Da Deutschland auf Grund des Versailles Diktates nur 100.000 Mann Reichswehr haben durfte, war daneben noch die Aufstellung von Polizeitruppen vorgesehen. Als die Artillerie nach Halberstadt verlegt wurde, wurde Burg als Polizeistandort vorgesehen. Anfang November 1920 kam von Ohrdruf i./Thüringen, eine dort zusammengestellte Polizeitruppe in Stärke von 4 bis 6 Hundertschaften nach Burg. Untergebracht wurde diese Truppe in die nun leer gewordene Artillerie-Kaserne (heutige Clausewitz-Kaserne).
2.) Polizeischule der Provinz Sachsen in Burg
Aus dieser Truppe wurden nun zum 1. April 1921 eine Polizeischule zur Ausbildung des Nachwuchses gebildet. Es war gewissermaßen der Ersatztruppenteil für die in den größeren Städten befindlichen Polizeitruppen. Die älteren Mannschaften wurden allmählich in die Großstadt versetz und dafür sog. Polizeianwärter eingestellt. Die Stärke wechselte zwischen 6 bis 8 Hundertschaften, auch Inspektionen genannt. Die Höchstbelegung betrug 718 Mann. Die Anforderungen an Körper und Geist der Anwärter waren sehr hoch, es wurde nur bestes Menschenmaterial eingestellt. Bei den häufig stattfindenden Prüfungen wurde stark gesiebt. Wer den Anforderungen nicht genügte, wurde entlassen. Ein Lehrgang wurde in einem Jahr abgewickelt, mit Ausbildung und Ordnungsdienst, Felddienst, Schießen und viel Unterricht. Auch der Sport wurde sehr gepflegt. Die Uniform war anfangs grün, ähnlich der Uniformfarbe der Jägerbataillone 1914. Auf Einspruch der Sieger von Versailles wurde dieselbe in blau (mit blaugrauer Schattierung) umgewandelt. Der Waffenrock mit weißen Knöpfen, blauem Klappkragen mit grünem Spiegel, hatte grüne Paspeln, ca. 15cm breite Ärmelaufschläge mit grünen Abschlusspaspel, zwei Tailienknöpfe, Achselstücke von geflochtener grüner Wollschnur (je nach Rang mit Silber durchzogen, Schwarze Tuchhose mit grüner Biese. Schnürschuhe schwarz mit hohen schwarzen Ledergamaschen. Schwarzes Koppel mit Schulterriemen, kurzes Seitengewehr, Pistolentaschen, Rucksack, Brotbeutel und Feldflasche, Schwarzen Ledertschako mit achteckigem Polizeistern als Hoheitsabzeichen. Blaue Schirmmütze mit grünem Rand. Außer Dienst durfte Zivil getragen werden. An Waffen waren vorhanden: Jeder Mann 1 Pistole Jeder dritte Mann 1 Karabiner Je 20 Mann 1 Maschinenpistole Je 1.000 Mann 1 schweres Maschinengewehr
Versailles Diktat!“
Als besondere Einsätze sind zu verzeichnen: 1923 Deutscher Tag in Halle (1 Toter und mehrere Verletzte) 1923 Landarbeiterstreik im Kreis Jerichow II, in Genthin kein Verluste. 1930? Brandbekämpfung in der Letzlinger Heide. 1933 Gegen die Röhm-Revolte. Beschlagnahme von Waffen in den Kreisen Jerichow I und II und in der Altmark. Die Polizeischule erbaute einen neuen Schießstand im Walde bei der Roten Mühle, jenseits der Bahn. Ferner ist zu erwähnen ein früher stattgefundenes großes Schwimmfest im Kanal mit bis zu 3.000 Zuschauern und leider verregnetes Sangesfest mir 1.500 Zuhörern in der Kaserne.
3.) Die Landespolizei
Am 1.4.1934 erhielt die Schule den Namen „Landespolizeischule“ und trat in gewisse Beziehung zur Wehrmacht, deren Wiederaufbau in diesen Jahren vorbereitet wurde. Es wurde eine Hakenkreuzfahne beschafft und gefärbt. Auch ein Spielmannszug und eine Kapelle wurden gegründet. Die jetzt eingeführte Uniform war wieder wie im Jahre 1920 feldgrün, ähnlich der der Jägerbataillone 191? Die bisherigen Abzeichen wurden beibehalten. Aber die Ausbildung änderte sich jetzt unter allmählicher Angleichung an die militärische Ausbildung. Auch mehr und neue, andere Waffen kamen hinzu. Minenwerfer usw. Die älteren Jahrgänge der Schule wurden an die Polizeistandorte abgegebn. Die jüngern Leute gingen zur, bis jetzt noch geheim gehaltenen Luftwaffe und in das später den Namen „General Göring“ tragende Regiment; auch an viele andere Neuformationen wurden Leute abgegeben. Nach der am 1. März 1935 verkündeten Wiedererrichtung der deutschen Wehrmacht wurden aus dem Rest des Mannschaftsbestandes 4 Hundertschaften gebildet, die dann als 4 Kompagnien in die neue Wehrmacht übernommen wurden. Eine Kompagnie fing nach Zerbst, eine nach Dessau, beide zum neu errichteten Inf. Rgt. 33 und die beiden restlichen bildeten mit 2 Reichswehrkompagnien das II. Bataillon des neuerstehenden Inf. Rgt. 66 hier in Burg. Die Formierung trat am 15. Oktober unter gleichzeitiger Einkleidung in Feldgrau ins Leben.
Kommandeure: 1920 Major der Schutzpolizei W i n k e l ma n n 1921 Oberst der Schutzpolizei H a r d t 1928 Oberst der Schutzpolizei S c h o l z 1928 Oberst der Schutzpolizei N e e s e 1932 Oberstleutnant der Schutzpolizei E g g e r t 1933 Major der Schutzpolizei W e i s s e n b u r g
Alle Angaben erfragt von ehemaligen Angehörigen der Polizeischule z. B. jetzigen Leutnant der hiesigen Ordnungspolizei Dennewitz. Die Akten der Polizeischule liegen in Magdeburg beim Regierungspräsidenten.
Freiwilliger Arbeitsdienst 1932 - 1936
Reichsarbeitsdienst 2/130
Vom Verein für Umschulung“ wird im September 1932 hier eine Abteilung des Freiwilligen Arbeitsdienstes gegründet. Eine anspruchslose Mannschaft hatte sich zusammengefunden, war bereit Entbehrungen und Mühen auf sich zu nehmen, um den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit und gegen die Zersplitterung des Volkes zu führen. Mangelhafte Bekleidung und schlechte Schuhe, im Winter nur Drellzeug, setzten den jungen Leuten sehr zu. Untergebracht war die Abteilung in den alten Wagenhäusern an der Niegripper Chaussee. Am 25.3.1933, also nach der Machtübernahme, beschließt die Stadt Träger des Unternehmens zu werden. Es sollen RM 15.000.- dafür bereitgestellt werden. Vorgesehen sind: Wegearbeiten, Befestigung der Landstraße, des Pietzpuhlerweges, der Marientränke, des Hauptweges Überfunder, Anlage von Forstkulturen, Wiesenarbeiten usw. Lagerführer war Ernst B l e i. Am 1.10.1934 wurde durch Erlaß des Führers die Abteilung dem Reichsarbeitsdinst angegliedert und hieß jetzt „2/130“. Jetzt war die Uniform: lehmbrauner Anzug mit dunkelbraunem Kragen, braunes Hemd, schwarzer Binder, Hakenkreuzarmbinde, braune Schimütze. Arbeiten wurden jetzt geleistet bzw. vorbereitet: Arbeiten im Molkenbruch, auf den Gütterschen Wiesen, Segelflugplatz Gerwisch, Deicharbeiten in Niegripp, Wiesenplanierung in Blomenthal, Erntehilfe bei Bauern, Straßenarbeit Wiesenstraße und Scharnhorststraße. Jetzt wurde auch eine Kapelle und ein Spielmannszug gegründet. Nach der Errichtung der neuen Wehrmacht, 1935/36, wurde die Abteilung von hier nach Genthin verlegt. Wenn auch Burg in den Jahren 1920 bis 1935 keine Garnison war, so ist es doch wissenswert, wieweit unsere Gegend damals mit Militär belegt war. Von den 7 Infanterie- und 3 Kavalerie-Divisionen, woraus unser 100.000 Mann-Heer bestand, lag die 4. Inf. Div. in unserem Raume Provinz und Freistaat (ehemals Königteich) Sachsen. Auf der nächsten Seite gebe ich eine Übersicht davon.
R e i c h s w e h r 1 9 3 5
1. Infanterie – Division Divisionsstab in D r e s d e n
10. Inf. Regiment 4. Artl. Regiment Stab Dresden Stab Dresden I. Batl. Dresden I. Abtlg Halberstadt II. „ Bautzen II. „ Bautzen III. „ Dresden III. „ Dresden 13. Min. Werfer Dresden 10. Batr. Dresden Ausb. Batl. Löbau (Ausbildung)
11. Inf. Regiment 4. Pionier- Bataillon Stab Leipzig in Magdeburg I. Batl. Freiberg II. „ Leipzig 4. Nachrichten- Abtlg. III. „ Leipzig in Dresden 13. Min. Werfer Leipzig Ausbildungs Batl. Döbeln 4. Kraftfahr- Abtlg. Stab Dresden 12. Inf. Regiment 1. Komp. Dresden Stab Halberstadt 2. „ Magdeburg I. Batl. 1., 4. Dessau 3. „ Leipzig 2., 3. Zerbst II. „ Quedlinburg 4. Fahr.-Abtlg. III. „ Magdeburg Stab Berlin 13. Min. Werfer Magdeburg 1. Komp. Dresden Ausb. Batl. Halberstadt 2. „ Dresden 3. „ Magdeburg 4. Sanitäts-Abtlg. 4. „ Landsberg/L Dresden
Abschrift aus dem Adressbuch von Burg vom Jahre 1920 (unwesentliche Teile sind fortgelassen)
Garnisonkommando Burg Garnisonältester: Major Jebens Diensträume: Artilleriekaserne
I. Abteilung Leichtes Artillerie-Rgiment 4. bestehend aus: Stab, 1. 2. 3. Batterie und Leichte Munitionskolonne. Alle untergebracht in der Artilleriekaserne (wöchentlich so). Abteilungskommandeur: Major Jebsen Major beim Stabe: „ Güntzel Adjutant: Oltn. Meyding Ord-Offizier: “ Brandt Oberstabsveterinär: Heinze Oberveterinär: Schimmelpfennig Stabsarzt: Gunderloch Zahlmeister: Simon Hauptmann Buttmann
1. Batterie (fehlt) (Lt. Häuserverzeichnis ist in der Kaserne nur die 2. Batterie Hauptmann Moser 2. u. 3. Batterie und LMK) 3. Batterie „ Pfeffer LMK. „ Meyer
Abwicklungsstelle des Altmärk. Feld-Artillerie-Rgt. 40 Führer Hauptmann Tölke „ Groneweg, Leutnant Wentscher, Leutnant Scheele. Oberzahlmeister Denecke Unterzahlmeister Sauer Geschäftszimmer in der Kaserne
Abwicklungsstelle des Leichten Artillerie-Regiments 25 (gehört nicht zur Demobilmachung vom Feld-Art. Rgt. 40) Leiter Leutnant Finze (lt. Häuserverzeichnis nur die II. Abteilung) H’ Zahlmeister Hasselbeck Zahlmeister-Stellvertreter Brandes Geschäftszimmer in der Kaserne
Abwicklungsstelle des Nebenartilleriedepots in Burg Vorstand Zeug-Oberleutnant Habich Feuerwerk- Leutnant Rother Geschäftszimmer im Gerätedepot Niegripper Chaussee Dienststelle a) „ „ „ b) Munitionsdepot bei der Roten Mühle
Garnisonlazarett Burg Chefarzt Dr. Katerbau Verwaltung Lazarett-Inspektor Boes Lazarett Grabower Chaussee 12.
Ende
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Nach der Rückkehr des aktiven Feldartillerie Regiments No 40 und seiner Kolonne begann, nachdem sofort die aktiven Soldaten entlassen waren, die Abrüstung. Neben dem Regiment selbst waren es nach der Regimentsgeschichte von Glaser – Gerhard folgende Formationen: Leichte Munitionskolonnen No 1244 der I. Abteilung Leichte Munitionskolonnen No 1301 der II. Abteilung Leichte Munitionskolonnen No 1298 der III. Abteilung
Die Leichten Munitionskolonnen waren während der Stellungskämpfe in Frankreich bodenständig geworden, während die einzelnen Abteilungen selbst oft ihre Kampfeinsatzorte wechselten. Zu dieser Zeit führten die Kolonnen eigene Nummern. Weiter wurden hier demobil gemacht: Artillerie Kommandeur 48 und Feldartillerie Regiment No. 233 mit den Leichten Munitionskolonnen No. 1068 der I. Abteilung, No. 1069 der II. Abteilung No. 1070 der III. Abteilung
Dieses Feldartillerie Regiment No. 233 war am 1.4.1915 in Frankreich neu aufgestellt und gehörte der 117. Infanterie-Division an. Die Regimentsgeschichte dieses Regiments nennt leider nicht die Stammtruppenteile, sondern macht nur folgende Angaben: 1. Batterie bestand aus Norddeutschen 2. Batterie bestand aus Westfalen 3. Batterie bestand aus Hessen 4. Batterie kam aus dem Res. F.A.R. 31 und der Garde 5. Batterie bestand aus Elsässern und Westpreußen 6. Batterie bestand aus Oberschlesiern. Stäbe und Kolonnen aus Schlesiern.
Aus unserem 40. Regiment kam kein teil zur Gründung des Regiments, aber vom ersten Ersatz an, den das neue Regiment erhielt, waren es immer 40er Artilleristen aus Burg, sodaß man das Regiment, noch dazu es auch hier abrüstete, als eine Burger Truppe bezeichnen kann. Eingesetzt war das Regiment bis zum August 1916 im Westen, dann bis September 1917 in Rumänien, dann bis März 1918 in Italien und dann zum Schluß wieder im Westen. Nach dem Waffenstill-
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stand kam das Regiment sofort als Grenzschutz nach Oberschlesien und kam dann im Winter 1919 nach Burg zur Auflösung.
