Franz Kasimir von Kleist Kleist (* 25. Januar 1736 in Stettin; † 30. März 1808 in Berlin) war ein preußischer General der Infanterie, der 1806 als Gouverneur von Magdeburg vor den französischen Truppen kapitulierte. Militärische Karriere Der jüngste Sohn des Generalleutnants Franz Ulrich von Kleist wurde 1762 Flügeladjutant des Königs Friedrich II. Im Jahre 1788 wurde er zum Generalmajor befördert und Chef des Regiment Wunsch zu Fuß (1806: Braunschweig Oels No. 12), im Jahr 1800 wurde er Chef des Regiments Kalkstein zu Fuß (1806: von Kleist No. 5) und Gouverneur von Magdeburg. Da an den Festungsanlagen Magdeburgs seit 1740 nicht mehr weitergebaut wurde und seit dem Ende des 18. Jahrhunderts auch keine Instandhaltungsarbeiten mehr erfolgten, konnte die Festung der neuen Waffentechnik nicht standhalten. So sah sich Franz Kasimir von Kleist am 18. November 1806 gezwungen, die Festung mit ca. 24.000 Mann Besatzung, 600 Geschützen und großen Vorräten dem napoleonischen Marschall Michel Ney zu übergeben. Damals wie heute war/ist die kampflose Übergabe sehr umstritten, da die Festung Magdeburg nach nur dreiwöchiger Belagerung und trotz Übermacht der Verteidiger aufgegeben wurde. Eine Kriegsgericht urteilte über die Kapitulation von Magdeburg im September 1808: „Der General v. K. wäre, wenn er noch lebte, wegen der übereilten und durchaus pflichtwidrigen Übergabe der wichtigen Festung Magdeburg an die Franzosen zu arquebusieren.“ Familie Seine Frau war gleichfalls eine Kleist aus dem Hause Zützen: Caroline Luise Eleonore Johanne von Kleist (* 7. Dezember 1747; † 1780). Das Paar hatte folgende Kinder: • Franz Alexander von Kleist (1769–1797) ∞ Albertine von Jungk • Georg (*/† 1770) • Friedrich Ludwig Heinrich von Kleist (* 11. März 1771; † 16. April 1838 ) ∞ 10. Juni 1799 Charlotte Marianne Sophie Luise Eleonore von Donop (* 28 Februar 1777; † 4. April 1855) • Caroline (* 1767) • Wilhelmine Luise Caroline Johanna von Kleist (†1839) ∞ von Waldow Abbildungen Porträts von Kleist gibt es keine, lediglich ein Gemälde von der Kapitulation Magdeburgs, auf dem Kleist dargestellt ist.
Marschall Michel Ney Herkunft und Ausbildung Er wurde am 10. Januar 1769 in Saarlouis als Sohn des Küfers Pierre Ney geboren. Michel Ney heiratete 1802 auf Schloss Grignon (Südfrankreich) Aglaé Louise Auguié . Sie hatten eine Tochter und drei Söhne, welche nach seinem Tod seine Memoiren veröffentlichten. Nach dem Schulbesuch bei den Augustinern in Saarlouis war er Notariatslehrling und Schreiber bei der Dillinger Hütte. Sein Leben als Soldat • 1788 Eintritt als Freiwilliger in das Husarenregiment „Colonel-Général“ in Metz • 1792 Ernennung zum Kapitän • 1794 Ernennung zum Oberst • 1796 Ernennung zum Brigadegeneral • 1799 Divisionsgeneral Anschließend kämpfte er unter Marschall Masséna in der Schweiz sowie unter General Moreau in der Schlacht von Hohenlinden in Oberbayern. Nach dem Frieden von Lunéville ging Ney als Gesandter in die Schweiz, wo er am 19. Februar 1803 den Frieden und die Mediationsakte (Grundlage der Schweizerischen Eidgenossenschaft) zustande brachte. • 1804 Ernennung zum Marschall von Frankreich durch Kaiser Napoleon I. • 1805 Schlachten bei Elchingen und Ulm; Erhebung zum Duc d’Elchingen • 1806 Doppelschlacht von Jena und Auerstedt • 1807 Schlacht bei Preußisch Eylau • 1807 Schlacht bei Friedland/Ostpreußen • 1808 Spanienfeldzug mit Napoleon I. • 1812 Russlandfeldzug • 1812 Schlacht von Smolensk • 1812 Schlacht von Borodino (Bataille de la Moskowa) • 1812 Schlacht an der Beresina • 1813 Erhebung zum Prince de la Moskwa • 1814 Abdankung Napoleons in Fontainebleau auf Betreiben Neys • 1814 Ernennung zum Pair de France • 1815 Auftrag zur Verhaftung Napoleons nach dessen Rückkehr von Elba; Übertritt zum Kaiser bei Auxerre • Juni 1815 Schlacht von Waterloo Sein Ende Nach der Niederlage von Waterloo weigerte sich Michel Ney, aus Frankreich zu fliehen, wurde im August 1815 verhaftet, am 6. Dezember von der Pairskammer wegen Hochverrats zum Tode verurteilt und am 7. Dezember 1815 im Pariser Jardin du Luxembourg erschossen. Auf dem Friedhof "Père Lachaise" fand "le brave des braves" (der Tapferste der Tapferen), wie ihn Napoleon nannte, die letzte Ruhe.
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Das ist das Gemälde von der Kapitulation Magdeburgs und der Übergabe der Festung durch den preußischen Gouverneur Kleist an den französischen Marschall Ney.
zu v. Kleist Das es vom Kleist keine Bilder gibt, soll so habe ich mal irgendwo gesesen ein Teil seiner "Bestrafung" gewesen sein. Da die Todesstrafe nicht vollstreckbar (in Folge vorzeitigem Ablebens) vernichtete man sämtliches Bildmaterial um sein Andenken aus den Kopfen der Menschen zu löschen.
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Auszug aus: 1806 Das Preussische Offizierkorps und die Untersuchung der Kriegsereignisse
Herausgegeben vom Grossen Generalstab Kriegsgeschichtliche Abteilung II Berlin 1906 Ernst Siegfried Mittler und Sohn Königliche Hofbuchhandlung Kochstrasse 68-71
Seite 281 I. Gutachten der Immediat-Untersuchungskommisssion in Ansehung der Mittelst Kapitulation vom 8.November 1806 dem Feinde übergebenen Festung Magdeburg.
"Der Gouverneur General v. Kleist gibt als Veranlassung und zur Rechtfertigung seiner Kapitulation folgendes an: Die unglücklichen Gegebenheiten der Armee und die Gefangennehmung des Hohenloh'schen Korps hätten auf die Festung Magdeburg die Wirkung gemacht, dass, um ein grösseres Unglück für den Staat zu vermeiden, er sich zur Kapitulation entschlossen habe. Seit der Abreise des Königs und dem Abmarsch des Hohenloh'schen Korps habe er keine Nachricht von der Armee erhalten. Die schlechte Verfassung der flüchtigen Armee hätte die Organisation der Besatzung sehr erschwert, obwohl selbige nun aber zuletzt in Ordnung gewesen sey, so hätte er sich doch nur auf die 5 dritten Bataillons verlassen können. Wenn gleich ein Sturm oder Angriff mit schwerem Geschütz abgeschlagen worden seyn möchte, so hätten ihn doch die Nachrichten, welche er durch französische Bullettines erhalten und die, da sie durch den Major von Wedell bestätigt worden, ihm alle Hoffnung auf einen Fntsatz benommen. Ferner die nahe Ankunft des schweren Geschützes, welches der Feind von Spandau heranzog und die Überzeugung, dass Magdeburg in einen Steinhaufen verwandelt werden würde, dazu ver-mocht, zur Frhaltung des königlichen Interesse und der Handelsstadt Magdeburg schon jetzt eine Kapitulation einzugehen, welche er voraussehe ohnehin bald schliessen zu müssen. Hätte er Cavallerie und zuverlässige Bataillons gehabt, so würde er zu Felde gezogen seyn, jetzt aber habe er auch nicht einen Ausfall thun können. Die Menge der Menschen und besonders der unnützen habe seine Lage sehr schwierig gemacht. Weiterhin führt derselbe an, der Fürst Hohenlohe habe sich garnicht um seine Festung gekümmert, eine Menge Versprengter und selbstranzionirter Soldaten habe sich noch dann in die Festung geworfen, als solche schon völlig eingeschlossen gewesen. Fs hätte der Festung an eifrigen Vertheidigern gefehlt, da sie muthlos gewesen wären. Die grosse Anzahl der Generale und anderer Officiere wären der Stadt nur zur Last gewesen. Nach dem von dem Feinde unternommenen Fortschritten hätte es ihm geschienen, dass selbiger bald eine förmliche Belagerung unternehmen würde. Die Vorstädte und abgebrannten Häuser hätten dem Feinde das Approchiren sehr erleichtert und würden das Bombardement des Packhofs sowie der Pulvermagazine sehr begünstigt haben. Fndlich aber habe er gehofft, dass Magdeburg durch einen günstigen Frieden wieder in die Hände des Königs kommen würde. Diesen Rechtfertigungsgründen hat die Commission entgegengestellt: dass der Fürst Hohenlohe zu schwach, um zum Angriff übergehen zu können, nicht bey Magdeburg stehen bleiben konnte, ohne die Festung wegen ihrer Subsistenz in Verlegenheit zu bringen; dass nach den eingegangenen Berichten der Generale die Stimmung der Truppen recht gut gewesen und das Gegentheil nicht zu beweisen sey, indem, mit Ausnahme weniger diese Truppen nicht gebraucht worden sind; dass zufolge des Gouverneur-Diensteides die Festung nur nach einem diesfälligen dritten Befehl des Königes übergeben werden durfte; dass der Feind nicht wirklich Belagerungsgeschütz erhalten habe, es habe derselbe nur 4 Mortiere von Erfurth kommen lassen;
