DER L A N D S T U R M Ein Teil des Volksheeres 1813 Erich Hobusch Burg bei Magdeburg 1950
Der Landsturm im Elb- Havel- Gebiet, ein Teil des Volksheeres, im Kampf gegen die französische Fremdherrschaft 1813/14
Einleitung
I. Volksbewaffnung und Kämpfe der Bevölkerung (Landsturm - ohne Zustimmung des preußischen Königs -
A. Die Lage im Elb- Havel- Gebiet B. Die ersten Kämpfe im April 1813
II. Aufstellung und Kämpfe des Landsturmes nach dem 21. April 1813 - gegen den Willen der Reaktion –
A. Die Landsturmverordnung vom 21. April 1813 1. die Vorarbeiten dazu 2. die Verordnung selbst
B. Der Landsturm im Elb- Havel- Gebiet C. Welche Aufgaben hatte der Landsturm im Elb- Havel- Gebiet zu erfüllen D. Einsätze und Kämpfe
III. Der Landsturm unter dem Einfluß der Reaktion ab 17. Juli 1813
A. Gesetzliche Veränderungen des Landsturm – Ediktes vom 17. Juli und 21. Juli 1813 B. Die Begeisterung für den Landsturm nahm merklich ab C. Die Einsätze und Kämpfe
Einleitung:
Das Gebiet zwischen Elbe und Havel war der Sammelpunkt vieler Patrioten, die von hier aus zur Befreiung ganz Deutschlands aufriefen und tatkräftig an diesen Befreiungskampf teilnahmen. Schon im April 1807 bildeten der Rittmeister Hirschfeld, der Hauptmann Katte und carl v. Werder ein Freikorps, um die französischen Truppen in Magdeburg zu überrumpeln; das Unternehmen mißlang. Am 2. april 1809 unternahmen die gleichen Offiziere, diesmal unter Führung des Hauptmann Katte, einen erneuten versuch, Magdeburg durch einen Handstreich zu nehmen. Dazu erließ er am 31. März 1809 der Rittmeister Thilow einen Aufruf an die ehemaligen Soldaten und Kameraden, worin es hieß: „ Das Vaterland von der schimpflichen Tyranney retten und befreien zu helfen … was von Waffen und Gewehren ihr mitbringen könnt, das bringt! Das beste, was ihr bringen könnt, ist Muth im Herzen und der Gedanke, das Vaterland zu retten opder als Helden zu sterben.“ In einem anderen Aufruf hieß es: „Der Tag ist nun gekommen. Wo jenseits der elbe die Fahne der Empörung entfaltet werden soll.“ Dieser Plan, seit Januar 1809 genauestens ausgearbeitet, sah vor, daß Katte mit seiner Schar durch die Altmark zog, um Magdeburg von Norden her anzugreifen; der Rittmeister Hirschfeld wollte ihn von Burg aus mit 3000 Mann unterstützen. Gelänge diese Überrumpelung, sollte der Major Schill von Berlin nachfolgen und mit den erbeuteten französischen Waffen einen allgemeinen Volksaufstand entfachen. Zur gleichen Zeit sollte Oberst Dörenberg (der 1803 längere Zeit in Burg in Garnison lag) von Kassel aus mit einem Bauernheer den Aufstand unterstützen. Scharnhorst, dem die Pläne teilweise bekannt waren, schrieb dazu: „es wäre gut, wenn Sie (Katte oder Schill – Ho.) sich alsdann Magdeburg bemächtigen… an Teilnahme wird es Ihnen unter der Bevölkerung nichts fehlen, … doch warten Sie das Zeichen ab, und übereilen nichts.“ Leider schlugen all diese Unternehmen fehl. Das Scheitern der Aufstände 1809 lag vor allem daran, daß neben Verrat und mangelnder Koordinierung es „nicht gelang die Volksmassen mitzureißen“; dennoch weckten die Aufstände 1809 den Widerstandswillen und das Nationalbewusstsein gegen die französische Fremdherrschaft. Weiterhin erschien seit dem 2. Juni 1809 in Burg dier „Burgscher Courier“, eine Zeitung, die sich für die Einigung Deutschlands einsetzte. Dr. Czlobaczky sandte diesen Courier heimlich über die Grenze in die westlichen Gebiete Deutschlands. Diese Ausgabe nannte sich „Teutscher Staats-Bote“ und wurde in 1200 Exemplaren, trotz strengster französischer Verfolgung, an die Bevölkerung verteilt, Nach der Befreiung 1813 hatte diese Zeitung ihre Aufgabe erfüllt und erschien nur noch als Burgscher Courier mit lokaler Bedeutung.
I. Volksbewaffnung und Kämpfe der Bevölkerung (Landsturm) - ohne Zustimmung des preußischen Königs -
A. Die Lage im Elb- Havel- Gebiet: Am 8. März 1813 erreichte die erste Kosakenpatrouille die Elbe; am 17. März 1813 war dann das gesamte rechtselbische Gebiet vor Magdeburg durch Kosakenpulks besetzt und somit von der französischen Unterdrückung befreit. Erst an diesem Tag erklärte der preußische König Frankreich den Krieg. Neben diesem Kosakendetachement standen nur wenige preußische Truppen zur Verteidigung bereit, der General Borstell zog deshalb mit 3700 Mann und 12 Geschützen von Havelberg in Richtung Magdeburg zur Verstärkung und Einschließung dieser französischen Festung. (1) Nach dem Plan Scharnhorsts (2) und Wittgensteins sollte die Armee Wittgenstein, in der sich als Unterführer der russische General Berg und der preußische General York befanden, „oberhalb Wittenbergs über die Elbe gehen“ und Magdeburg durch die Truppen des Generalmajors Borstell und der hinzukommenden Brigade von Bülow einschließen und beobachten.(3). Deshalb marschierte das Korps des Generals York, von Berlin kommend, über Belzig in Richtung Zerbst- Dessau (4), um hier die Elbe zu überschreiten. Am 24. März 1813 drang ein französisches Korps von 8000 Mann über die Elbe, um im Raum zwischen Biederitz und Möckern zu plündern und Verpflegung für die Festung Magdeburg zu requirieren; doch zogen sich die Franzosen bald wieder zurück. (5)
(1) Th. Rehtwisch: Geschichte der Freiheitskriege 1812-1815, Bd. I, Berlin 1908, S. 531 (2) Screiben Scharnhorsts an Knesebeck über seine Verhandlungen mit Wittgenstein (3) H. Müller-Bohn: Die Deutschen Befreiungskriege 1806-1815, II. Bd. .. Berlin, S. 446 (4) H. Harksen: Russische Truppen 1812 in und um Dessau, Dessauer Kulturspiegel 2/Nr.12/1955 (5) L. Meinhardt: Die Schlacht bei Möckern am 5.4.1813, Loburg 1913, S.9 ff.
Der Höchstkommandierende der französischen Truppen der Feste Magdeburg war der Stiefsohn Napoleons, Eugen Beauharnais, Vizekönig von Italien. Er erließ Ende März 1813 aus dem französischen Hauptquartier in Königsborn eine Proklamation an die Bewohner unserer Heimat, in der es allen, die Russen oder Preußen unterstützen oder sich deren Truppen anschließen würden, „furchtbare Strafen androhte. (6) Diese Proklamation mag manche Begeisterung für die Befreiung vom napoleonischen Joch gedämpft und unserer Bevölkerung gezeigt haben, daß die französischen Truppen und die westfälischen Gendarmen ihre Herrschaft und Tyrannei noch nicht als verloren betrachteten. Unter diesen äußeren Schwierigkeiten begannen die Befreiungskämpfe in unserer Heimat. Borstells Korps, dem die drei Kosakenregimenter Bihalef, Ilowaisky Iv und V als Streifkorps zugeteilt waren, mußte sich bei Hohenziatz und Burg zurückziehen. Bei diesen Kämpfen fiel bei Königsborn ein Kosakenkapitän; im Kirchenbuch Möckern finden wir darüber folgende Eintragung: „Herr Georg Alexiewicz Rasdzin, Capitain in der ersten Eskadron des vierten Pulks der Kosaken unter Befehl des Kaiserlich-Russischen Generals Rowisky des Fünften aus der Stadt Horodo am Don im Czerkasekischen Kreise, starb im Gefecht bei Königsborn durch einen Schuß ins Auge den 2. April 1813 mittags und wurde auf dem hiesigen Hospitalkirchhof beerdigt, eodem die, alt 35 Jahre… Der den schönen Tod für sein und unser Vaterland fiel, ward unter Geläut aller Glocken mit Grabgebet und Einsegnung beigesetzt“. (7)
(6) Meyer: Chronik der Stadt Gommern, Gommern 1894, S. 104 (7) Kirchenbuch Möckern 1813, Pfarrarchiv Möckern
B. Die ersten Kämpfe im April 1813
Dem französischen Einfall am 2. April ging am 30. März bis 1. April 1813 ein Infanterie- und Kavalleriegefecht voraus, das an der Burger Poststraße ausgetragen wurde. (8) Neben einer halben Eskadron Königin .- Dragonern und einigen pommerschen Grenadieren unter dem Befehl des Rittmeisters von Trotha (9), der dem Feind von Burg aus entgegentrat, standen ein Kosakenpulk zwischen Gerwisch und Möser, sowie Schützen und Bürger aus Burg und Bauern aus Schartau und Niegripp zur Verteidigung ihrer Dörfer und Städte im Kampf gegen die Franzosen bereit. (10) Diese Kämpfe der Bauern und Bürger – die hier erstmalig als Landsturmmänner in der 2. Kampflinie fochten – waren die ersten größeren, erfolgreichen bewaffneten Aufstände der unterdrückten Bevölkerung in Mitteldeutschland. Besondere Bedeutung kommt den Gefechten zu, die an der Burger Poststraße zwischen Gerwisch und Külzau vom 20. März bis 1. April 1813 stattfanden, (11) da die Bewaffnung des Volkes hier sogar gegen den Willen des kommandierenden Generals Borstell geschah, der erst dann eine Bewaffnung des Landvolkes gestatten wollte, wenn genügend reguläre Truppen vorhanden waren.