(Quelle: „Regimentsgeschichte des Feldartillerie Regiments No. 233“ von Adler, Oebisfelde 1935)
Außerdem wurden hier demobilisiert: Leichte Munitionskolonne 788 der I. Abteilung Res. F. A. R. 49 Leichte Munitionskolonne 792 der II. Abteilung Res. F. A. R. 49 Leichte Munitionskolonne 1318 der III. Abteilung Res. F. A. R. 49 Dieses Regiment war 1914 in Magdeburg aufgestellt und ist wohl auch dort demobilisiert.
Artillerie Munitionskolonne des IV. Armee – Korps Das ist eine von den 1914 hier vom Regiment aufgestellte Formation.
Etappen Munitions- und Geräteverwaltung der Etappen-Inspektion 16 Kommandantur des Offiziers-Gefangenenlagers in Burg (Siehe Seite 297) Der aktive Restbestand aller dieser Truppenteile bildete nun hier in Burg den Rumpfverband des Feldartillerie Regiments No. 40, nachdem im Januar 1919 das Regiment erst von 9 Batterien auf 6 Batterien gesetzt ward. Glaser – Gerhard bringt im Anhang a. a. O. eine Rangliste vom 23.12.1918 (Tag der Rückkehr) und eine vom 14.1.1919 (jetzt 6 Batterien) Aus diesem Rumpfverband des alten Regiments gingen, der Not der Zeit folgend und als erste Zeichen einer Wiederaufrichtung einer Wehrmacht, drei Freiwillige Batterien hervor. Aus dem Rumpfverband selbst wurde zuletzt die Abwicklungsstelle des Regiments No. 40.
1. Freiwilligen Batterie Wuthmann des F. A. R. 40. Veranlaßt durch die Bedrohung des Landes im Osten durch die Bolschewisten rief Leutnant Wuthmann in einem noch erhaltenen Flugblatt (im Besitz des Herrn Fritz Geldner, Franzosenstraße, siehe Anlage 23) zur Bildung einer Freiwilligen Batterie auf. Im Januar 1919 trat diese Batterie unter seinem Befehl mit Wachtmeister Eiserbeck zusammen. Die Ausrüstung war wie bisher üblich, die Batterie zu 4 Geschützen. Als Abzeichen wurde auf
S. 328-331
Dem linken Unterarm ein silbernes Elchgeweih getragen. Später kam noch hinzu auf dem Oberarm ein Hirsch mit Kopfkreuz (Hubertusabzeichen). Am 15.2.1919 wurde die Batterie nach Kurland verladen und in Liebau ausgeladen. Die Kämpfe im Verband des Freikorps ……….dauerten das ganze Frühjahr. Es kam zu Gefechten gegen die Bolschewisten bei Dauski und Jalady. Dabei waren einige Verluste an Toten und Verwundeten zu beklagen. Mitte Juli kam die Batterie zurück nach Deutschland und wurde in Woltersdorf bei Stettin untergebracht. Am 26.10.1919 wurde die Batterie als 11. Batterie in das neue Reichswehr Artillerie Regiment No. 15 übernommen. Die neue Garnison war jetzt Prenzlau. Das sind persönliche Angaben des Angehörigen dieser Batterie Fritz Geldner, Franzosenstraße.
Freiwilligen Batterie Dommenzit des F. A. R. 40. Unter Hauptmann Dommenzit wurde am 24.3.1919 die 2. Freiwilligen Batterie aufgestellt. Dieselbe erhielt am 28.5. die Bezeichnung „Infanterie- Geschütz- Batterie No. 8. Sie kam dann nach Quedlinburg und wurde dort dem Infanterie- Regiment No. 165 angegliedert. Die Unterkunft erfolgte dort selbst im Moorhof. Die Ausrüstung und Bewaffnung war wohl die damals übliche. Besonderheiten über diese Batterie sind nicht bekannt. Am 31. Oktober 1919 wurde die Batterie gemäß Heeresverordnungsblatt No. 6 Seite 63 aufgelöst und Teile an die Batterie Lemelsen in Halberstadt abgegeben. Freiwilligen Batterie Lemelsen, des F. A. R. 40. Diese 3. oder ebenfalls 2. Freiwilligen Batterie (genaue Klarheit ist über die Nummer nicht zu erlangen gewesen) des Regiments wurde vom Hauptmann Lemelsen ebenfalls im Frühjahr 1919 aufgestellt und wurde später (Termin unbekannt) die Infanterie- Geschütz- Batterie No. 7, zugeteilt dem Infanterie Regiment No. 27 in Halberstadt. Sie soll ab 1. Oktober 1919 in Halber-
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stadt in Garnison gelegen haben. Die Batterie nahm teil an der Bekämpfung der Aufständischen nach dem Kapp – Putsch im März 1920 in Quedlinburg, Staßfurt und Güsten und dann noch in Halle. Und nochmals in Verbindung mit dem II. Bataillon Reichswehr – Schützen - Regiments No. 7 ging’s am 7.4. nach Tangermünde zur Herstellung der gestörten Ordnung und anschließend kam ein Zug der Batterie nach Sachsen zum Einsatz gegen „Hölz“. Näheres darüber im Glaser – Gerhard im Anhang zur Regimentsgeschichte des F. A. R. 40. Bei der Aufstellung des 100 000 Mann – Heeres wurde diese Batterie die 3. Batterie des Artillerie Regiments No. 4 in Halberstadt. Diese Batterie führte dann die Tradition des Altmärkischen Feldartillerie Regiments in der Reichswehr fort. (Quelle: neben Glaser – Gerhard, Akten im Stadt – Archiv Burg „Garnisonverwaltung“ Artillerie Kaserne Burg II/B 7 Band 2 Blatt 190 – 191.)
Wahrscheinlich ist, aber nicht sicher bekannt, daß außer diesen Batterien noch einzelne Züge oder Geschütze im Frühjahr 1919 nach Osten oder zu den Kämpfen um Berlin abgegeben wurden.
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In Burg selbst bestand jetzt nur noch, wie schon angegeben, die Abwicklungsstelle des alten Regiments. Die Reste gingen auch auf in die Reichswehr und zwar in die hier in Burg sich bildende I. Abteilung des leichten Artillerie Regiments No. IV. – siehe nachstehend. Zu erwähnen ist noch, daß außer den im Anhang bei Glaser – Gerhard genannten Formationen die hier demobil machten, das Radfahrer- Bataillon No. 7 im Dezember 1918 hier demobil gemacht hat.
(Akten Garnisonverwaltung Mobilmachung 1918/VII/3 Band 16 Blatt 82.
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Ab Mai 1919 festigen sich die etwas verworrenen militärischen Verhältnisse in Deutschland. Die Organisation des geplanten 300 000 Mann – Heeres wird bekannt. In der Provinz Sachsen sind neben den Abwicklungsstellen der alten Regimenter jetzt noch außerdem anwesend: Die Deutsche Schutzdivision mit ihren 3 Brigaden: Reichswehrbrigade 4 im Regierungsbezirk Magdeburg ohne Kreis Jerichow ! und II,. Reichswehrbrigade 16 im Regierungsbezirk Merseburg und Sachsen –Altenburg Reichswehrbrigade 25 in den Kreisen Jerichow ! und II und Zerbst und Dessau. Mitte Juni 1919 wurde nun das ehemalige Artillerie – Freiwilligen – Regiment Major Rechtern mit Teilen von Stettin nach Burg verlegt. Gleichzeitig nahm es den neuen Namen an: Leichtes Artillerie Regiment No. 25. Es lag hier in Burg der Stab der II. Abteilung und die 3. und 4. Batterie nebst Leichte Munitions - Kolonne. Der frühere Regimentskommandeur war, da wohl das Regiment Rechtern aufgelöst war, unser Abteilungskommandeur. Das Freiwilligen – Regiment Rechtern war eine Gründung des 2. Unterelsässischen Feldartillerie – Regiments No. 67, das in Hagenau und Bischweiler in Garnison gestanden hatte, aber nach Beendigung des Krieges in Weferlingen aufgelöst werden sollte. Alle Truppenteile des XXI. Armee – Korps wurden nach der Räumung Elsaß – Lothringen in die Provinz Sachsen demobil gemacht. Aufgestellt am 5.3.1919, kam das Regiment sofort zur Bekämpfung von Unruhen nach Buckow in der Mark, von da nach Greifenhagen bei Stettin. Es hatte Gefechtstätigkeit bei Berlin, Stettin und in Vorpommern. Es gehörte nacheinander zu den Freikorps – Brigaden Reinhardt, Lüttwitz, Erhardt. Nach Beendigung der Kämpfe wird die II. Abteilung Mitte Juni nach Burg verlegt. Am 1. Oktober 1919 wurde nun aus dieser II. Abteilung Regiments – No. 25 die I. Abteilung Leichtes Feldartillerie – Regiment Nr. IV. innerhalb des jetzt geplanten 200 000 Mann – Heeres. Jetzt stießen auch die Reste des Feldartillerie – Regiments 40 hin-
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zu. Als nun aber infolge des Versailles – Friedensdiktates die Armee noch weiter verkleinert werden sollte, erfolgte erneute Umformierung und es entstand daraus am 1. Oktober 1920 die II. Abteilung Reichswehr Artillerie – Regiment No. 16. innerhalb des 150 000 Mann – Heeres. Es lagen davon die 4. und 5. Batterie in Burg und die 6. Batterie in Altengrabow. Aber das war noch nicht die letzte Umwälzung. Um nun zu der im Friedenvertrag festgesetzten Organisation des 100 000 Mann – Heeres zu kommen, wurde unsere Abteilung am 18.12.1920 nach Halberstadt verlegt, um dort in das Reichswehr Artillerie – Regiment No. 4 Eingegliedert zu werden. Die dortige I. Abteilung dieses Regimentes setzte sich nun wie folgt zusammen: 1. Batterie aus Burg, Hauptmann Moser 2. Batterie ehemalige Fußartillerie aus Magdeburg 3. Batterie ehemalige Batterie Lemelsen.
Diese Angaben über die Garnisonsverhältnisse der Nachkriegszeit habe ich von ehemaligen Angehörigen des F. A. R. 40 persönlich zum Teil ihren Pässen entnommen: Stadtsekretär Ernst Bertz, Steuersekretär Chemnitz Hallenmeister Robert Siebert,. Besonders ergiebig war die Auskunft des Steuersekretärs Wippich, der als ehemaliger Angehöriger des F. A. R. 67 als Regimentsschreiber zum Freiwilligen Regiment Rechtern übertrat und die vorstehend geschilderte Entwicklung bis zur Verlegung nach Halberstadt mitgemacht hat.
Es sind, wie ich aus Akten des Stadtarchives Burg feststellte außerdem noch folgende zu der deutschen Schutzdivision gehörenden Truppenteile, meist nur auf kurze Zeit in Burg gewesen. Weitere Nachrichten sind darüber nicht bekannt. Die Reichswehr Maschinengewehr Abteilung (oder Kompagnie) No. 25 kommt am 4. August 1919 von Rathenow nach Burg in Stärke von 26 Unteroffizieren, 140 Mann, 120 Pferden. Sie wird in den Akten, noch im Oktober 1919 erwähnt. Ihr Verbleib ist nicht bekannt. Anfang Juni 1919 kommt nach Burg, oder ist hier entstanden, die Infanterie Begleit Batterie des I. R. 49. Sie verläßt Burg am 11. Juni 1919. Es wird im Juni 1919 außerdem erwähnt die Freiwilligen Batterie des Feldartillerie – Regiments No. 34.
S. 336 -337
Im August und September 1919 machen hier demobil die Feldintendantur, Feldproviantamt und der Brigadestab der Reichswehrbrigade Grodno. Ihre Stärke war 22.8.19 mit 24 Köpfen und 22 Pferden angegeben. Siehe Stadtarchiv, Akten der Garnisonverwaltung Burg: II/B7 Band 2 Blatt 176 betr. AR 15 (25?) II/B/7 Band 2 Blatt 199 betr, MGK 25 VII/ 3 Band 18 Seite 125 Betr. M.G.K.. 25 II/ B7 Band 2 Seite 195 Betr. Batterie I. R. 49 II/ B7 Band 2 Seite 234 Bert. Batterie I. R. 49 VII/ 3 Band 18 Seite 110 Betr. Brigade Grodno
Ich hoffe, daß es mir gelungen ist, diese Zeit und Entwicklung ohne große Fehler zu schildern. Eine 200-jährige militärische Tradition der Stadt Burg war scheinbar zu Ende. Übrig blieb nur die Reichswehrwerbestelle im Hause Franzosenstraße, in einem leerstehenden Laden in der Front der Schartauerstraße, sie wurde aber später aufgelöst. Illegale Gruppen sind in der nun kommenden Zeit in Burg nicht gewesen, doch gehörte mancher der Schwarzen Reichswehr an, oder übte bei derselben. Von den Kreisen der ehemaligen Offiziere waren auch Vorbereitungen für eine evtl. Aufstellung von Formationen zur Verstärkung der Reichswehr getroffen. Doch alles geheim. Die Anlage No. 24 zeigt uns eine Aufstellung über die Organisation der Reichswehr 1931. In unserer Provinz und im Freistaat Sachsen (ehemaliges Königreich) standen die Truppen der 4. Reichswehr – Division. Eine genaue Übersicht zeigt die Tafel auf der nächsten Seite.
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Reichswehr 1935 4. Infanterie Division Divisionsstab in Dresden
10. Infanterie Regiment 4. Artillerie Regiment Rgts. – Stab Dresden I. Batl. Dresden II. Batl. Bautzen III. Batl. Dresden 13. Komp. Minenwerfer Dresden Ausbildung Batl. Löbau Rgts. Stab Dresden I. Abtlg. Halberstadt II. Abtlg. Bautzen III. Abtlg. Dresden 10. Batterie Ausbildung Dresden
Da Deutschland auf Grund des Friedenvertrages von Versailles nur 100 000 Mann Reichswehr haben durfte, war daneben noch die Aufstellung von Truppen der Polizei gestattet, diese unterstanden dem Reichsminister des Inneren und hatten ganz andere Ausbildung und andere Aufgaben als die Reichswehr. Als die Artillerie nach Halberstadt verlegt wurde, war Burg dazu ausersehen Polizeistandort zu werden. Anfang November 1920 kam von Ohrdruff in Thüringen eine dort zusammengestellte Polizeitruppe in Stärke von 4 bis 6 Hundertschaften nach Burg. Untergebracht wurde diese Truppe in der nun leer werdenden Artilleriekaserne in der August Bebelstraße. In der Anlage unter No. 25 einige Bilder.
