Da sind wir mal wieder bei einem interessanten Thema. Leider weichen die Quellen, was das Datum angeht, wieder einmal erheblich voneinander ab. Ich habe seinerzeit bei meinen Recherchen zur Regimentsgeschichte die Differenzen bereits erkennen müssen. Es gibt wohl auch noch eine alte Kämmerei-Rechnung, welche die Bomsdorff-Funktion schon am 26.Juni enden lässt. Aber dies ist m.E. nach genau so unwahrscheinlich , wie die Tatsache in der oben angeführten Quelle: "Geschichte der frz. Colonie" die angibt, dass der Kurfürst du Plessis zum Rhein mitnahm (Zitat: "nahm ihn aber gleich mit sich auf dem raschen Ritt an den Rhein.....) Vorausgesetzt ich habe es richtig interpretiert! Kann so aus mehreren Gründen nicht stimmen. Einmal zog der Kurfürst nach seinem Aufenthalt in Magdeburg nicht an den Rhein, sondern über Rathenow zur Schlacht bei Fehrbellin. Zum anderen nennt keine Quelle du Plessis in der Umgebung des Kurfürsten oder im Heer in dieser Zeit. In einem Befehl vom 17. Juni 1675 an den Statthalter erwähnte der Kurfürst, dass er du Plessis befohlen habe die Armee, die bei Nauen lagerte, mit Brot zu versorgen. (aus Spandau) Noch am 12. Juli fungierte du Plessis nachweislich noch als Kommandant von Spandau, denn an diesem Tag gab er einen Befehl zur Versorgung der Festungstruppen heraus. Deswegen kann aus meiner Sicht wohl angenommen werden, dass du Plessis sein Amt als Kommandant von Magdeburg nicht vor Ende Juli antrat. Übrigens die Biographie Bomsdorffs bei König erwähnt die Vice-Kommandantenzeit mit keinem Wort.
Ich habe noch einmal zu dem Problem Bomsdorf recherchiert und bin zu der Überzeugung gekommen, dass bei den bisherigen Überlegungen und Vermutungen ein Schreibfehler besondere Bedeutung hat. Im Einzelnen:
1672 schlossen Österreich und Holland ein Bündnis gegen Frankreich. Der preußische Kurfürst (der nach Aufforderung des deutschen Kaisers Leopold des Ersten im Kriegsfall ein Kontingent für die Reichsarmee zu stellen hatte) wurde deshalb zum Beitritt in das österreichisch-holländische Bündnis aufgefordert. Friedrich Wilhelm erklärte sich dazu unter der Bedingung bereit, dass dieses Bündnis auch gegen Schweden gerichtet sein muss (er wollte so zu Vorpommern kommen, das 1848 den Schweden zusgesprochen wurde und für die er Ersatz durch Magdeburg, Halberstadt und Minden erhalten hatte - Vorpommern hätte er trotzdem gerne gehabt). Diese Bedingung wurde akzeptiert. Allerdings wurde der Krieg mit Frankreich bereits 1673 durch den Frieden von Vossem beendet. Friedrich Wilhelm schloss einen Separatfrieden mit Ludwig XIV. und erhielt von diesem regelmäßige Geldunterstützung die er zur Rüstung gegen Schweden verwendete. Allerdings flammten die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Österreich, Holland und Spanien einerseits und Frankreich andererseits 1674 wieder auf und Friedrich Wilhelm musste dem Kaiser die verfassungsgemäße Reichshilfe leisten. Schweden hatte von den preußischen Plänen Wind bekommen und benutzte die Abwesenheit Friedrich Wilhelms, der im Elsaß beim Reichsheer gegen Frankreich focht, aus. Frankreich stachelte Schweden zum Kampf gegen Preußen auf und die Schweden schickten ihre Streitkräfte Trupp für Trupp über die pommerschen Sümpfe und fiel mit 16.000 Mann in Brandenburg ein. Der Kurfürst versuchte so schnell wie möglich diesem Einfall entgegenzutreten, musste seine eigenen Kräfte allerdings erst ins Winterquartier schicken um sie wieder kampfstark zu