Wenn hier ein Feuerwerk an Beiträgen entstehen soll, muss man erst einmal ein bisschen Butter bei die Fische tun. Ich will mal die Gattung der sogenannten Pulvermagazine unter die Lupe nehmen. Wobei es eigentlich heißen müsste "Pulver- und Munitionsmagazine“. Mit dazugehörig erscheinen immer die „Laboratorien“ – das sind die Stellen, an denen „laboriert“, d.h. gearbeitet wird (Herstellung von Pulvermischungen, Füllen von Granaten und Kartuschen).
Der Einfachheit halber verwende ich aber auch den Begriff Pulvermagazin. Davon gibt es nun wieder verschiedene Arten, von denen ich nur die für die Festungen relevanten nenne:
- Friedenspulvermagazine, - Hauptkriegspulvermagazine, - Munitionsverbrauchs- und Abgabemagazine und die - Handmagazine.
Zu den Handmagazinen gehören auch gemauerte Hohltraversen, soweit sie für diesen Zweck bestimmt sind.
Die Laboratorien gibt es ebenfalls als Friedens- bzw. Kriegslaboratorien.
Aus den Bezeichnungen geht bereits der wesentliche Charakter der einzelnen Kategorien hervor.
Allgemeines und Friedenspulvermagazine Der Umgang mit Explosivstoffen und Munition ist trotz aller Vorschriften, Einsatz von geschultem Personal und Einsatz von Schutzvorrichtungen (Munitionslager tragen heute noch einen Wald von Blitzableitern auf ihren Bunkerdecken) immer wieder eine Quelle höchster Gefahr für Leib und Leben; von dem Zerstörungspotential gar nicht zu reden (ist aber im Krieg so gewollt – mindestens beim Feind ). Aus diesen Gründen ist man bestrebt, solche Gefahrenquellen möglichst klein zu halten und entfernt vom gewöhnlichen Aufenthaltsort der Menschen einzurichten. In der Umwallung der engen Festungsanlagen und der noch engeren Festungsstädte lassen sich solche grundlegenden komplexen Forderungen nicht erfüllen. Deshalb wurden Friedenspulvermagazine in größerem Abstand vor den Mauern der Hauptumwallung angelegt. Aber auch hier wurden größere Mengen auf eine entsprechende Anzahl von Einzelbauwerken verteilt. Die empfohlene maximale Größe pro Lagereinheit lag bei 3000 Zentnern (150 Tonnen) Pulver und Munition. Das Pulver wurde in Fässern mit einem Gewicht von 105 Pfund gelagert. Munition (die Zünder waren bei der Artilleriemunition nicht eingebaut) lagerte in Munitionskisten.
Neben Pulver und Artilleriemunition waren auch die Munition der Handfeuerwaffen, Gewehrpulver und Minenpulver einzulagern. Wichtig waren besondere Feuerwerkskörper. So lag der Bedarf für jeden Posten zur Unterfeuersetzung unbestrichener und toter Räume bei 30 bis 40 Rollbomben, 100 Handgranaten, 20 Sturmsäcken je Tag und zur Beleuchtung und zu Signalen per Raketengestell 10 Leucht- und 10 Signalraketen, letztendlich für jeden Beleuchtungsposten innerhalb des Glacis 10 Leuchtfackeln und 5 Leuchtkränzen täglich.
Neben den Friedenspulvermagazinen waren die übrigen Magazine im Frieden nicht genutzt.
