..... Mit der Zeit wurde das Rathaus für die wachsende Verwaltung zu klein, so dass 1889 östlich des heutigen Alten Rathauses ein neues Städtisches Dienstgebäude errichtet wurde. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Rathaus an das Stromnetz der Stadt angeschlossen. Zu jener Zeit stieß die Verwaltung abermals an räumliche Grenzen, so dass in den Jahren 1905 bis 1907 nördlich des Alten Rathauses das heutige Neue Rathaus errichtet wurde. Hier zogen die städtische Sparkasse, die Stadtbibliothek und das Stadtarchiv (welches noch heute hier zu finden ist) ein.
Ich habe einmal das Datum zum Baubeginn der Hauptwache (siehe Beitrag unter #18 hier) ermittelt: es war Dienstag der 16. April 1510 (damals galt noch der Julianische Kalender, der 1582 vom gregorianischen Kalender abgelöst, aber tatsächlich erst ab etwa 1700 in den verschiedenen Ländern eingeführt wurde - in Russland erst nach der Oktoberrevolution 1918).
Passend zum aktuellen "Titelbild" des Forums will ich nochmals das gleiche Motiv, zehn Jahre später aufgenommen, hier zur Kenntnis geben. Da waren die Häuser Alter Markt 1 und 2 (links im Bild) renoviert. (Auf's Bild klicken, um es in voller Größe zu betrachten)
Um die ursprüngliche Bebauung des Alten Marktes ein bisschen plastischer zu machen folgt hier ein Bild aus dem Jahr 1706, auf dem die einzelnen Gebäude zu ihrem Zweck oder mit ihrem Eigentümer vermerkt sind. In der Mitte des Marktplatzes befand sich die Baracke der Hauptwache. Die spätere Hauptwache war zu dieser Zeit noch königliches Zeughaus (früher Städtisches Zeughaus), hinten an der Stelle des heutigen "Neuen Rathauses" war die Kommandantenwohnung. Wunderschön sind die Utensilien der Militärgerichtsbarkeit, wie der Galgen und der hölzerne Esel zu erkennen. Erwähnenswert wäre noch die an Stelle der heutigen Johannisbergstraße damals unter dem Rathaus durchführende "Fahrt nach der Elbe". Ob ihre Herstellung ähnliche Probleme wie der derzeitige Tunnelbau in der Ernst-Reuter-Allee verursacht hat, konnte ich leider nicht feststellen.
Hier noch ein Bild aus dem Jahr 1800. Dargestellt ist der Alte Markt mit Blick vom Fischmarkt zur Hauptwache. Da war die alte Baracke bereits abgeräumt und das Zeughaus auf den Neuen Markt verlegt. Es fehlen Hinweise auf Galgen und Hölzernen Esel, dafür ist die seit 1787 in Magdeburg eingeführte Straßenbeleuchtung zu erkennen. Vom Rathaus ist nur die Nordwestecke dargestellt.
Und nun noch eine Darstellung des Alten Marktes um 1805. Zur besseren Sichtbarkeit der Schönheit des Platzes mit Otto-Denkmal und Rathaus hat man alles störende Beiwerk wie Galgen und Esel, aber auch die moderne Stadtbeleuchtung weggelassen. Auf diesem Bild ist die der Fischergilde zur bevorzugten Benutzung zugewiesene Wasserpumpe vor der Südwestecke des Rathauses zu erkennen, von der die Fische in den Fässern des vorhergehenden Bildes ihr Lebenselement erhielten. Aber auch die Gemüse- und Blumenhändler holten sich bei Bedarf Wasser zum Frischhalten ihrer angebotenen Ware, was hin und wider zu kleineren Auseinandersetzungen mit den Fischverkäuferinnen führte.
An dieser Stelle halte ich es für angebracht, auf eine besondere Funktion der Hauptwache hinzuweisen. Sie war nämlich das Militär-Gerichtsgebäude. In den königlich preußischen Festungen hatte der Gouvernements- bzw. Garnisons-Auditeur (das war der Militärstaatsanwalt, der die Anklage erhob) seinen Dienstsitz. Oftmals führten sie die Amtsbezeichnung Ober-Auditeur. Sie waren zuständig für den ordnungsgemäßen Verlauf der Prozesse vor dem Gouvernements-(Garnisons-)gericht. Die Verhöre der Angeklagten fanden im Gebäude der Hauptwache unter Vorsitz des wachthabenden Hauptmanns statt. Nach dem General-Reglement vom 28. März 1737, welche Sachen in die Verantwortung der Gouvernements oder Kommandeure der Garnisonen und welche hingegen unter die Zivil-Jurisdiktion fallen, war festgelegt, dass sich die Verantwortung der Gouvernements auf die gerichtliche Untersuchung und Aufsicht über alle ihnen zugehörigen Militaria, Garnisonen, Fortifikationen, das Magazin- und Proviantwesen angehende Sachen erstreckt, folglich alle dabei gebrauchten Bedienten ausschließlich unter der Gerichtsbarkeit der Gouverneurs oder Kommendanten stehen - das waren die Festungs- und Proviant-Bedienten, Ingenieure vom Platz und Garnisons-Artillerie-Bedienten. Ebenso entschied auch der Gouverneur oder Kommandant unter Zuziehung des Stadtrats über die Bier-, Brot- und Fleischtaxe; die Brunnen-, Feuer-, auch Bau-Sachen waren ihm zur Mitbesorgung empfohlen. In den Festungen waren alle in den Souterrains, Baracken oder besondern Festungswerken, in Magdeburg in der Zitadelle und Turmschanze, wohnenden Bürgerlichen, der Gerichtsbarkeit des Gouvernements-Gerichts unterworfen. Das änderte sich erst unter französischer Herrschaft, als 1808 die Gerichtsbarkeit für Zivilisten in die Verantwortung der Stadt übergeleitet wurde.
Da es kein spezielles Thema zum Magdeburger Rathaus gibt, will ich an dieser Stelle einen kleinen Hinweis unterbringen.
Mit dem Neubau des Rathauses 1691-1698 wurde auch eine Art Gefängnis im Rathaus untergebracht. Es bestand aus verschiedenen Abteilungen (zumindest drei), die unterschiedlichen Zwecken zugeordnet waren. Leider fehlt mir bisher eine weitere Erläuterung. Lediglich über drei Bereiche habe ich die Namen in Erfahrung bringen können: In der zeitgenössischen Beschreibung heißt es: Es giebt auch unterschiedliche Gefängnisse/wo die jenigen/so Böses zu thun/sich Nicht entblöden/ihr verdientes Quartier finden/als das Jungfer-Gewölbe/der Bonensack/die Schwefel-Kammer.