefrau) 10.96m 35. Frau Kühne 11,29m (Mutter von Frau Collarius) 36. Wünsche, Erich 11,60m 37. Frau Brennecke 11,92m (Mutter von Frau Heberle) 38. Kind Heberlein 12,24m 39. Kind Heberlein 12,56m 40. Frau Heberlein 12,88m
Neuer Umgang mit einem tragischen Kapitel Möckeraner Stadtgeschichte im Gespräch
Von Stephen Zechendorf Möckern* Es ist ein trauriges Kapitel Möckeraner Stadtgeschichte. Auf gerade mal 13 Metern wurde am 8. Mai 1945 an der Mauer zwischen Schlosspark und Pfarrhaus 40 Einwohner der Stadt begraben. Es sind Tote, die man damals nicht auf einem Friedhof beerdigen wollte. In den Tagen, in denen die Sowjetkräfte in Möckern einmarschierten, hatten einige Bürger aus Angst vor den einmarschierenden Truppen sich und ihre Familien umgebracht. Zehn Kinder, das jüngste ein Jahr alt, Männer und Frauen, die älteste 74 Jahre alt. In der Chronik des Möckeraner Chronisten Erich Wilke sind die Geschehnisse dieser Tage aufgeführt. Im Gedächtnis der heutigen Stadt Möckern und deren Bewohner dagegen längst verblasst. Nachdem im Dezember 2022 nahe der nicht gekennzeichneten Fläche das gut besuchte Weihnachtssingen stattfand, gab es Stimmen, die sich einen bewussteren öffentlichen Umgang mit diesem Kapitel der Geschichte und mit dem Areal wünschten.
Bisher einzige Gedenktafel erfolgte auf Privatinitiative Auch Möckerns evangelischer Pfarrer Martin Vibrans wandte sich mit einem Schreiben an die Stadtbürgermeisterin Doreen Krüger und Möckerns Ortsbürgermeister Detlef Friedrich. Seine Wahrnehmung: Die Stadt habe noch keine wirklich funktionierende Art und Weise des Umgangs mit diesem Ort der Bestattung der vielen Möckeraner Familien gefunden. Vibrans regte an, dass sich Stadt und Ortschaft darüber Gedanken machen mögen, wie man diesen Ort des Gedenkens und des Schreckens so einfrieden kann, dass er auch als ein solcher Ort erkannt und wahrgenommen werden könne. „Dieses Geschehen damals 1945 gehört sicher nicht zu den Sternstunden der Geschichte dieser Stadt, aber es gehört eben zur Geschichte Möckerns dazu“, so Martin Vibrans in seinem Schreiben. „Ein Gedenkstein steht dort, eine Tafel ist an der Mauer angebracht, aber das was es dann auch“, schreibt der Möckeraner Pfarrer. Fakt ist, dass auch eine Gedenktafel aus einer Privatinitiative eines Möckeraner hervorging. Dieser ließ sie im Jahr 2008 auf eigene Initiative und Rechnung an der Mauer anbringen. Der Satz, der hier zu lesen ist, stammt vom Möckeraner Schriftsteller Helmut Bürger: „Zerstörte Lebensläufe –Was wäre aus ihnen geworden? – Ruhestätte von 40 Möckeraner Einwohner“. Als Reaktion auf den Brief des Möckeraner Pfarrer ist nun geplant, sich mit dem Thema zu befassen. Es seien Gespräche geplant, in die neben dem Ortsbürgermeister Detlef Friedrich auch Kamilla Bühring, die Eigentümerin der ebenfalls an den Park angrenzenden „Alten Pfarre“ einbezogen werden solle, erklärt Stadtchefin Doreen Krüger auf Volksstimme-Nachfrage. „Ich gehe von aus, dass auch das Gespräch mit Pfarrer Vibrans gesucht wird“; so Doreen Krüger. Es soll etwas erarbeitet und dann vorgestellt werden. Danach werden wir sicherlich darüber reden, ob das Thema auch etwas für den Kulturausschuss ist, aber eigentlich ist es im Ortschaftsrat an der richtigen Stelle“. Eine neue Gedenktafel sei denkbar, ebenso dass die Parkvereinsmitglieder bei künftigen Führungen durch den Schlusspark über die tragischen Geschehnisse berichten. Nicht angedacht sei dagegen, die Stelle an der einst die Toten begraben wurden, mit einer Hecke oder einem Zaun einzufrieden, weil sonst eine Vermüllung befürchtet wird, so Krüger. Wie künftig die Grundschüler für das Thema sensibilisiert werden sollen, sei ein „Extra Thema“, so die Stadtchefin. In der Vergangenheit wurde die Wiese zwischen Mauer und der großen Blutbuche als Bolzplatz genutzt. Die Stadtchefin betont, dass es sich bei dem „Weihnachtssingen“ nicht um eine Veranstaltung der Stadt, sondern der Ortschaft gehandelt habe. Ein Mitglied des Ortschaftsrates habe ihr versichert, dass den Organisatoren die worden historisch bedeutsame Stelle bewusst und diese in einem Zehn-Meter-Radius extra nicht beleuchtet worden sei.
