Ich will mal eine Zusammenfassung zur Bebauung des Neuen Marktes auf der Westseite (zum Breiten Weg) wagen:
Diese Seite blieb bis etwa zur Mitte des 18. Jahrhunderts unbebaut und gestattete einen freien Blick auf das alte Sudenburger Tor in Höhe der späteren Oranienstr. (heutige Danzstr.). Zuerst entstand freistehend die Stiftskirche St. Nicolai (später Zeughaus, nach WK I Möbellager und von 1938 bis 1945 "Stahlhelm"-Bundesmuseum und Armee-Gedächtnisstätte). Mit Abstand daneben entstand mit einem großen Hof die Domprobstei. Die Hauptfront der Domprobstei war nach dem Breiten Weg gerichtet. Sie wurde 1706 abgerissen und der Platz u. a. zur Anlage der "Neuen Straße" genutzt. Diese wurde wieder später zur "Breiten Straße". Der Haupteingang der 1714 direkt neben der Nicolaikirche neu errichteten Domprobstei lag dann, mit der Hausnummer 10 am Domplatz. Die neue Domprobstei wurde auch unter dem Namen Prinz-Louis-Ferdinand-Palais bekannt, da der in Magdeburg beliebte preußische Prinz ab 1802 Domprobst in Magdeburg war (1806 gefallen). In das neue Domprobsteigebäude wurde in der französischen Besatzungszeit das Garnisonslazarett verlegt, das seit 1722 auf Anordnung des Gouverneurs in der ausgebauten Kirchenruine des Magdalenenklosters, nahe dem Petriförder, untergebracht war. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde es erheblich umgestaltet und beherbergte längere Zeit auch das Kanalbauamt für den Mittellandkanal. Der Eingang war in die Breite Straße verlegt. Bis 1966 existierte noch ein kleiner Gebäuderest und fungierte als Baubude. Zwischen der Breiten Straße und der Domstraße wurde 1707 ein Zeughaus errichtet (Domplatz 11). Dieses brannte 1812 in der "Franzosenzeit" ab und die Fläche wurde zum Bau einer Artillerie-Kaserne genutzt. Von 1884 bis 1890 war hier das Train-Batl. Nr. 4 untergebracht. Nach Räumung der Kaserne durch das Militär gab es dort ab 1903 Einrichtugen der Reichspost. Ein 1928 geplantes Hochhaus für ein neues Postscheckamt kam nicht zur Ausführung.
Hugo
hat folgende Bilder an diesen Beitrag angehängt
Alte Magdeburger Kasernen Die kasernierte Unterbringung von Soldaten war keine naturgegebene Lösung, sondern sie entwi-ckelte sich aus Erfordernissen, die ein modernes Heer entwickelte. Dazu gehörten neben der mili-tärischen Ordnung und Disziplin sowie deren Überwachung und Kontrolle, vor allem auch hygieni-sche und sanitäre Anforderungen. Ohne diese war eine sichere Einsatzbereitschaft der Truppentei-le nicht gewährleistet. Da sich das für das heutige Verständnis so selbst Verständige erst über lange Zeiträume entwickeln musste, lohnt sich ein Blick auf das preußische Erbe der Garnison Magdeburg zu Beginn des Deutschen Kaiserreiches im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts. Dass damit zugleich auch ein Blick auf den nicht militärischen Bereich einer bedeutenden Garnisonsstadt wie Magde-burg eröffnet wird, wirkt vielleicht irgendwelchen romantisierenden Vorstellungen entgegen und verhindert heroisierende Betrachtungen der Realität. Ich greife hiermit ein Thema auf, das mit der „Kasernen-Tradition“ des Domplatzes im Zusammen-hang steht und beziehe mich ganz speziell auf die Artillerie-Kaserne des Magdeburgischen Feld-Artillerie-Regiments Nr. 4 (Corps-Artillerie), 3. Feldabteilung, nach Ab-schluss des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71. Die Artilleriekaserne dient gleichermaßen der Unterbringung der