zu #15: "... habe generell nur auf Digitalisate zurückgegriffen. .." - Habe ich mir schon gedacht. Diese sind, wie du selbst schreibst, auf Grund verschiedener Aspekte problembehaftet. Ich vermeide die Verwendung weitestgehend. In einigen Einzelfällen kommt man aber nicht ohne diese aus.
Vor längerer Zeit habe ich ebenfalls mal vorgehabt eine ähnliche Aufstellung vorzunehmen. Habe das Projekt aber auf Grund kaum zu bewältigender Schwierigkeiten nicht weiter verfolgt. Es beginnt mit dem enormen Zeitaufwand bei halbwegs detaillierter Bearbeitung und endet bei der Abgrenzungsproblematik wie Ort, Zeit und Benennung sowie der oft widersprüchlichen Quellenlage für die frühere Zeit. An dieser Einschätzung hat sich bis heute auch nichts geändert.
Deine Aufstellung ist eine solide Basis, sollte aber unter dem zuvor erwähnten Aspekt weiter ergänzet werden. Dazu sind m.E. nach noch weitergehende Quellen zu erschließen. Dies bitte nicht als altkluge Besserwisserei sehen! Es dürfte auch in deinem Sinn sein eine möglichst optimale Zusammenstellung zu erzeugen.
Ich gebe mal ein Beispiel zur Verdeutlichung:
1691- Kürassier-Regiment Nr. 10- Regiment Gensdarmes: Die Eskadron Gensdarmes entstand erst mit Kapitulation vom 10. Dezember 1691 (neuer Kalender) aus der 3. deutschen Kompanie der Grands-Mousquetiers und Neuwerbungen. Im Dezember kamen erst einzelne wenige Leute zu den Werbeplätzen im Magdeburgischen und bei Halberstadt an. Den Winter 1791/92 verbrachten alle bisher Geworbenen im Raum Halberstadt. Erst mit Reskript vom 11. Dezember wurden die Behörden von Magdeburg und Halberstadt dazu angewiesen. Dass die zu den Gendarmen übertretenden Grand-Mousquetiers noch 1791 nach Magdeburg oder Halberstadt kamen, ist in keiner Quelle erwähnt und auch eher unwahrscheinlich.
1700-1708-Kürassier-Regiment Nr. 10- Regiment Gensdarmes: Das Regiment stand nachweislich nur von Mitte 1700 bis Mai 1701 in oder bei Magdeburg. Ab Juni war das komplette Regiment schon in der Kurmark disloziiert, ein geringer Teil in Berlin-Cölln. Anfang Mai 1708 erfolgte lediglich ein Durchmarsch des Regiments durch Magdeburg.
Anmerkung zu dem Fragezeichen bei 1673 Kür.Nr.3 : In den Quellen wird der Herr "Graf Louis Beauvau d`Espense" geschrieben.
lieb von Dir, dass Du Dich auf das Thema gestürzt hast. Ich habe über Jahre einzelne Schnipsel gesammelt, ohne so recht etwas zustande zu bringen und hatte die Aufgabe schon als hoffnungslos aufgegeben. Dann war die verdammte Neugierde aber doch wieder da und da habe ich halt weitergesucht. Als ich so etwa den gesamten Zeitraum abgedeckt hatte, habe ich Uff!! und drei Kreuze gemacht und das Ergebnis hier eingestellt. Für Ergänzungen , Hinweise, Korrekturen etc. bin ich stets dankbar. Zur Frage der Verwendung von Digitalisaten muss ich allerdings sagen, dass ich sie nur notgedrungen verwende, Bücher sind mir lieber. Die kann man nebeneinander legen, darin vor- und zurückblättern und damit mehrere Dimensionen erschließen. Bei der Verstreutheit der Quellen geht das aber leider nicht. Damit ist die Situation nicht viel anders, als bei Digitalisaten. Da muss man halt mit Lesezeichen und Teilkopien versuchen, diese Parallelität zu erreichen und sich dann in einer angespannten Haltung stundenlang vor den Bildschirm setzen, was bestimmt nicht die angenehmste Form des Lesens ist. Wenn aber mehrere mitmachen, kann man vielleicht doch sagen, dass geteiltes Leid halbes Leid ist! In diesem Sinne: Glück auf bei der Maulwurfsarbeit, auch um Magados Spannung etwas abzubauen.
danke für deine Antwort. Ich bin 100%ig deiner Meinung (#18). Habe mich aber bislang noch nicht auf das in Rede stehende Thema "gestürzt. Möchte hier keinen falschen Eindruck erwecken. Mein obiger Beitrag soll nur beispielhaft für weitere Möglichkeiten der Detaillierung angesehen werden. Bin zur Zeit u.a. mit dem Thema "Reichsarmee" beschäftigt, ein ebenso schwieriges Unterfangen. Komme da mangels geeigneter Quellen auch kaum voran.
