Im 18. Jahrhundert wurde das Bild des Domplatzes mehrmals verändert. Die Neugestaltung nach dem 1763 beendeten Siebenjährigen Krieg ließ sich der zum Gouverneur der Festung Magdeburg ernannte Herzog Ferdinand von Braunschweig einfallen. Einer seiner Lieblingsgedanken war die Verschönerung des Domplatzes. Die unregelmäßige, schmucklose Fläche hatte ihn schon immer gestört. Wahrscheinlich bereitete ihm auch der Ruhm seines Vorgängers, Leopold von Anhalt- Dessau, der den von ihm angelegten Fürstenwall mit einer Doppelreihe von Kastanien und Linden bepflanzt hatte, schlaflose Nächte. Den Domplatz allerdings hatte Leopold nicht nur vor den Gebäuden, sondern auch in der Mitte ganz pflastern lassen. Der „Alte Dessauer“ hielt den Domplatz für einen idealen Exerzier- und Paradeplatz. 1763 kehrte Ferdinand auf den Posten des Gouverneurs zurück und wollte nun eine der Stadt zustehende und Bevölkerung und Militär dienende Verschönerung vornehmen lassen. Es begann im September 1763 mit einem Schreiben des Herzogs an das Domkapitel (in der Folge nur noch Kapitel genannt), dem er selbst angehörte. Er unterbreitete darin seine Vorstellungen, wonach der innere Teil des Domplatzes in eine Promenadenanlage umgewandelt werden sollte. Im gleichen Schreiben ersuchte er, die Kosten gegen Überlassung des herausgerissenen Pflasters zu übernehmen und ihm geeignete Vorschläge zur Zerstreuung etwaiger Bedenken der Lokalbehörden (Möllenvogtei und Rat der Stadt) zu unterbreiten. Am 5. September erklärte das Kapitel den Wünschen des Herzogs zu entsprechen. Die Kriegs- und Domänenkammer (in der Folge nur noch Kammer genannt) erklärte am 10. Oktober, daß seitens der Lokalbehörden keine Bedenken bestünden, sofern ihre Privilegien und Einnahmen unangetastet blieben. Auch Friedrich II. gab sein Einverständnis per 21. Oktober. Am 16. November gestattete der König die Verwendung von Strafgefangenen der Möllenvogtei zu dem Vorhaben. So waren alle Hindernisse beseitigt, und der herzog wies das Kapitel an, zumindest Materialbeschaffung und Bestellung der zu pflanzenden Bäume bis März 1764 zu sichern. Garnisonsbaumeister und Wallmeister sollten mitwirken und ständig Festungsgefangene zur Arbeit bereitgestellt werden. Am 8. Januar 1764 übergab Ferdinand dem Senior des Kapitels, von Wullfen, Plan und Kostenvoranschlag, die Festungsbaumeister Bendix erstellt hatte. Danach beliefen sich die Kosten auf 2105 Taler und sieben Groschen. Auf Einspruch des Kapitels wurde auf 1676 Taler und sieben Groschen ermäßigt, wovon Bendix als Unternehmer 1000 Taler als Kaufpreis für die entfernten Pflaster übernahm, so daß an ihn nur noch 676 Taler und sieben Groschen zu zahlen blieben. Sechs Monate war verhandelt worden. Noch 15 Monate mußte sich der Herzog gedulden, bis sein Wunsch erfüllt war! Im März 1764 riß man das Pflaster von der Innenfläche auf, kam aber nicht recht voran. Bendix klagte über mangelhafte Unterstützung durch das Gouvernement und schlechte Ausrüstung der Festungsgefangenen. Er hoffte, bei mehr Unterstützung bis Ende Mai fertig zu werden, die Hecken und Bäume schon bis Ende April in der Erde zu haben. Die Kammer drängte das Kapitel, den Garnisonsmeister zu beauftragen, in keiner Hinsicht zu sparen. Das Kapitel wandte sich an den Kommandanten der Zitadelle mit dem Wunsch um täglich 18 Gefangene. Das Kapitel lebst wollte Arbeitskräfte für die Pflanzlöcher der Bäume stellen. Am 9. April fingen 19 Tagelöhner an, Gruben auszuheben. An den folgenden Tagen waren es nur 14 Bauarbeiter aus den zehn Amtsdörfern des Kapitels leisteten Hand- und Spanndienste. Die