Ernst-Joachim Hemmerich erinnert sich an die große Flakstellung zwischen Gerwisch und Woltersdorf und den Einsatz während eines Luftangriffes auf Magdeburg im Januar 1944
Aufzeichnung von Helmut Menzel
Als 16jähriger wurde Ernst-Joachim Hemmerich ab März 1944 als Luftwaffenhelfer in der Flakbatterie Olvenstedt eingesetzt. Von seinem Heimatort Gerwisch aus hatte er die Flakbatterie Woltersdorf bis zu seiner Einberufung als Luftwaffenhelfer in Aktion erlebt. „Das Jahr 1943 verlief relativ ruhig. Das nahe Magdeburg war in diesem Jahr nie Ziel der alliierten Bomberverbände. Das änderte sich erst Anfang des Jahres 1944, denn im Januar wurde Magdeburg in der Nacht schwer angegriffen. Über Gerwisch dröhnten in der Nacht viermotorige Bomber. Leuchtbomben schwebten über der Elbaue hernieder und zahlreiche Detonationen erschütterten die Landschaft und unser Dorf. Gerwisch wurde zum Glück nicht getroffen. Erst später erfuhr ich, dass der Luftschlag auf Magdeburg misslungen war, da der einsetzende starke Wind, in dieser Nacht, die Leuchtmarkierungen über die Elbe abgetrieben hatte und die Bomberverbände durch deutsche Nachtjäger in große Unordnung gebracht wurden. Deshalb trafen sie sehr verspätet über Magdeburg ein. Der Abwurf der Bombenladungen richtete sich ja nach den Leuchtmarkierungen in der Nacht, die nun über unserem Gebiet östlich der Elbe schwebten. Betroffen waren aber mehr die Orte und Gebiete Cracau, Prester usw. Wir hatten also noch einmal Glück gehabt. Die Batterie Woltersdorf mit den schweren 8,8 cm und 10,5 cm Flakgeschützen, sowie die Eisenbahnflak mit den 10,5ern und 12,8ern, auf dem Gleis zwischen Biederitz und Gerwisch, schossen aus allen Rohren in die britischen Bomberpulks. Die Leuchtspurgeschosse waren von unserem Grundsück am Nachthimmel gut zu erkennen. Eigentlich war es gefährlich und verboten, bei Luftalarm den Keller zu verlassen. Doch als wir merkten, dass unsere Gegend nicht direkt mit Bomben belegt wurde, wagten wir es doch. Heimlich beobachteten wir von unserem Hof, Breiter Weg 19, dieses schaurige Schauspiel mit fieberhafter Spannung, galt es doch den Feind möglichst großen Schaden zuzufügen. Suchscheinwerfer erfassten einzelne Flugzeuge. Ob welche wirklich getroffen wurden, das konnte ich aber nicht erkennen. Auch Tage später war von niemand in Gerwisch näheres über den Nachtangriff zu erfahren. Flakhelfer wollte auch ich werden und insgeheim wünschte ich mir, in der Woltersdorfer Batterie meinen eigenen Beitrag zur Bekämpfung der Luftgangster zu leisten. Doch es kam alles anders. Im März 1944 landete ich in der Flakbatterie Olvenstedt, unter Batteriechef Hauptmann Beyer und Leutnant Tölkemit, am Entfernungsmessgerät. Die meiste Zeit wurden wir mit allerhand Unsinn gedrillt. Doch das ist ein anderes Kapitel. Die Gerwisch- Woltersdorfer Flak lag auf einer leichten Anhöhe an der Straße, dicht bei Woltersdorf. Es war eine besonders schwere Batterie mit insgesamt 12 Geschützen. Separat lag deren Scheinwerferstellung, hinter Gerwisch, links, relativ weit von der eigentlichen Batterie entfernt. Als Pimpf bin ich mit Kameraden öfters dort gewesen und sah Frauen (Flakhelferinnen) bei den verhüllten Geräten, denn am Tage wurden sie ja nicht gebraucht. Am Ortsausgang Gerwisch, dicht beim Chausseehaus, befand sich auch eine schwere Winde mit einem einzelnen Ballon.“ (Anmerkung des Autors: Der Ballon kann aber kein Sperrballon gewesen sein, denn die hatten wichtige Industrieobjekte gegen Tiefflieger zu schützen. Mehrere Sperrballons wurden hierfür mit Netzen verbunden. Ein einzelner Ballon, vom gleichen Typ, hatte hier wohl die Aufgabe eines Luftraumbeobachters für die nahe Batterie Woltersdorf. In diesem Falle hatte der Ballon unter sich einen Korb für den Luftbeobachter. Bei Erkennung von Anfluggeräuschen feindlicher Verbände holte man den Ballon mit der Winde wieder herunter. Der Beobachter stand mit der Batterie ständig in Verbindung). „Die Eisenbahnflak pendelte gelegentlich zwischen Gerwisch und Biederitz oder von der Gleisspinne Biederitz nach Königsborn, aber auch auf der so genannten Kanonenbahnstrecke, zwischen Biederitz und Magdeburg- Friedrichstadt.“
Quelle: Zeitzeugengespräch mit Ernst-Joachim Hemmerich, Gerwisch, Breiter Weg 19, am 27.8.2008, aufgenommen von Helmut Menzel.