(8) W. Müller: Beiträge zur Geschichte der Stadt Burg, Militärverhältnisse, handschriftl.. 3. Bearbeitung 1946, S. 199 (9) Rehtwisch: a. a. O., S. 531 (10)Laumann: Der Freiheitskrieg 1813/14 um Magdeburg, Sachsen und Anhalt, Bd. 15. Magdeburg 1939, S. 248 (11)ebenda, S. 248 (12)Rehtwisch: a. a. O., S.531
Rehtwisch schrieb über diese Gefechte: „unter der Bevölkerun herrschte schon eine bedenkliche Aufregung, und es bildete sich eine Zusammenrottung von Bürgern und Bauern, die sich, so gut es ging, bewaffneten und den regulären Truppen folgten.“ (13) Graf Wittgenstein erließ in seinem Hauptquartier zu Zerbst am 7. April 1813 den „Aufruf zur allgemeinen Bewaffnung: (14) Hört mich, liebe deutsche Bürger und Bauern! Ich will Euch ein Wort ans Herz legen … Was werdet Ihr thun? Wollt Ihr die Hände ganz in den Schoos legen? Wollt ihr Euch geduldig plündern lassen, wenn wir nicht in der Nähe sind um es zu hindern? … Thut wie die Russen gethan und wie die Preußen jetzt thun; vereinigt Euch flugs zu einem a l l g e m e i n e n L a n d s t u r m! Glaubt unserer Erfahrung: Wenn jeder Bauer, jeder Bürger im Nothfall Soldat ist, so kann der Feind ihnen nichts anhaben. Da ist noch kürzlich was vorgefallen, nicht weit von Magdeburg, wo alle Landleute herzhaft sich erhoben und, während wir mit dem Feinde kämpften, alle Franzosen in ihrer Gegend angriffen, todt schlugen oder gefangen nahmen. Sie hatten sich mit Picken bewaffnet und ihr Prediger, ein Ehrenmann, mit Namen Schnee, führte sie an“ (15) Dieser Prediger Schnee war der Pfarrer aus Schartau, der im Mai 1813 den Landsturm der Dörfer Schartau, Parchau, Niegripp. Külzau Schermen und Detershagen offiziell anführte. (16) Pastor Dienemann aus Schartau schrieb 1871 „Gotthilf Heinrich Schnee, aus der ehemaligen Grafschaft Mansfeld, war vom 1. mai 1809 bis 1825 in Schartau als Prediger tätig, rief in den Befreiungskriegen die wehrhafte Mannschaft von Schartau und Niegripp gegen die Franzosen in Magdeburg auf. Sie sind aber nicjht weit gekommen, im Külzau kehrten die Letzten um.“ (17)
(13) Rehtwisch: a. a. O., S. 531 (14) Der Aufruf richtete sich wahrscheinlich an die Anhaltiner Ho. (15) „Russisch-Deutsches-Volks-Blatt 1813“, Nachdruck 2. Auflage, Berlin 1953, S. 36 (16) Akten des Stadtarchives Möckern, „Stadtrichter Thilo zu Möckern betreffend die Organisation des Landsturmes nach Edikt vom 21. April 1913“ (17) „Verzeichnis d. evangl. Geistlichen in der Parochie Schartau“ 1871
Sie kehrten erst nach der siegreichen Beendigung des Gefechtes um; es war ja nicht die Absicht, Magdeburg zu erobern, sondern die französischen Truppen an weiteren Plünderungen zu hindern und die Dörfer zu verteidigen. Diese Tat wurde Vorbild für weitere Landsturm-Einsätze im gesamten Gebiet. Pastor Schnee zeichnete man später dafür aus. Mit dem französischen Ausfall aus Magdeburg am 2. April 1813 in Richtung Berlin verbreitet sich am 3. April in der Prignitz „das Geschrey, die Franzosen kommen über die Elbe!“ (18) „Da hörte man plötzlich viele Meilen in die Runde die Sturmglocken läuten“ in drey Stunden war alles mit Piken bewaffnet; von Pritzwalk und Kyritz zogen die Einwohner nach Havelberg. In Wittstock verrammelte man die Tore, brachte Steine auf die Mauer und 200 Schützen waren bereit, den Feind zu empfangen. Die Nacht brach herein; es regnete; aber mehr als 30 Wachtfeuer loderten rings empor, und das Volk lag unverdrossen auf der nassen Erde. Als der Feind den Landsturm gewhret, und daßer einen harten Stand haben würde, so mogten unangenehme Erinnerungen an Spanien und Russland in ihm erwachen, und er unternahm nichts.“ (19) In einem anderen bericht – vom 8. April 1813 – wurde in der Zusammenstellung: Ein Blick auf Europa, in Nummer 4 des Russisch-Deutschen-Volks-Blattes festgestellt: „8000 Bauern standen Werben gegenüber und bewachten die Elbe auf das schärfste.“ (20) Es handelte sich also wahrscheinlich um das gleiche Aufgebot der Bauern, das in Richtung Havelberg zog, um die Elbe zu bewachen.
(18) Russ.-Dtsch.-Volks-Blatt, a. a. O., S. 41 (19) ebenda, S. 41 ff. (20) ebenda, S. 30
Da der Feind aber schon bei Burg, Hohenziatz bzw. durch die ersten siegreichen Gefechte der verbündeten russisch-preußischen Truppen bei Möckern (21) am 5. April vernichtend geschlagen wurde (22), zog er sich in der Nacht bzw. in den Morgenstunden des 6. April wieder auf Magdeburg zurück. Diese siegreichen Gefechte am 5. April bei Möckern festigten die deutsch-russische Waffenbrüderschaft und bildeten den Anfang der Befreiung Deutschlands vom napoleonischen Joch. Die Berichte über den Ausfall der Franzosen aus Magdeburg verbreiteten sich schnell durch die ganze Kurmark. (23) An vielen Orten rückte der Landsturm am 10./11. April aus. Hinzu kam noch das Gerücht, daß der Franzose auch aus Stettin ausgefallen waäre, so daß auch in Mecklenburg der Landsturm aufbrach. (24) Hierzu einige Beispiele: Der Landsturm in Wrietzen war „in Allarm“: die Bauernschaft kam aus verschiedenen Dörfern. „Überhaupt hat sich an diesen Tagen der ganze Oderbruch gerüttelt“. (25) Aus Schwedt wird berichtet: „Wir ziehen Alle mit und weichen nicht!“ erklärten die Tagelöhner, denn hier bestand der Landsturm „größtentheils aus Tagelöhnern.“ (26) Aus Angermünde sind „in wenigen Stunden über 2000 Mann der Bürgerfahne gefolgt.“ „Es sollen an demselben Tage (10. April – Ho.) über 30 000 Mann Landsturm auf den Beinen gewesen seyn.“ (27) In einem weiteren Bericht wurde der Landsturm in Mecklenburg als „herrlich organisiert“ bezeichnet, in dem bis zur Ostsee „mehr als 100 000 Menschen“ zum Kampfe bereit standen. (28)
(21) Kämpfe bei den Dörfern: Dannigow, Vehlitz, Zeddenick (22) Wichtigste Literatur: E. Meyer, a. a. O., S. 103 ff “Brief des Superintendanten Nesemann, a. a. O., S. 7 ff Tiemann, Dannigkow, 9.4.1913, Meinhardt, a. a. O., S. 7 ff Neues Leben, Gommern, 1933 Nr. 7 Kersten: Preußens Erhebung, 1813 Jerichower Land und Leute, 1938, 4-8 (23) Russ.-Dtsch.-Volks-Blatt, a. a. O., S. 30, 36, 41, 53 (24) A. B. Kahn: Der Befreiungskrieg 1813, Zeitschrift für Geschichtswissenschaften, Berlin (25) Russ.-Dtsch.-Volks-Blatt, a. a. O. , S. 33 (26) ebenda, S. 74 (27) ebenda, S. 53 (28) ebenda, S. 107
Auch südlich Berlin versammelte sich der Landsturm. „Einige Kriegsregeln wurden verlesen und von allen angenommen,“ hieß es in Düsseldorf, wo der Prediger am 13. April den Landsturm ausrief; „Jeder der feigherzig flieht, soll sein Nationalzeichen nicht vorn am Huth sondern auf den Rücken angeheftet tragen. Bleibt einer im Dorfe, oder auf dem Wege ohne Grund zurück, so wird es an Geld gestraft, wofür Gewehre gekauft werden sollen …“ so lauteten einige dieser Regeln. (29) Der Burgische Courier“ Berichtet unterm 14. April 1813: „Burg: Freitags Nacht rief hier wieder Lärmtrommel und Sturmglocke den Landsturm zur Gegenwehr auf, aus allen benachbarten Örtern kamen Manns- und selbst mehrere Weibspersonen bewaffnet, indes zogen sich die Feinde gegen 3 Uhr früh wieder zurück. Edelleute, alle Beamte und Prediger gingen bewaffnete muthvoll den Feinden entgegen und aus hiesiger Stadt allein über 3taus. Personen und keiner beachtete des Todes.“ (30) Diese wenigen Beispiele beweisen, daß sich im gebiet zwischen Elbe und Oder das Volk selbst bewaffnet und zum Kampf bereit war, bevor der König am 21. April 1813 den Landsturm bildete und dessen Organisation und Gliederung festlegen ließ. (31) Nicht „der König rief und alle, alle kamen“, sondern es „stand das ganze Volk auf und zwang den König Friedrich Wilhelm II. zum Krieg gegen Napoleon“(32) müsste eigentlich auf den Münzen und Siegesfahnen (339 von 1814 geschrieben stehen.