Der schwere Weg zur Erinnerung an ein Massengrab in Möckern
Die fast vergessenen Toten an der Mauer
In den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges kam es in Möckern zu Ereignissen, bei denen 42 Menschen auf tragische Weise ihr leben verloren. Mit einer Hinweistafel möchte unter anderem ein Nachkomme erinnern: An dieses traurige Kapitel der Stadtgeschichte- und an die Menschen, die nach ihrem Tode in einem Massengrab im Schlosspark beigesetzt wurden.
Von Stephan Zechendorf Möckern: Mai 1945. Es ist Kriegsende in Deutschland. Überall werden die Toten gezählt, die Gefallenen im Krieg, die Gestorbenen an Hunger, Schwäche, Gewalt – oder aus Angst. Wie in vielen anderen Orten Deutschlands findet auch im Beerdigungsregister der Evangelischen Kirchengemeinde Möckern eine Eintragung, die auf düstere Stunden der Stadt hinweist: „Im Jahre 1945 starben 50 Personen, die in der Not der Kampftage verzweifelt ihrem Leben ein Ende machten (---) Gott sei auch ihnen gnädig. Sie konnten nicht kirchlich beerdigt werden“.
Ein Massengrab im Park Beerdigt wurden sie stattdessen an der Mauer, die das heutige Pfarrhaus von Möckerns Stadtpark abgrenzt. Der damalige Oberinspektor i. R. vom Gut Möckern, Paul Wille, verfasst im Protokollbuch des Reitervereines einen Bericht. Darin beschreibt er die Geschehnisse der Tage vor dem Einmarsch der Roten Armee in Möckern: „Am Sonnabend, dem 5. Mai war der Feindeinmarsch der russischen Truppen in Möckern. In dem Walde hatten noch Kämpfe stattgefunden“, schreibt der damals 65-jährige später. Doch „die letzten deutschen Truppen mussten sich der Übermacht weichend ergeben“. Was dann folgt, hat Paul Wille mit dem Titel „Ein schwarzer Tag wie ihn Möckern noch nicht erlebt“ überschrieben: „Bald nach dem Einmarsch der Truppen schieden 42 Leute aus dem Leben und zwar aus purer Verzweiflung hatten diese guten Leute Selbstmord begangen. Es wurden davon 40 im Schlosspark zur letzten Ruhe gebettet. Die Nummer 1 hat bei dem Massengrab den Anfang gemacht und liegt am Nordende des Grabes, das heißt, nach der Schlossseite zu“. So schreibt es Paul Wille. Er muss es wissen, denn er selbst hat im Auftrag der sowjetischen Truppen die Toten eingesammelt. Weil keiner helfen möchte, sieht sich Paul Wille „wohl oder übel gezwungen, sich drei Leute zu greifen, die mit ihm gingen.“ Assistiert von „einem Halbblinden, einem Dummen und einem Stummen, dazu ein sehr lahmes Pferd der Verwaltung“ – wie er schreibt wurde das „Zusammenholen“ der aufgefundenen Toten angegangen. Die Leichen liegen in ihren Wohnhäusern oder werden erhängt auf ihren Höfen gefunden. ERs sind Männer, Frauen und zehn Kinder. Das jüngste ist gerade Mal ein Jahr alt.
