Das von Spurensucher MD eingestellte Dokument (# 73) ist tatsächlich interessant. Leider scheint es dazu keine weiteren Nachweise oder Informationen zu geben. So bleiben zunächst nur Vermutungen.
Sehr wahrscheinlich ist, dass es sich bei der „Mitteldeutschen Widerstandsbewegung“ um eins der zahlreichen „Befreiungskomitees“ handelte, die nach französischem (de Gaulle) und italienischem Vorbild im gesamten Gebiet des vom Nazireich beherrschten Europas ab 1943 gebildet wurden. Diese fungierten in Deutschland meist nur in kleineren territorialen Gebieten unter verschiedenen Bezeichnungen, vielfach auch als „Antifa-Ausschüsse“. Diese Bezeichnung stammte ursprünglich aus Italien und stand nicht im Zusammenhang mit einer kommunistischen Opposition. Auch in Nazi-Deutschland waren diese „Antifa-Ausschüsse“, wenn nicht grundsätzlich, so doch in der Regel, nicht von Kommunisten geleitet. Sie stellten einen sehr unterschiedlichen Zusammenschluss von Anti-Hitlerkräften dar.
Nach der Auflösung der Komintern und Stalins Erklärung über das weltgeschichtliche Hauptziel – die Vernichtung des Hitlerfaschismus – im November 1943 sollte weltweiter Widerstand unabhängig von Weltanschauungen, Religionen, Staatsangehörigkeiten, Klassenzugehörigkeiten usw. organisiert und geleistet und der Hitlerismus vernichtet werden. Kommunistische Führung oder Dominanz in den Befreiungskomitees war ausdrücklich nicht erwünscht. Ebenso sollte auf Klassenkampf und Revolution verzichtet werden, der Sturz des kapitalistischen Systems war keine Option.
Wilhelm Florin referierte auf der Moskauer KPD-Konferenz am 20.6.1944 über „die gegenwärtige Lage in Deutschland und die sich daraus ergebenden Aufgaben“. Der Kampf gegen Hitler war demnach „Volkskampf der in der nationalen Einheitsfront verbundenen Volksmassen aus allen Schichten des Volkes für die Demokratie“. Die nationale Einheitsfront sollte durch Volksausschüsse unterstützt werden, die in Stadt und Land Vertreter aller Bevölkerungsschichten vereinen und zusätzlich von Wehrmachtsgruppen, Betriebskampfausschüssen, illegalen Parteigruppen und Organisationen Unterstützung erfahren sollten. Florin übertrug den Volksausschüssen die Aufgabe, „den zerbrechenden faschistischen Staatsapparat zunächst“ zu ersetzen, die Provisorische Regierung zu unterstützen sowie die Exekutivgewalt, um dringendste Probleme zu lösen. Damit galten diese Volksausschüsse als die geeigneten Körperschaften, dem erwarteten Chaos bei Kriegsende zu begegnen.
Erfolgreich waren solche Gruppen (in Deutschland) z.B. im erzgebirgischen Niemandsland, wo bis weit in den Juni 1945 weder amerikanische noch sowjetische Besatzungstruppen präsent waren (Schwarzenberg, Stollberg) oder in Oberstdorf (am 1. Mai 1945), aber auch in Tirol (Innsbruck am 3. Mai, Bozen). Dort waren die Befreiungskomitees etwas anders organisiert, italienischer Einfluss machte sich bemerkbar.
In München, wo das Befreiungskomitee unter dem Namen „Freiheits-Aktion-Bayern“ aktiv war, wurde die am 27. April 1945 begonnene Aktion nach 12 Stunden blutig beendet und das von der Aburteilung der „Feiglinge und Verräter“ von der Brücke in Remagen kommende „Fliegende Standgericht“ setzte seine „Rechtsprechung“ in München fort. Vorsitzender dieses Standgerichts war der am 9.3.1945 mit dem Ritterkreuz ausgezeichnete Kommandeur des Grenadier-Regiments 529, Generalleutnant Dr. Rudolph Hübner.
In der später sowjetisch besetzten Zone stützte sich die Siegermacht auf Kräfte, die vorher im Untergrund Widerstand leisteten, das zeigen auch die Namen von Bürgermeistern und Mitgliedern der neuen Landesregierungen. Kommunisten waren es zunächst nicht in der Überzahl. Da die „Befreiungskomitees“ streng konspirativ arbeiteten (ist in dem Dokument vom 27.3.45 an der Art der Nachrichtenübermittlung recht gut zu erkennen), gab es leider auch keine Zeitzeugen mit einem entsprechenden Überblick über das Gesamtsystem und dazu kam die veränderte Situation der politischen Wertung durch die SED. Ein junger Leipziger Historiker (Werner Plesse) hatte als erster Historiker nach dem Krieg das Thema „Befreiungskomitees“ aufgegriffen und Teile seiner Examensarbeit 1954 in der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (ZfG) veröffentlicht. Das gab ein großes politisches Donnerwetter nicht nur für den Autor, sondern auch seinen Professor, den Dekan der geschichtswissenschaftlichen Fakultät der Leipziger Universität und für den Redakteur der ZfG. In der DDR hatte man für den Widerstand gegen Hitler & Co. ausschließlich kommunistische Arbeiterführer und die KPD zuständig gemacht. Christen, Sozialisten, Liberale, Bürgerliche etc. durften da außer in Nebenrollen nicht vorkommen. Das hatte Werner Plesse nicht berücksichtigt.