Mannschaften der Feld-Artillerie wie der Fuß-Artillerie. Diese lag vor der Stadterweiterung am südlichen Ende der Stadt östlich am Breiten Weg vor dem Sudenburger Tor (siehe Lageplan in # 12). Es ist innerhalb der Altstadt der topografisch höchste Punkt mit +12,4 m über dem damaligen Nullpunkt des Elbpegels. Im Wesentli-chen steht der Gebäudekomplex nach drei Seiten frei. Die Bodenbeschaffenheit ist durch eine geringe Lehmschicht über etwa 7 m Kies charakterisiert. Darunter befindet sich mit Abfälligkeit gegen Norden Rotliegendes. Der Grundwasserspiegel liegt bei etwa 9 m unter dem Oberflächenniveau. Die Entfernung zur Elbe beträgt nur wenige hundert Schritte. Das hufeisenförmig nach Süden offene Gebäude der Artilleriekaserne besteht aus dem Erdgeschoss und drei darüberliegenden Stockwerken. Im Erdgeschoss des westlichen und des öst-lichen Flügels befinden sich Pferdeställe. Die Wohn- und Schlafräume der Mannschaften sind nicht getrennt. Sie liegen jeweils an den Korri-doren gegenüber. In dem südlich der Kaserne gelegenen Gebäude befindet sich die Latrine. An sie schließt sich die Düngergrube an, an deren nördlichen Ende (im Hof) eine Jauchepumpe installiert ist. Mit deren Hilfe wird im Abstand von 20 bis 30 Tagen der flüssige Anteil abgepumpt und in Tonnen zur Elbe abtransportiert. Die festen Bestandteile der menschlichen Exkremente werden gemein-sam mit dem Pferdemist und den Haushaltungsabfällen abgefahren, sobald die Grube gefüllt ist. Ein Anschluss an das Kanalsystem der Stadt besteht für die Artilleriekaserne nicht. Das ist inso-fern verwunderlich, als schon am 20. 10. 1808 im Protokoll des Rates vermerkt wurde, dass ... Von Seiten des Herrn Gouverneurs [ist] häufig darüber Beschwerde geführt worden, daß dem neben der Domdechaney vorbey nach dem Fürstenwall zugehende Gassenkanal welcher am breiten Wege anfängt, einen die Luft verpestenden Gestank verbreitet, die bisherigen Versuche, diesem Uebel abzuhelfen, sind fruchtlos gewesen; es sollen daher nunmehr zwey oder drey Kunstpfähle am neuen Markt und am breiten Weg das Wasser in den Kanal geleiten, in demsel-ben durch anzulegende Schütze aufgefangen und durch öftere Aufziehung der letzteren in einem starken Strohme durch den Kanal geführt und dieser von dem Schlamm gereinigt werden. Zur Gewinnung der hierzu erforderlichen Quantität Wassers soll die Wasserkunst am neuen Markte in Zukunft sechszehn Stunden lang treiben... (Stadtarchiv Magdeburg, Rep. A II, W 1a Bd. 1 Bl. 28). Also muss die Stadt dem Übel abhelfen, dem Militär ist diese Last nicht zuzumuten. Die Wasserversorgung der Kaserne ist folgendermaßen organisiert (eine zentrale Trinkwasser-versorgung besteht bereits seit mehr als 70 Jahren). Auf dem Hof der Kaserne befinden sich etwa in der Mitte der beiden Flügel je ein Brunnen an der Wand zu den Pferdeställen. Diese sind etwa 11 m tief und haben einen Wasserstand von ca. 2,75 m. Das Wasser enthält alle mög-lichen Beimengungen, unter anderem auch Ammoniak und Nitrate. Es ist weißlich-trüb und wird aus diesem Grund nur zum Waschen und Spülen benutzt. Für das Tränken der Pferde be-nutzt man den auf dem Hof befindlichen Anschluss an das städtische Trinkwassernetz. Zur Trinkwasserversorgung der Kaserne verwendet man Wasser aus dem Brunnen des benachbarten Lazaretts sowie von Straßenbrunnen auf dem Breiten Weg.
Ich hoffe zu weiteren Alt-Preußischen Kasernen in Magdeburg auch noch einige Details zusammenzutragen.