(29) Russ.-Dtsch.-Volks-Blatt, a. a. O., S. 101 (30) „Burgscher Courier vom 14. April 1813“, Burg 1813 (31) Veröffentlicht in der Gesetzessammlung für die Königl. Preuß. Staaten 1813, No. I bis incl. 20, Berlin 1813; -Stadtarchiv Burg- C 6 Nr. 2 (32) F. Engels: Die auswärtige Politik des russischen Zarenthums, Die Neue Zeit, 8. Jahrgang 1890, S. 154 (33) Text der Fahne aus der Kirche Niegripp – Original in Schul- und Heimatmuseum Burg: „Mit Gott, für König, und Vaterland Heil Friedrich Wilhelm dem Einzigen, dem Retter des Vaterlandes! Die Töchter von Niegripp am Friedensfeste, den 30ten Mai 1814, gefeyert 13ten Januar 1816“
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II. Aufstellung und Kämpfe des Landsturmes nach dem 21. April 1813 - gegen den willen der Reaktion-
A. Die Landsturmverordnung vom 21. April 2813 1. Die Vorbereitung dazu Am 21.April verabschiedete der preußische König Friedrich Wilhelm III. das Edikt zur Aufstellung des Landsturmes, dessen Ausarbeitung des Staatsrat von Hippel vornahm. (34) Nach Mehring (35) war Jakob Batholdy, ein Berater des Staatskanzlers Hardenberg, der als Leutnant den Tiroler Aufstand 1808 mitmachte, der Verfasser des Ediktes. Dieses Gesetz vom 21. April 1813 bezog sich auf die „Verordnung über die Organisation der Landwehr vom 17ten März 1813“ (36) Hier wurde vom König erstmalig über die Notwendigkeit eines Landsturmes gesprochen, aber im §20 ausdrücklich festgelegt, „die Errichtung des Landsturmes geschieht erst, wenn die der Landwehr beendigt ist“. (37) Die Pläne zur Volksbewaffnung und zur Aufstellung eines Landsturmes sind aber nicht im Auftrage des Königs ausgearbeitet worden, sondern sie wurden schon lange vorher von den Patrioten aufgestellt. Nach den Vorbildern des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges 1776, der französischen Revolutionsheere von 1789 und der Volksaufstände in Spanien (Guerillas) und Tirol 1809 sowie des Partisanenkrieges in den Weiten Russlands 1812 forderten sie die Bewaffnung des ganzen Volkes. Aus der Vielzahl der Aufrufe und Vorschläge zur Schaffung des Landsturmes und zur Volksbewaffnung seien hier einige angeführt, deren Verarbeitung direkt in unserem Gebiet erfolgte.
(34) Wild; Der Landsturm des Kreises Jerichow I 1813/14, Jerichower Land und Leute, 1926, Nr..6 (35) Nach Mehring „1813 bis 1819. Von Kalisch nach Karlsbad“ Verlag von J.H.W. Dietz Nachfolger, Stuttgart 1913, S.17 (36) Gesetz – Sammlung 1813, a. a. O. Nr. 163, S.36 (37) „Allgemeine Verfassung der Landwehr“, Breslau 1813
Die wichtigsten Pläne über die Schaffung eine Volksheeres, insbesondere die Einrichtung eines Landsturmes wurden am 32. Juli 1807 von Scharnhorst in Memel unterzeichnet, indem er die Schaffung einer Nationalmiliz (38) forderte; in dem vorläufigen Entwurf der Verfassung einer Reserve-Armee (39) vom 31. August 1807 bestimmt Scharnhorst im §1: „Alle Bewohner des Staates sind geborene Verteidiger desselben.“ Neben Gneisenau, Blücher, Grolmann, Freiherr vom Stein, Clausewitz u. a. m., die 1807 – 1809 den Gedanken der Volksbewaffnung und die Schaffung eines Volksheeres forderten und begründeten, wurden besonders 1811 die Pläne Gneisenaus in der Denkschrift (40) an den preußischen König zusammenfassend niedergelegt. Die genauen Pläne für den Landsturm wurden hauptsächlich 1813 aufgestellt. So erschien aus Königsberg ein Aufsatz von Carl v. Clausewitz(41), der damals Oberstleutnant im russischen Dienst war, über „das Wesentlichste in der Organisation eines Landsturmes und einer Miliz.“(42) In den „Hinterlassenen Werken des Generals v. Clausewitz“ (43) beschrieb er ausführlich die Volksbewaffnung und die Aufgaben der Landsturmgefechte.
(38) Aus: Beihefte zum Militair-Wochenblatt 1846 a. a. O. S. 67, Beilage 2c und Juni 1850: „Die Reorganisation der preußischen Armee nach dem Tilsiter Frieden S. 78 ff. (39) ebenda, 1846, S. 68, Beilage 2d, 1855, S. 82 (40) Gneisenau, August Graf Neidhardt von: Denkschrift zum Volksaufstand von 1808 und 1811, Berlin 1936, auszugsweise in „Kampf um Freiheit“ a. a. O., S. 182 (41) Carl v. Clausewitz wurde am 1.7.1780 in Burg geboren, 1812 trat er in russische Dienste und wurde deshalb vom preußischen König geächtet. (42) Clausewitz, Carl von: Im Militair-Wochenblatt 1846 a. a. O., als Beilage 3a, S. 70 gedruckt (43) Clausewitz, Carl von: Hinterlassene Werke über Krieg und Kriegsführung, Berlin 1833, I. Ausgabe, 2. Bd., 2. T. 26, Kapitel, S. 374 ff
Ernst Moritz Arndt erließ den Aufruf „Was bedeutet Landsturm und Landwehr“, (44) des an „sämtliche Geistliche (45) und Schul – Deputationen der kurmärkischen Regierung ausgegeben wurde, „um den Gedanken und Aufforderungen Eingang zu verschaffen und zur freudigen Aufnahme der vom Staat zu treffenden Maßregeln (46) die Gemüther vorzubereiten.“ (47) Im Russisch – Deutschen – Volks – Blatt erschien am 10. April 1813 der Aufruf zur allgemeinen Bewaffnung von Grafen Wittgenstein, den er am 7. April aus Zerbst erließ. Hier rief er unsere Bevölkerung zum allgemeinen Landsturm auf. Auch Scharnhorst (48) überreichte Hardenberg im April 1813 eine Denkschrift über den Volkskrieg, welche zur Grundlage für das Gesetz über die Bildung des Landsturmes (49) wurde. Aus Königsberg lag weiterhin ein Heft vor: Kurze Anleitung zum Exerzieren des Landsturms; (50) später wurde ein gleiches in Berlin herausgegeben „Excercir-Instruktionen für den Landsturm, Berlin 1813, gedruckt bei Dieterici“, wonach auch die „Revüen“ in unserer Heimat abgehalten wurden.
(44) Arndt, Ernst Moritz: abgedruckt im „Kampf um Freiheit a. a. O., S. 273; der Wortlaut stimmt mit dem Original nicht immer überein. (Ho.) Auch aus „Was bedeutet Landsturm und Landwehr“ Deutsche Blätter Nr.33 v. 17.11.1813 und Nr. 34 v. 19.11.1813. (45) Original – ohne Verfasserangabe – aus den Akten des Pfarr-Archives-Schartau; Akten Nr. F 1a „Aus Kriegszeiten 1806 – 17“ (46) Das Schreiben ist vom 24. März 1813 datiert und bezieht sich auf die Verordnung zur Bildung der Landwehr vom 17. März 1813. Zur Bildung des Landsturmes wird eine; Besondere Instruction“ abgewartet; „was es hiermit auf sich habe“ soll durch diesen Artikel vorher in allen Kirchengemeinden bzw. Schulen besprochen werden. (47) Akten des Pfarrarchives Schartau F 1a; Veröffentlichung der kurmärkischen Regierung Potsdam, C 488 v. 24.3.1813 (48) Nach O. F. Schweder „Scharnhorst Leben“, 1865, S. 200 ff. (49) In „Scharnhorst, der Scjhöpfer der Volksbewaffnung“ historische Schriftenreihe, Ruetten & Loening, berlin 1953, I. Auflage S. 104 wird von der Redaktion unter Anmerkung 1 das Datum v. 8.5.1813 angegeben; das Datum ist m. E. nicht richtig und müsste doch wohl 21.4.1813 heißen. In der Disposition des Hochschullehrbuches ZGW, Berlin 1954, Heft 2. S. 282 wird das Landsturmgesetz vom 1. April 1813 angegeben, auch diese Zeit- Angabe scheint falsch zu sein. Ho.) (50) Gedruckt in der Hartungschen Hofdruckerei; veröffentlicht im Beiheft zum Militair – Wochenblatt 1846, a. a. O., S. 131
Am 27. April veröffentlichte das Russisch- Deutsche- Volks- Blatt einen ausführlichen Organisationsplan für den Landsturm und gab Ratschläge für die Verteidigung eines Gebietes. Auch Freiherr vom Stein unterbreitete am 24. Mai in einem Brief an Hardenberg praktische Vorschläge (51) zur Verteidigung Niederschlesiens durch den Landsturm.
2. Die Verordnung selbst
In der Verordnung vom 21. April 1813 wird offiziell festgelegt, daß überall sofort mit der Errichtung des Landsturmes begonnen werden solle. Die allgemeinen Bestimmungen sahen vor: §1 Jeder Staatsbürger ist verpflichtet, sich dem andringenden Feinde mit Waffen aller art zu widersetzen, seinen befehlen und Ausschreibungen nicht zu gehorchen, und wenn der Feind solche mit Gewalt betreiben will, ihm durch alle nur aufzubietende Mittel zu schaden. §2 Um diese Verpflichtungen mit mehr Zweckmäßigkeit zu erfüllen, sollen im Lande befindlichen Streitkräfte, wenn der feind dem Lande sich naht, zu einem Landsturme aufgeboten werden. §5 Jeder Staatsbürger ist verpflichtet, sich zum Landsturm zu stellen, wenn das Aufgebot eintritt. §6 Ein Zusammenlaufen ohne Aufgebot wird als Meuterey bestraft. §8 Es ist daher die Bestimmung des Landsturmes, dem Feinde den Einbruch wie den Rückzug zu versperren, ihn beständig außer Atem zu halten; seine Munition, Lebensmittel, Couriere und Recruten aufzufangen; seine Hospitäler aufzuheben; nächtliche Überfälle auszuführen, kurz, ihn zu beunruhigen, zu peinigen, schlaflos zu machen, einzeln und in Trupps zu vernichten, wo es nur möglich ist …“
(51) Nach Stein, Karl Reichsherr vom und zum: Briefwechsel, Denkschriften und Aufzeich- nungen, herausgegeben von E. Botzhardt, 7. Band, Berlin 1931-37.
In den §§ 13 – 23 werden die Aufgaben der Schutz – Deputation festgelegt. (Die Schutz – Deputation war ein aus der ganzen Bürgerschaft gewählter Ausschuß, der zur Beratung des Distrikt-Chefs eingesetzt war; außerdem sollte diese Deputation auch bei Strafen (Standrecht) entscheiden.) In den §§ 65 – 80 wird die Räumung und Verwüstung der Bezirke festgelegt, wenn der Feind das gebiet erobert. Gerade diese §§ erregt das Missfallen der Junker. „Ich erachte es als überflüssig, Meinen gethreuen Untertanen besonders zu ermuntern, gegenwärtige Verordnungen unverzüglich und strenge in Ausübung zu bringen,“ schrieb der König.