Das kann man letzten Endes auch durch den Fundort des Dokumentes und den in diesem Zusammenhang erwähnten Kontakt zur West-SPD als betätigt ansehen.
OK, neue Sichtweise zum Dokument MDs. Ich glaube das es keinesfalls beim Eintreffen der Amerikaner zu einer entsprechenden Aktion kam. Das Ansinnen Teile der in MD anwesende Wehrmacht und Polizei einzubeziehen erscheint mir nicht nur blauäugig sondern geradezu naiv. Zumindest war es ein verwegener Versuch.....
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Da gehe ich voll mit. Eine Aktion oder erste Ansätze dazu hat es garantiert nicht gegeben - die Regierenden hätten sofort mit drastischen Maßnahmen regiert (Fliegendes Standgericht) und das auch zur Abschreckung ausreichend öffentlich gemacht. Komiteemitglieder hätten sich andererseits nach der Niederlage "geoutet", um dem behaupteten Widerstandsunwillen der Deutschen ein gewisses Gegengewicht zu verschaffen. Der geplante Versuch war allerdings recht naiv, wenn man mit Revolvern und weißen Armbinden an Sammelplätze gehen will (dazu noch jeder dahin, wohin es ihm gerade gut dünkte) - wozu eigentlich? Um sich einfangen zu lassen? Um ein lohnendes Ziel für eingesetzte Regierungskräfte abzugeben? Um sich weit genug von den Zentren des Geschehens abzusetzen? Um die wenigen Kräfte die man hatte zu zersplittern? Eigentlich hätte man zum Rathaus, zum Braunen Haus, zum Polizeipräsidium, zu den Kasernen usf. gehen müssen, um alle Träger der alten Gewalt abzusetzen und in Gewahrsam zu nehmen. So war der Versuch weniger verwegen als hilflos oder gar leichtsinnig.
Mit den genannten Gebäuden meine ich natürlich diejenigen, in denen die staatlichen (polizeilichen, militärischen) Funktionen ausgeübt worden sind, nachdem die ursprünglich dafür gebauten nur noch als Ruinen vor sich hin rauchten.
So etwas ähnliches schwante mir schon, was Hugo und Magado zum geplanten Widerstand in MD mitteilten. Es war jedenfalls unter den gegebenen Bedingungen nicht mehr als ein Wunsch, um es mal vorsichtig auszudrücken. Das Beispiel München hat es gezeigt, in welchem Fiasko solche Aktionen enden können. Es ist anders gekommen.
So es hat eine Weile gedauert aber nun haben wir Infos zu meinem Art. 73: Dieses Flugblatt hat die Stasi 1962 bei einem alten SPD- Mann gefunden. Nach der Abschaffung der SPD in der DDR unterstellte man ihm u.a. unerlaubte Kontaktaufnahme zu seinen alten Genossen im Westen aber auch in der DDR. Das Flugblatt ist also ein Indiz dafür das es tatsächlich eine Mitteldeutsche Widerstandsgruppe gegeben haben muß, die sich aus den Reihen der ehemaligen SPD bildete. Spannend wäre jetzt zu erfahren ob diese Gruppe wirklich zum Einsatz kam.
Ich habe die gesamte Literatur zur MD Arbeiterbewegung und des Bez. MD sowie der ganzen Widerstandsbewegung, einschließlich der alten SPD (wiss. Pubikation von 2001) durchforstet. Nirgendwo auch nur ger kleinste Hinweis zu einer "Mitteldeutschen Widerstandsbewegung" 1944/45. Auch meine Nachfrage bei meinem Forschungsfreund in Niedersachsen ergab "0". Würden Kommunisten und Sozialdemokraten im Untergrund in MD im März1945 ihre Tarnung aufs Spiel setzen und so leichtsinnig Aufrufe und konkrete Anweisungen fast offen sarten? MD war bereits voll von Wehrmacht, SS und Greifkommanndos. Auch das Standgericht existierte.
Mein Fazit: Es sind Flugblätter um die NAZIS in MD zu beunruhigen. Sie sollten ihnen in die Hände fallen. Es kann auch sein. das Alliirte Flieger diese abgeworfen haben.
