In dem Buch "Bewegtes Leben" von Hajo Herrmann (erfolgreicher deutscher Kampf- und Jagdflieger) wird vom Aufbau des Nachtjagdsystems der "Wilden Sau" berichtet. Vielleicht hat das schon mal jemand gehört. In diesem Buch wird ein Navigationssystem mittels Leuchtgranaten berichtet, die von der Ortsansässigen Flak verschossen wurde. Dieses System war anfangs sehr erfolgreich, aber wurde dann wieder eingestellt, da ein hoher Kommunikationsaufwand betrieben werden musste, war es sehr unbeliebt - hier dazu Details: http://de.wikipedia.org/wiki/Wilde-Sau-Nachtjagdverfahren
Interessant sind die Passagen, die in Magdeburg angwendet wurde.
Auszug: "...Die Beweglichkeit, die das Verfahren "Wilde Sau" kennzeichnete, fordert ein weiträumig ausgebautes, zunächst rein optische Navigationssystem, das sich über das ganze Reich erstrecken sollte. Nur mit einer solchen Hilfe konnten ganze Verbände in Marsch gesetzt, aufs Ziel gelenkt und schließlich auf Landehäfen zurückgebracht werden. ...beim einer Sitzung mit Feldmarschall Milch trug der aus besonderem Anlaß geladene Generaladmiral Witzell über die artilleristischen Erfahrungen der Marineflak vor. Diese schoß nämlich Leuchtgranaten über hohe dünne Wolken, die darunter fliegenden Flugzeuge wie gegen eine Mattscheibe sichtbar machten. Einige hundert wurden mir zur Verfügung gestelt. Diese ließ ich an verschiedene Orte fahren. Eine der dortigen Flakbatterien musste, während der Nachteinsatz lief, in regelmäßigen Abständen ihre Granate oder eine Zweier oder Dreiergruppe in 7000 bis 8000m Höhe schießen. Von Bonn aus konnte man sie über Kassel und Münster sehen, von dort über Leipzig und Magdeburg und so fort. ... ...Noch bleib alles ruhig. Im Norden blitzten zwei Flakabschüsse. Sekunden später glühten in großer Höhe zwei Leuchtgranaten auf, übereinaderstehend, erloschen nach etwa 10 Sekunden. Das war die Kennung von Bremen, Blinkzeichen eines riesigen Zauberturms, der seine Unterbau verbarg. Eine Minute später standen zwei Leuchtgranaten nebeneinander, gerade voraus in der Ferne. Das war Braunschweig. Ich lag ziemlich genau auf Kurs. Rechts rückwärts: drei Leuchtgranaten übereinander. Das war Kassel, ein Richtpunkt für die von Süden anmarschierenden Nachtjäger. Etwa geradeaus, in weiter Ferne, eine einzelne Leuchtgranate: Magdeburg."
mal bei den Experten angefragt, wie unterschieden sich ,,Himmelbett" und ,,Wilde Sau" voneinander, wobei ja wohl ,,Wilde Sau" nach ,,Himmelbett" kam. Denke bei beiden Verfahren musste es eine gut ausgebaute Kommunikation geben, da ja die Jäger faktisch an die feindlichen Bomber herangeführt wurden.
mal bei den Experten angefragt, wie unterschieden sich ,,Himmelbett" und ,,Wilde Sau" voneinander, wobei ja wohl ,,Wilde Sau" nach ,,Himmelbett" kam. Denke bei beiden Verfahren musste es eine gut ausgebaute Kommunikation geben, da ja die Jäger faktisch an die feindlichen Bomber herangeführt wurden.
MfG Rüdiger
Himmelbett und Wilde Sau unterscheiden sich etwas in den technischen Möglichkeiten der Ortung, aber besonders in der Art der Heranführung der Nachtjäger. Himmelbett arbeitete mit bis zu zwei lokalen fliegenden "Fühlungshalten" (dezentrale, ungeführte Methode) pro Bodenortungseinheit, während Wilde und Zahme Sau Methoden der großflächig "geführten" (von einem zentralen Gefechtstand) Nachtjagd waren, wobei alle verfgbaren Möglichkeiten der Aktualierung der Feindlage genutzt werden konnten. Natürlich unterschieden sich darin auch die Art und Komplexitität der Kommunikation.
Wilde und Zahme Sau sind sehr bald von einer optischen Navigation (Leuchtgranaten, -signale) zur Funknaviagtion und Funkführung (Y-Leitstrahlen, FuG 16 ZY) übergegangen. Leitstrahlen wurden auch schon bei Himmelbett eingestzt, aber halt nicht generell. Leuchtsignale blieben weiterhin im Einsatz (z.B. bei Funkstörung oder wenn Signale ohne Funk übermittelt werden mussten).
