Hier einmal die Ergebnisse meiner Recherchen zum Seegeltungsinstitut in Magdeburg:
Am 22. 4. 1937 haben die Ratsherren wichtigen Besuch. An ihrer Sitzung nehmen der Leiter des Reichsbundes für Seegeltung**) Vizeadmiral a. D. Staatsrat von Trotha und seine Mitarbeiter Dr. von Bargen sowie Geschäftsführer Krohne teil. Sie erläutern die Aufgaben des für Magdeburg geplanten Instituts für Seegeltung. • Magdeburg werde nach Fertigstellung des Mittellandkanals das Zentrum des deutschen Wasserstraßennetzes, • zur Finanzierung des Instituts stehen zunächst 10 000 RM aus der Adolf-Hitler-Spende zur Verfügung, weitere Mittel erwarte man, • die Stadt soll im ersten Jahr eine Beihilfe in Höhe von 5 000 RM leisten und im übrigen die erforderlichen Räume einschließlich Heizung und Beleuchtung kostenlos bereitstellen. Die Ratsherren befürchten eine fortlaufende Kostenbeteiligung und fordern, dass sich die Stadt gegen solche Eventualitäten absichern solle. Oberbürgermeister Dr. Markmann entscheidet sich nicht und will am folgenden Tag aus Anlass des Besuchs des Gauleiters in Magdeburg das Thema ansprechen und die Entscheidung vom Ergebnis dieses Gesprächs abhängig machen. Da die Förderung des Reichsbundes durch Adolf Hitler bekannt ist, will er sich nicht ohne Absicherung bei der Partei gegen das Projekt stellen. Der Besuch des Gauleiters, Staatsrat Eggeling, war der Abschiedsbesuch vor seinem Wechsel in den Gau Halle-Merseburg und mit der Überreichung der Ehrenbürgerwürde der Stadt Magdeburg verbunden. Offensichtlich hat Eggeling dem Oberbürgermeister empfohlen, die Einrichtung des Instituts in Magdeburg zu unterstützen. Im November 1937 geht es nämlich um die Schaffung eines Seegeltungsmuseums im Gebäude Große Münzstraße 10. Die Dezernenten haben dazu einen Vorschlag ausgearbeitet, der vom Oberbürgermeister genehmigt wird. Für das Museum für deutsche Seegeltung sind der kleine Saal und ein einzurichtendes Geschäftszimmer vorgesehen. Um Beschädigungen beim Aufhängen größerer Karten und Pläne zu vermeiden und um einen einheitlichen Eindruck zu erreichen, sollen die von Halbsäulen gegliederten Wände eine Sperrholzverkleidung erhalten. Ein entsprechender Beschluss wird gefasst. Am 15. 1. 1938 ist es dann so weit. Unter der Schirmherrschaft von Generaladmiral Dr. h. c. Raeder wird in Magdeburg in Anwesenheit des Stellvertreters des Führers, Rudolf Heß, das Institut für Seegeltung eröffnet. Raeder nennt Seegeltung die Summe der wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Belange eines an das Meer grenzenden Staates. Als am 21. 1. der Oberpräsident der Provinz Sachsen, Pg Obergruppenführer Staatsrat von Ulrich, die Stadtverwaltung besucht, würdigt er die Erfolge der Stadt ausdrücklich. Er hebt dabei besonders die Eröffnung des Instituts für deutsche Seegeltung in Anwesenheit seines Schirmherren, Generaladmiral Dr. h. c. Raeder, hervor. Der Provinzialverband und die Stadt übernehmen für die Jahre 1938, 1939 und 1940 jeweils 25 000 RM Verwaltungskosten (von den Gesamtkosten in Höhe von 175 000 RM im Jahr). Man lässt sich also die Ansiedlung prestigeträchtiger Einrichtungen in Magdeburg etwas kosten. Auch dann, wenn der Arbeitsmarkt oder das Steueraufkommen der Stadt nicht wirklich positiv beeinflusst werden. Doch damit nicht genug. Die Stadt zahlt 1938, 1939 und 1940 zusätzlich ratenweise bis zu 80 000 RM an das Seegeltungsinstitut zur Unterstützung für die Herausgabe der Monatszeitschrift Wir und die Welt.