Ich möchte an dieser Stelle die "Wohngegenden" der Magdeburger Militär-Bevölkerung zum Ende der Festungszeit einstellen. Es sind die Zahlen aus der Volkszählung 1890 (noch keine Unterteilung in Männer und Frauen) und der Volkszählung 1895. Man kann daraus entnehmen, dass es damals noch keine Kasernenneubauten z.B. im Herrenkrug oder im Stadtfeld gab. Die Stadt Magdeburg hatte 1890 mit Militär 202.230 Einwohner; 1895 waren es 214.422 Einwohner, ebenfalls mit Militär.
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Die Garnisonsstärke ist mit vorstehenden Zahlen allerdings noch nicht ausgewiesen, da die privat eingemieteten Mililitärangehörigen (z.B. fast alle Offiziere) und die in Naturalquartieren liegenden Mannschaften in diesen Zahlen nicht enthalten sind. Es handelt sich also nur um diejenigen, die in militärfiskalischen Objekten untergebracht waren.
1890 war die Garnisonsstärke 7.888 und 1895 8.270 "Militärpersonen" stark - das waren alle unter Militärgerichtsbarkeit fallenden Personen, also auch Familienangehörige der Soldaten.
Im Zusammenhang mit der Aussicht, auch den Nordteil der Stadt über das bisherige Festungsareal erweitern zu können, haben die Stadt Magdeburg und der Kommandant der Festung Magdeburg Verhandlungen geführt, die mit Unterschrift vom 11./22. März 1888 zu einem „Vertrag über den Verkauf der Nordfront zu Magdeburg an die Stadtgemeinde“ geführt haben. Der Vertrag wurde am 25. April 1888 durch den Kriegsminister, Bronsart von Schellendorf, genehmigt.
Der Vertrag beginnt mit: „Zwischen dem Reichs- (Militair-) Fiscus, vertreten durch die Königliche Commandantur zu Magdeburg einerseits, und der Stadtgemeinde Magdeburg, vertreten durch den Magistrat andererseits, ist unter Vorbehalt der Bestätigung durch das Königlich Preußische Kriegs-Ministerium, sowie der Zustimmung der Stadtverordneten-Versammlung zu Magdeburg, folgender Kaufvertrag abgeschlossen worden:“ und hat insgesamt 21 Paragrafen.
Ich greife einen davon heraus, um an einem einzigen Beispiel die Verquickungen zwischen Militär und bürgerlicher Stadtgemeinde deutlich zu machen und damit das Interesse des Forums auf dieses Thema zu lenken. Selbstverständlich kann ich auch den kompletten Vertragstext bereitstellen und damit die Themenvielfalt in ihrer vollen Breite sichtbar machen.
Aber nun das Beispiel: „§ 13 Längs des Krankenhaus-Grundstückes vor der Kaserne Ravensberg wird die Ueberbauung des östlichen Kasernenhofes mit einem Viaduct, soweit von der Militairverwaltung zugestanden, daß der verbleibende Streifen des Kasernenhofes wenigstens 13 m Breite behält. Der überbaute militairfiskalische Grund und Boden bleibt Reichseigenthum und in der ausschließlichen und uneingeschränkten Benutzung der Militairverwaltung. Die Ausführung und dauernde Unterhaltung aller Theile des Viaductes, sowie der darüber befindlichen Straße, übernimmt die Stadt auf ihre alleinigen Kosten.
Die Stadt verpflichtet sich, die zur Trockenhaltung der Räume erforderlichen baulichen Maßnahmen mit besonderer Sorgfalt zu treffen und alle in dieser Hinsicht hervortretenden Mängel umgehend beseitigen zu lassen. Aenderungen an den Substructionen dürfen ohne Zustimmung der Stadt von der Militairverwaltung nicht ausgeführt werden.
Die Verlegung des Büchsenmachereigebäudes nach der im Uebersichtsplane angegebenen Stelle und in der jetzigen Bauart und Größe, sowie die Einrichtungen zum Ersatz für die übrigen durch die Ueberbrückung verloren gehenden Baulichkeiten und Wirthschaftsanlagen, namentlich die Herstellung von Waterklosets an Stelle der jetzt vorhandenen Retiraden, werden auf Kosten der Stadt von der Militairverwaltung ausgeführt. Die Stadt verzichtet auf die Bemängelung der Nothwendigkeit und Zweckmäßigkeit der ihr in Rechnung gestellten Bauausführung, sowie der einzelnen Preisansätze. Die spätere Unterhaltung dieser Anlagen ist Sache des Reichs- (Militär-) Fiscus.
