Hintergrundwissen zur Einquartierung von Soldaten in der Stadt Magdeburg
Die ständige Unterbringung von Soldaten in Städten wurde erst dann zur Notwendigkeit, als die Landesherren begannen, stehende Truppen aufzustellen. Das fiel in Magdeburg zeitlich etwa mit der Übernahme des Herzogtums Magdeburg durch den brandenburgischen Kurfürsten zusammen. Allerdings hatte sich Magdeburg zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Friedensschluss von 1648 im Zuge seiner Bemühungen um den Erhalt der Reichsfreiheit ein ständige Söldnertruppe (wieder) aufgebaut und beherbergte ca. 300 geworbene Söldner in seinen Mauern. Diese waren durchaus als Kampftruppe zu verstehen, wenn sie zunächst auch hauptsächlich die Bürgerwehr vom täglichen Wachdienst befreiten.
Dazu ist eine Hintergrundinformation unverzichtbar.
Magdeburg hat sich immer in einer Opfer-Rolle dargestellt und wurde in seiner Umgebung – bis heute – auch so gesehen. Die Bevölkerung war hingemordet, Besitz und Eigentum waren zerstört oder geraubt. Die Lebensgrundlagen der Stadt waren verloren gegangen. Dazu passten allerdings nicht die außerordentlich emsigen und teuren diplomatischen Aktivitäten zur Erlangung der Reichsfreiheit, die in diesem Rahmen gezahlten Bestechungsgelder und die Ablehnung der französischen Glaubensflüchtlinge. Gerade diese, zum Teil sogar mit erheblichem Vermögen ausgestatteten Kapazitäten (Humankapital), wurden nicht als willkommene Hilfe angesehen, sondern als geschäftliche Konkurrenz abgelehnt. Nicht anders als die Fremden wurden die Nachbarn behandelt. Magdeburg versuchte auch (wenn nötig auch mit Gewalt) seine Konkurrenz in Form der Landstädte Neustadt und Sudenburg loszuwerden indem es ihren Wiederaufbau torpedierte und sogar versuchte, die noch unzerstörten Teile dieser Kommunen ebenfalls zu beseitigen. Das ging mit einem rigorosen Vorgehen bei der Erweiterung seines eigenen Festungsterrains einher. Als ihre rechtlichen Grundlagen nannte die Stadt für den Wiederaufbau des Handels insbesondere das Zoll-, Stapel- und Niederlagerecht sowie die ihr im Rahmen des Festungsrechts erteilten Stadtprivilegien. Nach Heineccius, Johann Ludwig; Ausführliche topographische Beschreibung des Herzogtums Magdeburg (1785), Seite 65, waren das: „Das Vestungsrecht nach Kaisers Karl IV. Bestätigung der Stadtprivilegien von 1355, der Vergleich des Domkapituls mit der Stadt von 1431, der Ver¬trag mit Erzbischof Ernst von 1497, der Wollmirstädtische Vertrag mit Erz¬bischof Siegmund von 1558, ferner das Privilegium Kaisers Ferdinand II. vom 17ten Februar 1628 [bei Heineccius fälschlicherweise 1728 geschrieben] und dessen Bestätigung von Kaiser Ferdinand III. vom 31. Aug. 1638, nach dessen Ausweisung der der Stadt verwilligten Fortification vom 23. Dec. gedachten Jahres, und nach dem Westfälischen Friedensschlusse von 1648.“
Zur Illustration des Gesagten sei festgestellt, dass der alte Magdeburger Magistrat nach dem 10. Mai 1631 bereits im April 1632 wieder voll im Amte, dass die Bevölkerung zum Teil zurückgekehrt war und sich dem Wiederaufbau ihrer Häuser und insbesondere der Pflege ihrer Geschäftsbeziehungen widmete. Nach Abzug der Schweden erhielt Magdeburg eine kaiserliche Besatzung und musste neben dem eigenen Finanzierungsbeitrag die anteiligen Besatzungskosten für das Herzogtum mit übernehmen. Vom Administrator wurde immer wieder die Rückzahlung der verauslagten Gelder zugesichert, aber noch 1646 war kein Reichstaler in die Magdeburger Kassen geflossen, der Schuldenberg des Reiches aber inzwischen auf fast 230 000 Taler angewachsen. Ich lasse zur Illustration noch zwei Historiker zu Wort kommen, welche das Magdeburger „Wirtschaftswunder“ untersucht hatten.
Hirsch, Ferdinand; Der Große Kurfürst und die Altstadt Magdeburg 1666, Seite 1:
Obgleich Magdeburg, als es 1631 von den Schaaren Tillys und Pappenheims zerstört wurde, keineswegs mehr die blühende und reiche Stadt war, welche es vom 13. bis zum 16. Jahrhundert gewesen war, vielmehr jene Katastrophe einen „längst siechen zurückgehenden Wohlstand" begraben hatte, war es doch schneller und glücklicher, als zu erwarten, aus den Trümmern wiedererstanden. Gleich nachdem im Januar 1632 die kaiserliche Besatzung die jetzt vollends zerstörte Stadt verlassen hatte und die Schweden eingezogen waren, hatten auf Veranlassung und unter dem Schutz der schwedischen Regierung die wieder heimgekehrten Ueberreste der Bürgerschaft den Aufbau ihrer Häuser begonnen und war auch die Wiederherstellung der Festungswerke in Angriff genommen worden; schon im April 1632 hatten die zurückgekehrten Mitglieder des alten Rates wieder die Leitung der städtischen Angelegenheiten übernommen; sofort war man auch darangegangen, die Hauptquellen des früheren Wohlstandes, den Kornhandel und das Brauereigewerbe, wieder zu eröffnen, und trotz der Drangsale, von denen auch in den folgenden Kriegsjahren die Stadt betroffen wurde, war doch der Aufbau derselben vorgeschritten, hatte die Zahl der Einwohner sich vermehrt und waren auch Handel und Gewerbe wieder in Aufnahme gekommen. Zugleich aber waren Selbstgefühl und Freiheitssinn wieder in der Bürgerschaft und in der Stadtbehörde erwacht, und unter der Leitung einer Anzahl kluger, entschlossener und ehrgeiziger Männer, unter denen Otto v. Guericke besonders hervorragt, haben sich dieselben fortan bemüht, die Rechte, welche die Stadt einst besessen, zu erhalten und zu erweitern und gewisse politische und wirtschaftliche Ansprüche, welche dieselbe früher erhoben, aber nie vollständig hatte durchführen können, zur Geltung zu bringen.