An der bevorstehenden Eröffnung des Instituts für Bauforschung der Deutschen Akademie für Bauforschung will sich der Oberpräsident (Provinzialverwaltung) mit ⅓ beteiligen, ebenfalls ⅓ der auf 75 000 RM geplanten Verwaltungskosten will die Stadt Magdeburg übernehmen (neben der Bereitstellung der Räumlichkeiten im Untergeschoss Große Münzstraße 10 sind das auch die Reinigungs-, Beleuchtungs- und Heizkosten), das letzte Drittel übernimmt die Akademie für Bauforschung, die von einem eingetragenen Verein in eine öffentliche Einrichtung umgewandelt werden soll. Ebenfalls von der Stadt wird die Erstausstattung im Wert von 90 000 RM bereitgestellt.
1942 kündigt sich das Ende des Seegeltungsinstituts in Magdeburg an. In einer Vorlage vom 23. 6. 1942 an die Ratsherren geht es genau darum. Der verstorbene Admiral von Trotha habe noch zu Lebzeiten eine Umbildung des Reichsbundes Deutscher Seegeltung angestrebt. Nunmehr sei ein Abschluss erreicht und es gibt ein Deutsches Seegeltungswerk. Die wissenschaftliche Arbeit des bisherigen Seegeltungs-Instituts Magdeburg werde zukünftig in erweiterter Form durch das Reichsinstitut für Seegeltungsforschung übernommen. Das ist wegen der notwendigen Zusammenarbeit mit Hochschulen usw. allerdings nur in Berlin möglich. Am 6. 8. 1942 wird das Aus verkündet, die Bedingungen sind klar. Das Seegeltungsinstitut wird nach Berlin verlegt. Die Stadt erhält 75 000 RM Zuschüsse zurück, die sie dem Institut geleistet hatte. Als Gewinnanteil von der Zeitschrift Wir und die Welt erhält die Stadt vom Verlag Kurt Vowinckel 35 000 RM. Einen Trost gibt es, das Museum für Seegeltung bleibt in Magdeburg erhalten.
**) der Reichsbund deutscher Seegeltung wurde 1934 gegründet. Er war eine Organisation in Anlehnung an die NSDAP und hatte von Hitler den Auftrag, den Gedanken der Seegeltung zu verbreiten und zu intensivieren. Da der Reichsbund zu den Binnengewässern keinerlei Beziehungen hatte, kann der Hinweis auf den Mittellandkanal nur als plumpe Begründung für die Wahl Magdeburgs gesehen werden. Darauf lassen auch das Verhalten des Oberbürgermeisters und der Ratsherren schließen. In erster Linie ging es wohl um die materielle und finanzielle Unterstützung, die der Reichsbund forderte.
Magdeburg, Eröffnung des Seegeltungsinstituts Eröffnung des Seegeltungs- Instituts Magdeburg des Reichsbundes Deutscher Seegeltung Nach der feierlichen Eröffnung am Sonnabend Nachmittag besichtigte der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine den Ausstellungsraum des Seegeltungs- Instituts, der neben künstlerischen Bildtafeln über die Entwicklung der Seefahrt- Modelle der in den ersten vier Jahren des Dritten Reiches vom Stapel gelaufenen Schiffen der Kriegs- und Handelsmarine zeigt. UBz Generaladmiral Dr.h.c. Raeder, (links dahinter) Reichsstatthalter Gauleiter Jordan, (rechts dahinter) den wissenschaftlichen Leiter des Instituts Dr. Kiefer, den Leiter des Reichsbundes Deutscher Seegeltung Vizeadmiral von Trotha und den stellv. Leiter Krohne. 15. 1. 38
Quelle : Bundesarchiv|addpics|2a2-8-46aa.jpg-invaddpicsinvv|/addpics|
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Spurensucher war schneller, David, im #15. Du hast aber wenigstens die einzelnen Personen zugeordnet, so dass es für den Laien einfacher wird. MfG Rüdiger