Thüringer als französischer Teil der Garnison von Magdeburg
Es ist vielleicht auch einigen Magdeburg-Experten nicht bekannt, dass ein Thüringer Regiment im Jahre 1813 für kurze Zeit einen Teil der französischen Garnison von Magdeburg bildete. Der folgende kleine Beitrag soll die Erlebnisse der Thüringer in dieser Zeit kurz skizzieren. Dabei wird auf eingehende Schilderung von Kampfhandlungen und Feldzugserlebnisse weitestgehend verzichtet, weil diese in der einschlägigen populären Literatur als allgemeiner Überblick beschrieben wurden.
Zum allgemeinen Verständnis der Zusammenhänge soll eine kurze Einführung vorangestellt werden.
Mit dem Sieg gegen Preußens im Jahre 1806 hatte Napoleon den letzten Gegner auf deutschen Boden ausgeschaltet, der ihm bei der Beherrschung Deutschlands noch im Wege stand. In Folge dieser Niederlage kamen auch die Thüringer Gebiete, die sogenannten Sächsischen Herzogtümer, endgültig unter französischen Einfluss. Am 15.12.1806 wurden sie gezwungen dem Rheinbund, der unter Napoleons Protektorat stand, beizutreten. Der Artikel 4 des Vertrages hatte als einer der wichtigsten Artikel, eine Truppengestellung zum Inhalt. Für seine geplanten Kriegszüge zur Eroberung ganz Europas hatten somit auch die kleinen Herzogtümer dem Kaiser Soldaten zu stellen. Der Umfang jedes Teilkontingents war im Vertrag genau festgelegt. Seit alters her stellten die Thüringer Staaten ein gemeinsames Regiment auf. Das war auch in diesem Fall so. Noch im Jahre 1806 ging der Befehl zur Gestellung ein, um noch am zweiten Teil des Krieges gegen Preußen mitzuwirken. Die Länder Sachsen-Weimar, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Hildburghausen und Sachsen-Coburg-Saalfeld errichteten gemeinsam ein Infanterie-Regiment mit einer Sollstärke von 2.800 Mann. Es erhielt die Bezeichnung "4. Rheinbund-Regiment". In den Feldzügen 1807 gegen Preußen, 1809 in Tirol, ab 1810 in Spanien und 1812 in Russland wurde das Regiment bis auf wenige Reste vernichtet. Die Überbleibsel kamen als Besatzung nach Danzig. Nach dem Fall der Festung konnten die Reste in einer Stärke von 11 Offizieren, 25 Unteroffizieren und 79 Gemeinen am 01. Januar 1814 den Weg in die Heimat antreten.
Unmittelbar nach dem Russland-Feldzug traf in den Herzogtümern der französische Befehl zur Aufstellung eines Marsch-Bataillons als Reserve ein. Unter großen Schwierigkeiten erfolgte in den ersten Monaten des Jahres 1813 die Aufstellung. Aber noch auf Thüringer Gebiet stehend, ließ sich das Bataillon unter Kommando des Majors Lincker von Lützenwick am 13. April in den Orten Ruhla, Schwarzhausen und Winterstein mehr oder weniger freiwillig von einer preußischen Husaren-Streifpartei , bestehend aus 50 Mann des kombinierten Schlesischen Husaren-Regiments ( Kommandeur Major von Blücher) unter Rittmeister Graf Pinto überraschen und gefangen nehmen. Als der Kaiser von den Umständen der Gefangennahme erfuhr, befahl er im Zorn die umgehende Wiedererrichtung des kompletten Rheinbund-Regiments in voller Stärke. Unter Anspannung aller Kräfte gelang es den 4 kleinen Ländchen die Probleme, die da waren: fehlende Offiziere, Unteroffiziere und Gemeine, Versorgung mit Uniformen, Ausrüstung und Kriegsgerät und Bereitstellung der Verpflegung soweit zu lösen, dass das Regiment am 06. August 1813 marschbereit war und in Jena versammelt werden konnte. Es bestand