Von Fred Monnes und Salvatore Trupia fehlt Spur. Sie waren Crewmitglieder eines amerikanischen B-17-Bombers, der am 20. Februar 1944 bei Gommern abgeschossen wurde. US- Behörden bitten nun um Mithilfe bei der Suche.
Von Thomas Schäfer
Gommern. Es ist Sonntag, der 20. Februar 1944. 41 amerikanische B-17-Bomber der 401 st Bomb Group befinden sich im Anflug auf Leipzig Ziel ist ein Rüstungswerk. Die Bomber sind Teil der „Big Week“. Mit jener „Großen Woche“ begann der entscheidende Abschnitt des alliierten Luftkrieges gegen das Deutsche Reich. Eine der „Flying Fortress“ – der fliegenden Festungen – trägt den Namen „Doolittle’s“. An Bord: zehn junge Männer. Alle Anfang 20. Kurz vor Gommern wird die Maschine gegen 123.30 Uhr von deutschen Jagdflugzeugen angegriffen. Der rechte Motor gerät in Brand. Das Flugzeug fällt zurück, trudelt, verliert an Höhe und stürzt um 13.35 Uhr ab. Drei der zehn Männer überleben diesen Tag nicht. Doch während Pilot Thomas Gardner Wochen später tot gefunden wird, bleiben zwei junge Männer bis heute spurlos verschwunden: Seitenschütze Salvatore Anthony Trupia und Funker Fred Monnes. Nun, mehr als 80 Jahre nach dem Absturz, bittet die Defense POW/MIA Accouning Agency (DPAA) des amerikanischen Verteidigungsministerium in einer Anfrage an die Stadt Gommern offiziell um Mithilfe bei der Suche nach ihnen.
Spärliche Hinweise der DPAA Mehr als „Februar 1944“ und eine ungefähre Absturzstelle „zwischen Vogelsang und dem ehemaligen Forsthaus Klus“ gibt die DPAA in ihrer Anfrage jedoch nicht preis. Eine Information von Helmut Menzel, Publizist für Militärgeschichte im Raum Magdeburg, bringt entscheidenden Hinweis: Der Absturz ereignete sich am 20. Februar 1944. Was genau geschah, lässt sich danach durch umfangreiche Recherchen rekonstruieren und das Puzzle zusammensetzen – wenngleich nicht vollständig. Überlebende Crewmitglieder machten bei einer standardisierten Nachkriegsbefragung Angaben zu den letzten bekannten Umständen ihrer vermissten Kameraden und zum Flugzeugabsturz. Pilot Edward Gardner blieb den Aussagen zufolge bis zuletzt im Cocdkpit.
„Er verlor den Verstand“ „Er war unverletzt, als er den Befehl zum Absprung gab“, erinnerte sich Navigator Caaroll Gouger in dem nach dem Kriege aufgenommenen Vernehmungsprotokoll. „Ich war mit ihm und dem Co-Piloten im Cockpit.“ Alle anderen steigen mit dem Fallschirm aus, auch Gouger selbst. Beim Absprung zählte er, inklusive seinem, sieben Fallschirme am Himmel. Bordingenieur Dale Minard verleiß die Maschine als letzter mit der Ausnahme des Piloten „Moones lag bewusstlos im Funkraum. Trupia war tot“, berichtet Minard. „Gardner war noch bei Bewusstsein und flog die Maschine weiter.“ John Foster, Bombenschütze, erinnert sich in seinem Protokoll an einen verstörenden Moment. „Nachdem wir getroffen worden wsaren, schien der Pilot den Verstand zu verlieren.
„Der Pilot Gardner tauchte nie wieder auf. Keiner aus der Crew weiß, ob er abgesprungen ist oder nicht.“ (John Lavier Forster Bombenschütze)
Er saß einfach nur da und hob immer wieder ein Paar Babysschuhe hoch. Als der Copilot ihn schließlich wieder zur Besinnung brachte, war es bereits zu spät. Feindliche Jäger waren überall, und die Formation war längst weitergeflogen.“ Was in diesen Minuten an Bord der „Doolittll’s Doughboys“ geschieht, bleibt in Teilen im Dunkeln. Klar ist nur: die Maschine stürzt ab – irgendwo zwischen Wahlitz, Pechau und Vogelsang. Die sieben Überlebenden geraten in deutsche Kriegsgefangenschaft. Einer nach dem anderen wird später verhört, nach dem Krieg auch von Ermittlern der US- Armee. Denn: Funkewr Fred Moonnes, 21, aus der bronx, New York, und der linke Bordschütze Salvatore Anthony Trupia, 21, aus New Jersey bleiben bis heute offiziell „MIA“ – Missing in Action. Beide Namen stehen auf der „Wall of the Missing“ auf dem US- Militärfriedhof im niederländischen Margraten. Pilot Edward Thomas Gardner, 22 Jahre alt, Sohn russischer Einwanderer, geboren in Cleveland, Ohio, glt zunächst ebenfalls als vermisst. Erst über 20 Tage nach dem Absturz, am 12. März 1944, wurde seine Leicdhe am Pilm in der Nähe von Vogelsang gefunden. Ein Indiz dafür dass er doch abgesprungen sein könnte.