dass bey der erwiesenen Möglichkeit, die Festung 2 Monathe hindurch zu verteidigen, selbst bey der bestimmten Unmöglichkeit eines Entsatzes nur ein besonderer königlicher Befehl den Gouverneur von einer ferneren Verteidigung entbinden konnte und dass die Meynung, die Verzögerung des Kapitulations-Abschlusses würde die Stadt und das Land unglücklich gemacht haben nicht aus einer militairischen Ansicht entstanden sey, indem bey dem Hingeben einer Festung wie Magdeburg mit einer so starken Besatzung die Streitkräfte des Feindes beträchtlich vermehrt und dieses Verfahren daher nicht geeignet sey, bey den angeknüpften Unterhandlungen die Bedingungen zum Frieden zu massigen, vielmehr sie für den Staat nachteiliger zu machen. Da indessen während des Laufs der Untersuchung der General von Kleist den 30. Maerz 1808 zu Berlin mit Tode abgegangen ist, so hat derselbe diesen Fntgegnungen der Commission durch keine weitere Rechtfertigung begegnen können. Sein Tod hat mithin die Untersuchung mit ihm aufgehoben, die also nur mit den activ gewesenen Generalen, dem Commandanten, Ingenieur vom Platz und den übrigen Personen, die über diese Begebenheit Aufschluss geben konnten oder auch in selbiger mit verwickelt waren, hat fortgesetzt werden können. Übrigens dringen sich aber noch bey Beurteilung des Verfahrens des General von Kleist folgende Bemerkungen auf: Da der Zustand der Festung Magdeburg in fortifikatori-scher Hinsicht und ihre Dotirung in Rücksicht auf das Geschütz, die Munition, das Approvisionnement, die Stärke der Besatzung und die Fähigkeit des Ingenieur- und Artillerie-Personals keine militairische Gründe zur Übergabe lieferten, so musste sich die Festung, erst nach einer förmlichen Belagerung auf eine Kapitulation einlassen. Sie konnte sich um so mehr länger halten, da das Beren-nungs-Korps um die Hälfte schwächer als die Besatzung, auch mit Ausnahme von 4 Mortiers nicht mit Belagerungsgeschütz versehen war. Ausfälle und Angriffe auf die feindlichen Quartiere würden, wenn sie geglückt wären, dazu gedient haben, sichere Nachrichten von der Stärke des Feindes zu erhalten und den Muth der Truppen zu beleben; glückten sie aber nicht, so war bey der überflüssigen Garnison eine Verminderung derselben nicht nachtheilig. Die Schwäche der Cavallerie war zwar ein Hindernis bey den Ausfällen, der Feind war aber verhältnissmässig nicht stärker daran und hatte eine weitläufige Chaine zu besetzen. Da der Gouverneur eine Kapitulation für nothwendig hielt, so hätte derselbe vor eingegangenen Bedingungen nach Vorschrift des Ingenieur-Reglements Cap. III Tit. 9 einen Kriegsrath halten müssen, wozu aber nicht bloss die Generale, sondern alle Stabsofficiere, der Ingenieur vom Platz und der Artillerie-Chef zugezogen werden mussten. Diejenige Versammlung, welche der General von Kleist bloss mit den übrigen Generalen hielt, um über die Nothwendigkeit einer Kapitulation mit ihnen sich zu berathschlagen, war daher keineswegs als ein ordnungsmässiger Kriegsrath anzusehen und das eigenmächtige Verfahren des Gouverneurs In einer so wichtigen Sache sehr zu missbilligen. Ferner hatte derselbe zuviel Parlamentairs angenommen, welche gegen einen schlauen Feind immer gefährlich ist, auch liess er sie, statt ihnen die "Depeschen bei den Vorposten abnehmen zu lassen, in die Festung ein, welches nicht vortheilhaft auf den Geist der Besatzung und der Bürgerschaft wirken konnte, da beide eine baldige friedliche Fntwicklung ihres Schicksals vermuthen mussten; einige dieser Parlamentairs wurden mit unverbundenen Augen zurückgeschickt, welches mindestens unvorsichtig genannt werden muss. Ebenso war es nicht rathsam die Gefangenen sobald zurückzuschicken, der Marschall Ney konnten auf keinem sicherern Wege Nachrichten von der Stimmung der Garnison und von der Verwirrung, die anfänglich in selbiger herrschte, als auf diesem. In den Briefen des Gouverneurs an den feindlichen General ist nicht diejenige Würde anzutreffen, die er seinem Verhältnis schuldig war, er scheint solches zu friedlich und politisch betrachtet zu haben. Marschall Ney beurteilte dagegen seinen Gegner ganz richtig und berechnete seine Schritte auf dessen Äusserungen und persönlichen Charakter. Eben diese friedliche Ansicht, nach welcher der Gouverneur geglaubt zu haben scheint, dass Magdeburg mehr als ein Ausgleichungspunct beim Frieden, als wie ein militairisches Object zu betrachten sey, scheint seine Besorgnis vor Einäscherung der Stadt und seinen Widerwillen gegen das Abbrennen der Städte Vor erzeugt zu haben.
Das letztere war ein militairischer Fehler von Wichtigkeit. Der Missbrauch, die Gebäude so nahe vor der Festung anzulegen benahm derselben die freye Aussicht und Wirkung; unglücklicher Weise hatte dieser Missbrauch gerade auf der eigentlichen Point d'attaque stattgefunden, wie solches von dem Ingenieur vom Platz in seinem Projekt zum Angriff der Festung dargethan wird. Der Feind zog hieraus bedeutende Vortheile und der Ingenieur vom Platz macht oft auf die Nachtheile des Nichtabbrennens dieser Vorstädte aufmerksam, selbst der Marschall Ney tat solches auf eine indirecte Art, indem er dem Gouverneur zu erkennen gab, dass das Abbrennen der Häuser um das Glacis, welches der Gouverneur denn doch endlich veranlasst hatte, unter den obwaltenden friedlichen Umständen überflüssig sey. Schonung und Menschenliebe war dies nicht von dem Marschall Ney, denn er bewies, dass Gegentheil durch sein Verfahren gegen die Salzwerke von Schönebeck; der Gouverneur hätte also die List des Feindes durchschauen müssen. Der Gouverneur bezeigte weiter ein unzeitiges Mitleiden mit denjenigen Personen, für die er sich Pässe erbat, um die Festung verlassen zu können, wenn auch hierin nichts von der Frau von Bieder- see zu besorgen war, so war es doch bedenklich Kaufleute zu entlassen, welche nach Tangermunde zu gehen wünschten, da der gleichen Leute zur leichtern Befriedigung ihres Eigennutzes geneigt sind, alle diejenigen Aufschlüsse zu geben, die der feindliche General nur irgend verlangt. Fbenso war es eine zu tadelnde Nachgiebigkeit, dass er die Deputation zu Regulierung der Requisitionen an den Marschall Ney schickte; der Feind war einmal im Besitz des Landes, er hausete darin nach Willkühr, dem Gouverneur musste es aber gleichgültig seyn was in der Provinz vorging, sein Verhältnis war das des Befehlshabers einer Insel auf dem Weltmeer. Das Gegentheil schaffte dem gewandten Feinde mancherley Nachrichten und bewirkte ihm vielleicht einen Einfluss, den er zum Nachtheil der Festung gebrauchen konnte. Ein gerechtes Misstrauen ist in solchen Gelegenheiten einer guth- müthigen