2. Polizeischule der Provinz Sachsen in Burg
Aus dieser oben genannten Truppe wurde nun zum 1. April 1921 eine Polizeischule zur Ausbildung des Nachwuchses gebildet. Es war hier gewissermaßen der Ersatztruppenteil für die in den grö0ßeren Städten befindlichen Polizeitruppen. Die älteren Mannschaften wurden von hier jetzt allmählich in die Großstädte versetzt und dafür junge Leute, sog. Polizeianwärter eingestellt. Die Stärke wechselte zwischen 6 bis 8 Hundertschaften, auch Inspektionen genannt. Die Höchstbelegung betrug 718 Mann. Die Anforderungen an Körper und Geist waren sehr hoch. Bei den häufig stattfindenden Prüfungen während der Ausbildungszeit wurde stark gesiebt. Wer den Anforderungen nicht genügte, wurde entlassen. Ein Lehrgang dauerte 1 Jahr mit Ausbildung im Ordnungsdienst, Felddienst, Schießen und sehr viel Unterricht. Auch der Sport wurde gepflegt. Die Uniform war anfangs feldgrün, ähnlich der Uniformfarbe der Jägerbataillone von 1914. Auf Einspruch der Siegermächte wurde dieselbe in Dunkelblau mit grauer Schattierung umgewandelt. Der Waffenrock mit weißen Knöpfen hatte blauen Klappkragen mit grünem Spiegel, grüne Paspel und cirka 15cm breite Ärmelaufschläge in der Uniformfarbe, hinten 2 Taillenhaken. Achselstücke von geflochtener grüner Wollschnur, je nach rang mit Silber durchzogen. Schwarze Tuchhose mit grüner Biese.
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Schwarze Schnürschuhe mit hohen schwarzen Ledergamaschen. Schwarzes Koppel mit Schulterriemen, kurzes Seitengewehr, Patronentasche, Rucksack, Brotbeutel und Feldflasche. Schwarzen Lederschako mit achteckigem Stern als Hoheitsabzeichen. Blaue Schirmmütze mit grünem Rand. Außer Dienst durfte auch Zivil getragen werden. An Waffen waren vorhanden, durch den Friedensvertrag genau vorgeschrieben: jeder Mann 1 Pistole 08 jeder 3. Mann 1 Karabiner 98 je 20 Mann 1 Maschinenpistole je 1000 Mann 1 schweres Maschinengewehr. Als besondere Einsätze bei gestörter Ordnung sind zu verzeichnen: 1923 Deutscher Tag in Halle (1 Toter, mehrere Verletzte), 1924 Landarbeiterstreik im Kreis Jwerichow II in Genthin, keine Verluste, 1930 Brandbekämpfung in der Letzlinger Heide, 1933 Röhm – Revolte, beschlagnahme von Waffen in den Kreisen Jerichow I und II und in der Altmark. Die Polizeischule erbaute einen neuen Schießstand im Walde bei der Roten Mühle und zwar hinter der Bahn, links vom Hohenwarther Wege. Die Schule veranstaltete einmal ein groß aufgezogenes Schwimmfest im Kanal bei 3000 Zuschauern und ein leider verregnetes Gesangsfest mit 1500 Zuhörern in der Kaserne. Die Beziehungen zur Einwohnerschaft der Stadt wurden bestens gepflegt, waren doch die jungen Leute als Tänzer in der damaligen tanzwütigen Zeit gern gesehen. Der Spitzname sprach und nicht im bösen Sinne, von den „Grünen“.
3. Die Landpolizei
Der 1933 vorgegebene politische Umschwung wirkt sich auch im Dienstbetrieb unserer Schule aus. Am 1. April 1934 erhielt die Schule den Namen „Landpolizeischule“ und trat in gewisse Beziehungen zur Wehrmacht, deren Wiederaufbau in diesen Jahren vorbereitet wurde. Es wurde eine Hakenkreuzfahne beschafft und eine Musikkapelle und ein Spielmannszug gegründet. Die jetzt eingeführte Uniform wurde wieder wie im Jahre 1920 feldgrün. Die bisherigen Abzeichen wurden beibehalten.
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Aber die Ausbildung änderte sich jetzt unter allmählicher Angleichung an die militärische Ausbildung. Auch mehr und neue andere Waffen kamen hinzu: Minenwerfer usw. Die älteren Jahrgänge der Schule wurden jetzt an die Polizeistandorte abgegeben, die jüngeren Leute gingen zur jetzt noch geheim gehaltenen Luftwaffe und in das später den Namen „General Göring“ tragende Regiment. Auch an viele andere Neuformationen wurden Leute abgegeben. Nach der am 16. März 1935 verkündeten Wiedererrichtung der deutschen Wehrmacht wurde aus dem Rest des Mannschaftsbestandes 4 Hundertschaften gebildet, die dann als 4 Kompanien in die neue Wehrmacht übernommen wurden. Eine Kompanie ging nach Zerbst, eine nach Dessau, beide zum Neuerrichteten Infanterieregiment No. 33. Und die beiden restlichen Kompanien bildeten mit zwei Reichswehrkompanien das II. Bataillon des neu erstehenden Infanterie – Regiment No. 66 hier in Burg. Die Formierung trat am 15. Oktober unter gleichzeitiger Einkleidung in feldgrau ins Leben. Es seien hier noch die Kommandeure der Polizeischule genannt: 1920 Major der Schutzpolizei Winkelmann 1921 Oberst Hardt 1928 Oberst der Schutzpolizei Scholz 1932 Oberstleutnant der Schutzpolizei Eggert 1933 Major der Schutzpolizei Meissenburg
Alle Angaben sind erfragt von ehemaligen Angehörigen der Polizeischule z. B. Leutnant der Schutzpolizei Dennewitz, der lange Zeit hier der Schule als Kammerunteroffizier angehörte. Die Akten wurden nach der Auflösung der Schule an die Regierung in Magdeburg abgegeben.
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Abschrift aus „Beiträge zur Geschichte der Stadt Burg“ Der versuch einer Darstellung der Militärverhältnisse in unserer Heimatstadt - 3. Bearbeitung – Willi M ü l l e r -------------------------------------------------------------------------------------------------------
Seite 318 Bei der politischen Umwälzung im Jahre 1918 (November 9.) wurde in der Stadt auch eine Einwohnerwehr aus den neuen Machthabern (Arbeiter- und Soldatenrat) nahe stehenden Kreisen gebildet. Viele ehemalige Soldaten waren darunter. Der Zweck war die Sicherung der neuen Verhältnisse und Schutz von öffentlichen und privaten Eigentum. Als Kennzeichen wurde an der bisherigen Soldatenuniform eine rote Armbinde getragen. Die Mützenkokarden waren entfernt, zum Teil durch rote ersetzt. Die Gewehre wurden mit dem Kolben nach oben umgehängt. Die Einwohnerwehr war wie folgt organisiert:
Die Stadt war eingeteilt in 6 Bezirke, der 7. Bezirk war Blumenthal, der 8. Bezirk Gut Lüben. Es wurden verschiedene Wachen gestellt. Die Angelegenheit Diebstahl beim Offiziersgefangenen – Lager durch Landsturmleute (siehe Seite 237). Ende 1920 löste sich die Einwohnerwehr wieder auf. Die Angelegenheit der versteckten Gewehre (siehe Seite 284).
Seite 287 In der Nacht vom 3. zum 4. Januar 1919 wurde, nachdem das Lager von den Gefangenen am 3. 1. geräumt war, durch die Wachleute des Landsturmes eingebrcchen und gestohlen. Als die Wachleute früh mit Paketen zur Stadt gehen wollten, wurden sie zwecks Kontrolle angehalten. Die Sicherheitswehr, die sich hier zu Verfügung der Stadt gebildet hatte, wurde alarmiert, aber der Soldatenrat hielt dieselben zurück, da die Landsturmmänner gedroht hatten, dann von ihren Schusswaffen gebrauch zu machen. Es stand hier also Gewalt gegen gewalt, dem Eingreifen des Soldatenrates ist es zu danken, daß Blutvergießen verhindert wurde.
Seite 284 Bei der Revolution am 9.11. 1918, als hier in Burg die neue Gewalt ans Ruder kam, übernahm die sich bildende Einwohnerwehr die Waffen und Munition des Ersatz – Bataillons um sich selbst damit zu bewaffnen. Nach der Auflösung der Einwohnerwehr wurden die Waffen nicht abgegeben, sondern heimlich in das Grundstück Breiterweg 7 verbracht und dort aufbewahrt. Aber 1933 wurden sie aufgefunden und an den Staat zurückgegeben.
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Der Luftkrieg! 1939 – 1945
Als am Freitag den 1. September 1939 überraschend und doch von vielen vorausgeahnt, der Krieg gegen Polen begann, erfolgte an dem gleichen Morgen durch fernmündliche Benachrichtigung von Haus zu Haus der
Aufruf des Luftschutzes. D. h., das alle Maßnahmen, die seit mehreren Jahren vorbereitet und in Luftschutzkursen gelehrt und für den Ernstfall vorgesehen waren, sofort in Kraft traten. Die Hauswarte, die über 1 oder mehrere Häuser bestimmt waren, hatten die Einwohner ihrer Häuser davon in Kenntnis zu setzen, daß schon von diesem Abend an bei Eintritt der Dunkelheit die vollständige Verdunklung aller Lichtquellen einsetzte. Die Straßenbeleuchtung brannte von diesem Tage ab nicht mehr – nur in den unmittelbaren Kriegsjahren trat darin eine kleine Erleichterung ein. Es brannten in dieser Zeit einige Eck – Straßenlampen, die aber bei gemeldeter Flugzeugannäherung sofort ausgeschaltet wurden. – Die Luftschutzräume in den kellern wurden hergerichtet, mit Sitzgelegenheiten versehen uns alle Geräte , Paten, Schippen, Äxte, Rodehacken, starke Stricke, Feuerpatschen, Einreißhaken, provisorische Tragebahren und Löschwasser bereitgestellt. Wegen vermuteter Gasangriffe wurden alle Kellerfenster durch mit Sand oder Erde gefüllten Säcke, abgedichtet. In den Behörden und größeren Betrieben wurden die Luftschutzwachen eingeteilt, die von jetzt an jede Nacht abwechselnd dort wachen mußten. Jeder Hauswart stellte, soweit schon vorhanden, die Luftschutzapotheke bereit und überprüfte noch mal die Einteilung seiner Mitbewohner in Dachbeobachter, Melder, Feuerlöschleute und
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Sanitätshelfer. Alle Formationen: Luftschutzleitung, Polizei, Feuerwehr, Technische Nothilfe und Rotes Kreuz trafen die letzten Vorbereitungen, um bei einem etwaigen Luftangriff einsatzbereit zu sein. Und nun wartete alles mit Hangen und Bangen auf den ersten Alarm, aber wir blieben infolge des schnell beendeten Polenfeldzuges und der ziemlich großen Entfernung von der Westfront, zunächst davon verschont. Ich will nun hier kurz den Ablauf eines Luftalarmes, wie wir ihn im Laufe des Krieges ungefähr 500mal erlebten, schildern. Leider stehen mir hierzu amtliche Unterlagen nicht zur Verfügung, da alle Akten darüber bei der Polizei, Feuerwehr, Teno, Rotes Kreuz und auch beim Reichsluftschutzbund in alle zu übereifriger Bestürzung zum Teil auch auf Anordnung vorgesetzter Dienststellen, beim Annähern des Feindes vernichtet wurden. Von einer Zentralstelle in Magdeburg, später „Befehlsstand des Gauleiters“ genannt, kam jeweils die Nachricht von der Annäherung der Feindmaschinen. War für unseren Bezirk die „Luftgefahr 15“ gegeben, das heißt, konnte man mit Überfliegung unseres Gebietes in ungefähr 15 Minuten rechnen, die Beibehaltung des geflogenen Kurses vorausgesetzt, so wurde darauf durch die Sirene das Alarmzeichen gegeben. Kam der Alarm am Tage, so erlosch alles wirtschaftliche Leben und alles begab sich auf die befohlenen Positionen. Während des Krieges erfolgte die Einführung der „Vorwarnung“, bei der das wirtschaftliche Leben weiterging, mit Ausnahme des Schulunterrichtes, der Versammlungen und der Kinovorstellungen. Kam der Alarm des Nachts, so stürzte alles aus den Betten, die Hausbewohner sammelten sich im Luftschutzkeller, dort wurde der Ofen, soweit vorhanden, geheizt. Der Hauswart kontrollierte, ob alles da war – vom Greis bis zum Säugling mußte alles da sein, und begab sich dann auf seinen Posten vor der Haustür, um immer im Bilde zu sein. Die eingeteilte Verstärkung der Behörden- und Fabrikwachen eilten auf ihre Plätze, ebenso die Feuerwehr, Teno, Rotes Kreutz und Polizei. Und im Feuerwehrdepot in der Brüderstraße trat unter dem Befehl des Oberbürgermeister Lebenstedt die Befehlsstelle mit dem Einsatzstab ins Leben. Dazu gehörten die Leiter der einzelnen Organisationen, die die Aufgabe hatten, von dieser Befehlsstelle aus einen notwendig werdenden Einsatz der Hilfskräfte zur Bekämpfung von eingetretenen Schäden zentral zu regeln. Dort auf dem Schulhof standen auch alle beorderten Fahrzeuge (motorisiert) zur Befehlsüberbringung und für Krankentransporte.