machen. Anfang Juni 1675 traten die preußischen Truppen ihren Marsch in die Marken an. Dort hatten die Schweden zwischenzeitlich übel gehaust. Friedrich Wilhelm hatte zunächst nur Kavallerie mit der er bis Magdeburg vorrückte. Drei Tage hatten seine Einheiten hier Pause. In dieser Zeit trafen erste kleinere Infantrieeinheiten und wenige Geschütze ein. Diesermaßen gestärkt entschloss sich der Kurfürst zum Schlag gegen die Schweden. Er hatte festgestellt, dass die schwedischen Truppen in drei Abteilungen aufgestellt waren, deren mittlere Rathenow besetzt hatte. Diese wollte er vernichten, bevor die anderen schwedischen Kräfte in den Kampf eingreifen konnten. In der Nacht vom 16. zum 17. Juni 1675 beginnen 6000 Reiter und 13 Geschütze unter Friedrich Wilhelms Führung auf den Weg nach Rathenow. 1200 Mann Infanterie werden auf Wagen nachgeschickt. Der Überraschungsangriff gelingt und die Schweden werden aus Rathenow vertrieben. Die schwedischen Truppen formieren sich gegen die preußischen am Zusammenfluss der beiden aus dem Ruppiner See kommenden Rhinarme bei Fehrbellin, wo es einen Flussübergang gibt, und erwarten den Angriff. Friedrich Wilhelm reitet nachts hinter den sich zurückziehenden Schweden aus Rathenow durch die feuchten Havelniederungen und lässt die Dragonerregimenter Bomsdorf und Derfflinger absitzen und schlägt mit dieser kleinen Streitmacht am 28. Juni 1675 11.000 Schweden mit einer Artilleriestärke von 38 Geschützen. Die schwedischen Verluste sind mit 4.000 Toten, Verwundeten und Gefangenen außerordentlich hoch. Dazu kommt der Verlust des Großteils an Gepäck und Munition. Das eigentliche Treffen stand unter dem Kommando des fast 70jährigen Generals (seit 1670 Generalfeldmarschall) Derfflinger, dessen Name wegen dieses Erfolgs bei Fehrbellin in ganz Preußen mit Hochachtung genannt wurde. Die Beliebtheit des großen Kurfürsten lässt sich mit einer Begebenheit illustrieren, die sich im Zusammenhang mit dem schwedischen Einfall 1675 in Preußen abspielte: Als die Nachricht des Einfalls der Schweden nach Magdeburg kam, erklärten die Bauern auf dem Drömling entschlossen und mutig, dass sie den Schweden den Übergang über die Elbe bis auf den letzten Blutstropfen streitig machen würden. Die vom Landvolk gebildeten Truppen führten Fahnen mit sich, auf denen der preußische Adler in einem grünen Kranz und darüber stehenden Buchstabe F. W. und auf der anderen Seite der Spruch "Wir sind Bauern von geringem Gut und dienen unserm gnädigsten Kurfürsten mit unserm Blut" zu sehen waren. Nach dem Sieg von Fehrbellin und der weiteren erfolgreichen Kämpfe (Wolgast, Pommern), die Festung Stettin kapitulierte am 27. Dezember 1677 und 1678 konnte, immer mit Derfflinger an der Seite, Rügen und Stralsund erobert werden, damit waren Friedrich Wilhelms Pläne in dieser Richtung vorläufig mit Erfolg abgeschlossen. Wie es mit Pommern weiterging, bis zum Frieden von St. Germain, soll hier nicht verfolgt werden.
So viel zum damaligen Geschehen. Die Daten sind eindeutig und die phantastische Überstellung des Kurfürsten an den Rhein ist durch irgendeinen (Falsch-)Schreiber durch die Verwechslung der Flüsse Rhin und Rhein (was beides dasselbe bedeutet) zu erklären und wurde von den nachfolgenden (Ab-)Schreibern einfach so übernommen. Auch die interimistische Tätigkeit von Bomstorff in Magdeburg erscheint im Rahmen der obengenannten Abläufen als möglich.
Ich habe zu den Magdeburger Gouverneuren eine Korrektur anzumelden.