Ein alter SPD-Mann, Rudolf Wehrstedt hatte die noch. Die Stasi entdeckte sie bei ihm und dann wurde ein Geständnis erpresst um den Mann 1962 für 12 Jahre wegzusperren. Angeblich hatte er Kontakte zur West-SPD.
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Na ja Helmut ich halte die Anweisungen schon für authentisch. Die gezeigten Schriftstücke sind Abschriften vom Original. Wie das Original aussieht wissen wir nicht. Es werden keine Flugblätter gewesen sein wohl eher etwas in Richtung Kassiber. Ich gehe davon aus das es solch eine Organisation gegeben hat. Wie die aussah, wie stark die war....keine Ahnung. Aber ich nehme an das diese Gruppe nicht aktiv wurde, warum auch immer!! Vielleicht sind es am Schluß "nur" solche Aktionen wie weiße Fahnen an Kirchtürmen oder Parlamentäre die den Amerikanern entgegen gehen. Wer weiß.
Hier noch eine Seite aus der Broschüre die meine Quelle war: Bild entfernt (keine Rechte)
Quelle: Sascha Möbius "Grundsätzlich kann von jedem Beschuldigten ein Geständnis erlangt werden" Die Untersuchungshaftanstalt Magdeburg Neustadt 1957-1970 von 1999
#115 ich muß leider hier Helmut zustimmen. wenn man sich die Dok. von Spurensucher MD veröffentlicht wurden im Forum durchliest und ich die Aufzeichnungen welche ich für Helmut (handschriftlich von einem gewissen C. welcher als ehemaliger Kriegsgefangener für den britischen G. eingesetzt wurde) und wie ich heute telefonisch von Helmut darüber informiert wurde was der britische G. eigentlich beabsichtigen versuchte. Es sind von mir schon Zweifel an der Leistung von Widerstand von Seiten SPD, KPD oder anderer Kräfte welche gegen die Nazis gewesen sind, aufgefallen beim beim lesen der ersten drei handschriftlich verfassten Seiten des Agenten C. (deutscher Kriegsgefangener. Mehr möchte ich nicht preisgeben um mich nicht mit fremden Ruhm zu schmücken, wie man das so sagt. Nur eins soll noch gesagt werden, der Widerstand wenn er erfolgt wäre, wäre in der Endphase des Krieges blutig ausgegangen zu Ungunsten der Widerständler.
Es bleibt unklar, ob es diese "Mitteldeutschen Widerstandsbewegung" überhaupt in praxi tatsächlich gab. Nirgends finden sich weitere Hinweise... Widerständler im Untergrund aber sicher, wie die Aussage zu den Stasiverhören belegt! Aber die mussten doch in der Endphase in MD die Füße still halten.... Man musste doch auch damit rechnen dass jemand aus der Bewegung auffliegt und dann lägen die Inhalte der Anweisungen für die Gestapo offen. Solche Schriftstücke widersprechen einfach der Tarnung von Mitgliedern. Es währe grenzenloser Leichtsinn. Deshalb neige ich weiterhin dazu, es sind Blätter die bewusst so verbreitet wurden, dass sie den NS-Behörden in die Hände fallen sollten, um im letzten Akt des NS Unruhe zu stiften. Dafür gibt es einen ganz anderen Fall der genau das beinhaltet. Dazu säter mehr. Mehr hätten Aktivisten in einer solchen Org. ja auch nicht erreichen können. Das die Stasi dann viele Jahre später diese Blätter benutzt um Geständnisse zu erpressen (Ost-West-Konflkt) ist eine ganz andere Sache.
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Hier ist ein Beispiel wie die Briten opperierten. Der Fall hat auch etwas mit Magdeburg zu tun, denn einer der Deutschen war der Agend Erich Klau. Dazu zu gegebener Zeit mehr. Die Recherchen sind noch nicht ganz abgeschlossen. Bild entfernt (keine Rechte)
Hier allerdings wurden die eingesetzten Agenten, ohne es zu wissen, geopfert.... Erich Klau sollte in MD eine Sabotagegruppe einrichten. Das allerdings kam nicht zustande, weil er den Personenkreis den er dafür ausgewählt hatte (Freunde in MD) nicht mehr in der zerstörten Stadt vorfand. So setzte er sich über Halle nach Nürnberg im Februar ab. Unterwegs verbreitete er geschickt, ohne aufzufliegen, Antihitler-Propaganda verbal. Klau war die Operation "Carham" innerhalb der Operation "Periwig" .
Hier sehe ich Parallelen zum Fall des Aufrufs der Widerstandsbewegung, allerdings unabhängig von einander im nahezu gleichem Zeitraum.
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