B Der Landsturm im Elb- Havel- Gebiet
Nachdem am 5. Mai 1813 durch das berliner Militärgouvernement der Befehl zur Bildung des Landsturmes zwischen Elbe und Havel erteilt wurde, (52) organisierten die Landräte 3 Divisionen, die sich wieder in Distrikte, Bataillone, Schützen- und Landkompanien sowie Eskadrone einteilten.
1. Die Division des Obersten von Knebel mit 9 Distrikten und einer Stärke von a) Infanterie: 96 Offiziere, 244 Unteroffiziere, 3 Spielleute, 587 gemeine mit Gewehren und 2555 Gemeine mit Piken (-2-) b) Reiterei: 16 Offiziere, 27 Unteroffiziere, 1 Trompeter und 383 Gemeine (53)
(52) Wild: a. a. O., HKJ S. 50 (53) Wild: a. A. O., JLL S. 2
2. Die Division des Kreises Jerichow II, unter dem militärischen Befehl des Majors Graf von Sparr mit 11 Distrikten und einer Stärke von: Schützen: 468 Pikenträger: 4899 Reiter: 599 also insgesamt : 5966 Köpfe (54)
3. Von der Division des Ziesarschen Kreises sind keine genauen Unterlagen zu ermitteln; es bestand vermutlich nur aus3 oder 4 Distrikten; die unter den Befehl des Divisionärs Obrist von Frenzel (55) standen. (56)
Die soziale Struktur des Landsturmes vermittelt uns einen interessanten Einblick in seine Zusammensetzung. Der Auswertung liegen die namentlichen Listen (57) des Burger Landsturmdistriktes zugrunde, so daß die Angaben auf exakte Unterlagen beruhen. Nach Wild zählte der Distrikt Burg – unter dem Kommando des Majors von Glasenapp – 3 Bataillone Infanterie und 2 Eskadronen Reiter. Nach der Umbildung des Burger Landsturmes in ein Bürgerwacht-Bataillon (58) zählte die Besatzung Burgs 3 Kompanien Pikenträger und 1 Eskadron Reiter mit Säbeln (59) . Aber auch W. Müller bezweifelt diese Angaben. (60) Im „Verzeichnis derjenigen Land-Sturm-Männer aus der Stadt Burg, welche an dem Belagerungs-Dienst von Magdeburg theilgenommen, und gegen den Feind bestanden haben“, (61) setzte sich der Landsturm wie folgt zusammen:
(54) Wild: Der Landsturm des Kreises Jerichow II 1813/14, Heimatkalender für das Land Jerichow, Burg 1927, S. 50 (55) Laumann, a. A. O., S. 250 (56) Wild, a. a. O., JLL S. 2 (57) Stadtarchiv Burg B 210 Nr. 31 (58) Nach der verordnung vom 17.7.1813 (59) Wild, a. a. O., JLL S. 2 (60) W. Müller, a. A. O., S. 211 (61) Stadtarchiv Burg B 210 Nr. 31 Lt. Schreiben v. 17. mai 1816 vom Magistrat aufgestellt
3 Schützenkompanien, bestehen aus: 8 Offizieren, 21 Unteroffizieren und 177 Gemeinen 11 Lanzenkompanien, bestehend aus: 17 Offizieren, 61 Unteroffizieren und 600 Gemeinen 2“Excadrone“ Reiter: 4 Offizieren, 4 Unteroffiziere, 1 Trompeter und 37 Gemeine. Als Chef des Schützenbataillons wurde der „Criminalrat Stephanic“ angegeben. Die Schützenbataillone bestanden größtenteils aus Fabrikanten und Meistern. So setzte sich z. B. die II. Schützenkompanie wie folgt zusammen: (62)
Offiziere: 1 Cheff = Syndicus und Criminalrath 1 Pr. Lieutnant Castellan 1 Sec. Lieutnant = Kaufmann Unteroffz.: 1 Feldwebel = Polizeidiener 8 Unteroffz. davon 7 (Handwerks)Meister ( Schneider, Tischler, Töpfer,, Tuchmacher, Tuchscheerer, 2 Weis- gerber) 1 Invalide Gemeine: 72 davon 1 Justizrat 1 Kämmerer 8 Lehrer mit Rector, Conrector und Subrector 1 Candidaten der Theologie 1 Polizeidiener 2 Gehülfen (Apotheker u, Chirurg) 1 Lehrling (Chirurg) 6 Kaufmänner 35 (Handwerks) Meister 2 Gastwirte 1 Buchbinder 2 Gärtner 1 Brauer 1 Posementier 1 Uhrmacher 1 Mühlenbauer 1 Scheibenanzeiger 8 Gesellen (2 Tuchmacher, 2 Tuchscheerer, Müller, Zimmer, Weisgerber, Tischler)
(62) Die Schreibweise der Berufe wurde wörtlich übernommen.
Dagegen setzte sich die 2. Lanzenkompanie aus folgenden Berufsschichten zusammen:
Offiziere 1 Capitain = Seifensieder 1. Sec. Lieutnant = Cantor Unteroffz.: 7 Unteroffiziere davon 2 (Handwerks) Meister (Schneider, Tischler) 2 Arbeitsmänner 1 Tuchmacher 1 Seiler 1 Mauergeselle Gemeine 65 davon 8 (Handwerks) Meister 3 Ackermänner 1 Feldhüter 2 Knechte (1 Schäferknecht) 2 Musicus 1 Ziegeldecker 25 Gesellen (2 Leinenweber, 3 Mauer, 1 Schneider, 1 Schuhmacher, 1 Schlößer, 14 Tuchmacher, 1 Töpfer, 2 Zimmer)
Die II. Reiterexcadron bildete sich dagegen wieder aus folgende Berufsschichten:
Offiziere: 1 Rittmeister = Fleischermeister 2 Lieutnants = 1 Tuchfabrikant und 1 Brauer Unteroffz.: 2 Unteroffiziere = 1 Tuchfabrikant und 1 Fleischermeister Gemeine: 17 davon 1 Tuchfabrikant und 3 Meister (Bäcker, Fleischer, Schuhmacher) 13 Ackermänner
Die Gesellen und Tagelöhner wurden in die Lanzenkompanien eingegliedert; die Handwerksmeister bildeten dagegen die Schützenkompanien ( da sie die Gwehre selbst beschaffen mußten; obwohl 552 Gewehre ,die für die Landwehr bestimmt waten, an den Landsturm des Kreises ausgegeben wurden . (63) Die Reiterei bildeten größtenteils Fabrikanten und Bauern, da hier die Pferde mitgebracht werden mußten. Interessant ist, daß gerade über die Burger Reiterei Klage geführt wurde, „daß von den ursprünglich 110 mann“ im Oktober 1813 „nur noch 55 Mann“ den Wachdienst versahen und an den Einsätzen teilnahmen. (64) -------------------------------------
(63) Lt. Anordnung des Generals v. Puttlitz, Kommandeur der Landwehrdivision des Blockadekorps vor Magdeburg (64) Wild, a. a. O., JLL S, 2
Durch die geographische Lage des gebietes war die Aufstellung des Landsturmes zur Verteidigung der Heimat unbedingt erforderlich, da die französischen truppen ständig Überfälle auf unser Gebiet durchführten. Vier Hauptaufgaben fielen dem Landsturm der Jerichowschen Kreisen zu: 1. Die Bewachung der Elbe durch Infanterie und Kavallerie. 2. Wachdienst bei den Belagerungstruppen vor Magdeburg, besonders Wachen bei den Lärmstangen. (64?) 3. Patrouillendienst in der Altmark 4. Verteidigung der Ortschaften bei Ausfällen der Feinde aus Magdeburg. Der Organisationsplan (65?) des Landsturmes für den Kreis Burg (Jerichow I), der vom Obersten v. Knebel unterzeichnet wurde, teilte sich in 4 Abschnitte: I. Verteidigung der Übergangsstellen an der Elbe. II. Eine 2. „Devensionslinie wurde gebildet, um beim Rückzuge die Havel – Übergänge zu sichern. III. Landsturmeinheiten sollen im „Rücken des Feindes“ den Partisanenkrieg führen. IV. Über den Einsatz der „mobilen Kolonnen“. Dieser Plan wurde am 10. Juli 1813 mit dem Ziesarschen und dem des II. Jerischowschen Kreises abgestimmt. Schwerpunkte des II. Kreises waren:
(64?) Lärmstangen = Signalstangen zur Alarmierung des Landsturmes beim Nahen des Feindes. Diese Stangen mußten von den Gemeinden auf Höhen aufgestellt werden So kostete z. B. Groß - Salza (Krs. Schönebeck) eine Lärmstange 40 Taler. „Es war ein Gerüst mit langen Stangen, die mit Stroh umwickelt waren, das mit Teer oder Pech getränkt war“ (W. Schulze: Schönebeck und seine Nachbarorte während der Franzosenzeit, Schönebeck 1938, 11. Heft der Veröffentlichung d. Gesellsch. F. Vorgesch. u. Heimatkde. d. Krs. Calbe) (65?) Akte des Stadtrichters Thilo zu Möckern – im Stadtarchiv Möckern – „Die Organisation des Landsturmes nach dem Edikt vom 21.April 1813“; nach Aktenvermerk am 28. Juli 1813 herausgegeben; wahrscheinlich aber Anfang Juli aufgestellt worden.
