HEUTE UM 11.45 UHR LÄUTEN DIE JEWEILS TIEFSTEN GLOCKEN DER STENDALER KIRCHEN/STADTGEMEINDE LÄDT ZUR ANDACHT EIN
8. April 1945 - Bomber bringen Tod und Zerstörung Von Donald Lyko 08.04.2015, 03:18
Stendal l Nach dem verheerenden Bombenangriff am 22. Februar 1945, von dem besonders das Bahnhofsgelände und der Ortsteil Röxe betroffen waren und der vielen Menschen den Tod brachte, warfen in den letzten Kriegswochen immer wieder Bomber der Alliierten ihre tödliche Fracht über Stendal ab. Drei Angriffe sind für Ende März dokumentiert. Heute vor 70 Jahren, am 8. April 1945, hat es die Stadt Stendal noch einmal besonders stark getroffen. Es war Mittagszeit, gegen 11.45 Uhr, als sich die Bomberverbände der Stadt näherten. Nur wenige Minuten flogen sie über Stendal hinweg - doch sie hinterließen Tod und Zerstörungen besonders in der Innenstadt. Nach Recherchen des Stendalers Steffen Kottke kamen an diesem Tag 193 Männer, Frauen und Kinder sowie mindestens elf amerikanische Piloten ums Leben. Allein im Gebäude Grabenstraße 10 sollen 37 Menschen getötet worden sein, darunter 17 Kinder. Zum Hintergrund hat Steffen Kottke recherchiert: Die Familie Gerecke wollte Silberhochzeit feiern, darum waren Kinder und Enkelkinder des Paares schon als Gäste eingetroffen. Wie viele der sogenannten fliegenden Festungen - Flugzeuge vom Typ B17 - über Stendal im Einsatz waren, ist nicht genau geklärt. Einige Quellen sprechen von 60, seitens der US-Air-Force werden gut 70Flugzeuge genannt. Bei dem Angriff wurde der Dom beschädigt, das Hauptschiff wurde zum Glück aber nicht getroffen. Die kostbaren Glasmalfenster waren nicht in Gefahr, sie waren schon lange vorher außerhalb von Stendal sicher gelagert worden. Schäden gab es auch an Gebäuden in der Annen-, der Hall- und der Grabenstraße. Einige mussten später sogar abgerissen werden. Der Dom war wohl nicht das Ziel des Angriffs. Vielmehr gehen Historiker davon aus, dass wenige Wochen vor Kriegsende - die Amerikaner rückten immer näher - die Bevölkerung demoralisiert werden sollte, um den eventuell vorhandenen Kampfgeist zu brechen. Vielleicht war, wie schon am 22.Februar, der Bahnhof ein Ziel. Am 10. April fielen die letzten Bomben auf Stendal. Mindestens fünf Menschen kamen bei dem Angriff ums Leben. Am 13. April gegen 11 Uhr übergab Oberbürgermeister Karl Wernecke kampflos die Stadt an die amerikanischen Verbände. Die evangelische Stadtgemeinde lädt anlässlich des 70. Jahrestages des Bombenangriffes für heute zu einer Andacht ein. Beginn ist um 18 Uhr im Dom. Bereits um 11.45 Uhr (zu dieser Zeit begann der Angriff) läuten die jeweils tiefsten Glocken der Stendaler Kirchen.
VOSCHTI AM 13. APRIL 1945 ENDETE FÜR DIE STENDALER DER ZWEITE WELTKRIEG
Der Glücksfall für die Stadt vor 65 Jahren Von Frank Eckert 14.04.2010, 04:49
Stendal. In diesen Tagen denkt der Stendaler Klaus Arendt besonders oft daran zurück. Vor genau 65 Jahren, am 13. April 1945, war Bürgermeister Dr. Karl Wernecke den US-Truppen entgegengegangen und hatte ihnen die Hansestadt übergeben – kampflos und ohne weitere Bombenopfer. In Berlin tobte NS-Propagandaminister Joseph Goebbels deswegen über die " feige Übergabe ", die er als " ehrlos " abqualifizierte. Arendt hat jene vermeintliche Ehrlosigkeit leibhaftig als damals 19-Jähriger miterlebt und überlebt. " Gott sei Dank, es hat nicht mehr Bumm gemacht. Der Krieg war für uns zu Ende. " Gerade mal zwei Tage zuvor war der junge Soldat aus dem Kampfgebiet um Ibbenbühren bei Münster in Westfalen mit einem Lazarett-Transport und später einem Personenzug über Berlin-Staaken in Stendal als leicht Verwundeter angekommen. " Mein Zug bekam keine Einfahrt in den Stendaler Bahnhof, sondern hielt an der Blockstelle Bindfelde. " Klaus Arendt, am linken Oberschenkel durch einen Granatsplitter verletzt, stieg aus und humpelte von dort nach Hause – in die sogenannte " Rathenower SAStraße ", wie sie damals hieß, zur elterlichen Nummer 22 / 23. Keine 72 Stunden waren seit dem verheerenden Bombardement der Alliierten auf Stendal vergangen, bei welchem mehr als 300 Menschen ihr Leben verloren. Doch der heute pensionierte Malermeister traf seine Familie beinahe komplett an : zwei Schwestern sowie Mutter und Vater. Sein älterer Bruder Werner erlebte das Kriegsende nicht. 1940 war er als Flieger abgeschossen worden. An die Tage der Übergabe kann sich der heute 84-Jährige genau erinnern : " Überall hingen weiße Bettlaken aus den Fenstern. 90 Prozent der Stendaler waren dafür. " Noch am 13. April selbst folgte Arendt dem Aufruf, dass sich ehemalige Wehrmachtsangehörige am Markt zu melden hätten. Er fühlte sich zugehörig und gehorchte. Waffen und Uniformstücke der Wehrmacht sollten den Besatzern am Marktplatz in Stendal abgegeben werden. " Ich hab den ganzen Brassel mitgenommen. Auf dem Marktplatz lagen Berge von Zeugs rum. " Noch an jenem 13. April ging es für ihn auf eine Transport-Odyssee von hier über Bismark, Hannover, den Raum Bielefeld nach Rheinberg in Westfalen. " Ich war mit einer von den ersten tausend Kriegsgefangenen, die dort ankamen. " Schnell wurden es hundertausende. Kaum Verpflegung, katastrophale sanitäre Bedingungen. Dennoch : Klaus Arendt lebte. Die US-Amerikaner wie auch später die Franzosen, denen er ausgehändigt wurde, waren sein Glücksfall. In zig Verhören sagte er, er sei " Gefolgschaftsführer der Flieger-HJ " gewesen. " Sowas Kleines wollen wir nicht ", erfuhr er in dem politischen Lager Barbenhausen bei Darmstadt. Arendt galt als nicht hochrangig genug und erhielt die Entlassungspapiere, abgestempelt am 7. April 1946. Sein Vater Otto wie Bürgermeister Wernecke hatten weniger Glück. Beide überlebten die sowjetischen Lager nicht.