Das für die Closetanlage gebrauchte Wasser hat die Stadt bis zu einem Maximalquantum, das nach dem Umfange der ersten Anlage und dem gemeingewöhnlichen Gebrauche derselben von Commissarien beider Contrahenten vor der Inbetriebsetzung der Closets ein für allemal festgesetzt wird, unentgeltlich abzugeben. Dasjenige Wasser jedoch, welches in den Closets über dieses Maximal-Quantum hinaus nach den Angaben des von der städtischen Verwaltung einzuschaltenden Wassermessers verbraucht wird, hat der Reichs- (Militair-) Fiscus zu dem sonst für ihn geltenden Wasserpreise zu bezahlen.
Der östliche Kasernenhof zwischen der Kaserne bezw. deren Verlängerung bis zur Hohenzollernstraße bezw. Wallstraße einerseits, und der städtischen Grenze andererseits, wird von der Stadt auf ihre Kosten soweit gesenkt, als zur Erzielung von 3,5 m Lichthöhe bis zum Scheitel der Gewölbekappen erforderlich wird, abgepflastert und an die Canalisation angeschlossen.
Die neue Straße wird asphaltirt und in der Ausdehnung des Kasernengrundstücks mit einer 2 m hohen Brüstungsmauer an ihrer westlichen Flucht abgegrenzt.
Vor der Ausführung der ganzen Umgestaltung ist nach der anliegenden Skizze von der Militairverwaltung unter Mitwirkung der städtischen Behörden ein Bauentwurf aufzustellen, zu dessen Ausführung es der Genehmigung des Königlichen Kriegsministeriums bedarf.“
Anmerkungen: Die unterschiedliche Schreibweise von Militair und Militär oder von Closet und Kloset sind im Originaldokument so enthalten. Wir sind eben nicht die Einzigen, die eine Rechtschreibreform über sich ergehen lassen mussten und auch Anglizismen sind keine Erfindung der letzten 50 Jahre – auch wenn „Waterklosets“ eine sehr eigenwillige Schriftform repräsentieren.
Die erwähnte zu ersetzende „Retirade“ ist der Austritt, den man zur Erledigung eines dringenden Bedürfnisses während des Marschs genehmigt erhalten musste (… bitte austreten zu dürfen …) – hier in der vergegenständlichten Form des auch Abtritt genannten stillen Örtchens.
Die Substruction endlich ist der Unterbau, das Viadukt, auf dem die Straße verläuft. Da hat man seine klassische Bildung gewaltig hervorgekehrt, denn dieser Ausdruck wurde (und wird) speziell in der Archäologie benutzt, wo die oft massiven Gewölbeabstützungen unter römischen Bauwerken so genannt werden.
Nun noch einmal zu den Folgen einer der in § 13 enthaltenen Vereinbarungen. Die Waterclosets wurden gebaut – für die Soldaten in preußisch Magdeburg war das Beste vom Besten gerade gut genug – und auch eifrig genutzt. Im Haushaltsjahr 1894/95 verbrauchten sie die nicht geringe Menge von 3,3 Millionen Litern Wasser und im Jahr darauf überschritt der Wasserverbrauch bereits die 6 Millionen-Marke. Allerdings ist das nicht wirklich viel, wenn alle 1338 Bewohner der Caserne Ravensberg (siehe oben) diese Wasserklosetts benutzt haben sollten, wurde mit täglich zwei Toilettengängen dieser Verbrauch locker geschafft. Übrigens: Die Magdeburger Feuerwehr verbrauchte 1894/95 beispielsweise nur 479 000 Liter für Feuerlöschzwecke. Und die stammten nicht einmal alle aus dem öffentlichen Wassernetz.
Ich gebe hier die Erinnerung aus dem Jahr 1905 von Geh. Medizinalrat Prof. Dr. Hermann Fischer (Autor von Fachbüchern über Kriegschirurgie, Direktor der Universitätskliniken Breslau) aus Anlass des 50jährigen Doktorexamens seines Freundes Prof. Dr. Rudolph von Leuthold, Generalstabsarzt der Preußischen Armee wieder, die sich auf den Beginn ihrer beiden militärischen Medizin-Karriere, etwa 1855, bezieht. Ein interessantes Bild auch zum hiesigen Garnisonsleben, wie ich finde.
"Wir haben zusammen studiert, noch das ganze tiefe Elend des militärärztlichen Standes früherer Zeiten durchgemacht und sind als Unterärzte mit Feldwebelrang und 1 Mark Sold pro Tag eingetreten. Der alte Wrangel sagte „Du“ zu uns, wenn er dem Lazarette eine grobe Visite abstattete und mein erster Oberst in Magdeburg redete mich, als ich mich als einziger studierter Assistenzarzt der Garnison bei ihm meldete, mit „Er“ an."