Nachgiebigkeit vorzuziehen. Es scheint über dies, dass der Gouverneur keine richtige Einteilung der Geschäfte gehabt habe, er ordnete mehere Arbeiten, als z.B. den Barackenbau für die Besatzung unnötig an, beschäftigte die Ingenieur-Officiere mit Aufträgen (als das tägliche Hinführen der Truppen nach ihren Posten, welches seine Adjutanten ebenso gut hätte verrichten können) die ihnen eine sehr kostbare Zeit raubten und nahm ihnen, die schon in so geringer Anzahl vorhanden waren, noch die brauchbaren Gehilfen, als z.B. den Lieutenant von Wnuck weg: er hätte vielmehr das Ingenieur-Personale durch alle nur irgendwie dazu brauchbare Officiere verstärken sollen, da die Instandsetzung seiner Festung doch immer die Hauptsache war. Auch sein Benehmen gegen seine Untergebenen, vom General abwärts, war nicht zweckmässig, sein Stolz und seine ungerechte Härte entfernte sie von ihm, und verhinderte ihn, manchen begründeten Vorschlag Gehör zu geben, wie solches der Ingenieur vom Platz in seinen Tagbuche vielfach dartut. Dagegen widmete er sein Zutrauen dem General-Lieutenant von Wartensleben, einem Manne, der solches nicht gerechtfertiget hat. Ferner war er nicht strenge genug, gegen feindliche Kundschafter. Den 24. Oktober war ein Neustädter Bürger, namens Ravia arretiert, weil der Verdacht auf ihm ruhte, die feindlichen Kolonnen zum Angriff geführt zu haben, dieser hätte bey irgendeinem überzeugendem Beweise gehangen werden müssen. Dies würde andere von ähnlichen Versuchen abgeschreckt haben. Die Policey war in der Stadt mangelhaft, der Ingenieur machte deshalb sehr richtige Vorschläge in seinem Entwurf zur Verteidigung der Festung Magdeburg, Es scheint aber, als ob der Gouverneur zu keiner der gewaltsamen Massregeln schreiten wollte, die ein Belagerungszustand nothwendig macht und rechtfertigt. Auch die Unterbringung des Soldaten kann nicht zweckmässig und einem solchen Zeitpunkte angemessen gewesen seyn, wo die Erhaltung des gemeinen Mannes die erste Rücksicht des Gouverneurs sein muss. Die Generale von Tschepe und von Schack klagen nämlich darüber, dass die wohlhabenden Einwohner ihre Einquartierung ausgemiethet und die Leute in den Wohnungen der Ärmeren die unfreundlichste Aufnahme gefunden und weder Holz zum Kochen noch Stroh zum Lager gehabt hätten. Besser wäre es allerdings gewesen, diesem Mangel durch kräftige Massregeln abzuhelfen, als den Bau von Baracken anzuordnen, der unnöthigen Geld- und Zeit-Aufwand verursachte. Die Stimmung der Finwohner von Magdeburg war übrigens nicht der Vertheidigung der Festung hinderlich, wie solches der Ingenieur vom Platz in seinem Entwurf zur Verteidigung der Festung
Magdeburg dadurch beweisen, als er es nicht für nöthig hält, zur Erhaltung der Ruhe in der Stadt bey den Wachen Canons aufzuführen. Die Deputation des Bürgerausschusses, welche am 22.10. Aufschluss über ihr Schicksal, wenn die Festung verteidigt würde, verlangte, beweiset wenigstens nicht das Gegentheil, sondern zeigt höchstens nur von der Kleinmüthigkeit einiger Individuen, die ihr Verhältnis nicht richtig begriffen haben. Der General von Kleist hatte früherhin der Belagerung von Mainz mit vieler Auszeichnung beygewohnt, davon scheint er einige Reminiscenzen auf die Vertheidigung seiner Festung übertragen zu haben; so mochte z.B. seine Besorgnis für die Flbinseln, auf deren Befestigungen er eine unötige Zeit verwandte, daher entstanden seyn weil er sich die Möglichkeit dachte, dass die Elbinseln eben die Wichtigkeit von feindlichen Unternehmungen erhalten könnten, welche die im Rhein belegenen Inseln damals hatten; darüber vernachlässigte er aber die Sorgfalt für Anordnung n für Vertheidigungs-Anstalten vor der Neustadt, als dem eigentlichen Point d'attaque. Ebenso scheint ihm die Idee von Contre-Approchen vorgeschwebt zu haben, weil er deren Wichtigkeit bey Maynz erkannt hatte, er wollte daher auch der gleichen auf dem Klosterbergeschen Windmühlenberge und vor dem Zoll an der Leipzigerstrasse anlegen lassen. Der Ingenieur vom Platz aber widerlegte seine Meynung, weil diese Schanzen zu weit vorgelegen hätten. Nachher wart nicht mehr an Contre-Approchen gedacht, welches besonders bey der zahlreichen Besatzung ein grosser Fehler war. Der Ingenieur vom Platz hat indessen Unrecht, wenn er behauptet, dass er die Contre-Approchen nicht mit in seinen Verteidigungs-nlan hätte aufnehmen können, weil er zur Erbauung derselben nicht genug Ingenieur-Officiere gehabt habe, denn dergleichen leichte Erdwerke, die nur dazu dienen sollen, den Feind unter Protektion der Hauptfestung von letzterer solange als möglich entfernt zu halten, können füglich von Infanterie-, Artillerie-Officieren gebaut werden. "Das Resultat von allen obigen Ausstellungen ist, dass der General von Kleist in militairischer Hinsicht sehr fehlerhaft bey Verteidigung der ihm anvertrauten Festung zu Werke gegangen ist, denn bey einer längeren und kräftigeren Verteidigung derselben würde er bey der ohnhin vorgerückten Jahreszeit einen bedeuthenden Theil der feindlichen Streitkräfte auf sich gezogen und von anderen Unternehmungen zurückgehalten haben; es ist sogar wahrscheinlich, dass ohne den Fall von Magdeburg die feindlichen Operationen einen anderen Gang genommen hätten und vielleicht statt des Vorrückens der französischen Armeen an der Weichsel, ein Friede zustandegekommen wäre ebenso wäre es vielleicht möglich gewesen, wenn anders die Desorganisation seiner Besatzung in den ersten Tagen der Berennung es nicht unthunlich machte, durch fliegende Korps, wenn solche durch unternehmende Officiere geführt wurden. Den Marschall Soult bey seinem Abmarsch von Magdeburg zu beunruhigen und ihn zu verhindern sich mit aller seiner Kraft dem Blücherschen Korps entgegenzuwerfen, In dieser Hinsicht ist also das Verhalten des General von Kleist sehr tadelnswert, als Mensch dürfte er aber eher zu entschuldigen seyn. Er war 71 Jahre alt, durch Krankheit, Blessuren und angestrengte Fatiguen des Gebrauchs eines Theils seiner Glieder beraubt, dem ohngeachtet nahm er doch den Rest seiner Kräfte zusammen und ordnete in der ersten Zeit bey Tag und bey Nacht alles persönlich an. Eine solche Anstrengung konnte aber nicht von Dauer seyn; hier musste Erschlaffung folgen, freylich wäre es gut gewesen, wenn er gleich vom Eintritt der Gefahr einen Conseil, bestehend aus den erfahrensten Generalen, dem Ingenieur vom Platze und dem Artillerie-Chef, angeordnet hätte, um die Verteidigungsanstalten planmässig zu führen. Dies erlaubte aber sein Trieb, alles allein zu verfügen, nicht und er mochte wohl glauben, dies jetzt, wie in ruhigen Zeiten tun zu können. Kummer über das Unglück des Staats und über das Hinsinken seiner kräftigsten Stützen, den er als wahrer Patriot sehr lebhaft fühlen musste und Ärger über die Auflösung aller Subordinationsverhältnisse mussten ihn natürlich oft verstimmen und ihn taub gegen den Rat derjenigen seiner Untergebenen machen, die vielleicht, weil sie nicht so tief als er die Vernichtung der preussischen Glorie fühlten, mehr Besonneheit fühlten. Unlautere Absichten hat er wenigstens bey der unglücklichen Übergabe seiner Festung nicht gehabt, davon sprechen ihn alle Anzeichen, die Armuth, in welcher er sein leben beschlos und seiner uneigenütziger Lebenswandel, völlig frey. Nur seine militairische und politische Ansicht von seiner Lage war falsch und diese verleitete ihn, von dem früher wiederholt geäusserten Entschlusse abzugehen, seine Festung bis zum letzten Blutstropfen zu vertheidigen.