I. Sicherung des Überganges über den Plauer Kanal bei Parey II. Sicherung der erbnauten Elbbrücke bei Ferchland (66) III. Ständige Patrouillen der Landsturmreiterei in der Altmark, zur Unterszützung der wenigen Landwehrreiter des Oberstleutnant v. d. Marwitz. (67) Der Landsturm der Prignitz wurde zur Unterstützung des II. Jericowschen Kreises herangezogen (68); dagegen der des Ziesarschen Kreises für den Kreis Jerichow I, (69) Wie die Verteidigungsmaßnahmen an der Elbe durchgeführt wurden, zeigten die Verschanzungen bei Niegripp. So hieß es: „Bei Niegripp, wo die Verschanzung angelegt wird auf 250 Mann und 3 Kanonen, die dieser Tage zustande kommt (wird den 23. dato fertig). Bei Hohenwarthe wird der Weg von der Fähre ins Dorf geführt, bei der Fährstelle mit einem tiefen Graben versehen, das Anlanden zu verhindern; das obenstehende Haus wird mit Schießscharten versehen, dann führt noch 600 Schritt davon ab ein Fußsteig in die Höhe, dieser wird mit 30 Pallisaden versehen und währe ohngefähr mit 25 Mann zu besetzen. (An der Hohenwarthe steht noch eine kleine Fähre und 3 Kähne, sie sind von Kosaken besetzt). Bei Gerwisch … sind schon Verteidigungsanstalten durch verschiedene unsererseits angelegte Redouten getroffen.“ (70) Wild berichtet weiter; “Die Elbe sei an der ganzen Grenze des Kreises (Jerichow I – Ho.) rechts vom Lager (Blockadetruppen vor Magdeburg – größtenteils kiurmärkische Landwehr – Ho.) von Schartau bis Königsborn und linkerhand von Pechau bis Randau mit Landsturmreiterrei besetzt, sodaß niemand herüber könne, des sich nicht ausweise.“ (71) Hinzu kam noch die Gestellung der Wachposten bei den Lärmstangen. Die Bewachung war notwendig geworden, da im April 1813 viel blinder Alarm oder Gerüchte verbreitet wurden, daß der Feind im Anmarsch sei. (72)
(66) Aus dem Bericht des Ober – Amtmannes Körber, Sandau Akten im LHA Magdeburg, Rep.A 9b VIII Nr.18 (67) Vgl. Friedrich Meusel: F.A. Ludwig v. d. Marwitz (68) LHA Magdeburg, Rep. A9b VIII Nr. 18 (69) Stadtarchiv Möckern, Akte Thilo a. a. O. (70) ebenda /71) Wild, a. a. O. JLL S. 2 (72)Russ.-Dtsch.-Volks-Blatt, a. a. O.
Die Alarmierung in den Ortschaften erfolgte durch Läuten der Kirchenglocken (Sturmglocken) oder durch Lärmtrommeln (73) Der Einsatz des Landsturmes im Gebiet zwischen Elbe und Havel geschah sehr oft, so daß die Landsturmkompanien mehrmals auszogen und zur direkten Feindberührung kamen. Diese Tatsache war nicht in jeder Landschaft zu verzeichnen, da der Landsturm größtenteils viel später aufgestellt (74) und nicht von allen Schichten der Bevölkerung unterstützt wurde..
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Wie die Bevölkerung mit der Waffe in der Hand ihre Heimat gegen feindliche Überfälle und französische Marodeure schützte, zeigt folgende chronologische Zusammenstellung über den Landwehrsturm im Elb- Havel- Gebiet (im Zeitabschnitt vom 21. April bis 17. Juli 1813).
5. Mai 1813 Der Landsturm wird offiziell in unserer Heimat durch die Landräte organisiert und aufgestellt. 10. Mai 1813 Vorschlag zur Verteidigung der Prignitz und des nördlichen Elb- Havel- Landtes im Deutsch – Russischen – Volks – Blatt. (75) 19. Mai 1813 Am Sonntag, den 19. Mai erfolgte die Vereidigung des Burger Landsturmes auf dem Paradeplatz in Burg. (76)
(73) Burgscher Courier vom 14.4.1813 (74) so in der Altmark und Braunschweig am 21.12.1813, in Stuttgart am 10.1.1814, in Frankfurt a. M. am 8.1.1814, in Anhalt (Dessau)am 25.1.1814 (75) Russisch – Deutsches – Volks – Blatt a. a. O., S. 163 (76) W. Müller, a. a. O. S.210
19. Mai 1813 500 Landsturmmänner des Kreises Burg waren vom 19. mai bis 3. Juni 1813 vom russischen General v. Woronzow zum Dienst in den Schanzen vor Magdeburg eingesetzt. (77) 24. Mai 1813 Aus Genthin sollten weiterhin 1 Bataillon Infanterie und 20 reiter eingesetzt werden.(78) 24. Mai 1813 Die III. Burger Schützenkompanie – unter Führung des Färbers Sonntag – nahm an den Gefechten vor Magdeburg (Krakau, Prester) neben anderen Landsturmkompanien unseres Kreises erfolgreich teil (79) 26. Mai 1813 Der einäugige Zimmergeselle Höfelt (von der III. Burger Schützenkompanie) schießt einem Franzosen vom Pferde; er erhielt dafür die Medaille – Kriegsgedenkmünze 1813. (80) Mai 1813 Der Genthiner Landsturm zog gegen Ferchland. Pastor Hirschberg (81) schrieb darüber: „Auch ich, von der Gemeinde dazu aufgefordert, (82) ging einmal mit, da der Feind von Ferchland her mit einem Übergang über die Elbe drohte.“ Vom 24. mai bis 10. August 1813 Waffenstillstand; der Landsturm verblieb trotzdem auf Vorposten.
(77) Wild, a. a. O. JLL S. 2 (78) Wild, a. a. O. HKJ S. 51 (79) Burger Stadtarchiv B 21 c Nr. 31 (80) „Der Zimmergesell Höfelt und der Schuhmachermeister Kelle welcher am 26ten Mai mit dem Feinde bei Gelegenheit des Vorpostendienstes handgemein geworden, haben bereits die Medaille erhalten.“ (81) Nach Aufzeichnungen des 7. September 1851 zu Genthin verstorbenen Pastors Hirschberg: Chronik von Genthin, Genthin 1893, S. 12 (82) Hieraus ist zu entnehmen, daß der Landsturm noch von der Bevölkerung beeinflusst werden konnte, welches nach dem 17. Juli 1813 nicht mehr möglich war. So z. B. die Prediger vom Landsturmdienst befreit.
2.Juni 1813 Der Landsturm des Distriktes Schweinitz unter der Leitung des Oberförsters Wiese konnte 20 von einem Gefangenentransport entwichene Franzosen wieder einfangen. Die Gefangenen wurden von den Landsturmmännern von einem Ort zum anderen gebracht und so bis zu den Truppen bei Ziesar transportiert. (83) Anfang Juni 1813 Der Landsturm des Kreises Ii sollte täglich mit einem Bataillon Infanterie in die Schanzen vor Magdeburg rücken und nach 3 Tagen wieder abgelöst werden.. 2. Juni 1813 Beschwerde der Schutzdeputation (84) an den Landrat des Kreises II bzw. an das Gouvernement, wonach der Einsatz des Landsturmes in den Schanzen vor Magdeburg nicht gerechtfertigt sei. „Der Landsturm dürfe nur in Aktivität gesetzt werden, wenn das Vaterland sich in der allergrößten Gefahr befände. Bis dahin aber möge man demselben keinen militärischen Dienst zumuten, sondern ihm Zeit lassen, seine ländlichen Arbeiten zu verrichten … Raube man dem Landmann die Zeit, (und Tagelöhner – Ho.) so nehme man ihm auch das Kapital, wovon er den Staat und sich erhalten soll. (85) Der Gouverneur teilte mit, daß die Kommandierung „nur eine Ausnahme für ganz kurze Zeit“ sei. (86)
(83) Wild, a. a. O. JLL S. 3 (84) Die Schutzdeputation setzte sich aus den Großgrundbesitzern von Arnim, von Stilke, von Byern, von Hirte, Lücke, Pieschel, Rumpf, von Pritzke, Treptin zusammen, die auch das Schreinen unterzeichneten. (85) Wild, a. a. O. HKJ S. 51 Wir sehen daraus, daß die Junker an einer Änderung der Land- sturmverordnung vom 21. April dringendst interessiert waren (86) Die kurmärkischen Landwehr-Regimenter des Generals- Lieutenants von Hirschfeld bezogen dann die Stellungen vor Magdeburg.
Am 6./7. Juni 1813 fand die Besichtigung des gesamten Landsturmes im Kreise Jerichow I statt. Oberst Knebel besichtigte (87) darüber, daß er die Truppen „auffallend gut dressiert befunden habe“, auch im Kreis fiel besonders die Reiterei auf. „Denn wenn man mit puren Bauernpferden Eskadron rechts und links formulieren und eine Attaque machen sieht, so ist alles, was man verlangen kann.“ Juni 1813 Nach dem Abzug der preußisch – russischen Truppen – während des Waffenstillstandes – übernahm der Landsturm die Sicherung der Grenzen; (88) besonders bei Gommern (rechtselbisches Gebiet des Königreiches Westfalen) und an der Elbe. Die Landsturmpatrouillen zu Fuß und zu Pferde sollen sehr scharf aufgepasst und jeden kontrolliert haben. Ende Juni 1813 wurde für den Kreis Jerichow II, anstelle des Divisionärs Sparr der Generalmajor v. Zweiffel eingesetzt, Anfang Juli 1813 Aufstellung des Organisationsplanes für die Verteidigung der Elbe durch den Landsturm.
10. Juli 1813 mit dem Verteidigungsplan der anderen Kreise abgestimmt.
(87) Aus dem Schreiben des Obersten Knebel vom 12. Juni 1813 an den Gouverneur. (88) Schaffung einer Demarkationslinie – Gommern wurde durch württembergische Truppen, auf französischen Befehl, besetzt gehalten. Nach Laumann, a. a. O., S. 375
III. Der Landsturm unter dem Einfluß der Reaktion ab 17. Juli 1813
A. Gesetzliche Abänderungen des Landsturm – Ediktes vom 17 Juli und 21, Juli 1813
Anfang Juli 1813 wurde im Gebiet zwischen Elbe und Havel „Klagen und Beschwerden“ der Junker laut, die vom preußischen König eine Änderung des Landsturmediktes forderten. Alle Konservativen waren Gegner des Landsturmes, besonders die besitzende Klasse, deren Sprecher der Rat Scharnweber aus der Kanzlei des Staatskanzlers Hardenberg war und eine Denkschrift über die Gefährlichkeit des Landsturmes ausarbeitete, daß er „im eigenen Lande ebenso schädlich sein würde, wie dem Feinde.“ (89) Der General Gneisenau geriet in einer Konferenz deswegen mit Scharnweber so in den Streit, daß er den Rat kurzerhand vor die Tür setzte. „Eine offenbar schlechte Partei hat den Sieg errungen“, schrieb Gneisenau am 17. Juli 1813, (90) als die Änderung der Landsturmverordnung durch den preußischen König bekanntgegeben wurde. Besonders folgende Punkte änderten ser: a) Die Zusammensetzung des Landsturmes_: 1. durch Bildung einer Landwehr Reserve 2. durch die Bildung der Bürgergarde, womit der Landsturm in den Städten praktisch aufgelöst war. So entstanden Ende Juli 1813 in Burg, Genthin usw. die Bürger- Wacht- Bataillone. Weiterhin wurden die Landwehreinheiten (größtenteils aus Gesellen, Tagelöhnern und Knechten (91) verstärkt; dienstfähige Leute entlassen und verschiedene Berufsschichten (Prediger, Lehrer, höhere Beamte, Gutsherrn) vom Landsturm – Dienst befreit.
