1. Wenn der Befehl erfolgt, dass Seine Majestät officiell empfangen sein wollen: ... Ist der betreffende Garnisonort eine Festung, so werden von den Festungsfronten, welche Allerhöchstdieselben passiren, im Ganzen 33 Kanonenschüsse mit halber Ladung, blind, abgefeuert; die Wachen präsentiren und schlagen.
Mir ist nicht ganz klar, ob an jeder Festungsfront bei der Passage der Majestät 33 Schuss abgefeuert wurden oder pro Besuch nur einmal ("... im Ganzen ..."). Ebenso offen ist, ob die Passage nur beim Eintritt mit Schüssen begleitet wurde, oder ob das auch beim Verlassen der Festung geschah; die Vorschrift bezieht sich eigentlich nur auf den Empfang, aber es ist von den Festungsfronten, die passiert werden die Rede.
Wenn ich dieses Bild hier einstelle, geschieht das nicht wegen des Sterntores. Das Augenmerk liegt auf der rechts im Bild abgebildeten Personengruppe.
Es handelt sich offensichtlich um Artilleristen bei Pulverarbeiten. Solche Arbeiten durften nicht in den Magazinen stattfinden. Da innerhalb der Zitadelle beim Abstand zu Gebäuden, Magazinen, Laboratorien etc. die Mindestanforderungen nicht gewährleistet waren, hat man diese vor das Festungstor verlagert. Die Ausführung der Arbeiten im Freien (in Friedenszeiten) war von den Vorschriften ausdrücklich empfohlen. Zum Schutz vor Regen waren beispielsweise auch Zelte erlaubt. Am unteren rechten Bildrand kann man die vorgeschriebene Bohlenunterlage erkennen. Der zweite Pulverarbeiter hat den Schlägel in der Hand, mit dem der Boden der Pulverfässer und die eisernen Fassringe (Fassreifen) entfernt wurden. In dem hinter den Soldaten stehenden Pulverfass kann man die davor liegenden Fassreifen liegen sehen.
Für die Pulverfässer gab es entsprechende Vorschriften über deren Beschaffenheit.
(aus einem Vorbereitungsbuch für die Offiziersprüfung):
1. Worin wird das Pulver in den Magazinen aufbewahrt? In Fässern von Eichenholz, die alle gleich groß sind, und 1 Centner Pulver enthalten. 2. Wie muß ein Pulverfaß beschaffen sein? Es muß: 1. recht dauerhaft und dicht gearbeitet sein. 2. müssen 7 Reifen an jedem Ende die Seitenstäbe (Dauben) zusammenhalten. 3. müssen sie durch 2 Böden, die in die Dauben eingesetzt sind, geschlossen sein. 4. muß der untere Boden außerhalb mit 8 hölzernen Nägeln (Zinken) befestigt sein. 5. muß der obere Deckel oder Aufschlageboden keine Zin- ken haben, und auf einem aufgeklebten Papierblatte die Bezeichnung der Pulversorte enthalten.
Da wir uns hier bereits mit dem Thema Salutschießen befasst haben, will ich noch eine Meldung zum Besten geben darüber, wie gefährlich dieses Salutschießen sein konnte. Eigentlich sollte ja "mit halber Ladung, blind" geschossen werden. Also ohne Kugel, Kartätsche oder was man sonst noch aus einem Kanonenrohr abfeuern konnte. An diese Weisung muss sich nicht immer und nicht jeder gehalten haben. In seiner 1702 veröffentlichten Magdeburger Chronik hält Vulpius nämlich fest:
"Den 22. Jul. [1697] kam die Moscowitische Gesandtschafft in Magdeburg an/ wobey sich der Czaar selbst incognito befand. Sie wollen nicht in der Stadt logiren (woselbst sie aber die Dohm-Kirche besahen) und erwehleten einen vor dem Sudenburger Thore gelegenen/ zum Ampte der Möllen-Vogtey gelegenen Hof zum Quartier. Als bey dem Einzuge man mit scharff-geladenen Stücken feuerte/ wurde einem auff denen jenseit der Elbe liegenden Blöcken Heumachenden Soldaten ein Bein abgeschossen."
Es konnte aber auch ohne Salut schlimmer kommen. Beim Heumachen.
"Den 26. Jun. hatte ein Soldate/ als Er nebst andern von denen so genannten Blöcken oder jenseit der Elbe gelegenen E. E. Rathe zuständigen Wiesen/ ein Fuder Heu langen sollen/ eine brennende Lunte/ sich deren bey Anzündung der Tabacks-Pfeiffen zu bedienen/ an den Wagen gehangen. Nachdem aber der Wind die Lunte auffgeblasen/ fieng das Heu an zu brennen/ und die Pferde/ so viel sie unter der Last kunten zu lauffen/ ein auff dem Heu-Wagen sitzender Soldate sprang herunter/ stürtzete aber das Genicke/ daß er alsobald todt blieb. Der Wagen/ welcher schon anfieng zu brennen/ wurde nebst denen Pferden noch gerettet."
Das ist halt das Garnisonsleben mit seiner Geschichte.
Hallo. na wenigstens das Pferd hat überlebt. Spaß beiseite. An solche Dinge denkt man in der Regel nicht. Na ja, Rauchen ist und bleibt eben gesundheitsgefährdend. MfG Wirbelwind
Für wen Salut zu schießen war (nicht beim Heumachen) wurde vom preußischen König speziell festgelegt. Hier eine Bekanntmachung aus der Allgemeinen Militär-Zeitung Nr. 28 aus dem Jahr 1842