Aus den Untersuchungen gegen die übrigen in Magdeburg befindlich gewesenen activen Generale, Graf von Wartensleben, von Renouard, von Tschepe, von Alvensleben, von Schack, von Schimonsky, und den Kommandantenobersten du Trossel hat sich indessen folgendes ergeben. Der General-Lieutenat von Wartensleben war der älteste General nach dem Gouverneur und obwohl er öfter zu seiner Rechtfertigung anführt, dass letzterer ihm kein Zutrauen bezeigt und keine Einmischung in sein Kommando gelitten habe, so widerlegt sich doch der Punct wegen des Zutrauens dadurch, dass jedesmal, wenn Parlamentaires ankamen, der Gouverneur ihn zu sich kommen liess, um mit ihm über den Inhalt der gemachten Anträge zu sprechen, ja dass er ihn sogar deshalb einmal in seiner Wohnung besucht hat. Der General-Lieutenant von Wartensleben war also mit dem Gange der Unterhandlungen bekannt, ihm lag es ob, den Gouverneur auf die Pflichtwidrigkeit einer Kapitulation aufmerksam zu machen, dies hat er aber nicht getan; er behauptet zwar, dass er dem General von Kleist als dieser zu ihm ins Haus gekommen sey, um ihn von den neuen Anträgen des Feindes zu unterrichten, Vorstellungen gegen die Kapitulation gemacht habe, dieses kann er aber nicht hinreichend beweisen, da der General von Kleist nicht mehr am Leben und ausser diesem niemand bey dieser Unterredung zugegen gewesen ist, dagegen gehet aus der Aussage seines vormaligen Privatsekretairs Ludwig hervor, dass er stets und selbst gegen die Meinung des Gouverneurs, die Übergabe gewünscht habe und diese Aussage erhält umsomehr Wahrscheinlichkeit, da der p. Wartensleben sich gleich in den ersten Ta- gen der Berennung gegen den Kapitän von Kleist, Adjutanten des Gouverneurs, geäussert hat, dass doch aus der Verteidigung der Festung nicht viel werden könnte und man nur par honneur einige Schüsse abwarten müsste. Übrigens war es die Pflicht dieses General, sich von dem Zustande der Festung, ihrer Besatzung und ihrer Dotirung in allen Zweigen genau zu unterrichten als wozu er hinreichend Zeit hat, wo es ihm dann einleuchtend geworden seyn würde, das dieser Platz einer sehr reellen Vertheidigung fähig gewesen wäre. Die Untersuchungsrskommission hat den p. von Wartensleben auf sein pflichtwidriges Betragen aufmerksam gemacht und da der General von Kleist über die an die Generale vor Abschluss der Kapitulation gehaltene Rede nicht hat befragt werden können, so sind die Berichte seiner Adjutanten, der Kapitains von Brockhusen und von Kleist deshalb eingefordert und sämtlichen Generalen mit de- nen dazu nötigen Bemerkungen mitgetheilt worden. Der p. von Wartensleben hat hierauf zu seiner Rechtfertigung angeführt, dass er durch Mangel an Geistesgegenwart, der durch seine zerrütteten Körper-und Geisteskräfte veranlasst sey, sowie überhaupt durch seine beständige Kränklichkeit verhindert worden wäre, kräftige Massregeln zu ergreifen, und besonders sich der Abschliessung einer Kapitulation zu widersetzen. Diese Angabe der Hinfälligkeit stehet indessen die Aussage seines Privatsekretairs entgegen, welcher behauptet, dass gedachter General keineswegs krank von Auerstädt zurückgekommen, sondern anfänglich sehr tätig in Magdeburg gewesen sey; ebenso zeigt der General-Chirurgus Mursinna durch ein Beglaubigungsattest an, dass er zwar dem p. von Wartens1ebenwegen seines doppelten Bruchs ein Invaliditätsattest hätte geben müssen, dass er aber vor der diesfälligen Untersuchung den selben während der Einschliessung Magdeburgs täglich zu Pferd und zu Fuss gesehen und gesprochen habe, ohne dass er die geringste Kränklichkeit des Körpers noch weniger Abwesenheit des Geistes an ihm bemerkt hätte. An physischen Kräften fehlte es also diesem Generale nicht. Ausserdem geht auch seine pflichtvergessene Gleichgültigkeit gegen die Erhaltung der Festung aus einer Stelle der aufgefangenen Korrespondenz des Marschall Ney hervor, wo derselbe dem Marschall Soult anzeigt, dass bey Gelegenheit der am 23. Oktober geschehenen Aufforderung, die der Gauverneur jedoch abgelehnt, der p. von Wartensleben zu dem Parlamentair im Vertrauen gesagt habe, dass wenn man einige Haubitzen- und Kanonenschüsse abfeuerte, man wahrscheinlich dahingelangen würde, den eigensinnigen Gouverneur auf andere Gedanken zu bringen. Dieser Behauptung, welche durch die von dem Oberstlieutenant Grafen von la Roche-Aimont vom Husaren- Regiment Rudorff bekundete Äusserung verschiedener franz. Officiere einen grösseren Grad von Wahrscheinlichkeit erhält, setzt der p. von War-tensleben zu seiner Rechtfertigung entgegen: er habe einem der Par-lamentaires, der sich über die Hartneckigkeit des Gouverneurs gewundert habe geäussert,: Wie ist es möglich, dass man eine Festung auffordert, die noch nicht beschossen worden? Werft erst brav Granaten und Bomben in die Stadt, dann wird der Gouverneur wohl wissen, was ihm
zu thun obliegt. So sehr nun der p. von Wartensleben bemüht gewesen ist, seinen Worten hier eine günstige Lösung zu geben, so ist es doch unverkennbar, dass wenn sein Verfahren bey dieser Gelegenheit auch nicht strafwürdig gewesen (was aus Mangel an gültigen Beweisen nicht rechtlich dazuthun ist) es doch mindestens zweideutig und unvorsichtig sey. Der General von Wartensleben hat aber auch durch andere Äusserungen seine Gleichgültigkeit gegen seine Pflicht dargethan, indem er unter anderm dem General von Schack nach dessen Anzeige, bey Gelegenheit der Zurücksendung eines Parlamentairs, sagte, die Stadt sey zwar aufgefordert, ihn gehe die Sache aber nichts an, als über welche Anzeige er sich nicht befriedigend hat rechtfertigen können. Da er indessen hinterher doch Bedenklichkeiten über seine unterlassene Mitwirkung zur thätigen Vertheidigung gehabt haben mochte, so hat er anfänglich alle Theilnahme an der Kapitalation abgeleugnet, auch noch dem Capitän von Kleist geäussert, derselbe müsse am besten wissen, dass er keinen Antheil an der Übergabe habe, und dass sie garnicht mit seinen Gesinnengen übereinstimme, welches jedoch in geradem Widerspruch mit seiner diesem Officier gemachten Äusserung stehet, wornach er der Meinung war, dass aus der Vertheidigung der Festung doch nicht viel werden könnte. Überhaupt ist es sehr wahrscheinlich, dass der von Wartensieben dem Gouverneur eine ungünstige Meinung über die Zuverlässigkeit der Truppen beygebracht oder ihm in selbiger bestärkt habe, indem er selbst diese Meinung gelegt hat, die jedoch von den anderen Generalen grossen Teils bestritten worden ist. Dadurch wirkte er aber sehr nachtheilig auf den Geist des Gouverneurs und wurde wenigstens indirecte die Veranlassung zu dessen Selbstvertrauen. Hauptsächlich lastet aber auf dem P. v. Wartensleben der Vorwurf, dass er bey den unzweckmässigen Benehmen des Gouverneurs als ältester diensttuender General nicht die andern Generale zusammenberufen und mit ihnen ernstlich Massregeln zur Vertheidigung der Festung verabredet, als wozu ihm selbst bey der Conferenz von dem General Schack Erinnerungen gemacht worden sind, auch dass er sich den Verfügungen des Gouverneurs in Ansehung des Abschlusses der Capi-tulation nicht aufs kräftigste sich widersetzt habe. Der Gouverneur leistete hiezu dadurch Vorschub, dass er bey der Versammlung der Generalität selbiger erklärte: wenn jemand die bessere Vertheidigung von Magdeburg zu übernehmen gesonnen sey, so stände es ihm frey, welches der von Wartensleben selbst einräumt. Die Einwendung des letzteren, dass seine Geistesschwäche ihm verhindert habe, von diesem Anerbieten Gebrauch zu machen, ist aber eben so gehaltlos, als seine Behauptung, dass zur Zeit, als die gedachte Konferenz beendigt wurde, die Unterhandlungen soweit gediehen gewesen, dass es nicht mehr nötig war, selbige abzubrechen, als wozu es denn doch, wenn man nur den Willen dazu gehabt hätte, nicht an Vorwürfen gefehlt haben würde; um so mehr, da man bis zum völligen Abschluss der Capitulatio 36 Stunden Zeit hatte, wo in einer anderweitig durch den von War- tensleben zu veranlassenden Oonferenz über alle zu treffenden Massregeln hinreichend berathschlagt werden konnte. Aus diesem allen gehet hervor, dass der General-Lieutenant von Wartensleben nächst dem Gouverneur, die wesentlichste Schuld an der Übergabe von Magdeburg hat, indem er durch Unterlassung seiner Pflichten oder durch nachlässige Beobachtung derselben es verabsäumt hatte, denjenigen Einfluss geltend zu machen, den er bereits auf den Geist des durch Alter und Unglücksfälle geschwächten Gouverneurs besass, oder den ihn auch seine Dienstverhältnisse und seine Dienstpflicht anwies, wodurch denn sein Verhalten in einem strafwürdigen Lichte erscheint. Den General von Renouard anlangend, so räumt derselbe zwar ein, dass der Gouverneur, nachdem er in der Conferenz am 6. Nov. den Äussern und innern Zustand der Festung geschildert habe, das Com- mando derselben jedem anderen Generale angeboten, der sich im Stande glaubte selbige zu vertheidigen. Da indes der General von Wartens— leben dieses Commando nicht übernommen habe, so hätte er sich auch nicht dazu ermächtigt gehalten, weil er nicht der älteste General gewesen sey, übrigens habe er auch schon damalen an einer solchen Augenschwäche gelitten (Die jetzt in einen förmlichen Staar auf beiden Seiten ausgeartet sey) dass er auf 10 Schritte niemanden habe erkennen können und sich durch seinen Adjutanten bey seinen Dienstverrichtungen auf den Wällen habe müssen leiten lassen. Von den frühem Verhandlungen wegen der Übergabe habe er aber keine Kenntnis gehabt, da er sich stets auf den ihm übertragenen Posten befunden; als indessen der Gouverneur am Schluss zu seiner Rede den Generalen für ihren bewiesenen Diensteifer bedankt, habe der P. v. Renouard gesagt: er