Bei der Lagerung von Pulver und Munition sind Besonderheiten zu beachten, die neben der Einhaltung der Sicherheitsaspekte vor allem dem Erhalt der Verwendungsfähigkeit des eingelagerten Materials dienen. Wichtigster Aspekt ist die Fernhaltung von Feuchtigkeit. Das ist in Festungen und in den Festungswerken ein besonderes Problem durch den Einbau von Bauwerken in Erdwälle oder der Bauwerksschutz durch Erdummantelung und –abdeckung. Der Bau speziell eingerichteter Pulvermagazine im Festungsvorfeld brachte ebenfalls Probleme mit sich, da die Rayonbestimmungen auch für solche Bauwerke galten und Zusatzbauten von milkitärischer Seite eine starke Behinderung (Sicht- und Schussfeld, Behinderung von Bewegungen, Stellungswechsel der Geschütze u.a.) darstellten und nicht gerne gesehen wurden. Einen Kompromiss stellten Räumlichkeiten in den Forts und Außenwerken dar, die mit speziell eingerichteten Räumen mit besonderen Beleuchtungs- und Belüftungseinrichtungen ausgestattet waren. Dazu gehörten z.B.: ein um den Lagerraum umlaufender Korridor, der eine Isolierung zu den erdummantelten Außenwänden schuf; in die Wand zwischen Korridor und Lagerraum wurden Beleuchtungsscharten eingebaut, diese wurden durch eine 1 cm dicke, eingekittete Glasscheibe zum Lagerraum abgeschlossen und zum Korridor mit einer Fensterlade verschlossen. In diese Nischen wurden dann Laternen gestellt. Die Schießscharten wurden mit Fenstern versehen, um die Luftzufuhr regeln zu können, aber auch um das Eindringen von Schmutz und Staub von Außen zu verhindern. Zur Lagerung wurden variabel zusammenbaubare Regale verwendet, die im Kriegsfall entfernt wurden, um die Räume als Unterkünfte nutzen zu können.
Wie für alle Teile der Festung waren auch für die Pulver- und Munitionsmagazine genaue Nachweise zu führen. Diese bestanden aus Beschreibungen und Plänen, Grundrissen und Profilen; Beschaffenheit sowie Größe und Einrichtung sowie Beleuchtungsweise, Zustand des Baus, die Zugänge, das maximale Fassungsvermögen und Vorschriften zur Belegungsweise waren zu erläutern.
Wurde der Kriegszustand erklärt, begann die sogenannte Verteidigungs-Instandsetzung der Festung. Für die Artillerie begann die Zeit intensivster Tätigkeit. Zunächst mussten die Mannschaftsbestände aufgefüllt und die Hilfsmannschaften aufgestellt werden. Im Friedenszustand waren weniger als 50% der Artilleristen im Dienst. Hilfsmannschaften fehlten ganz. Diese wurden in großer Zahl benötigt, hauptsächlich, um die umfangreichen Transportarbeiten abzusichern. Diese Hilfsmannschaften wurden einerseits von der Infanterie für die Zeit des Kriegszustandes übernommen, aber auch aus der Zivilbevölkerung geworben und für die Dauer des Kriegszustandes in ein Militärverhältnis übernommen. Allerdings waren diese Hilfsmannschaften weder ausgebildet noch trainiert, verfügten über keine Orts- und Sachkenntnis, hatten zunächst weder Unterkunft, Uniformen noch Ausrüstungen und mussten aus diesem Zustand im Eilverfahren zu nützlichen Soldaten gemacht werden. Denn Eile tat Not.
Es mussten zuerst die Friedenspulvermagazine geräumt und in die Hauptkriegspulvermagazine umgelagert werden. Das erforderte einen hohen Transport – und Personalaufwand , der schnell abzuwickeln war, damit die Transportbewegungen in die Gegenrichtung (Ausstattung der detachierten Werke, Einrichtung der Batteriestellungen und Bestückung der Wälle sowie des Vorfeldes mit Geschützen, Ausstattung der Außenwerke mit Ausrüstung, Munition, Ersatzteilen, Verpflegung usw.). In den beengten Verhältnissen einer Festung keine Kleinigkeit, denn ganz reibungslos verlief so etwas wohl nie. An diese erste Phase schloss sich der eigentliche Eintritt in die Verteidigung an. Sie wurde aktiviert, wenn abzusehen war, dass die feindlichen Kräfte einen Angriff oder eine Berennung vorbereiteten.
