Erinnerung Ernst-Joachim Hemmerichs an seine HJ-Zeit in Gerwisch
aufgeschrieben von Helmut Menzel
„Es war damals selbstverständlich, dass sich die Jungs des Ortes in der Hitlerjugend organisierten, denn schließlich wurde uns bei der HJ eine Menge geboten. Vor allem machten uns die Sportveranstaltungen großen Spaß. Damals haben wir nicht über die ideologische Beeinflussung der Nationalsozialisten nachgedacht. Auch meine Eltern meinten, die HJ mache aus mir einen richtigen Kerl. Ich wurde bei der HJ in Gerwisch Jungschaftsführer und war auf meine rot-weiße Schnur auf der Bluse sehr stolz. Jungzugführer wurde ich anschließend, bis ich dann im Frühjahr 1944 zur Flak eingezogen wurde. Der HJ-Stamm traf sich immer auf unserem Sportplatz. Hier spielten wir Fußball und führten andere Ertüchtigungen durch.
Quelle: Zeitzeugengespräch mit Ernst-Joachim Hemmerich, Gerwisch, Breiter Weg 19, 27.8.2008, Aufzeichnung von Helmut Menzel.
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Zeit der sowjetischen Besetzung von Gerwisch und der NKWD-Verschleppungen, aus der Sicht von Herrn Hemmerich
Aufzeichnung von Helmut Menzel
„Ich war ab August 1944 zum RAD eingezogen, bei Braunschweig zum Flugplatzbau. Von dort ging es an die Westfront. Im Frühjahr 1945 setzte ich mich mit einem Kameraden von der Front ab, nachdem bereits unsere Kommandeure die Einheit verlassen hatten. Bei Hagenow in Mecklenburg geriet ich in britische Gefangenschaft. Dort wurde auf einer Weide das Gefangenenlager eingezäunt. Von dort aus durchlebte ich weitere Lager in Norddeutschland. Im Juli 1945 befreite ich mich schließlich selbst aus der Gefangenschaft. Da ich aber ohne Entlassungspapiere nicht nach Gerwisch heimkehren konnte, bin ich zu meinem Onkel in Hannover gegangen. Die Russen hatten ja bereits das ganze Gebiet, auch westlich der Elbe, besetzt. In Hannover bekam ich vom Bürgermeister neue Papiere und im September 1945 konnte ich endlich nach Gerwisch, zu meinen Eltern zurück. Was war dort inzwischen geschehen? Anfang Mai 1945, so erfuhr ich, erreichte die Rote Armee die Elbe bei Lostau und Hohenwarthe. Russische Einheiten richteten sich auch in Gerwisch ein. Das sollen ziemlich zerlumpte Kerle gewesen sein, mit Pferd und Wagen. Im Ort waren aber nur wenige Russen. Die meisten hausten die erste Zeit in den Erdbunkern und Unterständen der MUNA, nordwestlich von Gerwisch. Sie hielten dort auch jede Menge Vieh, was sie mitgeschleppt oder konfisziert hatten. In Gerwisch soll es auch Plünderungen und Vergewaltigungen gegeben haben. Mein Vater, als selbständiger Handwerker, war, als ich heimkehrte, nicht zu Hause. Die Russen hatten ihn inzwischen verschleppt. Das kam so: Eines Tages wurden alle Männer des Ortes zum provisorischen Bürgermeister bestellt. Da sind fast alle hingegangen, denn es ging, wie sonst auch, um Arbeitseinsätze in und um den Ort. Doch diesmal wurde eine Kolonne zusammengestellt und unter Bewachung marschierte sie ab, immer weiter und weiter, tagelang, ohne zu wissen wo hin. Schließlich erreichte sie Brandenburg. Dort blieb mein Vater fast ein halbes Jahr in einem NKWD- Lager. Er hatte aber noch Glück, als er völlig geschwächt, wieder entlassen wurde. Viele Lagerinsassen starben dort in der Zeit seines Aufenthaltes.“
Quelle: Zeitzeugengespräch mit Ernst-Joachim Hemmerich, Gerwisch, Breiter Weg 19, am 27. 8. 2008, Aufzeichnung von Helmut Menzel.
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