hätte nur seine Pflicht getan und würde sie mit Freuden auch noch ferner erfüllen. Er bemerkt hiebey, dass bei der Conferenz mit den Generalen kein Stimmensammeln stattgefunden, auch kein Protokoll stattgefunden, daher er diese Conferenz auch wohl nicht für einen förmlichen Kriegsrat halten mochte. Aus Furcht vor dem Gouverneur äusserte er keinen Widerspruch, er erinnerte indessen den letztern an die Absendung eines Officiers zum Könige, um dessen Willensmeynung einzuholen, dies wurde aber in harten Ausdrücken ablehnt. Bey Abschliessung der Kapitulation ward ihm der Befehl erteilt, selbige zu unterschreiben, er äusserte hierauf dem General von Wartensleben sein Befremden über diesen Auftrag, da er doch die Kapitulation nicht gemacht habe, worauf ihm dieser erwiderte: dass ihm dieses als ältestem Generalmajor zukomme, indem auch der feindliche Unterhändler von diesem Range wäre. Vor Unterzeichnung der Kapitulation frug der P. von Renouard den Gouverneur indessen öffentlich: ob es sein ausdrücklicher Befehl sey, dass er unterschreiben solle, worauf dieser sehr streng antwortete: ja ! ich befehle es. Sie sind dazu commandirt. Er leistet daher diesem Folge und rechtfertiget sein Benehmen dadurch, dass er sich nie in einer belagerten Festung befunden habe die Grenzlinien zwischen Subordination im Felde und Subordination in einer Festung nicht gekannt hätte, weshalb er denn pünktlich gehorchen zu müssen geglaubt habe. Was den Generalmajor von Tschepe betrifft, so ist derselbe zwar bey der am 6. November gehaltenen Konferenz mit zugegen gewesen, er behauptet jedoch, nichts von der Capitulation gehört zu haben, da der Vortrag des Gouverneurs, wegen der im Nebenzimmer befindlichen Parlamentairs so leise geschehen sey, dass er nichts davon verstanden habe; er räumt jedoch ein, gehört zu haben, dass der General von Kleist seinen Posten als Vertheidiger der Festung jedem andern General angeboten habe. Da aber die Versammlung über eine so wichtige Sache so kurz abgethan, keiner um seine Meinung gefragt, auch nichts weiter über die Nothwendigkeit der Übergabe erwähnt worden, als dass kein Fntsatz zu hoffen sey und bey Einäscherung der Stadt ein grosser Verlust an Privatguth erwachsen würde, so habe er geglaubt dass Tages darauf noch eine Konferenz gehalten und die Kapitulation noch verzögert werden würde. Da es ihm indessen einleuchtend geworden, dass die plötzliche Sinnesänderung des Gouverneurs durch die Erscheinung des Major von Wedell vom Leibregiment veranlasst sein müsse, so habe er sich zum Gouverneur begeben, um ihm gegen die Glaubwürdigkeit der Nachrichten, so dieser Officier überbracht, seine Zweifel zu erkenne zu gehen, er habe aber nur diese Absicht bey dem Adjutanten des Gouverneurs erreichen können. Übrigens habe ihm die übertriebene File, womit die Kapitulation abgeschlossen worden, abgehalten, wirksame Mittel zur Hintertreibung derselben anzuwenden und eine Berathschlagung mit anderen Generalen vorzunehmen. Die wirkliche Abschliessung der Capitulation sey ihm aber völlig unerwartet gewesen und habe er von den Artikeln derselben nicht eher etwas erfahren, als bis solche öffentlich publiziert worden seyen. Den General von Alvensleben betreffend, der ebenfalls zu der Conferenz am 6. November zugezogen worden, so ergibt sich aus dessen eingereichter Rechtfertigung, dass er zwar in der Hauptsache die nämlichen Umstände über die gedachte Konferenz anführt, welche die übrigen anwesenden Generale erwähnt haben, er beklagt sich indessen ebenfalls über die Härte des Gouverneurs, die nicht gestattet hätte, ihm Vorstellungen zu machen, räumt jedoch ein, dass der General von Kleist beim Schluss seiner Rede gesagt habe: Weiss jemand von Ihnen (nämlich den anwesenden Generalen) mir einen Rat zu geben der sage ihn! Da sich derselbe aber bald darauf aus der Konferenz entfernt habe und auch die Generallieutenants von Kunheim und von Wartenslehen selbige verlassen hätten, so hätte er mit den übrigen Generalen zu dem Gouverneur geschickt, um ihn fragen zu lassen, ob er ihnen noch etwas zu sagen habe, worauf sie entlassen worden wären. Weiterhin sagt der P. von Alvensleben, dass er nach der vom Gouverneur gemachten Auseinandersetzung geglaubt habe, dass letzterer über die Mittel berathschlagen wolle, wie die Festung noch ferner am zweckmässigsten zu vertheidigen sei, weshalb er denn auch laut erklärt habe, dass er unter diesen Umständen nie einer Capitulation beistimmen und solche auch ebenso wenig unterschreiben würde. Da auch über dem dem Gouverneur allenthalben der Einwurf gemacht worden, dass die Aussagen des Major von Wedell nicht hinlänglich sey, der Gouverneur aber erwidert habe, wie ihm die Absendung eines Officiers nach Berlin, um sich von der Wahrheit der französischen Angabe zu überzeugen, bewilligt worden, sich aber gleich daraus aus dem Kreise entfernt hätte, so
habe der P. von Alvensleben umsomehr in der Meinung gestanden, dass vorderhand noch garnicht die Ansicht zu capitulieren stattfinden, sondern dass man erst einen Officier ansenden würde, um sich von der Aussage des Major von Wedell näher zu unterrichten, weshalb er denn auch den übrigen Generalen keine Anträge machen könne, die auf Yertheidigung der Festung und eine förmliche Erklärung gegen eine Capitulation bezug gehabt hätten. In der Überzeugung, dass nach Rückkunft des Officiers eine neue Beratschlagung angestellt und jeder Einzelne über die Möglichkeit einer Vertheidigung um seine Meinung gefragt befragt werden würde, habe er auch solange gestanden, bis ihm der förmliche Abschluss der Capitulation bekannt geworden sey, und würde er sich, wenn er es gewusst hätte, dass der Gouverneur nach der Zusammenkunft gleich über die Basis der Capitulation in Unterhandlung getreten sey, ebenso bestimmt derselben widersetzt haben, als er in der Versammlung der Generale erklärt habe, dass er zu keiner Capitulation einwilligen und solche durchaus nicht unterschreiben würde. Was den General von Schack anlangt, der gleichfalls der Zusammenkunft der Generale beigewohnt hat, so gehet aus dessen Berichten hervor: dass nach dem der Gouverneur die äussere und innere Verfassung der Festung geschildert, er erklärt habe, dass er zu capitulieren Willens sey, jedoch nach Vorlegung der Capitulationspuncte wörtlich geäussert habe: die Capitulation ist ehrenvoll, wir haben keinen Entsatz zu hoffen, ich werde capitulieren, wissen Sie was besseres? Hierauf habe der von Schack zugleich mit dem General von Alvensleben erklärt: er unterschreibe nicht; worauf der Gouverneur jedoch erwidert: warten Sie doch bis die Reihe an Sie kommt! Der von Schack habe sodann dem General von Wartensleben Vorstellungen gegen die Capitulation gemacht, die dieser aber mit der Äusserung abgelehnt hätte: er wäre nicht Gouverneur und ginge ihn die Sache daher nichts an. Übrigens habe der von Schack diese Zusammenberufung der Generale nicht für einen Kriegsrat gehalten, weil keinem General seine Meinung abgefordert worden, vielmehr der Gouverneur mit Bezugnahme auf das königlich Kabinettschreiben, durch welches ihm das Kommando über die Festung Magdeburg und die aus der Schlacht kommenden Truppen anvertraut worden, auf eine dicatorische Art erklärt habe, dass er capitulieren werde; auch hätte der von Schack die Äusserung des Gouverneurs, als derselbe ihn mit den Worten: warten Sie doch bis die Reihe an Sie kommt! zur Ruhe verwies, auf die Vermutung geführt, dass noch ein förmlicher Kriegsrat gehalten würde, allein die Generale wären bald darauf entlassen worden, ohne dass sie geglaubt hätten, dass die Capitulation schon wirklich abgeschlossen sey. Die von dem Adjutanten, Capitain von Kleist gemachte und von einigen Generalen eingeräumte Anzeige, dass der Gouverneur demjenigen General das Commando der Festung abtreten wolle, der eine bessere Vertheidigung derselben übernehmen zu können glaube, bestreitet der von Schack jedoch durchaus und behauptet davon nichts gehört zu haben. Auch zieht er es in Zweifel, dass es einem Befehlshaber zustehe, ohne Genehmigung des Monarchen das ihm übertragene Commando der Willkür desjenigen zu überlassen, der es übernehmen will, er glaubt indessen, dass der Generalieutenant von Wartensleben oder einer der übrigen älteren Generale, welche die oben erwähnte Äusserung des Gouverneurs gehört zu haben vorgeben, eher als er zur Übernahme des Oberbefehls gehalten gewesen, da er mit Ausnahme des Generals von Schimonsky der jüngste General war. Das physische und moralische Unvermögen des Gouverneurs räumt er zwar ein, er glaubt jedoch, dass unter den damaligen Umständen nur ein Mann von mehr als gewöhnlichen Geistes- und Körperkräften die fernere Vertheidigung als Befehlshaber hätte übernehmen können, wenn er nicht durch die Superiorität seines Ranges die unter ihm stehenden Generale mit Frnst anhalten konnte, den unter sie vertheilten Zweigen der Aufsicht genau vorzustehen; welches seiner Meinung nach nicht die Sache eines jüngeren Generals hätte sein können, übrigens glaubte er auch, dass um so weniger ein anderer General als derjenige, welcher vermöge seines Ranges dazu verbunden war, sich mit der Übernahme der Vertheidigung habe befassen können, da verschiedene Mängel stattgefunden hätten, von denen nur den wenigsten hätte abgeholfen werden können. Hierzu rechnet er vorzüglich: a) die mangelhafte Beschaffenheit der Festungswerke, b) den nicht hinreichenden Vorrath von Pulverkasten zur trockenen Aufbewahrung der Munition, c) den ebenfalls nicht hinlänglichen Vorrath an Munition,
