Dass die Gouverneure der Festungen nicht oft in ihrem Dienstort verweilten hing auch damit zusammen, dass sie weitere Aufgaben wahrnehmen mussten. So exerzierte der Alte Dessauer sein Regiment Nr. 3, welches seine Garnison in Halle hatte. Als regierender Fürst von Anhalt-Dessau hatte er darüberhinaus auch Amtsgeschäfte als Staatsoberhaupt zu erfüllen. Und dazu kamen Aufträge des preußischen Königs, wie das nachfolgende Beispiel verdeutlicht. Aus der Königlichen Instruktion ist gleich mehreres zu erkennen. Erstens wurden die Kriege sehr genau geplant und vorbereitet. Im Beispiel sind ja erst einmal 500 Kähne zu beschaffen und die zugehörigen Mannschaften aufzustellen. Dann muss die komplette Ausrüstung für die einzuschiffenden Truppen sowie der gesamte Proviant für Soldaten und Schiffspersonal gesichert werden. Nebenbei sind diplomatische Vorbereitungen zu treffen - z. B. zur Sicherung der Durchfahrtsrechte für Territorien von am Krieg nicht beteiligten Dritten. Zweitens ist die Verwendung von Wasserstraßen ein interessanter Fakt. Wenn man an die Berichte anderer Reisender denkt, waren ja die Straßen noch recht schlecht und für Transporte größerer Truppenteile sowie ihrer Ausrüstung kaum geeignet - da hat bekanntlich Napoleon erst den Anstoß zu wesentlichen Verbesserungen gegeben. Für Magdeburg ergibt sich die Frage, wo und auf welche Weise sind derartig große Transporte abgewickelt, denn das Verladen der Ausrüstungen und Güter und das Einschiffen der Manschaften und Soldaten benötigte ja auch eine gewisse Infrastruktur.
Viele interessante Fragen!
Aber hier als Anstoß zu weiteren Recherchen das von mir ausgegrabene Beispiel
Durch Königliche Instruktion für den Beginn des Feldzugs 1744 (Zweiter Schlesischer Krieg) wurde befohlen:
„1) Der General Major v. Bonin embarquiret sich zu Magdeburg auf der Elbe den 10. Augusti, und zwar mit Seinem Regiment und denen Grenadier-Compagnien von Printz Leopold, von Seinem Regiment, von Hertzberg und von Printz Ferdinand von Preußen, um die Schwere artillerie, die munitions und das Magazin, die Elbe herauf durch Sachsen nach Böhmen zu escortiren. 2) Er bricht den (?) augusti mit allen Schiffen von Magdeburg auf und gehet Biß Coswick, woselbst Er Biß den (?) augusti warthet. 3) Wann die Colonne, welche S. Königl. Maj. führen, alsdann in Sachsen einrücket, So setzet Er Seine Farth nach Böhmen zu gleicher Zeit weiter fort. 4) Die acht obbemeldete Grenadier-Comp., aus welchen zwey Grenadier-Bataillons formiret werden müssen, sollen in denen fordersten Schiffen zur avant-Guarde dienen, und Sein Regt. die arriere-Guarde machen, die artillerie und Zubehör nebst dem Magazin in der Mitte zwischen sich Behaltendt. 5) Gleich von Magdeburg aus muß Er Sein Corps mit allerley Lebens Mittel auf vier Wochen versehen. 6) Wenn er mit seinen Schiffen in der Gegendt von Wittenberg kömt, So mußt Er Sich Bey dem Commendanten daselbst melden laßen, und den freyen Durchzug zu Wasser, vermöge der von Sr. Röm. Kayserl. Maj. an des Königs von Pohlen Maj. ergangenen Requisitionalien (davon Er die Abschrift hiebey empfänget) verlangen, welche Ihn auf Keine Weyse abgeschlagen werden kann. 7) So oft er mit seinem Convoy Städte passiret, so sollen die Bursche allemahl in guter Ordnung rangiret, mit geschultertem Gewehr auf den Schiffen stehen. Sobald als er auch nur an die Sächsische Grentze kommet, sollen die Bursche ihr Gewehr scharff laden. 9) Der General Major v. Bonin soll Sich sonsten alle Menschmögliche Mühe geben, um seine Farth zu beschleunigen, weswegen Er allemahl früh abfahren, auch, wann es angehet, die Nacht sogar zu Hülffe nehmen muß, weshalb Er nöthigenfals die Bursche mitrudern helffen lassen kann; in Summa, Er muß allen Fleiß und industrie anwenden, um Seine Farth Bestmöglichst zu prosequiren, damit Er je eher je Besser zu Leutmeritz ankomme. 11) Sobald er von Leutmeritz Meister ist, So soll Er allen Vorrath von Canons, Munition de Guerre und Magazin ausladen und in Leutmeritz bringen lassen, die Munition muß Er alsdann insonderheit an solche sichere Orthe setzen und Bewahren lassen, allwo nichts vom Feuer zu besorgen ist. Alle in der Gegendt Befindliche Schiffe soll er bei Leutmeritz zusammen bringen und die Brücke über die Elbe, imfall solche entzwey wäre, wieder aufbauen, auch jentheit der Elbe eine Tete du Pont, nach Beykommenden Riß aufwerffen lassen ... Die Grenad.-Compagn. von Printz Leopold aber, nebst seinem übrigen Corps, sollen sogleich nachdem mit dem Schweren Geschütz und der Munition (wozu der König rechter Handt, und der Printz Leopold linker Handt, ihnen die Pferde schaffen werden) aufbrechen und den nechsten Weg nach Praag maschiren, die Elbe rechter Handt lassendt."
Die 500 Kähne Bonins erreichten, nachdem inzwischen das feste Schloss Tetschen mit Hilfe von Scheinkanonen (aus Baumstämmen und Wagenrädern) in preußische Hände geraten war, am 31. August und 1. September Leitmeritz, hatten also 387 km in etwa 22 Tagen (denn die Abfahrt von Magdeburg hatte, wie nachträglich mit Blei in der Instruktion befohlen, am 10. August stattgefunden) zurückgelegt.