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Am 9. 2.1945 fielen Bomben auf die MUNA und Gerwisch Aus der Erinnerung von Gerlinde Brunnhübner aus Gerwisch
Neubearbeitung von Helmut Menzel
Auch für die damals 19jährige Gerlinde Brunnhübner (Jahrgang 1926) war der 9. Februar 1945 ein Tag, den sie nie vergessen wird und kann. Sie war zu dieser Zeit Lehrling im Kieswerk Gerwisch und hatte drei Tage später Geburtstag. „Es war um die Mittagzeit zwischen 11.00 und 12.00 Uhr. Alle brachten sich unter einem gerade neu gebauten Kiessilo in Sicherheit. Dann hörten wir wie es in der Luft pfiff. In der (heutigen) August- Bebel- Straße standen zwei Gemeindehäuser. Wir sahen nur noch eine Staubwolke. Die Häuser waren vollkommen zerstört. Sekunden später hörten wir das Krachen in der Siedlung und Sandfontänen (sahen wir aufsteigen). Ich habe mich natürlich furchtbar erschrocken. Mein Gott, das fällt ja alles in die Siedlung, stellte ich entsetzt fest – wohnten wir doch selbst dort. Als die Flugzeuge fort waren, rannte ich schnell nach Hause. Unser Haus stand noch. Dafür war ein Blindgänger beim Haus eingeschlagen. An diesem Tag wurden viele Familien ausgerottet. Meine Mutter war Luftschutzhelferin. Sie eilte zu den Stellen der Bombentreffer. Es war schlimm, was man dort sehen musste. Auf dem Dach der einen Baracke lag ein Säugling. Er war tot. An die (getroffenen) Splitterschutzgräben wurde die Bevölkerung nicht mehr heran gelassen. Die im Betonwerk untergebrachten englischen Kriegsgefangenen mussten die Leichen ausgraben… Einige der Verletzten wurden in der Gaststätte der Siedlung untergebracht. Andere brachte man in einen Raum der Konservenfabrik. Wir selbst mussten auch für einige Tage unsere Wohnung verlassen. Die Blindgänger mussten erst entschärft werden. Mein Geburtstag, drei Tage später, war natürlich kein Geburtstag mehr. Wenige Tage später wurde die Trauerfeier abgehalten und die Toten beerdigt. Das war für das ganze Dorf tragisch. Keiner wollte verstehen, dass es ein so kleines Dorf so hart treffen musste. Wenn ich heute in die Kirche gehe und auf die Tafel schaue, dann sehe ich einige Opfer nie wieder vor mir. Wie das Schicksal es so will, genau zehn Jahre später, wurde meine Tochter geboren. Deshalb ruft sie bei mir, jedes Jahr, den Tag des Bombardements erneut in Erinnerung.“
Bombardierung der MUNA bei Gerwisch am 9. Februar 1945
Auswertung einer Aufnahme von der Bombardierung von Helmut Menzel
In den Mittagstunden des 9. Februar 1945 überflogen B-24 Maschinen einer Bombergroup der 8. US Air Force das Industriegebiet Rothensee und die Elbe in Richtung Osten, mit dem Ziel, die MUNA- Gerwisch zu zerstören. An diesem Tage hatte ein weiterer Verband auch andere Industrieziele Magdeburgs bombardiert. Gut zu erkennen ist eine Bombentraube, die gerade ausgeklinkt worden war und nach unten rauschte, mit einem fürchterlichen Pfeifton. Unten sind verspätete Nebelfahnen zu erkennen, denn dort befanden sich an der Elbe, im Bereich der Alten Lostauer Elbe, Nebelfässer. Es sind auch die Nebelfahnen auf dem Elbdeich, zwischen Lostau und Gerwisch, nördlich der MUNA erkennbar. Ob die Flak des Weinberges zwischen den Bomberpulk feuerte, ist auf dem Bild nicht zu erkennen. Rauch ist auch am nördlichen Ortseingang und westlich von Lostau zu sehen. Die MUNA selbst hatte in diesen Sekunden noch keinen Treffer. Dafür stieg Rauch von Detonationen aus der Gerwischer Siedlung empor. Mehrere Detonations- und Brandwolken standen nördlich von Gerwisch, an der Straßenkreuzung nach Körbelitz und am nördlichen Ortsrand von Gerwisch. Im Bereich des Elblaufes ist das Industriegebiet Rothensee dick eingenebelt. Die Tatsache, dass an diesem Tage auch die Nebelfässer im Raum Gerwisch geöffnet wurden, um die MUNA zu tarnen, beweist, dass es sich keineswegs um Notabwürfe oder Zufallstreffer der Siedlung Gerwisch handelte. Das die nahe Siedlung getroffen wurde, war Zufall. Die Amerikaner hatten hatten speziell die MUNA im Visier, wie später auch die Derbener MUNA. Schon Monate zuvor machten Aufklärer genaue Luftaufnahmen von diesem Gebiet und dem Munitionslager, auch wenn dieses nicht mehr so intensiv genutzt wurde, wie im ersten Weltkrieg. Sie wussten, was sich unten in den Erdbunkern verbergen würde. Dass die MUNA selbst kaum getroffen wurde kann als Zufall angesehen werden.