d) den Mangel an Victualien und Fourage, zu deren früherer Herbeischaffung er dem Gouverneur Vorstellungen gemacht habe, die jedoch nicht beachtet worden wären, e) die Unzulänglichkeit der Lazarettanstalten, f) die Unzweckmässigkeit der Unterbringung der Truppen und g) die schlechte Beschaffenheit der Policey. Die Unzulänglichkeit dieser Behauptungen ist jedoch mehrenteils früher erwiesen worden, denn 1. war die Festung nach der Angabe des Ingenieurs vom Plat-ze in einer solchen Verfassung, dass selbige sich 2 Monate gegen einen regelmässigen Angriff halten konnte, und wenn auch vielleicht einige Traversen und Banketts in der Turmschanze fehlten (deren Vertheidigung dem General Schack übertragen war) so liess die Kürze der Zeit und die notwendigere Berücksichtigung der Neustadt, als das Point d'Attaque, nicht zu, Arbeiten vorzunehmen, welche ohnehin leicht von der Besatzung vollendet werden konnten, 2. gehet aus dem Bericht des Artillerie-Chefs hervor, dass die Artillerie sowohl als die Munition in hinreichender Anzahl und Brauchbarkeit vorhanden gewesen, auch für Aufbewahrung und zweckmässige Vertheilung der letzteren gesorgt war, 3. ist der Mangel an Victualien und Fourage keineswegs dringend und der ferneren Vertheidigung hinderlich gewesen, wenn gleich nicht zu leugnen, dass selbigem durch zweckmässige Foura-gierung, als der Feind solche noch nicht behindern konnte, gänzlich hätte abgeholfen werden können und endlich 4. war der Unzulänglichkeit der Lazarettanstalten, der Unzweckmässigkeit der Einquartirung und der schlechten Beschaffenheit der Policey durch energische Massregeln sehr füglich entgegen zu arbeiten, ohne dass man, wie der von Schack besorgt, zu befürchten hatte, die Bürgerschaft gegen sich aufzubringen, in dem die Stimmung derselben angeführter Massen gut war und selbige bei der starken Besatzung auch nicht sonderlich zu fürchten gewesen seyn dürfte. Es leuchte daher ein, dass dem P. von Schack die von ihm angeführten Rechtfertigungsgründe nicht zur Entschuldigung allein dienen können, und dass nur seine laut und unaufgeforderte Erklärung, keine Capitulation unterschreiben zu wollen, so wie seine Aufforderung an den Generallieutenant von Wartensleben, sich einer Capitulation zu widersetzen, ihn zu rechtfertigen vermögen. Der General von Schimonsky, welcher ebenfalls unter denen am 6. November bey dem Gouverneur versammelten Generalen befindlich war, gibt zu seiner Rechtfertigung an, dass er zwar die Äusserungen des Gouverneurs sowie solche vom General von Schack gleichfalls gemacht gemacht worden einräumen müsse, dass aber der Gouverneur am Schlusse seiner Rede wörtlich gesagt habe, er wolle sein Haupt mit Ehren in die Grube bringen und wisse jemand ihm einen Rath zu geben, der sage ihn; wogegen die Generale geäussert hätten, dass man sich auf die Aussagen des anwesenden Major von Wedell nicht unbedingt verlassen könne. Da nun aber im Verfolg des Gespräch sich ergeben habe, dass man feindlicher seits die Absendung eines Officiers gestatten wolle, so habe er vermutet, dass dieser abgeschickt werden würde, und bey der Äusserung des Gouverneurs, dass er sein Haupt mit Ehren in die Grube bringen wolle, sich bald darauf mit Beruhigung auf seinen Posten zurückbegeben. Von der Capitulation habe er vor ihrer öffentlichen Bekanntwerdung nichts erfahren. Gegen die Übergabe aber habe er sich schon früher gegen den Gouverneur und gegen die Generale von Wartensleben und von Alvensleben erklärt, auch seien von ihm verschiedene auf die Yertheidigung bezug habende Vorschläge und namentlich ein Antrag geschehen, um durch einen Ausfall die Stärke des Feindes zu recognosciren. Wenn er übrigens den anderen Generalen keine Anträge zur ferneren Vertheidigung gemacht habe, so sey dies von ihm deshalb nicht geschehen, weil er sich als jüngster diensttuender General dazu nicht befugt geglaubt habe, übrigens sey aber auch sein Geist durch die schon im siebenjährigen Kriege erhaltene Kopfwunden und dreifache Trepanirungen, sowie durch die unglücklichen Ereignisse des jetzigen Krieges und zuletzt noch durch den Antrag des Gouverneurs, die Festung übergeben zu wollen, so geschwächt gewesen, dass er fast gar keinen Anteil an den Vorträgen dieser Conferenz genommen habe, sondern alles der Entscheidung der älteren Generale überlassen hätte. Ein entgegengesetztes Betragen würde, nach seiner Meinung, Unruhen in der Garnison veranlasst habe,
die er hätte vermeiden wollen, übrigens habe er einen so hohen Begriff von der Rechtlichkeit und Einsicht des Gouverneurs gehabt, dass er unmöglich habe glauben können, dieser werde eine Handlung zum Nachtheil des Staates begehen. Ausser diesen sechs aktiven Generalen waren noch zu mehrgedachter Conferenz folgende Generale zugezogen worden, die sich als krank oder blessiert in Magdeburg aufhielten, als der Generallieutenant Graf von Kunheim und Generallieutenant von Holtzendorff. Erster räumt zwar ein, dass er bey der Zusammenkunft der Generale zwar zugegen gewesen sey. Da ihm aber die Beratschlagung mehr auf die nahe Gefahr einer baldigen Belagerung und auf die Vertheidigungsanstalten abzuzwecken schienen, als dass dadurch eine Übergabe oder Capitulation beabsichtigt worden sey, so habe er, besonders bey seinem fortwährenden Krankheitszustand die Versammlung bald, und zwar in der Überzeugung verlassen, der Gouverneur werde bey seinem ersten Vorsätze, einer kräftigen Vertheidigung verbleiben, weshalb er denn also auch keinen Anteil an der Übergane der Festung habe. Der General von Holzendorff hingegen räumt die mehresten von den übrigen Generalen angezeigtem Umständen dieser Conferenz ein, behauptet jedoch den Gouverneur gefragt zu haben, ob er nicht vom Könige bestimmte Befehle und besondere Instruktionen habe, wonach er seine Beschlüsse bestimmen müsse? welches derselbe verneinte, ferner: ob es nicht tunlich sey, im Falle der Nothwendigkeit, eine Capitulation abzuschliessen mit dem freien Abzug der Garnison zu bedingen? worauf er jedoch keine Antwort erhalten. Hierauf habe er sich entfernt, da er als Kranker ohnehin zur Vertheidigung ohnehin nicht hätte mitwirken können, dagegen stellt er es in Abrede, dass der Gouverneur das Kommando jedem anderen angeboten habe, der unter den damaligen Umständen die Festung vertheidigen zu können glaube, wenigstens behauptet er nichts davon gehört zu haben. Übrigens sey er der Meinung gewesen, es werde ein Officier zur Einholung von Verhaltungsbefehlen geschickt werden und habe er die Capitulation keineswegs durch die Verhandlungen in der Conferenz als abgeschlossen angesehen, daher er auch vor Bekanntmachung der Übergabe nichts von selbiger gewusst habe. Da sich nun aus sämtlichen Untersuchungen ergeben, dass der General von Kleist hauptsächlich durch die Ankunft des Major von Wedell vom Leibregiment in Magdeburg zur Abschliessung einer Capitulation veranlasst worden, so hat unterzeichnete Commission gedachten Major von Wedell aufgefordert, die Veranlassung seiner Erscheinung bey dem Gouverneur anzugeben. Es hat derselbe hierauf angezeigt: dass als er nebst noch einigen subalternen Officieren nach geschlossener Capitulation bey Prenzlau den 4. November in Schönebeck angekommen wäre, sey er auf Befehl des Marschalls Ney nach Salza in seine vormalige Wohnung abgeführt und daselbst unter Andeutung, mit keinem der Binwohner zu sprechen, bewacht worden. Dieser Befehl sey am 6. November nachgeschärft und der P. von Wedell zum Marschall Ney geführt worden. Letzterer habe ihm nun anfänglich ziemlich höflich gesagt, dass er ihn, begleitet von zwei Officieren, nach Magdeburg senden müsse, um den General von Kleist von der Capitulation bey Prenzlau zu überzeugen. Als nun der P. von Wedell dem Marschall vorgestellt habe, dass er als Gefangener auf keinen Fall dort hingehen könne, weil es gegen seine Capitulation sey und dieser Schritt auch nachtheilig für ihn werden könne, sey der Marschall sehr heftig geworden und habe ihm gesagt: er wäre sein Gefangener und müsse seinen Befehlen ohne Widerrede gehorchen. Hierauf habe der P. von Wedell geglaubt, dem General weichen zu müssen und sey mit dem Obersten Liger Belair und dem Capitain Regnard zum General von Kleist gefahren, welchem er gesagt, dass der Marschall Ney ihn mit Gewalt gezwungen habe nach Magdeburg zu gehen, um ihm anzuzeigen, dass das Regiment, bey welchem er stehe, und der Fürst Hohenlohe bey Prenzlau capituliert habe. So sehr nun auch der Major von Wedell bemüht ist, seine straffällige Nachgiebigkeit durch obige Anzeige zu rechtfertigen, so gehet doch unleugbar hervor, dass derselbe mit mehrerer Festigkeit einen Antrag von sich würde habe ablegen können, zu welchem er garnicht gezwungen werden konnte und dessen Erfüllung unter den obwaltenden Umständen von den nachtheiligsten Folgen sein musste. Dieser Officier ist also um so mehr wegen seines Verfahrens strafbar, da aus verschiedenen Anzeigen der Generale hervorzugehen scheint, dass er in der Konferenz nicht allein von der Capitulation zu Prenzlau sondern auch von anderen unglücklichen Vorgängen als der Übergabe von Stettin und Küstrin gesprochen habe und dadurch die hauptsächlichste Veranlassung zu der Nachgiebigkeit des Gouverneurs geworden ist.