Julius Otto Opel, Festschrift zur Erinnerung an die zweihundertjährige Vereinigung des Herzogtums Magdeburg mit Kurbrandenburg, 1880, Seite 30, schreibt:
„Von einer merkbaren Hebung des Wolstandes in den 32 Jahren nach dem Frieden haben unsre Gewährsmänner uns nichts zu verrathen vermocht, ja der Kurfürst äußerte der ersten ständischen Deputation, welche ihn beglückwünschte, gegenüber geradezu, es sei lauter Armuth im Lande. Insonderheit scheinen die Städte mit Ausnahme der Altstadt Magdeburg sich in sehr armseligen Verhältnissen befunden zu haben. Diese hatte bereits im Jahr 1670 wieder die beträchtliche Einnahme von 36 926 Thalern, während sich die Ausgaben auf 36 793 Thaler beliefen. Von den einzelnen Einnahmequellen heben wir nur den Betrag von 7626 Thalern des städtischen Acciseamts und von 11 952 Thalern aus verschiedenen Steuern heraus. Zehn Jahre darauf erscheint das Verhältnis von Einnahme und Ausgabe noch günstiger, indem die erstere auf 36 157 Thaler, die letztere auf 35 146 Thaler angegeben wird. Die Stadt mußte außer den Quartiergeldern nicht weniger als 14 400 Thaler zum Unterhalt der brandenburgischen Garnison beitragen, zahlte aber im Jahre 1670 auch über 8000 Thaler alte Schulden ab und konnte auf neue Erwerbungen an Grund und Boden denken. Der Etat der Besoldungen des Raths und seiner Beamten betrug 5157 Thaler. Für das Schulwesen dagegen gab die Stadt in diesem Jahre nur die geringe Summe voll 879 Thalern aus, Wohnungsentschädigungen und Holzgeld der Lehrer eingeschlossen. Die Ausgaben des Jahres 1680 sind in denselben Titeln nicht ganz die gleichen geblieben. Auch dieses Jahr beträgt die Militärsteuer 14 400 Thlr.; allein der Kurfürst stellte außerdem eine Forderung von 3700 Thalern, und an die hohen Offiziere mußten noch 1405 Thaler Quartiergeld gezahlt werden. Auf die Tilgung älterer Schulden konnte man nur 840 Thaler verwenden, und auch der Besoldungsetat der städtischen Beamten ging auf 4638 Thaler herab, während auf das Schulwesen nur 808 Thaler entfielen. Für kirchliche Bedürfnisse erscheint weder ein Einnahme- noch ein Ausgabeposten in den Stadtrechnungen.“
Blatt 1 und Blatt 11 der Forderungsaufstellung der Stadt Magdeburg an den Administrator Herzog August von Sachsen-Weißenfels.
Die wirtschaftlichen Grundlagen der Stadt Magdeburg waren insgesamt, trotz aller Vernichtung und Zerstörung 1631, offenbar besser als im übrigen Herzogtum. Da man Magdeburg allgemein als Haupt-Leidtragende des 30-jährigen Krieges ansah, wurde die wirtschaftliche Prosperität allerdings nicht wahrgenommen. Die Stadt bemühte sich erfolgreich ihre wirtschaftliche Lage zu verschleiern und die milde Behandlung durch den brandenburgischen Kurfürsten in Bezug auf die Beteiligung der Stadt an den Garnisierungskosten bezeugt den Erfolg dieser Bemühungen.
Demnächst folgen weitere Hintergrundinformationen.
Das ist doch mal was Neues für den Fachmann. Ob man die Flinte heute nicht mehr ins Korn werfen würde, sondern in den Geschirr-(Flinten)spüler? Oder ob, da Kinder in Kasernen üblicherweise Mangelware sind, auch mal ein Gewehr in den Brunnen gefallen ist?
Da hatte sich zu meiner Militärzeit nicht viel geändert, antreten auf dem Hof und Abmarsch zum Speisesaal mit dem Capo..... Essbesteck musste mitgenommen werden.....
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Mit vollem Mund spricht man nicht - eine alte Ermahnung für Kinder. Aber vielleicht hatten Soldaten keinen vollen Mund? Da bliebe noch das Schmatzen, Rülpsen und ... das Magenknurren.
Meine Frage zu dieser Vorschrift wäre, ob nur das Pfeifenrauchen erlaubt war und, wenn nicht, wie man das in der Dunkelheit bei einer Zigarre mit dem Deckel macht?