Erde für die Bäume wurden ohne Genehmigung vom Fahrdamm der Landstraße nach Ottersleben entnommen. Die Löcher in der Straße fielen auf und dem Kapitel wurde seitens der Kammer befohlen. Den Schaden umgehend zu beheben. In der ersten Maiwoche waren die Bäume in der Erde und der Boden für die geplante Allee gegraben. Ab 7. Mai begann der Zimmermeister Kühne mit seinen Leuten und zusätzlichen Tagelöhnern, das Geländer rund um den Platz zu errichten. Es war mit fünf Gattertoren und zehn Drehkreuzen ausgestattet. Die Arbeit dauerte drei Monate, denn das Geländer war 117 Ruten (etwa 441m) lang. Es wurde in den preußischen Farben schwarz-weiß gestrichen. Die 28 Bänke nur weiß. Im August und in der ersten Septemberwoche wurde das Straßenpflaster rund um die Plantage, wie die Anlage genannt wurde erneuert. Dem Herzog dauerte das alles zu lange. Er drängte das Kapitel, nach der Ernte täglich mindestens 30 bis 40 Mann aus den Dörfern zu stellen. So wurde bald die Platzmitte von den lagernden Pflasterseteinen geräumt und im Oktober durch 50 Soldaten die geräumte Innenfläche gehackt, gepflügt, geeggt und gewalzt. Am 17. Oktober wurden die Arbeitskräfte durch 350 Milchbrote und drei Faß Bier stimuliert. Vom 18. bis 28. Oktober betätigten sich 18 Kurrendeknaben des Doms als Steinaufleser. Die eifrigsten bekamen als Belohnung acht Groschen. Schließlich wurden noch im Oktober Gänge und Rabatten abgegrenzt und die Alleewege planiert. Anfang November waren die Arbeiten für 1764 zu Ende. Im Januar 1765 wurden die Linden mit Stroh gegen Frost geschützt. Trotzdem gingen ein paar Dutzend und ein Teil der Weißbuchhecken ein. Ende März gingen die Arbeiten mit Aufschüttungen, Steine sammeln und Graben weiter. Am 22. Mai wurde mit der großen Feuerspritze des Rates gewässert. Für Wasser sorgten die zum Spanndienst verpflichteten Kräfte des Kapitels. Am 15. Juni 1765 wurde im Kapitel beschlossen, die Fertigstellung der Kammer zu melden und ihr zur Unterhaltung und Aufsicht zu übergeben. Die Übernahme durch die Kammer stand für das Kapitel fest. Man hatte aber die Rechnung ohne den Plantagenpächter Pein gemacht. Seit Juni 1764 hatte er die Anlage zur Wartung übernommen und erhielt monatlich dafür 5 Taler. Er meldete der Kammer diverse Mängel: Noch 600 Fuder Muttererde fehlten zur Regulierung des Platzes, Grassamen, 35 Schock Hecken und 45 Linden für den Ftostschaden. Die Kammer lehnte nun die Übernahme ab und forderte „Nachbesserung“ vom Kapitel. Im Streit vermittelte der Herzog durch einen Kompromiß: Das Kapitel lieferte die Bäume und Hecken, und die Kammer verzichtete auf die 600 Fuder Erde und Grassamen, Am 21. September übernahm die Kammer. Das Kapitel war froh, die Sorgen los zu sein. Die berechneten 676 Taler sieben Groschen waren durch die Dauer der Arbeiten auf 2959 Taler fünf Groschen und neun Pfennige angewachsen. In den folgenden 40 Jahren verfiel und verkam die Anlage. Gründe waren vor allem fehlende Finanzenund dadurch mangelnde Unterhaltung. Durch Vandalismus, Reiten auf den Rabatten, exerzierende Soldaten, Wasserabschlagen an den Hecken, Zertrampeln bei Platzkonzerten und vieles andere mehr war am Anfang der 19. Jahrhunderts nicht mehr viel vom Stolz des Herzogs von Braunschweig geblieben.
Hans E. Unger
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Dein Streifzug in die Magdeburger Geschichte wiedermal sehr interessant und lesenswert, Magado. Zeigt es doch auch, dass es bereits in jener Zeit viel Dummheit gab und das Hinwegsetzen über vernünftige Anordnungen kein Kennzeichen unserer Zeit. MfG Wirbelwind