Die übrigen in Magdeburg anwesenden und zufolge der Kapitulation mitgefangenen Generale von Müffling, von Kaufberg, von Ernest, von Wedell, von Bünting, von Reitzenstein und Graf Henckel wurden aber, weil sie krank oder schwer blessiert waren nicht zur Conferenz mit zugezogen. Der Commandant Oberster du Trossel war indessen bey selbiger mit zugezogen und unterschrieb auch nachher die Kapitulation. Aus seinen Berichten geht überhaupt folgendes hervor: er habe geglaubt aus der wiederholten Unterredung seiner Majestät mit dem Gouverneur schliessen zu müssen, dass letzterem allein die Vertheidigung der Festung übertragen sey, worin er noch mehr durch die Erklärung des Gouverneurs bestärkt worden, dass selbiger anfänglich das Kommando über alle in und um Magdeburg befindliche Truppe erhalten habe. Das Benehmen des Gouverneurs gegen ihn sey stets sehr hart und zurückweisend gewesen und dieser habe eine besondere Eifersucht gegen ihn und andere geäussert, die irgend etwas ohne sein Wissen angeordnet hätten. Von den Verhandlungen mit den Parlamentairs habe er nur immer spät und oft gar keine Nachricht erhalten, er habe auch um so mehr geglaubt, auf seine Gegenwart bey den Unterhandlungen nicht füglich dringen zu können, da er der Meinung war, dass der Gouverneur die Vertheidigung allein zu führen hatte, und er ihm laut seiner Bestallung ganz subordiniert war. Übrigens wäre er auch in eine solche Abhängigkeit vom Gouverneur versetzt worden, dass er zum Beispiel nicht einmal etwas davon erfahren habe, als die in der Citadelle aufbewahrten Kriegsgefangenen dem Feinde zurückgeschickt wurden. Seine Anwesenheit bey der Konferenz, bey welcher er jedoch nur allein vom Festungsstabe zugegen gewesen, räumt er zwar ein und berichtet selbige mit allen bereits angeführten Umständen, nur bestreitet er, dass der Gouverneur geäussert habe, das Commando niederlegen zu wollen, wenn jemand die Vertheidigung der Festung zum Wohl des Dienstes für nothwendig erachte (wie solches der Adjutant des Gouverneurs Capitain von Kleist behauptet hat), Er sagt vielmehr, dass nachdem der Gouverneur alle seine schon früher angeführten Bewegungsgründe zur Capitulation in der Conferenz entwickelt, er die Anwesenden bloss gefragt habe: oder denkt jemand von Ihnen meine Herren unter diesen Umständen noch Lorbeeren einzuernten? Worauf eine stumme Verbeugung die allgemeine Antwort gewesen sey. Ferner behauptet er, dass man eigentlich nicht gewusst habe, ob bey der Versammlung der Generale die Absicht zu einer vollständigen Berathung, oder nur die zu einer Erörterung dessen was geschehen war und was der Gouverneur nun zu thun entschlossen sey zu Grunde lag. Zur Unterschrift der Capitulation sey er ausdrücklich mit kommandiert worden und habe er geglaubt bey dieser Verrichtung nur als Bevollmächtigter des Gouverneurs zu handeln. Dieser wäre von Anfang bis zu Ende bey den Verhandlungen zugegen gewesen und habe nicht erlaubt, dass ein anderer Bemerkungen machen durfte. Demohngeachtet habe er unterstützt von dem Capitain von Kyckpusch vom Generalstabe dem Gouverneur Vorstellungen gemacht, ob man nicht wenigstens sich freien Abzug bedingen könnte, worauf dieser indessen entgegnet habe: So klug bin ich auch, das wollen sie nicht. Als die Verhandlungen unterzeichnet werden sollten, wäre er nebst den beiden anderen dazu kommandierten Personen nochmals an den General von Kleist herangetreten, wobey der General Renouard namens derselben ihre Bedenklichkeit geäussert hätte, der Gouverneur habe indessen den Befehl zur Unterschrift wiederholt. Bevor der p. du Trossel selbige geleistet habe er indessen nochmals den Gouverneur gefragt, ob derselbe die Capitulation ratifizieren würde? worauf dieser mit Ungestüm erwiderte: Was ist das wieder für eine Frage, Sie lesen ja darin, dass es in meinem Namen geschieht. Zu der Entschuldigung seines Verfahrens führt er übrigens noch an, wie er geglaubt habe, der Gouverneur hätte geheime Ordres in Betreff der Vertheidigung gehabt, die vielleicht mit politischen Rücksichten in Verbindung ständen. Was die in dem Nachtrage zu der Capitulation zugestandene Wohnung betreffe, so sey ihm solche von dem französischen Bevollmächtigten aus eigenem Antriebe angetragen worden, und er habe solches angenommen, weil das Commandantenhaus kein königliches, sondern ein der Stadt zugehöriges Gebäude gewesen. Den Diensteid als Commandant habe er zwar geleistet, indessen glaube er, dass die Erfüllung dieses Eides wohl die unablässige Bedingung erheischet, der erste in der Festung zu seyn und als wirklicher Befehlshaber die Vertheidigung zu führen; da er sich aber wegen der in seiner Dienstbestallung Ihm gegen der Gouverneur auferlegten Pflichten nicht der Vertheidigung, weder direkte noch indirekte
annehmen konnte, so habe er auch geglaubt, sich an diese und nicht bloss an seinen Diensteid halten zu müssen. Endlich führt er noch an, dass den Commandanten zu Magdeburg zu Bestimmung ihres Verhaltens gegen den Gouverneur und zur Richtschnur für ihre Dienstpflichten bei Anwesenheit desselben niemals eine andere Instruction erteilt worden, als diejenige, welche in deren Bestallung enthalten ist. Er habe bey Antritt seines Postens sowohl von dem Gouverneur als dem Peronale des Festungsstabs die Belehrung erhalten, dass bey Anwesenheit des Gouverneurs alle Gouvernementsgeschäfte von demselben allein und unmittelbar dirigiert würden und der Commandant nur die Bekanntmachung dessen Befehle zu besorgen habe. Seine Abhängigkeit von dem Gouverneur und das Verhältnis, in welchem er überhaupt zu selbigem gestanden habe, hätte ihn aber verhindert, nach gehaltener Conferenz Vorkehrungen zur Vertheidigung der Festung und überhaupt Massnehmungen gegen dessen unzweckmässiges Benehmen zu treffen. So sehr nun auch aus dem hier angeführten hervorgehet, dass der Oberst du Trossel hauptsächlich an Mangel an Energie, und weil er die Grenzlinien seines Verhältnisses zum Gouverneur, so wie die Obliegenheiten seines Postens nicht richtig begriffen, gefehlt und dadurch die Übergäbe der Festung mit veranlasst hat, so schwinden doch alle seine beigebrachten Rechtfertigungsgründe vor dem trockenen Buchstaben des Gesetzes, welches ihm im Ingenieur-Reglement Kap.III Tit. IX nebst dem Stabsoffizier, dem ersten Ingenieur und Artillerie-Officier für die Übergabe verantwortlich macht; daher den auch seine Teilnahme an der zu frühzeitigen Capitulation und seine Unterschrift derselben straffällig bleiben. Wenn nun aber in dem Püblikando d.d.Ortelsburg den 1. Dezember 1806 bereits gegen diejenigen Personen ist erkannt worden, welche die Capitulation unterschrieben haben; so hat die unterzeichnete Commission den Capitain le Blanc, der sich in dieser Kategorie befunden, zur Berichterstattung aufgefordert und gehet aus dessen Rechtfertigung hauptsächlich folgendes hervor: Er sey am 6. November zum Gouverneur gerufen worden, der ihn unterrichtet habe, dass er zu capitulieren genötigt sey; hiergegen habe er nun gleich Vorstellungen gemacht, indem er sich auf die zu erwartenden Mitwirkung der russischen Armee bezogen, deren Vorrücken nothwendig eine Deblockierung der Festung zur Folge haben würde, wogegen indessen der Gouverneur mehrere Einwendungen gemacht habe. Als er hierauf dem Gouverneur in ein anderes Zimmer gefolgt sey, wo sich die französischen Bevollmächtigten befunden, haben, die dem Gouverneur die Capitulationspuncte vorlegten, so habe er dem Obersten Liger-Belair Vorstellungen gegen den Artikel des Gewehrstrek-kens gemacht, der ihm indessen entgegnete, dass der Gouverneur bereits alles eingegangen sey; bald darauf sey er entlassen worden, wo er denn noch mit dem Commandanten und den Adjutanten des Gouverneurs Rücksprache genommen habe, wie die Übergabe zu hintertreiben oder wenigstens auf ehrenvollere Bedingungen zu bewirken sey. Seine Vorstellungen wären indes ohne Erfolg geblieben; als er jedoch 2 Tage darauf wieder auf das Gouvernement zu kommen, beordert worden, habe er mit Erstaunen gemerkt, dass in der Capitulation, die man damals vorgelesen hätte, sein Name ausdrücklich aufgenommen sey. Er habe hierauf mit dem General Benouard und dem Commandanten Einwendungen gegen ihre zu leistende Unterschrift gemacht, wobey der erstere das Wort geführt habe; hierauf sey ihnen indessen vom Gouverneur die Antwort erteilt worden: sie unterschrieben ja in seinem Namen und hätten keine Verantwortung. Bey der Versammlung der Generale sey er nicht mitgewesen und man habe ihm nicht das mindeste, was auf diese Capitulation Bezug habe, mitgeteilt. Seine Begriffe von Subordination, besonders in einer belagerten Festung und die hohe Meinung, welche er von den Verdiensten des Gouverneurs gehabt, hätten ihn aber nicht einen Augenblick zweifeln lassen, dass er den Befehlen desselben and den Beschlüssen eines Kriegsrats pünktlich Folge leisten würde. Übrigens habe er auch geglaubt, dass dem Gouverneur von dem Könige bey dessen Durchreise geheime Befehle in Rücksicht der Vertheidigung gegeben worden seien, und wäre er der Meinung gewesen, dass seine Unterschrift eine blosse Formalität sey, auch dass durch die Verweigerung derselben keineswegs der Abschluss der Kapitulation verzögert worden sein würde, indem man wohl auf ihn, als auch einen subalternen nicht viel Rücksicht genommen haben möchte.