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Außerdem war als Leiter der Sofortmaßnahmen, der nach einem stattgefundenen Luftangriff auf die Stadt die Versorgung der Bevölkerung mit allem Notwendigen sichern sollte, der Bürodirektor Vespermann mit dem Sitz im Rathaus vorgesehen. Bei Zerstörung des Rathauses sollte dort ein Schild die – Ausweichstelle – bezeichnen. Mußte man doch versuchen, gegebenenfalls recht bald nach einem Angriff wieder Ordnung in das Chaos zu bringen. An den Chausseen waren auch sog. Lotsen aufgestellt, deren Aufgabe es war, von außerhalb Eintreffende Hilfe befehlsgemäß zu melden und an die Einsatzstelle zu leiten. Für die bei einem etwaigen Angriff obdachlos werdenden Volksgenossen waren Auffangstellen vorgesehen, so in der Roten Mühle, Katholische Schule in der Blumenthalerstraße, in der Landeserziehungsanstalt Gut Lüben und zeitweise auch in der Waldhalle in der Kolonie. Eingerichtet war im Dorfe Stegelitz eine große Küche, von wo das Essen für die Notleidenden herangeschafft werden sollte. Diese Küche hatte, wenn sie auch für Burg nicht in Anspruch genommen werden brauchte, nach den großen Luftangriffen Verpflegung bis nach Magdeburg und Leipzig geliefert. Während zu Beginn des Krieges der Alarm stets nachts kam, wurde es in den letzten Kriegsjahren zur Regel, daß der Alarm am Tage kam, so erlosch schlagartig alles wirtschaftliche Leben,. Alle Behörden und Schulen und betriebe schlossen. Wer nicht weit zu seiner Wohnung hatte, eilte dorthin, sonst blieb alles in den nächst erreichbaren Luftschutzkellern oder Splittergräben. Gleicht zuerst die Stadt einem aufgestörten Ameisenhaufen, so waren 10 Minuten später, nachdem sich alles auf die Einsatzstelle begeben hat, die Straßen und Plätzen der Stadt wie gefegt. Man sah ab und zu Vielleicht einen Hauswart vor der Türe stehen, der sich von der Lage überzeugen wollte, um seinen Hausbewohnern im Keller Bericht zu geben. Im Laufe des Krieges wurde noch eine Beobachtungsstelle auf dem Wasserturm und später auch auf dem Bismarckturm bei jedem Alarm besetzt. Beide Posten hatten fernmündlich Verbindung zur Befehlsstelle. Man nach ungefähr 2 Stunden, manchmal früher, oft auch später, die Entwarnung, so glich Burg in demselben Augenblick wieder einem Ameisenhaufen; alles eilte seinem hause oder seiner Arbeitsstelle zu, froh darüber, daß es wieder einmal gut abgegangen war, oder, wenn schon eine Kleinigkeit passiert war, froh darüber, das es nicht so schlimm geworden war. Waren doch die Stunden im Keller, wenn man die Bomber vorüberrollen hörte, und auch das Abwehrfeuer der Flak zu hören war, und wenn gar schwere Einschläge zu hören
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waren und der Hauswart nach unten meldete „Angriff auf Magdeburg, oder Zerbst oder Dessau oder Brandenburg“, für die dort unten sitzenden immer qualvoll. Im Verlaufe des Krieges wurden nun die Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung immer mehr ausgebaut. Zuerst wurden große Keller als öffentliche Schutzräume eingerichtet und durch ein besonderes Schild kenntlich gemacht. Es waren vorhanden: 3 alte Eiskeller im Weinberg, zu betreten vom Untermhagen 1 alter Eiskeller im Weinberg zu betreten von der Bergstraße (hinter der Mauer) 1 in der Schule Kapellenstraße 1 in der Pieschele Erziehungsanstalt 1 in der Schule Klosterstraße 1 in der alten Brauerei Pfeffer, Zerbster Straße 33 1 in der katholischen Schule, Blumnethalerstraße 1 in Hause Markt 19 1 in der Brüderstraße 27/28 und vielleicht noch einige, die mir nicht mehr in Erinnerung sind. Ferner wurden auch Erdbunker und Splittergräben gebaut, da viele Leute große Angst vor dem Verschüttet werden in den Kellern hatten und es auch oft geschah, daß die Leute, die am Stadtrand wohnten, bei Alarm ins Feld oder in de Wald liefen. Ja, es war bei der Wehrmacht zuletzt Befehl, daß bei Alarm die Kasernen zu räumen und alle Soldaten möglichst zerstreut in Feld und Wald laufen mussten. Diese Erdbunker waren in der Anlage zickzackmäßig mit mindestens 2 Eingängen, die Decke bestand aus dicke Eisenbahnschwellen, die mit der Erdoberfläche gleich lagen; darüber war ungefähr 1m Erdaufschüttung. Diese Bunker befanden sich: 2 Stck. auf dem Gelände der Pieschele Erziehungsanstalt, 1 Stck. auf dem Großen Hof 1 Stck. zwischen Schill- und Blücherstraße 1 Stck. Berliner Chaussee, linker Hand 1 Stck. auf dem Schulhof bei der Gymnasial-Turnhalle 1 Stck. bei der Petrikirche 1 Stck. Blumenthalerstraße am Reformierten Kirchhof 1 Stck. neben dem Landratsamt 1 Stck. auf dem Gelände hinter dem Schützenhaus 1 Stck. auf dem Platz Moltkestraße - Bismarckstraße 2 Stck. auf dem Gelände der Eisenbahn 1 Stck. auf dem Moltkeplatz – Dietrich- Eckhardstraße 1 Stck. Friedenstraße, gegenüber Bismarckstraße 1 Stck. Niegripper Chaussee neben der Kesselfabrik
Auch in den Barackenlagern für ausländische Zivilarbeiter in der Kanal – und Uferstraße befanden sich derartige Bunker. Viele Fabriken hatten neben ihren großen Luftschutzkellern auf ihren Höfen große Erdbunker gebaut, die sie ebenso wie die Keller der nächst
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wohnenden Bevölkerung zur Verfügung stellten. Die bei Beginn des Krieges zunächst behelfsmäßigen hergerichteten Luftschutzkeller wurden in den Kriegsjahren nach Maßgabe der vorhandenen Baustoffe und Arbeitskräfte ausgebaut. Es wurden gasdichte Eisentüren und – Fenster eingebaut, große Notausstiege zur Straße gebaut und alle Luftschutzkeller bzw. Notausstiege an der Straßenfront durch angemalte große weiße Pfeile gekennzeichnet. Pfeilspitze nach unten, sagte, daß der Keller an der Hoffront zu finden ist. Wo es möglich war, wurden auch Mauerdurchbrüche nach den Kellern der Nachbarhäuser ausgeführt und behelfsmäßig leicht vermauert, damit im Notfall leicht zu öffnen waren. Außerdem wurden, wie schon Seite 448 erwähnt, alle Vorschläge von den sowieso entrümpelten Hausböden entfernt und alles Gebälk mit einer Kalk – Salzlösung gespritzt, die die leichte Entflammbarkeit verhüten sollte. Außerdem baute man nun an mehreren, höher gelegenen Punkten der Stadt Feuerlöschteiche, um an diesen Stellen bei versagen der Wasserleitung Löschwasser zu haben. Diese lagen 1. im Garten der Pieschele Erziehungsanstalt, längs der Turmstraße 2. auf dem Platz Bismarckstraße – Moltkestraße 3. auf dem Platz Moltkestraße – Dietrich – Eckhatdstraße
Ferner ging man dazu über, die Lage aller noch im Stadtgebiet vorhandenen Brunnen festzustellen und gab sie auf einer Liste bekannt. Die Hauswirte mussten an die Haustür ein Schild anbringen, mit der „Aufschrift“ Auf dieses Grundstück befindet sich ein Trinkwasser (Feuerlösch) – Brunnen. Das war in großen Zügen geschildert die Maßnahmen um bei einem Luftangriff die Bevölkerung zu schützen und die Not abzuwehren. Die Bekämpfung der Luftangriffe selbst oblag nützlich der Wehrmacht. Darüber in gossen Umrissen folgendes, das allerdings auf Richtigkeit und Vollständigkeit keinen Anspruch machen kann, da ja, wie schon geschrieben, alles sehr geheim gehalten wurde. Meine Kenntnisse stützen sich nur auf eigene Beobachtungen. Burg selbst hatte keinen Flakschutz. Der des Fliegerhorstes ist auf Seite 418 beschrieben. Aber der Flakschutz Magdeburgs erstreckte sich bis Hohenwarthe, zugleich auch als Schutz für die Reichsautobahnbrücke. Bei Hohenwarthe stand eine Batterie mit verschiedenen kalibern. Auch bei Körbelitz stand zeitweise schwere Flak. Beide Batterien reichten bis ziemlich Burg; es sind oft
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Sprengstücke in unsere Straßen niedergefallen. Außerdem hat es wohl auch motorisierte Flak auf der Reichsautobahn gegeben, die ihren Standort oft wechselte. Ab März 1944 war eine Verminderung der Flak festzustellen. Dagegen baute man damals in einem großen Halbkreis um Bugg herum Scheinwerfer auf. Der Kreis reichte von Süden über Westen nach Norden. Scheinwerfer konnten insgesamt 36 Stück am nächtlichen Himmel gezählt werden. Hier einige der ermittelten Stände: bei Möserhöhe
Detershagen am Friedhof auf der Magdeburger Chaussee gegenüber Nr. 29c Blumenthal I Deichwall, 100m rechts vom Weg nach Blumenthal.
Der Sinn dieses Aufwandes an Scheinwerfern ist uns nie klar geworden und von der angeblichen Tätigkeit der Nachtjäger unsererseits war fast nichts zu merken. Böse Zungen behaupteten seiner Zeit, die Scheinwerferstraße solle dem Feind den Weg nach Berlin erleichtern. Einen Nachteil hatte diese Scheinwerfertätigkeit für Burg jedenfalls gehabt. Das war der Notabwurf eines vom Lichtkegel erfaßten Feindbombers am 10. September 1944, der ziemlich viel Schaden anrichtete. Näheres darüber auf Seite 474. Die Scheinwerfer verschwanden im Winter 1944/45 bis auf einzelne wieder. Die Letzten gaben zuletzt nur das Zeichen an unsere in der Luft befindlichen Flieger, daß sie auf unserm Flugplatz landen und Benzin nehmen können. Das Zeichen war ein fortwährend am Himmel beschriebener Kreis bzw. Halbkreis. Von Anfang August 1944 erschien hier Eisenbahnflak, die zeitweise auf dem Gleis Burg – Hohenwarthe, das für die Erbauung des Schiffshebewerkes bei Hohenwarthe gelegt war, im Lausebusch stand. Diese Flak verschwand aber bald wieder, wie ja unsere Abwehr immer schwächer wurde. Gegen Ende des Krieges, besonders als ab 20. Februar 1945 täglich die großen Angriffe auf Berlin erfolgten, war hier vom Flakschutz nichts mehr zu hören und zu sehen. Zu bemerken ist noch, daß ab 1943, als der Mannschaftsersatz knapper wurde, man dazu überging 15- bis 16jährige Schüler als Flakhelfer einzustellen. Die Jungen trugen Anzüge in der Fliegerfarbe, auf der rechten Brust das Hoheitszeichen, auf dem linken Arm die H .J. -Binde. Ab April 1944 wurden über 60 Jahre alte Männer ebenfalls als Flakhelfer (nicht Soldaten) bestimmt und bei den Scheinwerfern eingesetzt. Diese Leute waren abwechselnd 10 Tage in der Stellung und dann 20 Nächte zu Hause. Tagsüber gingen sie
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ihrer sonstigen Beschäftigung nach. Durch die Flak ist auch Schaden in Burg entstanden. 1940 ging ein Blindgänger unserer Flak in das Haus Blumenthalerstraße 50 (Bauer Brandt) und richtete Schaden am südlichen Giebel und am dach an. Kurze Zeit darauf ging wieder ein deutscher Blindgänger in das haus Blumenthalerstraße 5 (Eigentum Katholische Kirche). Dort war ungefähr der gleiche Schaden. Die Einflüge (nachts) des Feindes in unseren Bezirk begannen im Jahre 1940 und zwar nur nachts mit einzelnen Maschinen und kleinen Verbänden. Es waren Franzosen oder Engländer. Die ersten Abwürfe, ob Notabwürfe oder gezielte ist nicht festgestellt, kamen bald. Die erste Bombe fiel in den Wald westlich der Roten Mühle, jenseits der Bahn nach Magdeburg, ungefähr bei der „alten Redouten“. Weitere Bomben fielen etwas später südlich des Kreiskrankenhauses und ergaben große Trichter. Dann fielen auch einige Male Bomben in der Siedlung Überfunder ? und verursachten dort auch Häuserschaden. Die Nachbardörfer und die weitere Umgebung bekamen auch ab und zu etwas vom Bombensegen zu spüren. Aber im großem und ganzem sind die Jahre 1940 – 1943 nicht allzu gefährlich gewesen. Wie wurden meist nur überflogen, wenn die Angriffe der Reichshauptstadt Berlin galten. Gerwisch hatte aber etwas größeren Schaden, dort wurden auch Hilfskräfte aus Burg eingesetzt. Von 1944 an wurde die Situation bedeutend ungemütlicher und ich will die Liste von Angriffen bringen, die allerdings keinen Anspruch auf Vollständigkeit machen kann, da es mir nicht möglich ist, meine Notizen, die ich nach Kriegsschlu0 aus amtlichem Material ergänzen wollte, jetzt zu vervollständigen, Alles ist 1945 nach dem Waffenstillstand vernichtet: Mai 1944 erfolgten plötzlich Tiefangriffe durch feindliche Jäger auf fahrende Züge, Dampfer Kähne, Autos, Weidevieh und auch auf einzelne Menschen. Alles in der Umgegend, Burg wurde da nicht getroffen. 28.5.1944 (1. Pfingsttag) erfolgte mittags ein Angriff auf das Heeres- Panzerzeuglager Königsborn und richtete starke Zerstörungen an. 20.6.1944 erneuter Angriff auf das Lager Königsborn; übrig bleiben nur Ruinen. 5.7.1944 erfolgte der erste größere Angriff auf Magdeburg – Buckau und Magdeburg – Neustadt. 15.7.1944 fällt eine Bombe auf das Dorf Trypehna, dort selbst 40 Dächer Beschädigt.