(89) Rehtwisch, a. a. O. Bd. II, S. 125 (90) Verordnung vom 17ten Julius 1813, Gesetz – Sammlung a. a. O., No. 185, S. 89 (91) In einem Beschwerdeschreiben aus Hohenwarthe, Lostau, Gerwisch heißt es: „Da man ihre Knechte in die Landwehr eingestellt hätte, mußten sie (die Bauern – Ho.) alles selbst machen, auch die bei ihnen einquartierten Truppen verplegen.
b) Die Aufhebung der Schutz – Deputationen.(92) c) Der Landsturm durfte nur noch vom Militair – Gouvernement aufgeboten werden, auch alle anderen Rechte gingen an den Militair – Befehlshaber über. Besonders die Bestrafungen wurden verschärft.
So erschien am 21. Juli 1813 eine „Verordnung wegen Untersuchung und Bestrafung der Vergehen im Landsturm“. (93) Hier wurde besonders festgelegt:
§1 „Vergehen, zu dessen Ausübung die Landsturmbewaffnung gemißbraucht worden, soll mit einer geschärften Strafe belegt werden. §3 Wer sich mit der Landsturmbewaffnung seiner Obrigkeit … thätlich widersetzt … soll mit Ein – bis Vierjähriger Gefängnis-, Zuchthaus- oder Festungsstrafe belegt werden. §6 Wenn sich mehrere zum Landsturm gehörige Männer unter sich oder mit anderen vereinigen, um sich Gewalt zu widersetzen, oder etwas von der Obrigkeit zu erzwingen; so hat, wenn auch noch keine wirkliche Gewalt verübt worden, und noch kein Schaden geschehen ist, der Rädelsführer dennoch eine Zehnjährige Zuchthaus- oder Festungsstrafe verwirkt. § 10 Wer sich schuldigen Diensten oder Abgaben zu entziehen sucht, und wenn er dazu angahlten werden soll, sich mit seinen Waffen widersetzt, soll die in §3 festgesetzte Strafe erleiden.“
Auch das Untersuchungsverfahren wurde nach der Allgemeinen Criminalordnung – teilweise noch verschärft – durchgeführt, so z. B. kann eine Verteidigung nicht schriftlich erfolgen, sondern der „Verteidiger muß sich … an dem bestimmten Tag einfinden, die Akten einsehen, sich mit dem Angeschuldigten besprechen, und alsdann die Verteidigungsgründe zu Protokoll geben.“ Auch Rechtsmittel bzw. Einspruchsrechte bestanden kaum.
(92) §§18-22 der Verordnung vom 21. April 1813 (93) Gesetz – Sammlung 1813, a. a. O. No. 188, S. 95
Interessant ist, daß diese „Allerhöchste Cabinetsordre“ schon am 7. August 1913 dahingehend abgeändert wurde, (94) daß Strafen – wenn der Landsturm vor dem Feind steht oder auf Übung ist – nach dem geltenden Militairgesetz für Armee und Landwehr festgelegt werden sollten. „Der Landsturm muß sich durch diese Meine Anordnung geachtet finden, und ich beauftrage Sie (Staatskanzler Hardenberg – Ho,) solchen bekannt machen und zur Anwendung bringen lassen“, befahl der König. Diese Abänderung erfolgte zu dem Zeitpunkt, als in Burg der Landsturm erklärte, er wolle nicht mehr mitmachen, wenn die Frage der Bestrafung nicht geändert würde. Daraufhin verlangte der General von Beeren in Burg die Erlaubnis, jeden Landsturmmann, der unerlaubt den Übungen fernbleibt, mit 30 Hieben für die „gemeine Klasse“ und mit Arrest für die „Höheren“ zu bestrafen. Später forderte er einen Wachtmeister und 6 Gendarmen an, um seine Befehle durchzusetzen. (95) In einem anderen Bericht (96) beschwerten sich „die Stände des Kreises“ über den Divisionär – General v. Zweiffel – daer 7 Landsturmreiter, die ohne Befehl aus der Altmark zurückkehrten, eigenmächtig bestraft hatte. Er führte kein Standrecht (97) durch, sondern bestrafte die Leute mit Arrest und außerdem hat er sie „durch den Amtvogt von Altenplathow mit dem Kantschu aushauen lassen.“ Criminalrat Stephani aus Burg schrieb in einem Gutachten über die Bestrafung beim Landsturm: „Körperliche Züchtigung müsste unterbleiben, weil diese nur Erbitterung hervorriefen und den guten Willen, auf den es doch hauptsächlich ankomme unterdrücken würde. (98) Er schlägt eine Disziplinarstrafe
(94) Gesetz- Sammlung 1813 a. a. O., No. 188, S. 95 (95) Wild, a. a. O. JLL S.3 (96) “Beschwerde des Vorsteher des Fremden- Polizeiamtes Genthin, Baurat Hirte, vom 11.10.-1813“ (97) Nach der Verordnung vom 21.4. §§ 24-28 durfte das Standrecht nur durch Schutz- Deputation ausgeführt und nicht vom Divisionär eine eigenmächtige Strafe verhängt werden. (98) Wild, a. a. O. HKJ S. 53
bei 2 Talern Geldstrafe oder 12 – 24 Stunden Gefängnis vor. Auxch die Genthiner Bürgerschaft vertrat die Auffassung, daß die Unterthanen unter den gegenwärtigen Zeitumständen drückenden Lasten aller Art, Aufrecht und bei guter Stimmung zu erhalten“ sind. (99) Unter diesen Umständen verbot dann auch das Gouvernement die körperliche Züchtigung durch die Divisionäre, obwohl dadurch die gerichtlichen Bestrafungen eine größeren Umfang annahmen. (100) Wie der Gouverneur aber wirklich dachte, entnehmen wir einer Notiz des 75jährigen Generals L, `Estocy an de, Geheimen Staatsrat Sack: „Schon längst ist mir ärgerlich gewesen, daß bey den größten Vergehungen und Insubordinationen der Landsturmmänner man solches durchgehen läßt und nicht nach den Verordnungen Sr. Majestät (101) bestraft … Wenn wir Oberen keinen Wert mehr darauf zulegen scheinen und die Commandierenden Dicisionairs und Commandeurs nicht unterstützen, so macht man sich lächerlich vor ihren Untergebenen. Dixi et salvavi animam meam., d. h. ich habe gesprochen und meine Seele gerettet; ich habe gesprochen und die Begeisterung für den Landsturm niedergeprügelt.
B. Die Begeisterung für den Landsturm nahm merklich ab.
So nahm die Begeisterung für den Landsturm nach der Umänderung merklich ab; denn das Volk sollte sich mit der Waffe nur erheben, „wenn das Aufgebot dazu ergeht.“ Da es einige Bevölkerungsschichten erlaubt war, vom Landsturmdienst fernzubleiben, „murrten“ die andern. Hinzu kam die ungerechte Behandlung der Mannschaften durch die alten preußischen Offiziere, die nach der Umbildung überall im Landsturm eingesetzt wurden.
(99) Wild, a. a. O. HKJ S. 53 (100) Am 21.7.1813 wurde die Verordnung wegen Untersuchung und Bestrafung der Vergehen im Landsturm erlassen (a. a. O.) wonach körperliche Züchtigung durch Gerichtsurteile verhängt werden konnten. (101) Ebenda
So wurden die Divisionäre der Kreise Jerichow I und II abberufen und dafür Generalmajor v. Zweiffel für den Kreis Jerichow II sowie der Generalmajor von Beeren für den Kreis Burg eingesetzt. Ihr alter preußischer Drill, mit Korporalstock oder Kantschu eingebleut, sollte weiter jeden freiheitlichen Gedanken unterdrücken. Zwischen dem Kommandanten von Genthin, Major von Griesheim und der Bürgerschaft kam es ständig zu Zusammenstößen. Er wollte mit „großer Strenge“, den „übel verstandenen Wahne der Bürger von vollkommener Selbstständigkeit und einer Art Demokratie“ Beherrschen und „die regellose Menge“ zur Ordnung weisen. (103) So kam es auf dem Marktplatz zu folgendem Vorfall: Eine Kolonne Kriegsgefangener wurde vom Kommandanten Griesheim gemustert und ein „widerspenstiger Gefangener“ von ihm mit dem Stock geschlagen. Der Bürger H. tadelte darauf den Kommandanten mit folgenden Worten: „es ist ein Unrecht, daß der Kommandant die Kriegsgefangenen prügelt. Es sind solche guten Menschen, die sich rangiert haben. Warum will man diese noch schlagen?“ Ein Braunschweiger namens Schreiber bezeichnete das Verhalten der Genthiner Bevölkerung als unangemessen. Daraufhin wurde er von H. hinter Schloß und Riegel gesetzt. „Der Bürger S. sagte dem Kommandanten als dieser sich des Braunschweigers wegen der von den Bürger vorgenommenen Arretierung annahm, es sei das größte Unrecht des Majors, da0 er einen „solchen“ Menschen, der über die Bürgerschaft schlecht spricht, beistehe. Ein anderer Bürger machte dem Kommandanten Vorwürfe „Herr Kommandant, das ist ein Unrecht, der König hat das Schlagen der Soldaten verboten“. (105)
(102) Beide Generalmajore (v. Beeren und v. Zweiffel) waren alte preußische Offiziere, deren Regimenter 1807 aufgelöst und sie selbst von der Reorganisations Kommission nicht wieder eingestellt wurden. Sie bezogen nur halbes Gehalt; jetzt war ihre Zeit wieder gekommen, um die fortschrittlichen Ideen zu vernichten. (103) Wild, a. a. O. HKJ S. 53 ff (104) Eine damals weit verbreitete Ansicht, daß Gneisenaus Forderungen “Freiheit der Rücken” auch vom preußischen Hönig bestätigt wäre. In sämtlichen Landsturm –Edikten (21.4., 17.7. 1813) bestimmte er aber, daß körperliche Züchtigung als Strafe – durch ein Standgericht – ausgesprochen werden kann. (105) Wild, a. a. O. HKJ S. 54
Am 20. Januar 1814 verurteilte das Kammergericht zu Berlin diese Bürger zu 4 ½ Monaten sowie zu 16 Wochen Zuchthaus. Außerdem mußten die Angeklagten die Kosten des Verfahrens tragen.