Quelle: Fliegeraufnahme vom 9. 2. 1945, US Air Force, Nationalarchiv Washington.
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Bomben über Gerwisch - Aus der Erinnerung von Hildegard Schaaf –
Aufgenommen von Helmut Menzel
„Ich war damals 25 Jahre alt, Jahrgang 1920. Wir hatten uns in jenen Tagen Erdlöcher gegraben. Für Bombenangriffe waren diese Löcher nicht sicher genug. Aber vor einem Artilleriefeuer konnten wir uns schützen. Die Flieger kamen am bewussten Tag aus Richtung Magdeburg- Rothensee heran geflogen. Neben unserer Baracke gähnten in unserem Garten, nach dem Angriff, große Bombentrichter. In unserem Haus waren sämtliche Fenster und Wände heraus gefallen. Dann hörten wir auch, dass im Splittergraben viele Leute getroffen worden sind. Der Anblick war grauenvoll. Wir holten unsere Spaten und wollten helfen, Verletzte und Verwundete zu befreien. Wir durften aber nicht. Meine Familie hatte zum Glück keine Toten zu beklagen.“
- Familien konnten nicht mehr identifiziert werden – Aus dem Kirchenbuch der Gemeinde Gerwisch
Neubearbeitung von Helmut Menzel
Erstaunlicherweise handelt es sich um zwei Einträge zum gleichen Ereignis. Zwischen beiden liegen Monate und vor allem das Ende des Krieges. Um sich nicht bei den Nationalsozialisten in Gefahr zu bringen, richtete sich erst die Nachkriegseintragung deutlich gegen das Hitler- Regime.
Erste Eintragung wenige Tage nach dem Bombardements:
„Am folgenden Tag (10.2.1945) ging ich nach Gerwisch und sah die meisten Leichen der Getöteten. Sie lagen auf dem Sportplatz und waren blutbefleckt und entstellt. Am Mittag, am 12. Februar, war die feierliche Beisetzung. Die Särge waren mit Hakenkreuztüchern belegt. In der Mitte stand das Rednerpult. Ihm gegenüber hatten die Angehörigen Platz genommen. Ringsrum hatten Gerwischer Aufstellung genommen. Der Kreisredner sagte, dass die Opfer uns unvergessen bleiben sollen. Der Ortsgruppenleiter Wolf las die Namen der Getöteten vor. Der BDM deklamierte (Trauerlieder). Dann wurden die Särge auf von Bauern zur Verfügung gestellte Gummiwagen geladen und ein langer Zug von Trauernden setzte sich zum Friedhof in Bewegung. Ich ging hinter einem Wagen im Talar her. In der Nähe der Kirche sah ich Pastor Schultz und einen katholischen Pfarrer. Ich gesellte mich zu ihnen. Auf dem Friedhof war ein großes Grab für alle Särge geschaufelt worden. Pfarrer Schultz hielt die Gedenkrede. Ich schloss mich ihm an und ebenso der katholische Geistliche. Die meisten der Opfer, ungefähr 75, wurden auf dem Friedhof in Gerwisch beigesetzt. Weitere in Gommern und Magdeburg. Mehrere Verletzte verstarben im Burger Krankenhaus und wurden dort beerdigt.“
Nachtrag von Pfarrer Schultz:
„der Tod hat reiche Ernte gehalten und das kurz vor dem Zusammenbruch. Über 70 Personen sind umgekommen. Einige konnten nicht identifiziert oder aufgefunden werden. So zum Beispiel die Familie Skipp, Mitglieder der Frauenhilfe und frühere gute Konfirmanden von mir. 56 Särge wurden in ein Massengrab eingesenkt. Während die Feier auf dem Sportplatz von der Partei theatralisch aufgezogen worden war, ließ man der Kirche auf dem Friedhof den Vortritt. Außerdem sind sechs aus Richtung Barleben durch Artilleriebeschuss über die Elbe hinweg getötete Einwohner zu beklagen.“ Anmerkung des Autors: Die sechs Toten in Gerwisch, durch Artilleriefeuer, starben um dem 13./14. April 1945 oder danach, als die Amerikaner ab dem 13. April in Barleben standen.