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16.8.1944 Angriff auf Magdeburg, hauptsächlich die Neustadt betroffen. 10.9.1944 kam um 23 Uhr Alarm. Eine Feindmaschine geriet in den Scheinwerferkegel und sandte im Notwurf 3 Bomben nach unten. Nr.1 fiel in den Hof Blumenthalerstraße 7/8 und entzündete die Garage. 3 Krankenautos verbrannten, der Chauffeur Hartung, der auf dem Hof gestanden hatte, war tot, außerdem gab es 4 Verletzte. Viele Scheiben in der Nachbarschaft gingen entzwei, Dächer wurden beschädigt, ebenso die Häuser Blumenthalerstraße 7/8. Nr. 2 fiel in das Grundstück Bruchstraße 22 und zerstörte ein Hinterhaus (ehemals Tuchfabrik Steinle & Sohn). Ebenfalls viel Glasschaden in der Umgebung. Nr.3 landete auf der Zimmerstrecke Von Schlüter in der Holzstraße. Das Werkstattgebäude brennt ab. Hier war geringer Schaden. Am 11.9.1944 12.9.1944 erfolgten schwere Angriffe auf Magdeburg 28.9.1944 7.101944 16.1.1945 mittags wiederum Angriff auf Magdeburg und am gleichen Tage 22 Uhr kam der schwerste Angriff auf Magdeburg, der diese schöne Stadt mit den alten Barockbauten in Trümmer legten. Fast gleichzeitig mit dem Alarm sollen die ersten Bomben gefallen sein – in 30 Minuten war das Unglück geschehen. In der Altstadt, Neustadt und Alte Neustadt ist fast kein Haus unbeschädigt, die meisten sind zerstört. Nur in der Gegend des Hasselbachplatzes und in der Wilhelmstadt, Sudenburg und Buckau ist der Schaden nicht ganz so groß. Wir groß die Verluste an Menschenleben sind, ist bis jetzt nicht bekannt, man spricht von 16 000 Toten. Die Stadt war im April 1946, als ich sie das erste Mal wieder betrat, nur in den Hauptstraßen aufgeräumt und unter den Trümmern liegen, wie ich annehme, noch heute viele Tote. Einen Tag nach dem großen Angriff, also am 17.1.1945 frühmorgens ein neuer Angriff über Magdeburg hinweg. 2.2.1945 abends Angriffe auf Magdeburg 3.2.1945 morgens
Von dieser Zeit an wurde hauptsächlich nur noch Berlin angeflogen. Vom 20.2.1945 täglich in ununterbrochener Folge. Bei dem schönen klarem Frühlingswetter, was wir damals hatten, konnten wir ohnmächtiger Wut die größeren und kleineren verbände des Feindes ungestört ihre bahn ziehen sehen. Von Abwehr war wenig zu bemerken. An und für sich ein herrliches Schauspiel, wenn es nicht so bitter ernst gewesen wäre und man sich immer sagen mußte: „Dort fliegt der Tod in tausendfacher Gestalt.“
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Über die Angriffe auf den Fliegerhorst Burg habe ich schon Seite 419/23 berichtet. Hier ist aber der Angriff am gleichen Tage (10.4.45) auf das Westwerk Burg, das war ein Ausweichbetrieb der Firma Opel Brandenburg auf dem Garagengelände der Clausewitzkaserne, zu erwähnen. Dort fielen an diesem Mittag auch einige Bomben. Wie groß der entstandene Schaden gewesen ist, wurde mir nicht bekannt. Über die letzten Tage des Krieges ist in Burg auf die Fliegertätigkeit noch zu sagen, daß die Stadt Zerbst noch zerstört wurde, als die Amerikaner von Aken – Barby aus nach Altengrabow vordrangen um ihre Gefangenen zu befreien, und daß Magdeburg in den Kämpfen bei seiner Verteidigung noch einen oder mehrere Angriffe zu überstehen hatte; ebenso hatte Biederitz noch Angriffe zu überstehen. Bald nach dem Erscheinen der Amerikaner an der Elblinie (14.4.45) hörten dann die feindlichen Fliegerangriffe auf. Wann der letzte Alarm in Burg war, ist mir im Drange der Ergebnisse gar nicht recht im Bewusstsein geblieben und deshalb von mir nicht notiert. Das letzte Mal überhaupt wurden die Sirenen am Donnerstag, den 3. Mai 1945 vormittags in Tätigkeit gesetzt. Das geschah, weil auf dem Fliegerhorst durch unsere Truppe nochmals große Sprengungen vorgenommen werden sollten und die Bevölkerung sich gegen Sprengstücke sichern sollte. Diese Auslösung des Alarms verursachte in der Stadt große Aufregung, da viele Leute annahmen, es handele sich um den „Feindalarm“. „Feindalarm“ solle gegeben werden mit einem 5 Minuten andauernden gleichmäßigen Ton. Das sollte das Zeichen sein, daß der Endkampf beginnt und der Volkssturm sich auf seine Alarmplätze begeben soll. In der damals herrschenden Aufregung glaubten viele, das sei das Zeichen. Der Feindalarm ist in Burg, da keine Verteidigung, überhaupt kein Kampf stattfand, nicht gegeben worden.
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Als 1944 nach der Landung der Westfeinde in Frankreich und dem Vordringen der Russen von Osten her, die Bedrohung des Reiches immer größer wurde und die Zahl der einsatzfähigen Mannschaften immer geringer, erfolgte bei uns, in den östlichen Gebieten wohl schon etwas früher, am 18. Oktober 1944 28 Uhr durch Rundfunk der Aufruf des Volkssturmes zur Mitwirkung an der Verteidigung des Reiches. Der Aufruf trägt das Datum des 25. September 1944, (siehe Anlage Nr. 46), außerdem weitere Zeitungen unter Nr. 47a bis d. Am 26, bis 28. Oktober erfolgte hier in Burg in verschiedenen Lokalen die Einschreibung der Volkssturmmänner mit gleichzeitiger Einteilung in 1. bis 4. Aufgebot.
Das 1. Aufgebot umfaßt die sofort Einsatzfähigen, Das 2. Aufgebot umfaßt die tauglichen, aber aus beruflichen Gründen nicht sofort Einsatzfähigen Das 3. Aufgebot umfaßt die Jahrgänge 1927 bis 1929 Das 4. Aufgebot umfaßt alle nicht Einsatzfähigen, z. B. Kranke, Beschädigte usw.
Zum Volkssturm gehörte jeder erwachsene männliche deutsche, der nicht bei der Wehrmacht war. Am Dienstag, den 1. November 1944 20 Uhr ist erstes Antreten auf dem Schützenplatz. Abmarsch mit Musik (Kapelle des Ersatz Bataillons I. R. 191) zum Paradeplatz. Dort selbst Ansprache des Kreisschulrates Biallas mit Absingen einer Strophe „O Deutschland hoch zu Ehren“. Über 2000 Teilnehmer. Dann fand am Sonntag, den 12. November 1944, 9 Uhr vormittags auf verschiedenen Plätzen der Stadt genaue Einteilung der einzelnen Bataillone statt. Nachmittags um 15 Uhr war auf dem Paradeplatz feierliche Vereidigung auf die mitgeführten Fahnen der Partei – Ortsgruppen. Angetreten sind 2697 Mann, dazu 1 Kompanie Wehrmacht mit der Kapelle Ers. Bat. 191. Ansprache des Kreisleiters von Genthin und Absingen eines Verses: „Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte.“ Anschließend Marsch zur Bahnhofsstraße und Vorbeimarsch vor dem Kreisleiter von Genthin. (In Vertretung von Kreisleiter Lange). Die erste Einteilung des Volkssturmes war wie folgt: Führer für den gesamten Kreis einschließlich Burg Hauptmann a. D. Urban (Rektor) Insgesamt waren 13 Bataillone aufgestellt. Die 4 -Burger Bataillone
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wurden geführt von Studienrat Niemann Rektor Urban jedes Bataillon zu 4 Kompanien Postsekretär Wucknitz Fabrikant Steinbecher
Dazu Bataillon Dietrich (motorisiert) zu 2 Kompanien. Das 4. Aufgebot, das nur zur Verteidigung angetreten war, führte Gewerbeoberlehrer Berkling. Kurze Zeit später übernahm die Gesamtleitung der Major der Reserve Ulrich Deutsch, Kaufmann. Jetzt begann nun die praktische Arbeit, das heißt, jeden Sonntagvormittag ist Ausbildung und Schießen. Waren doch in diesen Bataillonen neben den Soldaten von 1914/18 auch ungediente Leute, die noch nie ein Gewehr in der Hand gehabt hatten. Eigene Waffen hatte der Volkssturm bis jetzt nicht, sondern diese Ausbildung oblag dem Ers. Bat. I. R. 191. In dessen Kaserne wurden auch Führerkurse abgehalten und einzelne Leute mit der neuesten Waffe, der „Panzerfaust“ vertraut gemacht. Das war eine Handfeuerwaffe, die zur Bekämpfung von Panzern diente und große Durchschlagskraft hatte. Neben der Ausbildung seiner Leute oblag dem Volkssturm auch die Teilnahme an dem im Frühjahr 1945 befohlenen bau von Verteidigungswerken, Schützenlöchern, Panzersperren und Panzerfallen. Siehe darüber im nächsten Abschnitt. Die Ausbildung der Führer abwärts bis zum Zug – und Gruppenführer wurde bei der Wehrmacht fortgesetzt. Major Deutsch, der seine Aufgabe darin sah, seine Truppe als Versorgungstruppe, nicht als Kampftruppe, auszubilden, da er der Ansicht war, der aktiven Truppe gebühre der Kampf, gab empfangene Panzerfäuste an die 191er ab, die sie gern annahmen. Ebenso übergab er 25 empfangene italienische Karabiner in den letzten Tagen an die hier aufgestellten Hilfspolizei (Führer Finanzamtmann Emil Burghardt). Er war immer der Ansicht, die Bewaffnung des Volksturmes sei unnötig. Als am 11.4.1945 nachmittags die Nachricht vom überraschenden Eintreffen der Amerikaner am westlichen Elbufer bei Rogätz hier eintraf, wurden auch teile des Volkssturmes zum Schanzen eingesetzt. Es wurde geschanzt bei Lostau – Hohenwarthe mit Front nach dem Westen, elbwärts bis Blumenthal, Parchau am Kanal, die verschiedenen Brücken wurden von der Wehrmacht zur Sprengung vorbereitet. Es wurde aber auch östlich von Burg gesichert; ge-
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schanzt wurde an den Waldrändern und Wegen für die Front gegen Osten, da auch von daher Gefahr drohte. Die motorisierten Teile des Volkssturmes wurden aufgeboten, mussten Fahrzeuge für die Wehrmacht stellen, besorgten in der Hauptsache aber die Dienste, die Major Deutsch als die wichtigsten erkannt hatte: sie stellten die Versorgung der Stadt mit Lebensmitteln und sonstigen Bedürfnissen sicher. Es wurde Öl von Magdeburg und Zucker von Gommern herangeschafft usw. Mit dieser Auffassung von den Aufgaben des Volkssturmes war der Kreisleiter einverstanden. Nachzutragen ist noch, daß am 18.2.1945 eine Neuformierung des Volkssturmes stattgefunden hat, die mir aber nicht ganz klar geworden ist. Ich weiß nur, daß im Bataillon Urban alle sofort einsatzfähigen Leute des 1. Aufgebots vereinigt wurden. Uniformen hatte der Volkssturm nicht. Die sollten evtl. beim Einsatz ausgegeben werden. Es ist aber bekannt, daß überhaupt keine Bestände darin vorhanden waren. Einzelne eingesetzte Mannschaften trugen rote Armbinden und hatten Ausweis um sie gemäß internationalen Vorschriften als Angehörige der Wehrmacht zu kennzeichnen. In Verfolgung der Verhandlungen, welche in den Tagen ab 30. April in der Stadt gepflogen wurden, da man einsah, daß eine Verteidigung der Stadt bei der Bedrohung von Ost und West sinnlos sei und der Krieg sowieso verloren war, löste der Kommandeur a. D. Deutsch den Volkssturm schon am 2. Mai auf. Dies geschah aus eigener Machtvollkommenheit. Deutsch sprach dabei die Bitte aus, daß die Verbände auf privater Grundlage auch fernerhin für die Versorgung in kommenden schweren Tagen tätig sein sollten. In seiner letzten Verlautbarung von seiner Flucht, hat der Kreisleiter Lange, als er sich von der Burger Bevölkerung verabschiedete, die Auflösung des Volkssturmes von sich aus nochmals verfügt; Burger Tageblatt vom 4. mai 1945, die erste und letzte Nummer dieser Zeitung, als der „Mitteldeutsche“ sein Erscheinen eingestellt hatte. Nachzulesen in der Anlage Nr.51, Blatt vom 4.5.1945. Und doch war der Volkssturm endgültig tot. Mit dem Einmarsch der Roten Armee in der Nacht zum 5. Mai 1945 endete jede Tätigkeit deutscher Dienststellen. Der Kreisleiter als oberster Führer in Burg flüchtete im Augenblick des Eintreffens der Roten Armee und endete durch Selbstmord in Möser. Die oberen Führer des Volkssturmes wurden von den Russen gefangen fortgeführt. Sie sind z. T. im Lager gestorben, die anderen sind nach ungefähr 3 bis 4 Jahren wieder entlassen. Getreu seiner Auffassung von den Aufgaben des Burger Volkssturmes
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Hat Major Deutsch die geforderte Stellung von 2 Kompanien nach Stendal zur Aufstellung von Kampftruppen abgelehnt, mit der Ausrede, die Leute wären noch nicht fertig ausgebildet. Auch als Magdeburg die Gestellung von Volkssturmmännern aus Burg verlangte, soll der Antrag abgelehnt worden sein.