Pilot in Gommern begraben Ein deutsches Wehrmachtsdokument bestätigt zudem: Er wurde am 17. März 1944 auf dem Friedhof in Gommern beigesetzt. Später erfolgte die Umbettung auf einen amerikanischen Soldatenfriedhof in Belgien. Doch in der Sterbregister der Kirche Gommern ist seine Beisetzung nicht verzeichnet – weder in evangelischen noch in katholischen. Was ist mit den beiden vermissten? Pfarrerin Annett- Petra Warschau aus Pechau berichtet, dass es von bereits verstorbenen Zeitzeugen Berichte gab, dass auf dem dortigen Friedhof einst zwei Soldaten dort begraben lagen – später seien sie ungebettet worden. Dann verliert sich die Spur. Es existieren keine Akten dazu. Könnten Moonnes und Trupia einst in Pechau oder aber Gommern beerdigt worden sein – ohne
„Ich wurde von Zivilisten gefangen genommen und geschlagen. Dabei wurde mein Knie verletzt.“ (Dale William Minard Bordmechaniker)
offizielle Eintragungen oder Registrierung? Die Aussagen der Crew können dafür sprechen, denn zunächst wurde von Deutschen nur der Pilot gesucht. Navigtor Carroll Gouger sagte, deutsche Vernehmer hätten dem Co-Piloten ein Foto gezeigt. Es zeigte zwei tote Männer am Wrack der Maschine. „Sie sagten, dass man die Leiche von Moonnes nahe dem Flugzeugwrack gefunden habe – zusammen mit der von Sgt. Trupia“. Bordingenieur Dale Minard, der letzte, der die beiden sah war sich sicher: „Trupia war tot. Moonnes hatte eine schwere Kopfverletzung und war bewusstlos.“ Co-Pilot Georg Carter wurde mehrfach von der Wehrmacht befragt, ob er wisse, wo Pilot Gardner sei – „sie sagten zwei Leichen habe man geborgen, eine fehle.“ Der Absturz der Doolittle’s Doughboys“ war nur einer von vielen. Doch er steht nun im Fokus der amerikanischen Ermittler. Denn das Schicksal von Fred Moonnes und Salvatore Trupia bleibt ungeklärt.
Kleinste Hinweise gesucht Wurden sie eventuell doch auf einem der umliegenden Friedhöfe beerdigt, allerdings ohne Eintrag im Sterberegister? Möglich. Denn genau jener eintrag im Sterberegister fehlt auch von Pilot Gardner, obwohl er in Gommern beigesetzt wurde. Die DPAA hofft auf noch unentdeckte Dokumente, Erinnerungen, Fotos, Hinweise und ruft deshalb zur Mithilfe auf. „Jegliche Information wird dankbar entgegengenommen,“ heißt es in der Offiziellen Anfrage. Das Ziel ist klar: Die letzten offenen Fragen um das Schicksal von Moonnes und Trupia zu klären und womöglich zwei Familien nach über 80 Jahren Gewissheit zu geben. Wer Informationen zum Absturz der B-17 bei Gommern oder dem Verbleib der zwei vermissten amerikanischen Soldaten hat, kann sich direkt an die Redaktion oder an die Stadt Gommern wenden.
Angaben über Gefangennahme von feindlichen Luftwaffenangehörigen.
Dienststelle: Fl. H. Kdtr. A (0) 13/III Ausw. St. West = 1 Magdeburg- Ost Entwurf = 1
Betr.: Unbekannter Abschuss
Name: G a r d n e r Vorname: E. T. Dienstrang: Leutnant Nr. d. Erkenn. Marke: 0-745881 Verbleib: tot Ort u. Zeit d. Gefangennahme aufgefunden 12.3.44 auf einem Acker- Grundstück am Pilm bei Gommern Bez. Magdebg. Bez. Lazaretts: --- Ort u. Zeit d. Beisetzung: Friedhof Gommern am 17.3.1944
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