In der Auflistung ist für 1687 bis 1691 Generalmajor Graf Friedrich von Schomberg genannt. Gouverneur war aber nicht Friedrich von Schomberg, sondern dessen Sohn Generalmajor Graf Carl von Schomberg. Friedrich von Schomberg war zu dieser Zeit mit 80 Jahren Generalfeldmarschall und befehligte die Armee, die 1688 zum Schutz und zur Unterstützung Wilhelms von Oranien nach England ging. Letzterer übernahm dort den Thron seines entflohenen Schwiegervaters Jacob II. Friedrich von Schomberg wurde Marschall der englischen Armee und fiel am 1. Juli 1680 in der Schlacht am Boyne (Irland); seine Stelle in dieser Schlacht, die siegreich beendet wurde, nahm sein Sohn Graf Meynard von Schomberg ein.
Für Carl von Schomberg wurde am 01.10. 1688 ein Regiment zu Fuß errichtet. Dieses ist ein Stammtruppenteil von mehreren anderen, des späteren magdeburgischen Regiments zu Fuß "Prinz Louis" Nr. 20
Ich habe noch einen Brief, gekennzeichnet als "Cop. od. Conc." [Kopie oder Konzept], gefunden. Darin bestätigt der Schreiber, dass ein Spion ("espion") bei seinen Aussagen zu Oberst Schmidt [von Schmiedeseck] bleibt. Weiterhin wird ausgesagt, dass der Obrist Bomsdorf seine Kommandantenstelle bereits angetreten hat. Der Brief ist am 17. Juni 1675 geschrieben und abgedruckt in: Arthur Strecker, Franz von Meinders - Ein brandenburgisch-preußischer Staatsmann im siebzehnten Jahrhundert, Duncker & Humblot Leipzig 1892, Seite 139 f.
Meinders (?) an Waldeck. Magdeburg, d. 17./27. Juni 1675 (Cop. od. Conc.).
Der Anschlag auf Rathenow, davon ich letzlich in Unterthänigkeit geschrieben, ist glücklich angegangen, und haben S. C. D. [Seiner Churfürstlichen Durchlaucht] diesen Ort den 15./ 25. bei anbrechendem Tage einbekommen, die darin gelegenen 600 Schwedischen Dragoner sind niedergemacht und wenig echappiret. Unter den Gefangenen ist der Obrister Wangelin und seine Frau, wie auch der Obristl. Wrangel und noch einige Offiziere. Die gute Herrn sind ganz sicher gewesen, und haben nicht gemeinet, daß S. C. D. die Elbe so bald passiren würden, zumalen sie auch allenthalben ausgesprengt, ob wären S. C. D. tot und an einigen Orten gezwungen S. C. D. zu beläuten. Der Obrister Wangelin hat es anfangs für einen blinden Alarm gehalten, wie er aber nach langem Zweifel aufgestanden nnd nach dem Thore gegangen, findet er's bereits offen und von den Unsrigen occupiret. Des Herrn General - Feldmarschalls Dörfling Meinung war gewesen, man sollte ihn als einen Landverderber und Straßenräuber nicht beim Leben lassen. Einige andere aber, man sagt der Landgraf von Homburg und Herr Pöllnitz haben gar sehr für sein Leben gebeten. Wie er zu S. C. D. gebracht, ist er von deroselben mit etwas harten Worten traktiret. Seine Fran ist in ihrem Nachtzeug ergriffen worden und alles was sie bei sich gehabt, so sie auf 10 m(ille) 10 Rthlr. zu Gelde rechnen, außer was an anderen Mobilien gewesen unseren Leuten zu Beute worden. Der allhier sitzende espion hat bei seiner Bekanntniß auf den Obristen Schmidt beständig verharret, daher dieser anitzo noch so viel graviret wird. Der Herr Obrister Bomsdorf hat die Kommandantenstelle bereits wirklich angetreten. Pfalz-Neuburg hat auf Veranlassung des Herzogs von Hannover an S. C. D. geschrieben, ob Sie etwa zu particulier Traktaten geneigt sein möchten. S. C. D. antworten aber darauf, daß sie einen Universal- und sicheren Frieden verlangen und ohne der hohen Alliirten Vorbewußt zu keinen particulier Traktaten schreiten könnten. Die kaiserlichen Truppen unter dem General Coop sind nun bereits einige Tage im Marsch begriffen gewesen, also daß man ihrer ehestens gewärtig ist.