Vorbereitung zum Endkampf
Wenn auch die Siegesaussichten sich seit dem Jahre 1943 verringerten, seitdem wir bei Stalingrad schwer geschlagen waren, und wir im Juni 1944 den Angriff der Westmächte hinnehmen mussten, ohne in der Lage zu sein, ihnen die Landung in Frankreich verwehren zu können, so glaubten wir doch nicht, daß unser engstes Heimatgebiet noch zum Kriegsschauplatz werden würde, ja, daß sich hier die allerletzten Kämpfe abspielen würden. Fast unglaublich war es uns, als wir um die Weihnachtszeit 1944 erfuhren, daß um Berlin herum geschanzt würde. Und dann kam auch, als die allgemeinen Nachrichten von den Fronten immer bedrohlicher wurden, für Burg der befehl zum Ausbau von Verteidigungsstellungen. Mitte Februar 1945 begann man hier an den Chausseen zu schanzen. Wehrmacht und Volkssturm unterstützt durch Teno (Technische Nothilfe) bauten Schützenlöcher, Maschinengewehr uns Pak-(Panzerabwehrkanonen) Stände und Panzerfallen. Und bald kam auch die Zeit, daß man in der Stadt selbst anfing die Panzersperren zu bauen, so daß Burg beinahe ein mittelalterliches Aussehen bekam. Die Panzersperren hatten den Zweck, den Panzern das Eindringen in die eigentliche Stadt zu versagen und sollten den Verteidigern der Stadt letzte Möglichkeit geben, diese Panzer abzuschießen. Eine Sperre sah ungefähr so aus: Auf dem Bürgersteig wurden nebeneinander quer zur Straße starke Kiefernbaumstämme, die 2 bis 3mtr. hoch waren, eingegraben und ungefähr 1 bis 2 Meter dahinter noch eine Reihe. Der Raum zwischen den beiden Reihen wurde mit Erde vollgeschippt, die Stämme untereinander verankert. Längs der Gosse schloß eine weitere Baumreihe diesen Wall ab. Außerdem waren längs der Gosse weitere Baumstämme davor gesetzt, hinter denen die quer zum Straßendamm gelegten Baumstämme, die in 3 Reihen hintereinander zirka 2 bis 3 Meter hoch lagen und so jeden Verkehr sperrten, Widerstand fanden. Ich hoffe mit Anlage 48a + b ein Bild davon zu geben. Auf Anlage No. 49 habe ich auf einem Stadtplan sämtliche Panzersperren eingezeichnet. Von Osten über Süden und Westen nach Norden ergibt sich folgende äußere Verteidigungslinie:
1. Berlinerstraße zwischen Haus 23 und 24 2. Berlinerstraße zwischen Autoprogatzki und Waisenhausgarten 3. Deichstraße zwischen Ihle und Haus Nr. 23 4. Kapellenstraße zwischen Haus 19 und 22 5. Grabowerstraße bei Haus 34 6. Grabowerstraße 2 zwischen Haus 12 und 42 7. Zerbster Promenade vor Haus 11a 8. Zerbster Chaussee vor Haus 5 9. Zerbsterstraße vor Haus 18 10. Magdeburger Promenade zwischen Haus 1 und 35 11. Magdeburger Promenade im Durchgang bei der Herberge zur Heimat 12. Magdeburger Promenade an der westlichen Biegung zur Oberstraße 13. Magdeburger Chaussee zwischen Haus 17 und 43 14. Magdeburger Chaussee zwischen Haus 3 und 53 15. Moltkestraße – Dietrich –Eckhard - Straße 16. Moltkestraße 26a 17. Am Weg nach Hohenwarthe dicht westlich der Bökebrücke 18. Kaiser – Wilhelm – Straße vor Haus 32 19. Kaiser – Wilhelm – Straße vor Haus 26 20. Bäckerei, dicht westlich der Kleinbahn bei Aßmann 21. Niegripper Chaussee, westlich des Kanals 22. Schartauerstraße zwischen Haus 34 und 37 23. Weg nach Blumenthal nördlich des Kanals 24. Bergstraße, Eingang vom Untermhagen 25. Parchauer Chaussee, nördlich der Bahn bei Zellweger 26. Kolonie zwischen Haus 16 und 84 27. Holzstraße, Ausgang zur Kolonie 28. Unterhagen Ausgang zur Kolonie
Die Ihleübergänge von der Unterstadt zur Oberstadt bzw. umgekehrt wurden wie folgt abgeriegelt:
29. Schulstraße 1 gegenüber Eckhaus Deichstraße 25 30. Breiter Weg zwischen Haus 7 und 48 31. Brückenstraße zwischen Haus 1 und 20
Außerdem war der Nordhang des Bergrückens in der Oberstadt im Zuge der Nordstraße von der Kolonie bis zum Wasserturm durch Anlage von Schützenlöchern und MG-Ständen zur wirksamen Verteidigung eingerichtet. Auch sonst wurden im weiteren Umkreis der Stadt, als die Bedrohung von Ost und West immer größer wurde, weitere Stellungen zum Teil durch die Wehrmacht und dem Volkssturm und Teno ausgebaut; näheres ist mir darüber nicht bekannt geworden. Auch was sonst draußen auf den Dörfern an Stellungen und Verteidigungsnestern vorbereitet wurde, ist mir nicht bekannt geworden.
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Der Endkampf
Mit schwerer Sorge wurde hier das Vordringen der Feindkräfte von Osten und Westen verfolgt. Anfang April 1945 standen Teile der Russen (Rote Armee) schon an der Oder. Im Westen wurde die Rheinlinie noch allgemein gehalten. Plötzlich kam der Rheinübergang bei Remage und der Vorstoß zur Weser, kurz darauf Überschreitung der Weser und ganz überraschend drangen schnelle Verbände und Panzerspitzen in den mitteldeutschen Raum ein. Schneller als geahnt, und nicht von Osten, wie allgemein angenommen, erreichten vom Westen her die Feinde (Amerikaner) unser Gebiet. Am Mittwoch, den 11. April 1945, einen Tag nach der Zerstörung des Burger Fliegerhorstes durch Luftangriffe, tauchte plötzlich 17:30 Uhr in der Stadt das Gerücht auf: „Der Amerikaner steht bei Ottersleben vor Magdeburg“ und „der Feind steht drüben bei Rogätz an der Elbe“. Um 18 Uhr blieb plötzlich das elektrische Licht fort und Bange Sorge bemächtigte sich der Einwohnerschaft. Ich werde diese kommenden Tage einzeln schildern und hoffe, damit ein übersichtliches Bild zu geben. Da ich als Oberschenkelamputierter nicht allzu weit laufen kann, habe ich mich bei vielen meiner Angaben auf Mitteilungen von Freunden und Bekannten stützen müssen.
11.4.1945, Mittwoch Nachricht vom Eintreffen des Amerikaners an der Elblinie; sofortige Zusammenfassung aller hiesigen Wehrmachtsteile und Gründung der „Kampfgruppe Burg“ unter Obersleutnant Müller von der Sturmgeschützschule. Gefechtsstand ist die Fürst Leopoldskaserne, später wurde der Gefechtsstand nach dem Brehm und Eichhörnchen verlegt. Aus den im Standort befindlichen Leuten wurden die Bataillone I. II, III. IV. der Kampfgruppe zusammengestellt; auch die kampffähigen Leute des Fliegerhorstes wurden eingereiht. Dazu kamen die hier noch anwesenden Sturmgeschützbatterien. Es soll auch noch eine Kampfgruppe „Stolt“ gegeben haben, doch habe ich darüber nichts weiter erfahren. Nun wurde sofort die Elblinie auf unserer Seite besetzt und zur Verteidigung eingerichtet. In den Kasernen verblieb das sog. Restkommando. Schwere und leichte Flakabteilungen bezogen hier auch Stellungen. Noch im Besitz der Bürgerschaft befindliche
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Autos wurden beschlagnahmt, die Landwirtschaft mit ihren Gespannen zum Munitions fahren herangezogen. Der Rest der Fliegerhorstbesatzung blieb im Horst und bildete die Verteidigung des Abschnittes Fliegerhorst – Stegelitz weine eigene Gruppe unter der Bezeichnung „Kreiskommandantur der Kampfgruppe Burg“ unter Führung von Oberst Zimmermann. Überall wurden Ortskommandanturen eingerichtet zur Verteidigung der Ortschaften. Major Müller soll später abgelöst worden sein durch Major Hesse; in Nedlitz soll der Divisionsstab gelegen haben.
12.4.1945, Donnerstag 3 Kompanien des Volkssturmes ziehen früh 7 Uhr nach Lostau zum Schanzen, kehren abends zurück. Im Laufe des Tages hört man vom Fliegerhorst her große Sprengungen. Fortwährend ziehen Soldaten zur Verstärkung der Verteidigung zur Elbe. Gleichzeitig hält der Durchzug von Versprengten und Flüchtlingen, der seit Dienstag den 10.4.45 läuft, von der Elbe her an. Aus den Lazaretten wurden die Leichtverwundeten entlassen; sie sollen sich nach Hause begeben. Der Hauptverbandsplatz wird in einem alten Bierkeller in der Bergstraße (hinter der Mauer) der in den Weinberg hineingebaut ist und sicheren Schutz gewährt, eingerichtet. Überall in den Hauptstraßenzügen werden darauf bezüglich Hinweisschilder angebracht. Von hier ab siehe die Anlagen Nr. 50a-e. Der Heeresbericht bestätigt, daß der Feind südlich Magdeburgs die Elbe erreicht hat. Wie schon seit langen Wochen kommen Flüchtlinge aus dem Osten, einzeln, in Trupps und ganzen Trecks, die noch über die Elbe wollen. Häufig läßt der Amerikaner die Leute zu sich herüber, oft ist aber auch jeder Verkehr untersagt; viele gehen auch nachts heimlich über die Elbe.
13.4.1945 , Freitag Es geht hier das Gerücht, daß der Feind bei Westerhüsen und bei Tangermünde – Schönhausen über die Elbe gegangen sei. Bestätigung dieser Nachricht ist nicht zu erlangen. Artilleriefeuer ist vom westen zu hören. Um Magdeburg wird gekämpft. Die 9. amerikanische Armee hat die gesamte Elblinie in unserem Bezirk besetzt.
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14.4. 1945, Sonnabend In der Nacht zum Sonnabend kommt es im Nordwesten Richtung Rogätz, Kehnert, jedenfalls ist es in Blumenthal gewesen. Nachts und auch am Tage ist Artilleriefeuer zu hören und in der Stadt gibt’s Treffer. Mittags wird die Clausewitzkaserne getroffen. Abends und in der Nacht zum Sonntag wird die Gegend Niegripper Chaussee, Kanalstraße, Bahnhof, Friedhof und Bahnhofsanlagen beschossen. Der Bahnhof erhält Treffer, ebenso das Inspektorhaus am Friedhof. In den Anlagen und im Westteil des Friedhofes große Verwüstungen und auch Beschädigung des Geißler – Bartelschen Mausoleums sowie vieler Grabmäler. Ein weiterer schwerer Treffer bei Bäckermeister Henkel, Friedenstraße- Ecke Artilleriestraße. In diesen Tagen ist auch wohl der Zugverkehr vollständig eingestellt.
15.4.1945, Sonntag Mittags setzte wieder Artilleriefeuer ein. Es sind immer nur einzelne Lagen, die aber Opfer an Gut und Blut kosten. Um 13:30 Uhr Treffer in der Mauerstraße, der Kohlenhändler Ranisch tötet. Treffer am Schützenplatz – Schützenstraße. Um 15:45 kracht ein Treffer auf den Damm vor der Schartauerstraße 40 (Bäckermeister Weiland). Es gibt, soweit ich in Erfahrung bringen konnte, 6 – 8 Tote und ungefähr 5 Verwundete. Zu mir ins Haus Nr. 27 brachte man 2 Schwerverwundete, die mich verband, so daß ich erst später zur Straße kam. Bei dem schönen Frühjahrswetter waren viele Spaziergänger auf der Hauptstraße, daher die verhältnismäßigen großen Verluste. Schaufenster und Fensterscheiben in großem Umfang zersprangen vom Luftdruck. Weitere Schüsse trafen in die Gartenstraße, Bahnhofstraße, Moltkestraße, Artilleriestraße, also vorwiegend der Westen war in Mitleidenschaft gezogen. Von diesem Tage kommen auch Geschosse mehr von Nordwesten, treffen bei der Schule in der Schartauerstraße, beim Wasserwerk und auch bei m Kleinen Hof usw. Alle Treffer sind mir gar nicht bekannt geworden. Von diesem Tage an schläft die gesamte Bevölkerung in den Kellern: jeder richtet sich behelfsmäßig ein, auch Wirtschaftsgegenstände und Möbel werden in den Keller gebracht. Manche Familien halten sich auch tags-
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über im Keller auf. Das wirtschaftliche Leben in der Stadt geht weiter. Wir haben mal Licht, mal kein Licht, da die Stromzufuhr vom Westen her (Harpke) abgeschnitten ist, wird zum Teil in den Fabriken der Stadt Strom erzeugt, der natürlich keineswegs genügt. Von unserer Wehrmacht sind in diesen ersten Tagen des Nachts oft Streifen jenseits der Elbe. Auch die Angehörigen des Wehrwolfs, eine Bewegung, die von unbekannter Seite ins Leben gerufen wurde, um den Verteidigungswillen des Volkes unter allen Umständen aufrecht zu erhalten und dem hier in Burg nur wenigere jüngere Leute angehören, sind wohl einige Male jenseits der Elbe gewesen. Was sie dort bezweckt haben, ist nicht bekannt. Ihre bemerkbare Tätigkeit erstreckte sich hier in Burg lediglich auf das Anheften von aufrufen an den Toreingang der Steinhaushalle. Es gelang mir leider nicht einem solchen Aufruf zu ergreifen um ihn meiner Sammlung hinzuzufügen. Nachzutragen ist noch, daß an diesem Sonntag auch ein Artillerietreffer in die Kartoffelfabrik an der Landstraße nach Grabow fiel, die dort in der Nähe des Springgrabens stand, und dieselbe dadurch abbrannte. In derselben befand sich ein großes Ausweichlager an Leder.
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16.4.1945, Montag In Burg keine besonderen Ereignisse. Die Amerikaner zerstören Zerbst durch Fliegerangriff, und belegen dieselbe noch mit Artilleriefeuer, da die Stadt sich nicht kampflos ergeben wollte. Der Amerikaner zog von der Elbe her durch Zerbst, befreite seine Gefangenen in Altengrabow und ging dann über die Elbe zurück.
17.4.1945, Dienstag Der Artilleriebeschuß hat mit Sonntag so gut wie aufgehört. Tagsüber sind oft Aufklärer und Tiefflieger über Burg bzw. dem Fliegerhorst.
18.4.1945, Mittwoch Teile des Volkssturmes sind für die Hilfsdienste ohne Waffe eingesetzt. Für Nachrichten und Verpflegungsdienste ist die motorisierte Abteilung im Dienst.
19.4.1945, Donnerstag Die Dienststelle des Volkssturms, die erst im Hause der Kreisleitung der Partei in der Bahnhofstraße war, befindet sich jetzt im Büro der Goldleistenfabrik Georg Lorenz, Bismarckstraße. Geschäftszimmer der motorisierten Abteilung in der Bahnhofstraße bei Gärtner Hermann Dietrich.
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Die Panzersperren werden jetzt zum Teil geschlossen, so daß in diesen Straßen nur noch Fußgängerverkehr durch eine kleine Schluppe möglich war. In der Nacht zum Freitag wieder Artilleriefeuer auf Burg. verschiedene Häuser werden getroffen. Der Dachstuhl des Hauses Grünstraße 17 (Bierverleger Büchner) wird getroffen und brennt ab.