Sollte Munitionsdepot getroffen werden?
Im Kirchenbuch von Gerwisch fand sich auch diese Eintragung: „Am 9. Februar 1945 griffen englische (es waren amerikanische) Flieger die Siedlung von Gerwisch an, wohl um das daneben liegende (Munitionsdepot) Depot zu treffen. Drei Bomben fielen in einen Splittergraben, in dem viele der Siedlungsbewohner Zuflucht gesucht hatten. Andere Bomben fielen auf oder neben Gebäude.“
Hildegard Beckmanns Erinnerung an den Luftangriff auf die MUNA und Gerwisch am 9. Februar 1945
neu bearbeitet von Helmut Menzel
Hilde Beckmann, Jahrgang 1922, damals 23 Jahre alt, erinnerte sich noch sehr gut an den schneefreien, aber kalten Wintertag. Sie war am 9. Februar 1945 Zugführerin des Roten Kreuzes in Gerwisch. „Gegen Mittag gab es Fliegeralarm. Eigentlich ungewöhnlich, weil wir ihn für die Abendstunden gewöhnt waren. Es kamen Flieger, die einen direkten Angriff auf Gerwisch flogen. Das wunderte uns, da Magdeburg bereits am 16. Januar schwer bombardiert worden war. Im Nachhinein stellte sich heraus, das die englischen Flieger wohl alte Karten aus dem Jahre 1914 von Gerwisch benutzt haben müssen. In diesen Karten war das Munitionsdepot MUNA eingezeichnet. Schon immer gab es bei Gerwisch ein derartiges Lager. Im Ersten Weltkrieg wurden hier Munitionskörbe hergestellt und Granaten gefüllt.“ Anmerkung des Autors: Es bombardierten am 9. Februar 1945 nicht die Briten (Royal Air Force), sondern die 8. US Air Force Gerwisch. Prinzipiell flogen die Amerikaner am Tage und die Briten in den Nächten. Während die Briten ausschließlich die Innenstädte als Ziel hatten, bombardierten die Amerikaner alle Industriegebiete, Verkehrsknotenpunkte und Munitionsdepots, so z.B. das große Depot in Magdeburg-Stadtmarsch, Panzerzeugamt Königsborn, die MUNA Derben an der Elbe, Krupp in Magdeburg –Buckau, Junkers in Magdeburg- Neustadt und vor allem die BRABAG in Magdeburg- Rothensee. Die Amerikaner wussten natürlich über alles in und um Magdeburg bescheid. Luftaufklärungsfotos der Amerikaner belegen dies. Sie hatten auch die MUNA Gerwich zuvor gezielt fotografiert und auch während des Angriffs. Weiter Frau Beckmann: „Bereits 1918 bekam Gerwisch Flüchtlinge aus Posen / Westpreußen. Es waren Eisenbahner, die von der Eisenbahn hier angesiedelt wurden und in Magdeburg arbeiteten. Die Bahn erwarb ein Teil des MUNA-Geländes und baute Baracken mit 3 ½ - Zimmerwohnungen, aber ohne Unterkellerung. Zum Schutz der Bewohner wurden im Zweiten Weltkrieg, im Bereich der Wohnbaracken, überbaute Splittergräben errichtet. Wie bei jedem Fliegeralarm, suchten die Menschen auch an diesem 9, Februar die Splitterschutzgräben auf. Bei der nachfolgenden Bombardierung erhielten zwei Splittergräben zwei Volltreffer. Daher auch die vielen Toten und Verletzten (80 Tote). Ein unterkellertes 6- Familienhaus wurde völlig zerstört. Eine Familie mit sechs Kindern kam hier ums Leben. Sie hatten in ihrem Keller Zuflucht gesucht. Nach der Entwarnung ging ich schließlich in die Siedlung, dort hatten zwei Krankenschwestern mit der Versorgung der Verletzten begonnen. Die Schwerverletzten kamen nach Burg ins Krankenhaus. Leichter Verletzte behielten wir hier im Ort, die teilweise von Verwandten aufgenommen wurden. Für Diejenigen, die keine Bleibe mehr hatten, wurde eine Notunterkunft eingerichtet. Zwei Räume in der ehemaligen Haushaltsschule konnten zur Verfügung gestellt werden. Am Abend hatten alle zumindest eine warme Unterkunft. Wir Rot-Kreuz- Helferinnen übernahmen die Wache. Doch am Abend gab es noch einmal Fliegeralarm. Alle gingen ängstlich in die Keller oder Splitterschutzgräben. Auch wir Helferinnen hatten natürlich Angst. Wir wollten und durften sie nur nicht zeigen.“