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Aus diesen Rechtfertigungsgründen gehet nun hervor, dass der Capitain le Blanc sich zu dem Geschäft des Unterzeichnens der Capitulation als commandiert angesehen und dass er geglaubt hat, seinen Subordinationsverhältnissen entgegen zu handeln, wenn er nicht den Befehlen des Gouverneurs pünktlich Folge leistete. Was den Ingenieur vom Platze Hauptmann von Kleist betrifft, so ergiebt sich aus denen deshalb eingegangen en Berichten, dass denselben keine Schuld an der zu frühzeitigen Übergabe der Festung bey-zumessen sey; dieser Officier hat vielmehr eine seltene Hinsicht und Tätigkeit entwickelt und sein Verhalten sowohl bey der Instandsetzung der Festung als auch während der Blokade derselben ist nicht allein völlig vorwurfsfrei sondern musterhaft gewesen, wie solches schon früher hin ist entwicklet worden. Seine Vorschläge waren stets sehr zweckmässig und zeugten sowohl von seiner Sachkenntnis, als von seinem eifrigen Verlangen, seine Pflichten jederzeit, im ausgedehntesten Sinn zu genügen; wenn indessen nicht genug hierauf Rücksicht genommen worden ist, so beweiset dies die strenge Abhängigkeit in welcher ihn der Gouverneur von sich gehalten hat. Es hat der Ingenieur-Capitain von Kleist nicht den mindesten Anteil an der Capitulation gehabt und ist weder zu einem vor Abschluss derselben abgehaltenen Kriegsrat, noch zu den Verhandlungen bey der Capitulation selbst zugezogen worden; als er indessen von dem Gouverneur erfuhr, dass dieser zu capitulieren geneigt sey, hat er demselben sehr trifftige Vorstellungen dagegen gemacht, auch sich auf den Fall, dass ein Kriegsrat gehalten werden sollte, zur Führung des Protokolls angeboten und darauf angetragen, dass sowohl er, als der Artillerie-Chef zu dem Kriegsrate zugezogen werden müssten. Dieses ist indessen nicht geschehen und der Capitain von Kleist hat den Abschluss der Capitulation erst dann erfahren, als ihm der Befehl erteilt wurde, die Arbeiten einzustellen und die Rechnungen abzuschliessen. Auch gegen den Artillerie—Chef Major von Hüser sind durchaus keine Ausstellungen zu machen. Bs hat derselbe mit Hinsicht und rastloser Tätigkeit seine Anordnungen gemacht und allen Obliegenheiten seines Postens genüget. Zu einem Kriegsrate wurde er nicht berufen. Er hat also auch seine Meinung, wie ihm solches laut Ingenieur-Reglement oblag, nicht gegen den Abschluss einer Capitulation äussern können und vor Bekanntwerden derselben nichts davon erfahren. Wenn Eure Königliche Majestät nun in der höchsten Instruktion vom 27. November v.J. festzusetzen geruht haben, dass die Immediat— Untersuchungs-Commission ihre gutachtliche Meinung dahingehend abgeben soll a) ob die geschlossene Capitulation durch eine vorhergegangene rühmliche Vertheidigung und die Unmöglichkeit eines längeren Widerstandes als ehrenvoll anzuerkennen, oder b) ob sie, wenngleich bey der Möglichkeit zweckmässiger Vorkehrungen, dennoch, durch entschuldigende Umstände als gerechtfer-tiget zu betrachten oder aber c) ob die Urheber und Teilnehmer sich eine Verletzung ihrer Pflichten haben zu Schulden kommen lassen und daher vor ein Kriegsgericht zu ziehen sein würden; so kann die Commission nach der obigen Auseinandersetzung nicht anders, als ihre Meinung dahin submit-tieren, dass nur der dritte Fall ad c) bey der Capitulation von Magdeburg Anwendung finden dürfte. In Rücksicht der mehren oder mindern Straffälligkeit der Teilnehmer an dieser Capitulation glaubt indessen die Commission noch folgendes anführen zu müssen, wozu die Gründe in obiger Darstellung weitläufiger enthalten sind. 1. Der Gouverneur von Kleist war unbedingt wegen der Übergabe verantwortlich und nur diejenigen Rechtfertigungsgründe können ihm zustatten kommen, die aus seiner physischen Körperbeschaffenheit und aus seiner falschen Ansicht der Dinge entwickelt worden sind. 2. Der General-Lieutenant von Wartensleben ist ebenfalls unbedingt verantwortlich für die Kapitulation, da er eine sträfliche Gleichgültigkeit gegen die Erhaltung der Festung gezeigt; da ferner der Verdacht auf ihm lastet, dass er sich strafwürdige und unbedachtsame Äusserungen gegen die französischen Parlamentairs erlaubt und da er endlich, obwohl ihn der General von Schack dazu aufforderte, nicht, in Vereinigung mit den übrigen Generalen, sich dem Abschluss der Capitulation widersetzt hat.
3. Der Kommandant, Oberst du Trossel, ist ferner unbedingt verantwortlich, da er den Vorschriften seiner Dienstbestallung und seines Diensteides nicht Folge geleistet und eben dadurch, geleitet von anderen Rücksichten, die vor dem Gesetz schweigen müssen, seine Pflichten verletzt hat. In Ansehung der übrigen Generale, welch bey der Konferenz am 6. November zugegen gewesen, ist die unbedingte Verantwortlichkeit nicht anzunehmen, und würde nur die bedingte eintreten, auch selbst gegen diese bey dem Erkenntnis sich noch Zweifel erheben; denn wenn zwar aus den Berichten der Generale dem Sinne nach mit Evidenz hervorgehet, dass der Gouverneur den Antrag, einem anderen, der die Verteidigung übernehmen wolle, das Kommando zu überlassen, wirklich getan hat: so ist doch der Umstand zu berücksichtigen, dass ein Mann welcher mit so vieler Reputation gedient hat, als der General von Kleist, bey Darstellung einer ihm notwendig dünkenden Capitulation, einen besonderen Eindruck auf die Anwesenden gemacht haben musste; so wie auch auf den Grad von Entfernung Rücksicht zu nehmen ist, in welcher der Gouverneur, mit Ausnahme des Generals von Wartensleben, einem jedem seiner Untergebenen gehalten und ihn dadurch jede freimütige Äusserung zu verbieten wusste, zugleich aber auch ihm die Gelegenheit benahm, sich Ansichten vom Ganzen zu verschaffen, und sie bloss auf die Erfüllung ihrer partiellen Pflichten beschränkte. Ausserdem kommt aber auch noch den gedachten Generalen folgendes zu statten: a) Dem General von Renouard, dass er wegen seiner Augenschwäche wohl nicht als tauglich zur Übernahme eines Kommandos, wie das in einer belagerten Festung war, zu erachten gewesen, dass er die Konferenz nicht für einen Kriegsrat halten konnte, er auch dem Gouverneur Vorschläge zu Absendung eines Officiers gemacht und feierlich gegen die Leistung der Unterschrift protestiert hat, die er zuletzt nur aus Unkunde der Subordinat
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