20.4.1945, Freitag Keine besonderen Ereignisse. Wir haben weiter Artilleriebeschuß. Von der Kampftätigkeit an der Front ist in der Stadt nicht allzu viel zu merken. Aber die Zahl der sich hier sammelnden Verwundeten wird immer größer. Artilleriefeuer ist immer zu hören. Der heimliche Verkehr von Flüchtlingen über die Elbe geht nach wie vor. Der Amerikaner drahtet sich drüben ein. Er scheint nicht über die Elbe kommen zu wollen. Wir sind eines Teils froh darüber, wissen aber nicht, was uns von Osten droht. Um Berlin wird gekämpft. In diesen Tagen, genauer Termin ist mir nicht bekannt, hat beim Kreisleiter eine Besprechung stattgefunden, in der die Frage der Verteidigung der Stadt durch den Volkssturm besprochen wurde. Man war zum Teil dafür, aber Major Deutsch, als Führer des Volkssturmes, erklärte, daß er auf dem Standpunkt stehe, das wohl die aktive Truppe für den Kampf da sei; er betrachtet den Volkssturm nach wie vor als Versorgungstrupp. Für den Fall, daß er kämpfen müsste, verlangte er eine bestimmte Anzahl MG., Pak und Panzerfäuste, die aber gar nicht zu beschaffen waren. Es entfällt somit die Aufgabe für den Volkssturm. Deutsch hatte damals schon die Ansicht, daß der Kreisleiter Lange schon gar nicht mehr ernsthaft bei der Sache war, weil er wohl eingesehen hatte, daß doch alles verloren war. Hatte doch die Partei (NSDAP) schon alle Dienststellen und Ortsgruppen aufgelöst und ihr material vernichtet.
21.4.1945, Sonnabend Es ist nichts Besonderes zu berichten. Die seit mehreren Tagen nur noch in ganz kleinem Format erscheinende Zeitung „Der Mitteldeutsche“, jetzt nicht mehr außerhalb sondern in Burg gedruckt bei August Hopfer, gibt Verhaltensregeln für das verhalten evtl. Eindringen von Panzern. Bei der Zeitung ist der bisherige Untertitel
S. 499-501
„Burger Tageblatt“ bereits doppelt so groß als der Titel „Der Mitteldeutsche“. Auch ein Zeichen der Zeit. Seit einigen Tagen werden im Konzerthaus an die Bevölkerung Gasmasken gratis ausgegeben.
22.4.1945, Sonntag Es ereignet sich nichts Wichtiges. Die Bedrohung von Osten wächst. Den nachrichten und Aufmunterungen im Rundfunk wird ziemliche Skepsis entgegengebracht.
23.4.1945, Montag Ab heute erscheint „Der Mitteldeutsche“ zum Teil nur noch einseitig. Es wird vor Plünderungen gewarnt. Im Kanal und in der Elbe liegen viele Kähne die als Ausweichlager benutzt sind und voll Ware stecken: Textilien, Schuhe, lebensmittel, Konserven und sonstige Gegenstände. Viele Leute fahren mit Rädern dorthin und plündern diese Kähne aus – man ist der Ansicht, ehe es der Feind bekommt, holen wir es selbst. Die Behörde ist auch nicht mehr machtvoll genug, um dagegen einzuschreiten. Die hier zur Arbeit anwesenden über 1000 Ausländer als allen Ländern sind mit dem Eintreffen der Amerikaner an der Elbe nach Osten abgeschoben. Die Lager, das Männerlager in der Uferstraße sind leer. Aber im Laufe einiger Tage fließen von Osten her andere Ausländer wieder zu, die man wegen der Russengefahr nach Westen abschob, die aber nicht mehr über die Elbe konnten. So sammelten sich hier neue Massen an, die die Lager und auch das Ausländerlager der Knäckebrotfabrik füllten. Anfang Mai waren es an 4000 Personen, die auch verpflegt werden mussten. Sie bildeten eine große Gefahr für Burg. Es wird eine Hilfspolizei unter Finanzamtmann Emil Burckhardt zur Bewachung des Lagers eingesetzt.
24.4.1945, Dienstag In der Nacht zum Dienstag haben viele deutsche Truppen die Elbfront verlassen und sind gegen Osten abgezogen, teilweise auch mit Marschrichtung Norden nach Jerichow – Havelberg. Wie das Oberkommando der Wehrmacht Bekannt gibt, kämpfen wir nur noch gegen Osten, also nur gegen die Rote Armee. Wir haben sogar die Westmächte gebeten, vom Kampf gegen uns abzulassen und uns im Kampf gegen die Russen zu unterstützen. Aber ohne Erfolg. An der Elbfront liegen von uns noch Beobachter; auch der Amerikaner verhält sich ruhig.
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Die Verluste im Kampf an der Elbfront sollen gering gewesen sein. Zahlen darüber und auch über die Verluste der Einwohnerschaft sind bis heute nicht bekannt. Abends geht das Gerücht, es sei Waffenstillstand, das sich aber nicht bestätigt.
25.4.1945, Mittwoch Die Nacht zum Mittwoch war sehr ruhig. Es wird bekannt gegeben, daß früh 9 Uhr auf dem Fliegerhorst Sprengungen vorgenommen werden. Alle Fenster sind zu öffnen. Nach der ersten Sprengung setzt von Westen her sofort Artilleriefeuer ein. Die Sprengungen werden daraufhin sofort eingestellt. Nachmittags um 2 Uhr wieder einige Schüsse vom Westen.
26.4.1945, Donnerstag Gefahr vom Osten her wird immer bedrohlicher.
27.4.1945, Freitag Viele Schwerverwundete sind von hier in Omnibussen abtransportiert, um die Lazarette zu entlasten; Ziel ist unbekannt. Den amtlichen Beruhigungspillen glaubt fast kein Mensch mehr.
28.4.1945, Sonnabend Nachmittag gegen 17 Uhr kommt ein Ami – Feindflieger über Burg und wirft Flugblätter ab. Siehe Anlage No. 50a. Es wird die Ankunft der Amerikaner angekündigt. Alle Hauptstraßen müssen absolut frei sein. Erneutes Hangen und Bangen, was wohl nun wird. Die Straßen leeren sich, es ist kein Verkehr mehr. Die zum großen Teil geschlossenen Panzersperren werden geöffnet. Aber die amerikanischen Truppen kommen nicht. Sie bleiben nach wie vor westlich der Elbe.
29.4.1945, Sonntag Auch heute vergeht der Tag ohne Besonderheiten. Wir wohnen nun schon 14 Tage im Keller. Die Wohnung ist leer, bis auf die großen Möbelstücke. Alles ist verpackt und im Keller oder wenigstens im Erdgeschoß untergebracht zum Teil auch versteckt. Viele Leute haben ihre Wertgegenstände im Garten vergraben. Da die Beschießung nachgelassen hat, sind mutige Leute zum Teil auch schon wieder in ihre Wohnung gezogen. Es gibt jetzt allerhand zusätzliche Lebensmittel zu kaufen. Die Reservevorräte werden verkauft, um sie nicht dem kommenden Feinde in die Hände fallen zu lassen. Trotz der großen Gefahr fahren viele Leute zur Zuckerfabrik nach Gommern und holen sich Zucker Sack weise. Die Ausräumung und Plünderung der Kähne in Elbe und Kanal geht unter
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den Augen der Amerikaner weiter. Die Autorität der Behörden ist im Schwinden.
30.4.1945, Sonntag Nichts von Bedeutung. Immer mehr verdichtet sich das Gerücht, daß gewisse Kreise sich stark dafür einsetzen, das Burg kampflos übergeben werden soll. Wenn der Russe von Osten her die Elbe erreicht, die der Amerikaner und Engländer am Westufer bereits in den Händen haben, ist der Krieg sowieso praktisch zu Ende. Die 40000 Verwundeten die angeblich hier sind, haben Anrecht auf Schonung. Und die Stadt jetzt noch zu opfern ist sinnlos. Zerbst ist das schrecklichste Beispiel dafür. An diesem Tage kam der Goldleistenfabrikant Georg Lorenz zu dem Kaufmann Deutsch (Major und Führer des Volkssturms) und teilte mit, daß der Oberbürgermeister Lebenstedt, der, was allgemein unangenehm bemerkt, in letzter Zeit stark dem Alkohol zuneigte, gestern wieder so stark betrunken war, daß er von einem Schutzmann, der ihn sah, nach hause geleitet wurde. Lorenz und Deutsch waren der Ansicht, wie auch viele Einwohner der Stadt, daß ein solcher Oberbürgermeister nicht mehr tragbar sei. Man müsse versuchen, denselben durch eine andere vertrauenswürdige Person ersetzen, um auch auf diese Weise Einfluß auf die kommende Gestaltung der Dinge zu gewinnen. Es wird verabredet, daß deutsche weitere Schritte allein, die ja sehr gefährlich sind, unternehmen soll.
1.5.1945, Montag Heute bringt „Der Mitteldeutsche“ unter der Überschrift „Was uns bleibt“ eine Kennzeichnung der Lage ohne Beschönigung: Was bleibt uns? Der Glaube an unser Volk, die deutsche Muttersprache, die deutschen Flüsse und Auen – und sonst nichts. Trübe Vorausahnungen des tatsächlich Eingetroffenen. Und noch eine Mahnung der Zeitung, der Bände spricht: „Kein Alkohol aufbewahren!“ Um eventuellen Exzessen der Soldaten durch Trunkenheit vorzubeugen, soll dem Gegner, wenn er die Stadt besetzt, (gedacht wird immer an die Rote Armee) kein Alkohol zufallen. Ulrich Deutsch hat nun am Montag und Dienstag mit politischen Leuten von den früheren Parteien, z. B. Demokraten, Sozialdemokraten, Kommunisten und sonstigen im bürgerlichen Lager rechts stehenden, in seiner Wohnung ver-
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traulich Einzelbesprechungen abgehalten und deren volle Zustimmung gefunden. Als Oberbürgermeister soll der Kaufmann Willi Gebhardt, bis 1932 Fraktionsführer der Demokraten, vorgeschlagen worden. Eine Kommission, bestehend aus den Herren Ulrich Deutsch, Georg Lorenz und Theodor Hopfer, sollen sich zum Stellvertretenden Regierungspräsidenten, unseren Landrat Lehmann begeben und ihm die Wünsche der Bürgerschaft vortragen. Der Landrat ist für das rechtselbische Gebiet unseres Regierungsbezirkes Magdeburg deshalb Stellvertreter des Regierungspräsidenten, da derselbe entweder noch seinen Sitz in Magdeburg hat und demnach unerreichbar ist, oder sich schon abgesetzt hat (so lautet der Ausdruck, wenn einer geflüchtet ist.) oder seinen Amtssitz sonst wohin verlagert hat. Man trägt die Ansicht der Bürgerschaft vor und benennt auch Herrn Gebhardt als gegebenen Nachfolger. Der Landrat droht nicht direkt mit der Geheimen Staatspolizei (Gestapo), aber er fragt die Herren ob sie sich der Gefährlichkeit ihres Schrittes bewußt sind; es könnte ihnen vielleicht sofortige Verhaftung und Aburteilung drohen. Die Herren entgegnen, daß man sich der Gefahr wohl bewußt sei, aber man doch der Ansicht sei, daß der Schritt trotzdem getan werden müsse, so könne es nicht weiter gehen. Als der Landrat sieht, daß die Herren sich nicht einschüchtern lassen, gibt er nach und verspricht mit Herrn Gebhardt sich zu besprechen.
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Als wichtige Bedingungen werden noch zwei Forderungen genannt: 1. ) Kampflose Übergabe der Stadt, 2.) Verbot des Wehrwolf 2.5. 1945 Mittwoch???? (Dienstag) Der Rundfunk am Dienstagabend und die Zeitung am Mittwoch früh melden den Tod des Führers und Reichskanzlers Adolf Hitler. Er ist, wie die Meldung sagt, gefallen, doch brachten Westzeitungen nach 1945 die Nachricht, daß er damals durch Selbstmord geendet hat. Alle glauben, nun sei der Krieg sofort zu Ende, sind aber enttäuscht, als sein Nachfolger Großadmiral Dönitz (der allerdings nur 8 Tage regiert) zum Weiterkämpfen aufruft. Es ist eine aussichtslose Sache weiter an den Sieg oder auch nur an ein erträgliches Ende zu glauben. Da helfen alle Proklamationen nichts mehr. Das Gerücht, daß die Stadt kampflos übergeben werden soll, verstärkt sich. Flüchtlinge von Osten ziehen immer noch nach dem Westen zur Elbe. Die Menschenansammlung soll dort sehr groß sein. Der Landrat verhandelt heute mit Herrn Gebhardt, die zwei Bedingungen werden angenommen und Herr Gebhardt zum Oberbürgermeister der Stadt Burg eingesetzt, nachdem der Landrat Herrn Lebenstedt abgesetzt hat.
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Genhardt wird zur Überraschung aller Beteiligten eingesetzt, auf Grund der vor 1933 gültigen Gemeindeordnung. Bürgermeister Dr. Niendorf soll einstweilen im Amt bleiben. Aber es wird sofort ein Gemeinderat bestimmt (zur Wahl ist ja keine Zeit), der nun neue Stadträte wählen soll. Damit war das Nazisystem in der Stadt abgeschafft. Kreisleiter Lange war hierbei gar nicht in Erscheinung getreten; ebenso hatte der Krankenkassendirektor Brandt, der Gestapo - Mann nicht eingegriffen. Diese Kreise sahen wohl ein, daß ihre Zeit erfüllt war. An diesem Tage, oder schon vorher ist Herr Deutsch auf dem Brehm, dem Gefechtsstand des Gruppenkommandeurs gewesen und hat denselben dahin beeinflusst, daß derselbe versprach mit seinen Truppen abzuziehen. Der Abzug erfolgte nach Norden. Auch dieser Schritt barg eine große Gefahr in sich, da Deutsch selbst Offizier gewesen war und sich noch als Volkssturm – Führer im Dienst befand. Aber auch hier traf er auf einen einsichtsvollen Menschen, der wohl auch die Zeichen der zeit erkannt hatte.
3.5.1945 Donnerstag??? (Mittwoch) Die Gefahr von Osten her ist immer größer geworden. Das Erste Zeichen, daß wir sicher mit russischer Besatzung zu rechnen haben, ist der im Rundfunk und in der Zeitung gegebene Befehl, daß sämtliche Schiffe von Rathenow an der Havel abwärts und von Niegripp an die Elbe abwärts fahren sollen. Das heißt, daß man diese Schiffe wohl dem Engländer aber nicht dem Russen in die Hände geben will. Die heutige Zeitung bringt die Bekanntmachung, daß gestern der Oberbürgermeister Lebenstedt abgesetzt ist und Herr Gebhardt zum Oberbürgermeister bestellt wurde. Jetzt ist die Bahn frei für Unterhandlungen wegen der kampflosen Übergabe der Stadt. Heute Vormittag waren die neuen Beiräte (ernannte Stadtverordnete) zu einer ersten Sitzung im Rathaus zusammen. Anwesend waren: Frau Schwab, Kommunistin; G. Bethge, Ackerbürger; Ulrich Deutsch, Kaufmann; Theodor Hopfer, Buchdruckereibesitzer; August Heisinger, Kommunist; W. Katurbe, Sozialdemokrat; W. Kunze; Georg Lorenz, Goldleistenfabrikant; Otto Mohrenweiser, Gärtnereibesitzer; R. Petersen; Georg Schindler, Kommunist;
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Willi Steigert, Kommunist; Otto Stollberg, und Willi Stollberg Tischlermeister, Sozialdemokrat; Siegfried Stöckel, Chemische Fabrik; Dr. Tschersig, Studienrat, Sozialdemokrat.