Quelle: Erika Rißling, Volksstimme- Burger Rundschau, 4.2.1995 in „Ausgehobene Splittergräben sollten uns eigentlich schützen“
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Luftangriff auf die MUNA bei Gerwisch am 9. Februar 1945; aus der Erinnerung von Herrn Hemmerich
Aufzeichnung von Helmut Menzel
„Ich war bereits am 9. Februar 1945 beim RAD (Reichsarbeitsdienst) und zum Fronteinsatz eingezogen and deshalb an diesem Tage nicht mehr in meinem Heimatort Gerwisch. Meine Eltern berichteten mir später, als ich wieder heimgekehrt war, von einem schrecklichen Luftangriff auf die MUNA, der sich gerade an dem Tag hier abgespielt hatte. Über die MUNA hatte ich als Kind bereits viel gehört. Die MUNA, ein großes Wehrmachts- Munitionslager, das schon seit dem ersten Weltkrieg existierte, befand sich am Ortsausgang Richtung Lostau. Anfang der 40er Jahre hatten die Nazis zwischen der MUNA und Gerwisch auch noch eine ganz moderne Schweinezuchtanlage betrieben, die aber bereits vor 1945 nicht mehr dafür genutzt wurde. Im Frühjahr (9.2.1945) soll es, laut Erzählung meiner Eltern, hier 87 Tote gegeben haben, weil alliierte Bomber die MUNA bombardierten und einige Bomben die Siedlung trafen. Hinter der Bahn, in der Nähe des Bahnhofes, wurde ein überdeckter Splitterschutzgraben von mehreren Bomben gleichzeitig getroffen. Alle Menschen, die hier Schutz und Zuflucht gesucht hatten, kamen darin um. Die Siedlung bestand aus nicht unterkellerten, aber massiven Wohnbaracken und Werkstätten. Auch die Mutter meiner späteren Frau ist hier umgekommen und dann in einem Massengrab beigesetzt worden. Damals hatte man gedacht, dass die Bomber, die die Lostau und Gerwisch überflogen, Notabwürfe machten, als sie von der Flak an der Elbe beschossen wurden. Heute weiß man, dass der Angriff der MUNA galt.“
Quelle: Zeitzeugengespräch mit Ernst-Joachim Hemmerich, Gerwisch, Breiter Weg 19, am 27. 8. 2008, Aufzeichnung von Helmut Menzel.
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Aufzeichnung des Zeitzeugengesprächs mit Marianne Fehse, geb. Otte, von Helmut Menzel, 5.11.2010
„Meine Mutter und andere ältere Hohenwarther arbeiteten in der MUNA (Munitionslager) bei Gerwisch. Von Hohenwarthe aus begaben sie sich täglich zu Fuß dort hin, um in diesem Munitionslager zu arbeiten. Was sie dort genau taten, darüber hat meine Mutter zu hause nie gesprochen. Ich nehme an, dass sie dort Munition für die Fronteinsätze zusammenstellten, die dort in vielen mit Erde bedeckten Bunkern lagerte. Auch End- und Belabearbeiten von Militärtransportern wurden durchgeführt. Neben allerlei Munition lagerten dort auch Ersatzteile von Waffen und Ausrüstungsgegenstände aller Art. Dort arbeiteten auch Zerms aus Parchau. Im Februar 1945 sollen dort bei einem Luftangriff auch viele Menschen umgekommen sein. Hinten an der Elbe, wo sich heute die neue Gaststätte befindet, stand damals auch ein Baracken-Arbeitslager. Hier war zeitweilig der Reichsarbeitsdienst eingezogen.“
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