Im Beitrag #9 ist v. Beschefer als Kommandant von 1728 bis 1731 dargestellt. Beschefer war französischer Abstammung (Hugenotten) und wurde in der französischen Kirche in Magdeburg beigesetzt. Die Grabinschrift lautete wie folgt: [im Original in französischer Sprache]
Hier Ruhe in Gott Jaque de Beschefer Generalleutnant Seiner Majestät des Königs von Preußen, Ritter des Ordens des Schwarzen Adlers, Oberst eines Regiments der Infanterie, Kommandant der Stadt und Festung Magdeburg, Drossàrt [Landrat] in Storkow und Beeskow, Herr von Wusecke, Kleist, Repkow, Namgeist, Leist und Schönefeld. Geboren in Vitri le Francois am 25. Juli 1661. Entschlafen am 19. October 1731 Zum rühmenden Gedenken.
Für Interessierte einige wenige ausgesuchte ergänzende Lebensdaten:
Vater: David, Conseiller d`épée au Bayard de Vitry le Francois Mutter: Susanne Varnier Ehefrau: Susanne de la Coude
1682 im Regiment zu Fuß Markgraf Philipp, 1685 dort Fähnrich, 1692 Kapitän, 1701 als Major und Generaladjutant mit den Truppen nach Holland, 27.Februar 1703 Obristleutnant, 1705 Oberst, 18.Januar 1705 in den Adelsstand erhoben, 1716 Chef des Regiments Graf Dohna, 1718 Generalmajor, 1731 Generalleutnant und Chef des Regiments von Lengefeld (Arnim) 1731 Schwarzer Adler-Orden
Für Interessierte möchte ich noch hinzufügen, dass sich der Name von Jacob von Beschefer ausspricht wie Bésche-fer. Dabei ist das mittlere "e" stimmlos, also: Besch-fer. Auf deutsch übersetzt ist das die Bezeichnung von Spateisen.
Ich möchte an dieser Stelle eine ergänzende Bemerkung machen.
Vor der Einquartierung von brandenburgisch-preußische Truppen begann die "Besatzungszeit" Magdeburgs durch Reichstruppen, die nach dem Sieg Gustav Adolfs über Tilly durch Schweden abgelöst wurden. 1635 lagen 5 schwedische Regimenter in der zerstörten Stadt, als diese wieder von kaiserlichen und kursächsischen Truppen blockiert wurde, die den Abzug der Schweden mittels Accord im Juli 1636 erzwangen. Gouverneur und Kommandant wurde der sächsische General-Major von Vizthum, welcher 1638 starb und im Dom beigesetzt wurde. Von seinem Nachfolger wird 1642 nicht positiv berichtet: "Hat der zu Magdeburg in Guarnison liegende Sächsische Oberste mit Nahmen Traundorff die Stadt hart gedrucket. Es muste die damals noch wenige Bürgerschaffl 5. 6. 7. und mehr Soldaten, Weiber und Kinder ungerechnet, einnehmen, und an monatlichen Servis 2214. Thlr. 8. Gr. zahlen, ohne andere zur Guarnison benöthigte Ausgaben, und ohne, was die Stadt unterschiedlich wegen der Korn-Anlage und Verspeisung ertragen müssen, wovon E. E. Magistrats jämmerliche Klag-Schreiben vom 10ten Jun. und 25ten Octobr. dieses Jahres ein mehrers zeugen." Es war nach Mißernten nämlich eine starke Verteuerung bei den Getreidepreisen eingetreten und im Folgejahr verschärften Rinderseuchen die Ernährungssituation noch weiter. Bereits 1639 hatte der Magdeburger Pastor Seth Heinrich Calvisius geschrieben: "In diesem Jahr ist eine solche Theurung gewesen, daß die Menschen das Aas zu fressen angefangen, ja sie haben sich wohl gar untereinander erschlagen und verzehret."