In den Pulvermagazinen werden als letzte Maßnahmen (beim Anrücken des Feindes), die in den Schartenbereichen offengelassenen Teile der Erdabdeckung geschlossen und die notwenigen Tür-, Licht- und Lüftungsöffnungen blendiert.
Tauchten Zweifel an der einwandfreien Beschaffenheit der eingelagerten Bestände auf, waren noch einmal Kontrollen durchzuführen, ehe diese Bestände zum Verbrauch freigegeben wurden. Weitere Maßnahmen waren die Auffüllung verbrauchter Bestände und Sicherung des normierten Bestandes für zwei Wochen. Die Munitionsanfertigung war auf die erforderliche Höhe zu bringen. In den Vorwerken und in den einzelnen Verteidigungsabschnitten waren diese Maßnahmen selbständig durchzuführen, da eine ständige Kommunikation der einzelnen Abschnitte nicht sichergestellt werden konnte. Die neuangefertigte Munition ging direkt in die Verbrauchsmagazine, die ihrerseits die Abgabemagazine versorgten. Die Abgabe dort erfolgte entweder zur Auffüllung der Handmagazine oder direkt an die einzelnen Geschütze. Die Verbrauchsmagazine sollten je Geschütz nicht unter einen Zwei-Tages-Vorrat, die Handmagazine nicht unter den 24-Stundenbedarf geleert werden.
Spezielle Geschosse und laborierte Hohlgeschosse (Granaten) wurden den jeweiligen Geschützen durch Munitionszuträger direkt übergeben.
Da eine entsprechende Verteidigungssituation in Magdeburg nie eingetreten ist, haben wir bei der Suche nach Zeitzeugen schlechte Karten, aber Ansatzpunkte für das Thema „Pulvermagazine“ gibt es wohl genug. Das Unglück von 1818 am Friedrichstädter Wassertor – da spielte allerdings das Friedenslaboratorium eine leidvolle Rolle – gehört ja auch in diese Kategorie.
Durch die Existenz eines Hauptkriegspulvermagazins (in dieser Kategorie wurde tatsächlich nur Pulver gelagert) weist sich das Fort IIa als eigenständig in der Munitionsversorgung aus. Darauf deutet auch das Speziallaboratorium hin, in welchem speziell präparierte Artilleriegeschosse hergestellt wurden. Der normale Munitionsbedarf wurde mit konfektionierter Munition aus dem Verbrauchsmagazin gesichert.
Hier ist ein Armierungsplan aus der Endzeit der Festung Magdeburg für einen eventuellen Ernstfall. Interessant die Batteriestellungen zwischen den Forts. Dorthin musste auch die Munition geschafft werden.... Bild entfernt (keine Rechte)
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Weil es hier ins Thema passt, will ich dazu einen Beitrag "unseres" Markgrafen einstellen. Lest selbst:
Sehr bemerkenswerth und charakterisirend ist die 1696 von Philipp Wilhelm gegebene Feuerwerker-Ordnung, welche an eine große Tafel geschrieben, im Laboratorium aufgehängt war, und wörtlich folgendermaßen lautete:
Feuerwerker-Ordnung und alle Diejenige so hier kommen zu richten habend
1) Soll ein Feuerwerker vor allen Dingen Gott den Allmächtigen vor Augen haben, den Namen Gottes nicht mißbrauchen, alles Fluchen und Schwören sich gänzlich enthalten; auch wer den schwarzen Mann nennet und dawider handelt, soll 6 Gr. erlegen.
2) Wenn was laborirt wird das nicht Jemand wissen soll, muß Niemand sich unterstehen es nach zu plaudern, viel weniger soll ein Feuerwerker von seiner Wissenschaft an andere, vornehmlich auswärtige Potentatenbedienten, noch sonsten Jemand offenbaren, sondern alles was er kennt bei sich geheim halten; Derjenige so hierwider handelt, soll mit dem Stockhause, und nach Befinden ohne Abschied cassirt werden.