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Trotz dieser Stimmungen mußte der Landsturm im Elb- Havel- Gebiet weiterhin einsatzbereit sein; denn schon am 21. August 1813 unternahmen die Franzosen einen Angriff auf Berlin. (106) Die Landwehrtruppen zogen in Richtung Brandenburg zurück. Der Feind besetzte kurze Zeit (bis 30. August) unsere Gegend. So lagerte am Abend des 23. August ein französisches Bataillon vor dem Obertor in Burg. Die Franzosen plünderten und drangsalierten die Bevölkerung (107) und fuhren Proviant aus dem Magazin nach Magdeburg. Die Stadt selbst scheint dem Feind übergeben worden zu sein, denn das Gouvernement verlangte später bei einem erneuten Anrücken der Franzosen, „daß die Brücken über den Stadtgraben abzubrechen und die Tore zu schließen seien.“ Ob der Landsturm aufgeboten war, läßt sich nicht mit Sicherheit feststellen; ist aber wahrscheinlich, denn 1. konnten die Landsturmreiter des Kreises Jerichow II 125 Ochsen, die auf den Wiesen bei Blumenthal (nördlich Burg) weideten, retten und in Sicherheit bringen. 2. Der Landsturmchef General v. Zweiffel versenkte an diesem Tage einige Schiffe im Plauer Kanal bei Parey.
(106) Der Franzose wird in der Schlacht bei Hagelberg am 27. August 1813, besonders von unsrer Landwehr, vernichtend geschlagen, sodaß er sich nach Magdeburg (30.8) zurückzog. (107) W. Müller, a. a. O. S.192 und 212
3. wurde der Schulze (Bürgermeister) Bäcker zu Karow zur Rechenschaft gezogen, daß er eine feindliche Reiter Patrouille, die, von Ziesar kommend vor dem Toren Genthins auftauchte, nicht rechtzeitig genug gemeldet hatte. (108) 4. Eine französische Patrouille kommt mit 5 Mann bis Hohenziatz, geht dann aber wieder nach Möckern zurück. (109)“Der Patriotismus … ergriff die 4 Landsturmmänner, den Müller Lüdtge, den Kossaten Ziegler, den Pferdehirten Stagrodt und den Schneider und Bäcker Daniel Hänsel. Sie nahmen Gewehre zur Hand, luden sie, und eilten den 5 Franzosen nach, um sie zu fangen. Der Schulzensohn Christoph Hänsel sagt ihnen, es sei Torheit, ohne Befehl eines Offizieres nach Möckern zu gehen, ja, es sei sogar verboten, dies zu tun. Nichtsdestoweniger gehen die 4 Landsturmmänner auf den Franzosenfang aus, kehren aber ohne Erfolg recht verärgert zurück. Diese Sache hatte ihr Nachspiel. Einige Tage später rückte die preußische Landwehr mit Russen in Hohenziatz ein. Ziegler hatte nichts Eiligeres zu tun, als Landwehrleuten mitzuteilen, Hänsel sei ein französischer Spion und hebe der jüngst im Orte gewesenen Patrouille verraten, daß sie von den Landsturmmännern gefangen werden sollten. Lüdtge aber führte einige Preußen nach dem Hofe des Hänsel, damit sie ihn festnehmen können. Hänsel, „der unschuldig gewesen“ entsprang, die preußischen Soldatennehmen die ihm entfallene Pfeife und schlagen in seinem Höfe seine Mutter mit den Säbel. Die weitere Folge war ein Prozeß des Hänsel mit den 4 Landsturmmännern.“ (110)
(108) Wild, a. a. O. HKJ S. 52 (109) Th. Ansorge: Geschichte der Ortschaften Hohenziatz und Lüttgenziatz, Burg 1913, S. 29 (110) Ansorge gibt als Zeitpunkt „September“ an, es handelt sich aber wahrscheinlich um die Patrouille vom 30.8., wo in Möckern das 134 Linien-Infanterie-Regiment (vgl. Laumann a. a. O., S. 263) lag.
5. In Krüssau werden plündernde französische Nachzügler und Marodeure vom Landsturm gefangen genommen und abgeführt. Die Dorfchronik (111) berichtet darüber: „Nach diesem Durchmarsch (21. August 1813 – Ho.) kamen nach Krüssau 6 oder 7 Marodeure, welche in den Häusern alles zerschlugen und gründlich aufräumten. Einer von diesen geriet mit einem Weber (dem Spritzenhaus schräg gegenüber wohnhaft) in Zank und Streit. Der Franzose zerhieb mit seinem Säbel das Garn auf dem Webstuhl des Webers. Dieser sprang auf, der Franzose stürzte hinaus auf die Straße; vor dem Krug angekommen, nahm ein zufällig vom Felde kommender großer kräftiger Arbeiter (Götschmann) eine Setz – Weide und bearbeitete den Franzosen dermaßen, daß dieser alsbald an den Folgen der erlittenen Schläge verstarb. Man schleppte den Erschlagenen in den Garten (Stangenbohnen) und dann weiter hinaus nach der Torfwiese. Die übrigen 5 oder 6 nahm man gefangen, sie wurden geknebelt und nach Genthin transportiert. Sie sollen jedoch erzählt man, unterwegs erschlagen in den Fienerbruch (in Höhe des Parchner Weg) geworfen sein. Beim Durchmarsch am 22. August verfolgte ein französischer Soldat das Dienstmädchen des Pastors, welches der Kossat Behrend beschützen wollte, Der Franzose gab einen Schuß ab und traf den Behrend in den Arm; am hinzugetretenen Brand starb der Beklagenswerte am 25 August 1813 Mitte September 1813 erfolgte dann der Einmarsch der Landwehr in die Altmark; (112) die geschlagene Brücke bei Ferchland wurde durch Landwehrinfanterie geschützt und 400 Landwehrreiter des Oberstlieutenants v. d. Marwitz (113) patrouillierte bis über Braunschweig (114) und Emden. Über Schöningen zog er weiter nach Ferchland zurück und errichtete dabei in der Altmark den Landsturm. (115)
(111) Dorfchronik Krüssau
Zu diesen Landwehrreitern kamen Landsturm-Reiter unserer Heimat, die an diesen Streifzügen teilnahmen. So eroberten sie „aus Osterburg und Stendal 5000 Taler französischer Kassengelder und ein andermal in Gardelegen eine Wagenladung französischer Tuche“. (116) Unsere Landsturmreiter stellten hauptsächlich die Verbindung zwischen der Landwehr (v. d. Marwitz) bei Braunschweig (117) des Wallmodischen Korps und den Blockadetruppen vor Magdeburg her. Bei diesen Kämpfen wurden besonders die Reiter des nördlichen Elb- Havel- Gebietes eingesetzt, deren Landsturmreiter direkt bei den Freikorps verblieben. Die Patrouillen aus dem Kreis Jerichow I konnten alle 8 Tage abgelöst werden, obwohl außerdem noch 150 Mann Landsturm-Infanterie zur Sicherung der Brücke bei Ferchland gestellt werden mußten. (118)
(112) Bereits am 9. September 1813 ging der Landsturm der Prignitz mit mehreren tausend Mann bei Lenzen über die Elbe und warf den Feind zurück. Nach „Das neue Deutschland 1813/14“ Nachdruck Berlin 1953, S.493 (113) vgl. Fr. Meusel: F.A. Ludwig v. d. Marwitz, ein märkischer Edelmann im Zeitalter der Befreiungskriege. (114) Braunschweig wurde am 25 September 1813 erobert; am 21. September Standen Patrouillen an der Bever bei Emden; vgl. Laumann. a. a. O., S. 264 (115) ebenda (116) Pauls: Franzosenzeit, Burg 1913, Heimatkalender für das Land Jerichow; S. 43 – nach der „Görnemannschen Chronik“ (117) Die Linie für die Landsturmpatrouillen reichte von Salzwedel, Gadelegen, Borgstall, Ringfurth bis Bredingen – hier erreichten sie die ersten wall- Modischen Truppen. (117) Wild, a. a. O. JLL. S. 2
Über den Einsatz der Landsturmreiter liegt ein Bericht (119) des Kommandeurs der Sandauer- Landsturm – Kavallerie – Hauptmann Körber – vor, in dem heißt „als ich im Monath Septenbert 1813 den Befehl erhielt, mit dem Landsturm meines Bezirkes dem Herrn Oberst – Lieutnant v. d. Marwitz bei seinem Übergang über die Elbe zu folgen, um mit der Infanterie bei Ferchland geschlagene Brücke zu besetzen. Mit der Kavallerie aber vorzugehen; so marschierte ich mit derselben nach Grieben, wo ich zu dem Detachement des Herrn Obrist – Lieutenant v. d. Marwitz stieß …“ Hier wohnte der westfälische Gendarm Roemer, der sich „mehrere Male berühmte. Daß er von den ersten russischen Truppen, die über die Elbe gegangen wäre, einen Offizier mit eigener Hand erschossen habe, und noch mehrere in jene Welt schießen wolle, und sey derselbe noch am Tage vor unserer Ankunft verkleidet im Ort gewesen.“ Diesem westfälischen Gendarm wurden seine Sachen beschlagnahmt und vom Landsturm verkauft, da er gegen die Interessen des Vaterlandes gehandelt habe. Körber mußte sich deswegen später mehrmals verantworten, (120) und er schrieb darüber: „Umso kränkender muß es für mich sein, nachdem ich dem Befehl des hohen Militair – Gouvern. Zwischen Oder und Elbe folgt, meine Wirtschaft verlassen mußte, vor allem wegen Mangel an Arbeitern, da ich meione sämtlichen Leute und Tagelöhner mitnahm, meine Heuernte und ein bedeutender Theil der Korn – Ernte verloren ging, mit den Landsturm – Männern meines Bezirkes, die ebenfalls ihre nöthigen Geschäfte liegen lassen mußten, bei allem Ungemach … schlechtes Wetter … und bei der schlechten Behandlung, die uns sehr oft von jenseitigen Bewohnern widerfuhren, daß man uns öfter nicht einmal bei kärglicher Kost das nöthige Lager Stroh geben wollte.“ (121)
(119) LHA Magdeburg, Rep. A 9b VIII Nr. 18 (120) Roemer klagte 1816 – in einer Privatklage – gegen den Führer des Landsturmes Körber, da er seine Privatsachen damals verkauft habe und forderte Schadenersatz. Nach langer Verhandlung entschied das Gericht, daß die Beschlagnahme der Gegenstände durch Hauptmann Körber in der Eigenschaft als Befehlshaber des Landsturmes erfolgte und nach §58 des Landsturmgesetzes statthaft wäre.