Zu den Zitaten aus "Hajo Hermann, Bewegtes Leben": Das System der Leuchtgranatenzeichen wurde speziell für die Einmotnachtjäger entwickelt, da sie über keine Kenntnisse der Blindflugnavigation verfügten und auch keine Geräte zur Blindflugnavigation in den relativ kleinen Maschinen mitführen konnten. Genau darum waren die meisten Nachjäger auch mit mehrmotorigen Mustern (Do17, Do215, Bf110, Ju88, He219 etc.) augerüstet.
Grob sah die Entwicklung der deutschen Nachtjagd so aus: •bis 1942 Helle Nachtjagd (HENAJA) und Dunkle Nachtjagd (DUNAJA) mit der lokalen (Großräume Ruhr und Bremen) Sondervariante Kombinierte Nachtjagd (KONAJA). Bis Ende 1942 war die Bodenorganisation für Ortung auf ein "Riegelsytem" (sog. Kammhuberlinie) beschränkt. Eine (zentralisierte) Jäger(-heran-)führung gab es überhaupt nicht. •1943 wurde das starre Riegelsystem verworfen und zu einem flächendeckenden Ortungssystem ausgebaut. Nach erfolgreicher Einführung des "Seeburg Tisch" zur Projektion der Lage wurde daraus Himmelbett. Der Aufbau einer zenralisierten Jägerfürung wurde begonnen. Erfolgreiche Feindbekämpfung wurde erst ab hier regelmäßig möglich. Einer der gößten Siege der geleiteten Jägerheranführung wurde bei dem amerikanischen Doppelangriff auf Schweinfurt und Regensburg erzielt. •1944 kamen Wilde Sau (später umbenannt zu Objektnachtjagd) und Zahme Sau (später umbenannt zu Verfolgungsnachtjagd) dazu. Himmelbett blieb bestehen, wurde aber in Gebietsnachtjagd umbenannt. Dazu wurde auch die Nachtjagdführung weiter gestrafft.
Daneben gab es seit 1941 die Sonderform der Fernnachtjagd, die vor allem über England gefogen wurde.
Generell, wurde eine funktionierende Ortungs- und Heranführungsmethode nicht einfach durch eine neue, andere ersetzt. Vielmehr wurden ein bisherges in anderes umgewandelt oder aber durch eine neueres ergänzt. Selbst alte Technologie (Scheinwerfer, Horchgeräte) und Methoden (optische Flugwachen und -melder, fliegende Fühlungshalter) blieben bis zum Schluß in Betrieb.
Recht vielen Dank erst einmal ChrisMAg2 für Deine Erläuterungen zu den einzelnen Verfahren der Heranführung der Jäger an die Bomberströme. Die erheblichen Verluste der Allierten entstanden in Schweinfurt beim Angriff auf die Kugellagerfabrik. Kugellager wurden bekanntlich überall in der Kriegswirtschaft gebraucht, stellte also einen neuralgischen Punkt dar, den die amerikanischen Flieger auszuschalten gedachten. Leider hatten sie nicht mit der starken Abwehr gerechnet. Sie holten sich jedenfalls eine blutige Nase.Wenn ich mich recht erinnere, erwog das Bomber Command, von solchen geballten Angriffen zukünftig abzusehen, denn die Verluste waren immens im Verhältnis zu den eingesetzten Maschinen. MfG Rüdiger
Hallo zusammen, offensichtlich bin ich spät dran. Im Grundsatz befinde ich mich nicht im Gegensatz zu den Erklärungen von Christian, wir sollten aber aufpassen, dass wir nicht "Äpfel und Birnen" zusammen hauen. Die "Operation Double Strike" der VIII. USAAF gegen Schweinfurt und Regensburg war eine Operation die am Tage stattfand, hat also mit Himmelbett usw. nichts zu tun. Wer mehr zum Thema lesen möchte sollte sich das Buch von Helmut Bukowski " Radarkrieg und Nachtluftverteidigung über Berlin 1939 -1945" beschaffen. Die o.g. Jagdverfahren und vieles andere mehr sind dort sehr anschaulich erklärt. Grüße aus Berlin vom Flieger.
Ein guter Falk, ein treuer Hund, ein edles Pferd sind mehr als tausend Taler wert !
Die Ortung über "Himmelbett" und eine geleitete Jägerheranführung funktionieren auch bei Tag. Daß der Angriff am Tage stattfand, bedeutet nicht, daß Methode und Technologie nicht auch eingesetzt wurden. Es ist somit kein Widerspruch, sondern sollte nur als Beispiel guten Zusammenwirkens aller beteiligten Waffengattungen (Ortung. Jägerführung, FlaK etc.) dienen.