3) Wenn Jemand so im Laboratorium nicht gehöret, ohne vorhero erhaltene Erlaubniß und Ablegung des Degens hineinkömmt, derselbe ist in die Strafe der Feuerwerker verfallen, und muß gewärtig sein, davor er sich nicht mit Geld befreit mit der Peitsche abgestraft zu werden, doch sollen die Feuerwerker dahin sehen, daß sie einen jeden nach Standesgebühr begegnen.
4) Sollen die Feuerwerker, auch die so mit ihnen laboriren, um diejenige Zeit und Stunde so ihnen von dem Feuerwerks- Meister gesetzet wird, allemal präcise ins Laboratorium kommen es sei des Morgens frühe und des Abends späte, wer hier- wider handelt, und zu langsam kommt, oder zu frühe weggehet, soll für jede viertel Stunde 1 Gr. Strafe erlegen, der aber ohne genommenen Urlaub gar ausbleibet, soll vor einen halben Tag 12 Gr. und vor einen ganzen Tag 1 Gulden Strafe erlegen.
5) Soll ein Jedweder dasjenige, was ihm von dem Feuerwerks-Meister zu arbeiten vorgegeben wird, mit allem Fleiß verrichten, sich in keinen Dingen träge oder faul erzeigen, viel weniger einen andern an seiner Arbeit einige Hinderung oder Schaden zufügen; auch wer gegen einen andern Haß oder Feindschaft träget und unnöthigen Zank oder Streit anfänget, mit 1 Rthlr., wer aber mit dem Degen oder sonsten sich schlüget, eines Monats Sold verlustiget sein.
6) Ein Jeder allhier soll Acht haben, daß mit dem Leimtiegel, wenn derselbe ins Laboratorium gebracht wird, wohl umgegangcn, abgekühlet, und von aller Hitze und Feuer gesäubert werde, ingleichen daß nicht Feuer zu nahe ans Laboratorium gemacht werde, auch daß keiner Eisen auf Eisen schlaget oder mit Schuhe so Eisennägel haben, wie auch mit keinem geladenen Gewehre hineinkommen, wer darwider handelt, soll 1 Rthlr. Strafe erlegen.
7) Wer voller Weise oder betrunken ins Laboratorium kommt, oder sich darin voll säuft, soll einen halben Thaler Strafe erlegen.
8) Wer sein Arbeitszeug oder die Munition so er gebrauchet, nach verrichteter Sache nicht wieder an seinen gehörigen Ort leget oder außerhalb des Laboratoriums liegen lässet, auch nicht ein jedes bei seinem gehörigen Namen nennet, soll für jedes Stück 1 Gr. Strafe erlegen.
9) Wer an Munition, Materialien, fertigen Sachen, als Raketen, Schwärmer u. dergl. zu sich nimmt, und entwendet, auch die Straf-Büchse eröffnet und Spollieren wollte, der soll also fort bei dem Obersten von der Artillerie angegeben, und nach Befinden mit harter Strafe und Cassirung sonder Abschied angesehen werden.
10) Soll der Feuerwerks-Meister dahin sehen, daß diesen Punkten in allem wohl nachgelebet, auch dasjenige was außer diesem bei Laboratorien gebräuchlich, steif und fest gehalten, die begangenen peccata bei Feierabend-Zeit abgestraft und Niemand damit übersehen werde: Derjenige so sich dawider setzet oder opponiern wollte, soll mit harter Strafe angesehen, auch wer die Strafe nicht erleget, an seinen Traktamenten sofort abgezogen werden sollen, wornach sich die Feuerwerker und alle diejenigen so hier kommen zu richten haben.
Signatum Berlin den 1. Januari 1696.
Philipp Wilhelm, Marggraf zu Brandenburg u. General-Feld-Zeugmeister.
Hinweis: Die Straf-Büchse stand unter dieser Tafel mit den Regeln.