Als die Vorstellungen der auf der Pariser Friedenskonferenz tagenden Entente-Staaten vom zukünftigen Friedensvertrag im Mai 1919 bekannt wurden, waren nicht nur die im Ersten Weltkrieg auf territorialem Zugewinn eingestimmten „Annexionisten“ schockiert. Statt der Ausdehnung bis nach Flandern und Nordfrankreich sowie der Einverleibung weiter Teile Nordosteuropas musste Deutschland ein Siebtel seines Territoriums mit einem Zehntel seiner Bevölkerung abtreten: Elsaß-Lothringen ging im Westen an Frankreich verloren, im Osten fielen Posen und Westpreußen an Polen. Das Hultschiner Ländchen im Südosten kam zur Tschechoslowakei; das Memelgebiet geriet unter die Kontrolle der Alliierten, während das zur „Freien Stadt“ erklärte Danzig dem Völkerbund unterstellt und de polnischen Zollsystem eingegliedert wurde. In verschiedenen Grenzgebieten des Deutschen Reiches sollten Volksabstimmungen über die staatliche Zugehörigkeit entscheiden. Als Resultat der Abstimmung von 1920 fiel Eupers-Malmedy an Belgien, Nord-schleswig wurde zwischen Deutschland und Dänemark geteilt. Im südlichen Ostpreußen und in Westpreußen östlich der Weichsel erbrachte die Abstimmung ein nahezu einstimmiges Ergebnis für den Verbleib im Deutschen Reich. Im Saargebiet sollte erst nach Ablauf von 15 Jahren eine Volksabstimmung stattfinden. Bis dahin wurde das Saargebiet dem Völkerbund unterstellt. Außerdem musste Deutschland seinen gesamten Kolonialbesitz abtreten. Die Stärke des deutschen Heeres schrieb der Versailler Vertrag auf 100000 Berufssoldaten fest, die Marine durfte 15000 Mann unterhalten. Schwere Waffen waren der Reichswehr ebenso verboten wie der Besitz von Luftstreitkräften. Auch die zivileLuftfahrt wurde starken Einschränkungen unterworfen. Um die zahlreichen Entwaffnungsbestimmungen zu überprüfen, richteten die Alliierten eine internationale Militärkontrollkommissi-on ein. Die Friedensbedingungen sahen zudem eine auf 15 Jahre befristete Besetzung des linken Rheinufers und der Brückenköpfe durch alliierte Truppen sowie die Entmilitarisierung des Rheinlandes vor. Der von beiden Staaten angestrebte Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich wurde von den Alliierten verboten. Da der Versailler Vertrag zu dem die alleinige Kriegschuld Deutschlands festschrieb, wurde das Deutsche Reich zu erheblichen alliierten Reparationsforderungen herangezogen. Vor allem wegen dieses „Krieg-schuldartikels“ wurde der Versailler Vertrag von der äußersten Rechten bis hin zur Sozialdemokratie grundsätzlich als ein „Diktat –und Schandfrieden“ angesehen. Um nicht die Verantwortung für die Unterzeichnung des Vertrages tragen zu müssen, trat das Kabinett von Reichskanzler Philipp Scheidemann im Juni 1919 geschlossen zurück. Doch angesichts der alliierten Interventionsdrohungen gab es zur Vertragsunterzeichnung am 28. Juni 1919 keine politisch vertretbare Alternative. Die Möglichkeit militärischen Widerstands wurde von führenden deutschen Militärs als aussichtslos bezeichnet. Nachdem der Vertrag am 22. Juni 1919 im Reichstag mit 237 gegen 138 Stimmen gebilligt worden war, wur-de er sechs Tage später vom neuen Außenminister Hermann Müller und Verkehrminister Johannes Bell im Spiegelsaal von Versailles unterzeichnet. Der Vertrag trat am 10. Januar 1920 in Kraft. Zusammen mit der Dolchstosslegende wurde der Versailler Vertrag in den folgenden Jahren zu heftigster Agitation gegen die Weimarer Republik und das Ausland genutzt. Nicht nur die extreme Rechte warf den republikanischen Kräften vor, mit der Befürwortung und Unterzeichnung des Vertrages entschieden zu einer Erniedrigung des Deutschen Reiches und zur Verweigerung des Selbstbestimmungsrechtes Deutschlands beigetragen zu haben. Zahlreiche Bilder und Postkarten zeigten in der Folgezeit die einst stolze und kämpferische Germania gefesselt und willfährig am Marterpfahl. Die „Fesseln von Versailles“ zu sprengen gehörte in den Jahren der Weimarer Republik daher zum Hauptziel deutscher Außenpolitik.
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