Es wurde klargestellt, daß mit einem Kampf um die Stadt nicht zu rechnen sei, dazu gehörte denn die sofortige restlose Beseitigung der Panzersperren. Entgegen dem späteren Gerücht ist aus dem bericht, der am Freitag in der Zeitung erschien, nicht zu ersehen, daß eine Abordnung dem feinde entgegen fahren sollte, um die Übergabe der Stadt anzubieten. Man stand wohl auf dem Standpunkt, daß, wenn keine Verteidigung erfolgt, die Stadt kampflos besetzt wird. Und so hat es sich denn auch die Situation abgespielt. Eine Wahl von neuen Stadträten hat man wohl in dieser ersten Sitzung, die dann allerdings die einzige blieb, noch nicht vorgenommen.
4.5.1945, Freitag??? (Donnerstag) Ein Tag wie alle Vorhergehenden, und doch barg er schwerwiegende Ereignisse. Früh klebten Blätter an den Häusern mit der Abschiedsproklamation des Kreisleiters Lange, enthalten die Auflösung des Volkssturmes und Verbot für die Betätigung im Wehrwolf. Das nur in ganz wenigen Exemplaren erschienene Mitteilungsblatt hat seinen Titel „Der Mitteldeutsche“ abgelegt und heißt nur noch wie einst „Burger Tageblatt“. Es enthält einen Aufruf des neuen Oberbürgermeisters Gebhardt.
„In der schwersten Stunde, die je über unser Hartgeprüftes deutsches Volk hereingebrochen ist, wurde mir vom Stellvertreter des Regierungspräsidenten die Wahrnehmung der Geschäfte des Oberbürgermeisters der Stadt Burg übertragen. Ich bin mir bewußt, in diesem Augenblick eine fast unlösbare Aufgabe übernommen zu haben, will aber meine ganze Person und Kraft einsetze, und alles tun, was überhaupt getan werden kann, um allen Einwohnern unserer Stadt die schwere Zeit, die uns bevorsteht, so erträglich wie möglich zu gestalten. Bewährte, erfahrene und pflichtbewusste Männer und Frauen stehen mir dazu als Beiräte zu Seite. Männer und Frauen der Stadt Burg! An Euch richte ich aus tiefstem Herzen die inständige Bitte: Habt Vertrauen zu mir und meinen Beiräten! Bewahrt Ruhe und Ordnung und lasst Euch in Eurer Haltung durch nichts beirren! Mit rücksichtloser Strenge wird gegen Plünderer wird gegen Elemente vorgeschritten werden, die aus verwerflichen Fanatismus durch unbesonnene Taten die Bevölkerung
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gefährden und Schaden an Leben und Gut anrichten. Helft alle Mit, Bürger und Bürgerinnen, lasst uns fest und in unzerreißbarer Treue in diesen Tagen zusammenstehen.
Der Oberbürgermeister mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragt gez. Gebhardt“
Der Aufruf des Kreisleiters Lange hatte folgenden Wortlaut:
„An die Burger Bevölkerung! Volksgenossen und Volksgenossinnen In dieser schicksalsschweren Stunde wende ich mich noch einmal an Euch, um Euch als Euer Betreuer, der ich immer gewesen bin, bis zum Letzten mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Um die Stadt Burg vor dem schwersten zu bewahren, ordne ich an: Allen früheren Parteigenossen und Angehörigen der Gliederungen verbiete ich auf jeden Fall unter Androhung der Todesstrafe sich dem Wehrwolf zu betätigen. Der Kampf um Deutschland geht seinem Ende entgegen, und die Bevölkerung darf nicht durch unbesonnene Elemente in Gefahr gebracht werden. Den Volkssturm in seiner bisherigen Zusammensetzung und seinen militärischen Zweckbestimmungen erkläre ich für aufgelöst. Ich fordere aber alle Volkssturmmänner auf, in ihren bisherigen Einheiten zu verbleiben, um sich den zivilen Sektor in Bezug auf Versorgung, Pflege von Kranken und Verwundeten und Transport von lebenswichtigen Gütern und Lebensmitteln zur Verfügung zu stellen. Bis zur endgültigen Regelung und nach Absprache mit dem Leiter der Stadtverwaltung bleibt die bisherige Führung des deutschen Volkssturmes bestehen. Meine Burger Volksgenossen! Ich tat bis zuletzt als Deutscher meine Pflicht und war mit Euch glücklich und zufrieden in guten und bösen Tagen. Ich danke Euch für Eure Mitarbeit und für Treue. Was die Zukunft auch bringen mag, es begleiten Euch meine herzlichsten Wünsche und die Bitte, das kommende besonnen zu tragen, um Euch vor noch größerem Unglück zu schützen und Euch und euerer Kinder die Lebensmöglichkeit zu erhalten.
Euer Kreisleiter Lange
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Die Gefahr von Osten wächst stündlich. Viele Flüchtlinge und Soldaten und Verwundete ziehen nach Westen um noch über die Elbe zu gelangen. Selbst Schwerverwundete sind darunter: „nur weiter, weiter, nicht hier bleiben, zum Ami rüber“. Die Spannung in der Stadt ist aufs höchste gestiegen. Gerüchte gehen „der Russe ist in Ziesar,“ jetzt wieder „der Russe ist in Theessen von der Autobahn runter und kommt auf Burg zu.“ 19 Uhr fahren plötzlich 2 kleine russische Panzerspähwagen durch die Schartauerstraße in Richtung Schützenstraße zur Kaserne. Jetzt sind sie also heran. In kurzer Zeit sieht man an allen Häusern die weißen Fahnen erscheinen, verwendet werden Handtücher, Betttücher, große weiße Schürzen oder was sonst gerade zur Hand ist. Es ist das Zeichen der Übergabe. Noch hat sich nichts weiter ereignet. Alle Leute halten sich zu Hause; jeglicher verkehr ruht. Ein aufgehetzter Jugendlicher in der Schartauerstraße glaubte allerdings mit einer offen getragenen Pistole die Rote Armee noch aufhalten und bekämpfen zu können; er wollte den Spähwagen nach, wurde aber sofort von besonnenen Bürgern eines anderen belehrt. Die Panzersperren sind restlos abgebaut, aber im letzten Moment hat noch ein Unbelehrbarer die Straßenbrücke über den Kanal bei Parchau gesprengt. Ob er verhindern wollte, daß der 2 bis 3 Kilometer breite Landstreifen zwischen Kanal und Elbe besetzt würde? Denn jenseits der Elbe standen doch schon die Amerikaner. Abends 21 Uhr kam ein Radfahrer durch die Schartauerstraße, es war ein Sanitäter vom Deutschen Roten Kreuz und gab laut bekannt: (von mir sofort wörtlich notiert)
„Der russische Kommandant gibt bekannt: Das wirtschaftliche Leben der Stadt geht weiter, der Kommandant garantiert für volle Sicherheit. Alle deutschen Soldaten haben sich sofort im Konzerthaus zu sammeln, alle Verwundeten begeben sich in die Lazarette!“
Diese erste Verlautbarung klang beruhigend und die Einwohner gingen zum Teil zuversichtlich zu Bett. Aus der Zeitung „Freiheit“ für Burg und Kreis Jerichow I und II, der Vorläuferin der heutigen „Volksstimme“, No. 10 vom 30. April 1946 entnehme ich aus einem Artikel des damaligen Oberbürgermeisters August Heisinger „Was brachte und das Jahr 1945/46?“ folgendes über seine Tätigkeit am 4. Mai 1945
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war eine starke Bestürzung unter der Bevölkerung. Alles rannte durcheinander und es ging von Mund zu Munde: „Panzerabteilungen der Roten Armee sind in Burg eingedrungen und haben Aufstellung in der Bürgermarktstraße genommen.“ Bei dieser Nachricht holten wir unsere zwei russischen Soldaten, die wir verschiedene Wochen verpflegt hatten, aus ihren Verstecken heraus, und versuchten mit ihnen den Vortrupp der Roten Armee zu erreichen. Als ich mit dem jetzigen Landrat, Genossen Steiger, in der Bürgermarktstraße ankam, sahen wir nur von weitem den abfahrenden Stoßtrupp. Wir beschlagnahmten einen dort abgestellten wagen und fuhren mit den 2 russischen Soldaten dem Trupp nach, um unseren Auftrag, den wir vor wenigen Tagen von der zusammengerufenen Stadtverordnetenversammlung erhalten hatten, nämlich die Übergabe der Stadt Burg zu erwirken, zur Durchführung zu bringen. Nach vielen Mühen gelang es uns dann in Theeßen durch die ersten russischen Linien zu kommen und vor einem Landhaus dem dort wachhabenden Offizier unser Anliegen vorzubringen. Nach kurzer Zeit wurden wir nach Waffen untersucht, und mit den uns begleitenden russischen Soldaten von einem Offizier kreuz und quer durch verschiedene russische Linien gefahren. Schließlich landeten wir bei dem Abschnittskommandeur, der in einem Bauernhaus in Reesdorf sein Quartier aufgeschlagen hatte. Wir brachten unser Anliegen, daß wir den Auftrag erhalten hätten die Stadt Burg zu übergeben, da wir nicht gewillt wären, den Kampf gegen die Rote Armee aufzunehmen, vor. Dieses war für uns beide ein großes Wagnis, da wir ja nicht wussten, wie weit die Desorganisation des Volkssturmes vorgeschritten war und man uns andeutete, daß bei dem geringsten Widerstand, der sich in Burg bemerkbar macht, wir die Konsequenzen ziehen müßten. Nach der Verhandlung wurden wir als Freunde des Rotarmisten auf Strohlager untergebracht. Einzelheiten der Nacht und unsere Gedankengänge zu schildern, erübrigt sich. Das wird einer späteren Geschichtsschreibung über Burg und seine Übergabe vorbehalten bleiben. Als wir morgens zwischen 9 und 10 Uhr von unserem Strohlager aufstanden, waren unsere Wagen sowie der größte Teil der Rotarmisten schon unterwegs. Burg ist, wie wir alle wissen, kampflos übergeben und in seiner früheren Gestalt bis zum heutigen Tage erhalten….“
S. 519
Soweit der Oberbürgermeister Heisinger. Über die stattgefundene bzw. nicht stattgefundnen Übergabe der Stadt widersprechen sich. Es bleibt einer späteren zeit vorbehalten, hier eine Klärung herbeizuführen. Nachzutragen bleibt nur der bericht, wie die bisherigen Gewalthaber der Stadt bzw. des Kreises bzw. der Partei endeten. Der Oberbürgermeister Lebenstedt, dessen Absetzung schon berichtet wurde, flüchtete, bzw. hielt sich verborgen. Er stellte sich später der neuen Gewalt, wurde abgeführt und ist im lager verstorben. Der Landrat Lehmann flüchtete und ging nach dem westen. Der Kreisleiter Lange flüchtete auch im Moment des Eintreffens der ersten russischen Spähwagen. Und, Ironie des Schicksals, die Russen sollen ihm begegnet sein und ihn in der Schützenstraße nach dem Weg zur Kaserne gefragt haben. Er entkam jedenfalls nach Möser und endete dort mit seiner Frau durch Selbstmord. Der Leiter der Gestapo, Krankenkassendirektor Brandt flüchtete nach dem Westen.
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Die Rekonstruktion der 31 Panzersperren Burgs nach W. Müller
Panzersperren in Burg
1. Berlinerstraße zwischen Haus 23 und 24 2. Berlinerstraße zwischen Autoprogatzki und Waisenhausgarten 3. Deichstraße zwischen Ihle und Haus Nr. 23 4. Kapellenstraße zwischen Haus 19 und 22 5. Grabowerstraße bei Haus 34 6. Grabowerstraße 2 zwischen Haus 12 und 42 7. Zerbster Promenade vor Haus 11a 8. Zerbster Chaussee vor Haus 5 9. Zerbsterstraße vor Haus 18 10. Magdeburger Promenade zwischen Haus 1 und 35 11. Magdeburger Promenade im Durchgang bei der Herberge zur Heimat 12. Magdeburger Promenade an der westlichen Biegung zur Oberstraße 13. Magdeburger Chaussee zwischen Haus 17 und 43 14. Magdeburger Chaussee zwischen Haus 3 und 53 15. Moltkestraße – Dietrich –Eckhard - Straße 16. Moltkestraße 26a 17. Am Weg nach Hohenwarthe dicht westlich der Bäkebrücke 18. Kaiser – Wilhelm – Straße vor Haus 32 19. Kaiser – Wilhelm – Straße vor Haus 26 20. Bäckerei, dicht westlich der Kleinbahn bei Aßmann 21. Niegripper Chaussee, westlich des Kanals 22. Schartauerstraße zwischen Haus 34 und 37 23. Weg nach Blumenthal nördlich des Kanals 24. Bergstraße, Eingang vom Untermhagen 25. Parchauer Chaussee, nördlich der Bahn bei Zellweger 26. Kolonie zwischen Haus 16 und 84 27. Holzstraße, Ausgang zur Kolonie 28. Unterhagen Ausgang zur Kolonie
Die Ihleübergänge von der Unterstadt zur Oberstadt bzw. umgekehrt wurden wie folgt abgeriegelt:
29. Schulstraße 1 gegenüber Eckhaus Deichstraße 25 30. Breiter Weg zwischen Haus 7 und 48 31. Brückenstraße zwischen Haus 1 und 20 Außerdem war der Nordhang des Bergrückens in der Oberstadt im Zuge der Nordstraße von der Kolonie bis zum Wasserturm durch Anlage von Schützenlöchern und MG-Ständen zur wirksamen Verteidigung eingerichtet.
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Schönes Diorama, allerdings mit Pak 36??? Ich hätte da wenigstens eine Stielgranate draufgesetzt. Die Fertigung wurde ja 1942 eingestellt, 1945 fanden sich noch 123 Stück in den Meldelisten.