Am 16. September wurde außerdem noch der Landsturm der Distrikte Schönhausen, Scharlibbe und Sandau aufgeboten, da der Franzose mit 2 Infanterie – bataillonen und drei Geschützen nördlich Neu – Haldensleben einen Ausfall unternommen hatte (die Landwehr – Kavallerie befand sich ja auf dem Zuge nach Braunschweig). Die Franzosen zogen sich zurück, ohne daß es zum Gefecht mit dem Landsturm kam. (122) Der General v. Beeren führte am 3. Oktober 1813 eine Besichtigung des Landsturmes bzw. der Bürgerwacht – Bataillone der Stadt Burg durch. Er ermahnte zu strengerer Ordnung und Bestrafung durch die Polizei, da bei den Exerzierübungen allein in Burg 185 Mann unentschuldigt fehlten. (123) Der Rittmeister Krause steht am 6. Oktober 1813 wieder mit 600 Landsturmreitern des Kreises Jerichow II in der altmark auf Posten. Auch die Reiter des Burger Kreises befanden sich am 7. Oktober noch immer im Einsatz. So waren z. B. von 66 Pferden aus Biederitz 65 „requiriert“ d. h. eingesetzt. (124) Vom 13. bis 18. Oktober 1813 ist der gesamte Landsturm in unserem Bezirk wieder aufgeboten, da Napoleon überraschend über Wittenberg, Dessau in Richtung Berlin vorstieß und französische Patrouillen in Zerbst auftauchten. Es wurden daher sämtliche Distrikte im Südosten unseres gebietes zu Kolonnen formiert und ständige Feld- und Streifenwachen eingesetzt. „In der Nacht zum 14. Oktober“ wird der Landsturm bei Nedlitz „von der Landwehr zurückgeschickt, weil sie das „Feldgeschrei „ nicht wissen. (125) Zur Feindberührung scheint es nicht gekommen zu sein, da die französischen Truppen in der Völkerschlacht bei Leipzig eingesetzt wurden und über Düben nach Leipzig zurückzogen. Am 20. November 1813 fiel die französische Besatzung aus Magdeburg aus. Der Landsturm wurde wieder aufgerufen, um den Feind bei Zipkeleben, Kahlenberg und Pechau, wo sie u. a. den Forstbedienten, dessen Gattin und den Pfarrer mißhandelt hatten, (126) zurückwerfen; es erschienen aber nur wenige Burger Landsturmmänner bei ihren Kompanien. Sie wollten nicht mehr „mitmachen“, seshalb sollten die Bestrafungen noch verschärft werden. (127)
(121) LHA Magdeburg, Rep. A 9b VIII Nr. 18 (122) Wild, a. a. O., HKJ S. 52 (123) Wild, a. a. O.; JLL S. 2 (124) ebenda (125) ebenda (126) W. O. Riecke: Chronik Priester-Cracau, Magdeburg 1932, S. 37 (127) Wild, a. a. O. JLL S. 3
Ein erneuter Ausfall der Franzosen aus Magdeburg in Richtung Pechau, Gübs und Wolmirstedt erfolgte am 16. Dezember 1813. das Burger Bataillon rückte wieder aus, dagegen blieben viele Bewohner der Gemeinden diesmal zu Hause. Die Burger Landsturminfanterie kam direkt zum Einsatz, wobei sich besonders der Criminalrath Stephani und der Tierarzt Blume auszeichneten. Der Biederitzer Landsturm stürmte – unter Befehl des Leutnants Moldrecht, einem früheren Unteroffizier – das Dorf Gübs und warf den Feind zurück. Bei diesem Gefecht fiel der Landsturmunteroffizier Schröder aus Gübs; (128) zwei Gübser Bauern erhielten das Eiserne Kreuz, (129) eine für Landsturmmänner ganz seltene Auszeichnung. (130) Am 21. Dezember 1813 findet ein erneuter Schriftwechsel über die Bestrafung von Landwehrmännern statt. Der Elb – Landsturm in der Altmark wurde am 21. Dezember 1813 gebildet und „diese neu errichteten Truppenteile“ sogleich vor Magdeburg gebracht. (131) Am 4. Januar fielen die Franzosen erneut in Richtung Hundisburg aus. Dabei wurden sie vom Neu – Haldensleber (Elb)- Landsturm angegriffen. (132) Auch gegen Biederitz führten die Franzosen einen Angriff. Am Biederitzer Busch wurden sie vom pommerschen Landwehrbataillon angegriffen; wieder war der Biederitzer Landsturm unter Führung von Kantor Neubauer mit im Einsatz. (133) „Sie haben den ganzen Tag ritterlich gefochten“, lautet die Eintragung im Kirchenbuch. (134) Dies waren die letzten Kämpfe des Landsturmes im Gebiet zwischen Elbe und Havel.
(129) lt. Urkunde vom 10.3.1813 (Gesetz –Sammlung 1813 Nr. 7) sollte das Eiserne Kreuz nur als Auszeichnung im Kriege 1813 verliehen werden. (130) Laumann, a. a. O. S. 269 (131) H. Beholz: Vom Elb – Landsturm im Jahre 1813, Monatsblatt 1926, Magdeburg, Nr. 36, S. 281; weiterhin Akten im LHA Magdeburg, C 1a I Nr. 54 (132) Nach den Lebenserinnerungen des J. G. Nathusius (133) Laumann, a. a. O. S. 269 (134) Kirchenbuch 1813 des Pfarrarchives Biederitz
Am 24. mai 1814 wurde die Festung Magdeburg übergeben; am Einzug der siegreichen Truppen nahmen auch Landsturmeinheiten teil. Die Divisionäre wurden dann Ende Mai 1814 ihrer Posten enthoben, sodaß der Landsturm endgültig aufgelöst war. Seit dem 3. September 1814 erfolgte die Neueinrichtung des Landsturmes als Bestandteil des preußischen Militärstaates, womit aber die revolutionären Traditionen des Landsturmes vom März bis April 1813 endgültig eingeschränkt waren. Bei den „Friedensfest – Feierlichkeiten“ am 13. Januar 1816 in den Dörfern Schartau und Niegripp wurde folgender Text auf die Fahnen des Landsturmes geschrieben:
„ Mit Gott, für König und Vaterland. Heil Friedrich Wilhelm dem Einzigen, dem Retter des Vaterlandes.“ (135)
Auch daraus ist zu entnehmen, daß sich jetzt der König, als der Sieger und Befreier vom Volke feiern ließ und daß das Volk um seine erkämpften Erfolge betrogen wurde. Am 4. Juli 1816 wurde eine Totenfeier für die gefallenen Helden des Befreiungskrieges gehalten und somit das Totenfest bzw. der Totensonntag alljährlich festgelegt. (136) Ein anderes Fest, das auf diese Zeit zurückgreift, ist in unserem gebiet das zu Pfingsten in Gommern durchgeführte Kinderfest. Meyer (137) schrieb darüber: „Unmittelbar nach den Befreiungskriegen 1813 – 15 haben hier unter den Schulknaben von 9 – 14 Jahren zu den später ausgebildeten, jährlich zu Pfingsten sich wiederholenden Aufzügen stattgefunden. Die betreffenden Schulknaben fanden sich an schulfreien Nachmittagen in den Fuchsbergen zusammen, um Parteienspiele „Preußen und Franzosen“ aufzuführen. Es wurden die größten, beherztesten als Führer gewählt, und die Parteien so aufgestellt, (die Franzosen an Zahl und Größe geringer) (138) daß
(135) Original der Fahne aus Niegripp im Schul – und Heimatmuseum Burg. Die Fahne (98x105 cm) ist einseitig auf Seidenrips (beige) mit Goldschrift gezeichnet. Der preußische Adler schwarz mit goldener Krone, Czepter und ? (beschädigt) steht auf grün –schwarzen Zweigen. (136) Meyer, a. a. O. S. 169 (137) ebenda S. 68 (138) das tatsächliche Verhältnis betrug 45 000 Franzosen gegen 20 000 Preußen und Russen.
Diese beim Zusammentreffen den Preußen unterlagen. Bei diesen Aufführungen kam es öfters zu solchen Überschreitungen und Tätlichkeiten, daß die Eltern schließlich ein solches Spiel untersagten.“ Diese Spiele zeigten die wahre Stimmung unter der Bevölkerung, in denen die siegreichen Befreiungskriege 1813 nachklangen. Das Verbot des Spieles ist nicht auf die Eltern zurückzuführen, sondern auf das bestreben der Lehrer, die dieses Fest zum „Kaiserfest“ nach 1871 umgestaltet haben, bzw. ein Kinderschützenfest daraus entwickelten.
Die historische Bedeutung der Befreiungskriege fasste Friedrich Engels 1840 dahingehend zusammen, „Daß wir und über den Verlust der nationalen Heiligtümer besannen, daß wir uns bewaffneten, ohne die allergnädigste Erlaubnis der Fürsten abzuwarten, ja, die Machthaber zwangen, an unsere Spitze zu treten, kurz, daß wir einen Augenblick als Quelle der Staatsmacht, als souveränes Volk auftraten, das war der höchste gewinn jener Jahre.“
ENDE
Wer hat Bildmaterial speziell zum Landsturm, nicht zur Elb-Landwehr ???
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zu #5 Sind ja interessante Vorgänge die du da schilderst. In den meisten Gebieten ist der Landsturm nach meiner Kenntnis überhaupt nicht aufgeboten worden.
Gemäß Verordnung des Landsturmes vom 21.04.1813 sollte der Landsturm nicht uniformiert werden. Am 17.07. wurde die Verordnung modifiziert und der Landsturm sollte eine Reserve der Landwehr bilden. Wenn er aufgeboten wird, soll er mit Landwehr oder Linie zusammenwirken. Ob es zu späterer Zeit einheitliche Bekleidung gab, können sicherlich die Spezialisten für diese Truppe beantworten.
Hallo, ich habe lediglich die alte unveröffentlichte Arbeit hier reingestellt, um eventuell noch weitere Hinweise zu erhalten. Zur Illustration fehlen mir allerdings passende Bilder der nichtuniformierten Volksbewaffnung.
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