„Nazipropaganda“ „Welch furchtbare Szenen mögen sich in diesen Familien zugetragen haben“, fragt auch der langjährige Chronist von Möckern, Erich Wilke Jahre später. „Da brachten Männer ihre Ehefrauen, Angehörigen, Kinder und sich selbst um“. In keiner anderen Gemeinde sollen sich damals so viele Menschen das Leben genommen haben, wie vor dem 8. Mai in Möckern notiert Erich Wilke in seiner Chronik. Der verwendete Begriff „Selbstmord“ ist dabei aber nur bedingt heranzuziehen. Laut den vorliegenden Unterlagen schieden aus dem Leben „durch Selbsterschießen (5 Personen), durch Erschießen der Ehefrauen, erwachsener Töchter und deren Kinder (19 Personen), durch erschießen Bekannter (1 Person), durch Erhängen (9 Personen), durch Erhängen von Kleinkindern (2 Personen), durch Gift (6 Personen)“. Der Chronist Erich Wilke zieht die „Nazipropaganda“ heran durch die „viele Menschen vor dem kommenden Einmarsch der sowjetischen Truppen in Angst und Schrecken versetzt worden seien: „In dieser Zeit gab es Menschen die nur im, Selbstmord den einzigen Ausweg sahen“. Im Gegensatz zu den „guten Leuten“ in den Aufzeichnungen des Oberinspektors Wille, nennt Chronist Wilke dabei auch „aktive Nazis“. Dieses Bild hat sich auch in den Köpfen vieler Möckeraner bis heute fortgesetzt. Erich Wilke spricht aber ebenso von Menschen, die „Selbstmord nur aus Angst verübten, ohne dass sie Schuld auf sich geladen hatten“
Täter oder Opfer? Ruhen im Schlosspark also Täter oder Opfer? Wohl auch in diesem Zweifel mag es liegen, dass sich die Stadt mit den Toten an der Stadtmauer schwer tut. Heute erinnert ein Stein und ein Ginko-Baum, nur Eingeweihte an die Tatsache, dass hier am 8. Mai 1945 insgesamt 40 Personen begraben worden sind. Bestrebungen, dem Geschehenen sichtbare Erinnerungen und den hier Beerdigten ein Angedenken zu schaffen, wurde nicht umgesetzt. Es gibt keinen schriftlichen Hinweis an dieser Stelle auf die damaligen Ereignisse. Stattdessen spielen hier die Kinder der nahegelegenen Grundschule Fußball. Einer, der daran etwas ändern möchte ist der Möckeraner Rolf Strobach. Bis vor einigen Jahren hat er selbst als Stadtrat Anfragen gestellt. Nun will er der Erinnerung nachhelfen Mit einer kleinen Hinweistafel. Eine, die an dem Stein oder der Mauer befestigt wird. Nicht ohne Grund. Ein Teil seiner Familie liegt ebenfalls hier. Seit 1945 haben sich betroffene Familien darum bemüht, das Massengrab in einen würdigen Zustand zu versetzen. Zeitweise bedeckte stattdessen Abfallberge die Stelle. Zu anderen Zeiten ist den Möckeranern die Grabstelle als „umfriedet und gepflegt“ in Erinnerung. Den inzwischen vorwenigen Jahren gesetzten Stein ohne Inschrift und dem Gingo- Baum nimmt aber kaum jemand wahr.
Kranz auf eigene Kosten „Da liegen Menschen“, sagt Rolf Strobach. Und die haben ein Recht auf eine würdige Begräbnisstätte, ist er überzeugt. Er möchte kein Politikum daraus machen, sagt er. Kurz vor den großen Gedenktagen, wenn anderorts Kränze niedergelegt werden, dann wird auch im Stadtrat von den Toten an der Mauer geredet. Danach ist alles wie immer. Einzig der Stegelitzer SPD- Stadtrat Heintz- Georg Hinse legt alljährlich auf eigene Kosten einen Kranz zum Angedenken an die dort Bestatteten an der Mauer nieder. Auch er ist an der Darstellung der geschichtlichen Ereignisse und an deren Kennzeichnung interessiert. Man soll sich an den Wahnsinn der Zeit erinnern, sagt Rolf Strobach. Und die Leute die da liegen nicht abstempeln. Aber er weiß, wie viele ungezählte Menschen gerade während und nach dem Krieg, ebenfalls irgendwo verscharrt wurden – ohne Grabkreuz oder Inschrift, entlang der großen Trecks oder auf den Schlachtfeldern der Welt. Aber bei dieser Mauer in Möckern ist es anders. Hier weiß man, dass dort Menschen liegen. Einige jedenfalls wissen es noch.
Hallo, na, da bin ich aber gespannt, zu was sich Möckern nun entscheidet. Mir ist auch nicht ganz klar, warum nicht die Grundschule oder andere in die Pflege der Grabstätte eingebunden werden. Selbst auf die Gefahr hin, dass unter den Begrabenen einige stadtbekannte Nazis sind. Durch eine begleitende Tafel könnte das bspw. erklärt werden. Vermüllung des Grabplatzes geht in meinen Augen gar nicht. Sicher, es ruhen noch viele Menschen, die durch die Wirren der letzten Kriegswochen/Kriegstage ums Leben kamen oder sich das Leben nahmen unerkannt irgendwo an Weges/Straßenrändern, Wäldern. Doch das kann doch nicht als Entschuldigung dienen, nichts oder ganz wenig in dieser Angelegenheit zu tun. Wenn ich die letzten Beiträge richtig gelesen habe, erhielt der Herr Wünsche, nachdem er sich ,,nur" blindgeschossen hatte, doch noch eine Gnadenspritze oder irre ich mich da? MfG Wirbelwind
Ja, meine Recherchen zum Kriegsende in Loburg, Möckern, Leitzkau und umliegende Gemeinden treffen auch auf sehr wenig Gegenliebe. Bezeichnend die verstockte Verschlossenheit. Dennoch ist es mir gelungen, Zeitzeugen zu finden und jede Menge Infos für das künftige Buch zum Thema.
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