in weiten Teilen aus unerfahrenen Rekruten. Offiziere und Unteroffiziere fehlten am Etat, da viele noch in Gefangenschaft, nach den Feldzugsstrapazen noch nicht verwendbar oder mit den alten Regimentsresten noch in Danzig standen. Die Ausrüstung bestand zum Teil in Provisorien. Die Organisation war noch nicht endgültig vollendet. Die Stärke betrug zu diesem Zeitpunkt 41 Offiziere, 2.376 Unteroffiziere und Mannschaften. Eine Kompanie des II. Bataillons des Coburger Kontingents fehlte noch und sollte nachgeführt werden. Die Regimentszusammensetzung war die bisherige: Gotha, Meiningen und Coburg stellten die zwei Linien-Bataillone, Weimar und Hildburghausen das leichte Bataillon. Bild entfernt (keine Rechte) Entsprechend der Marschorder verließ das Regiment am 13. August Jena , um nach Leipzig abzugehen. In der Stadt angekommen, erhielt Oberst v. Münch, der Regimentskommandeur vom Fürsten von Neuchatel den Befehl über Dieskau, Könnern und Atzdorf bis zum 19. des Monats nach Magdeburg zu marschieren. Auf den 2 Tagesetappen nach Leipzig waren aber bereits fast 100 Mann desertiert. Am 16. August 1813 erreichte das Regiment die Stadt Magdeburg und marschierte zum Marktplatz. Hier wurde es sofort vom französischen Gouverneur, dem Grafen Lemarois gemustert und anschließend übernommen. Lemarois fiel bei der Musterung auf, dass das Regiment über viel zu wenig Offiziere verfügte. Oberst von Münch versprach dringende Abhilfe. Auf Befehl des Gouverneurs wurde das Regiment in den nächsten Tagen umorganisiert. Bei dem leichten Bataillon (Weimar, Hildburghausen) und den 2 Linien - Bataillonen (Gotha, Meiningen, Coburg) erhielten die Kompanien gleiche Stärke von je 150 Mann. Grenadier-und Voltigeur-Kompanien wurden errichtet und ein Depot ausgeschieden. Obwohl das Regiment eigentlich in Magdeburg garnisonieren sollte, mussten die beiden Linien-Bataillone bereits am 21.08. , die ca. eine Stunde entfernten, Orte Krakau und Friedrichstadt belegen. Das leichte Bataillon verblieb zum Garnisonsdienst in der Festung. Auch das Depot blieb in der Stadt. Die nächste Zeit wurde zur Komplettierung der Ausrüstung und Bewaffnung genutzt. Zu diesem Zweck kauften die Thüringer aus den französischen Magazinen der Stadt die fehlenden Sachen wie Hemden, Schuhe, Tornister und Feldkessel. Die Gewehre, welche in einem sehr schlechten Zustand waren, wurden repariert, die nicht passenden Bajonette angepasst. Das leichte Bataillon wurde zuerst in 3 Kasernen einquartiert. Täglich wurden 2 Offiziere, 18 Unteroffiziere und 112 Gemeine zur Wache in die Festung oder in die Schanzen gegeben. Darüber hinaus musste jeden Tag stark exerziert werden. Über die schlechte Verpflegung wurde ständig Klage geführt. Im Quartier bekamen die Leute nichts außer Holz und Licht. Die Lebensmittel wurden immer teurer, so dass sich eingeschränkt werden musste. Am 19. August hatte das Bataillon große Revue vor dem Generalgouverneur. Dabei konnte es sich die Zufriedenheit des Generals erwerben. Nachdem das Bataillon wieder in Privatquartiere einrücken musste, stieg der Krankenstand, der sich zwischenzeitlich gebessert hatte, Ende August nochmals an. Er betrug am 30.08. gemäß Rapport 169 Mann. Das waren 1/5 des Effektivstandes. Da die französischen Soldaten stets Vorrang vor den Verbündeten hatten, stieß die Bitte des Bataillons-Kommandeurs, Major von Wolfskeel, zur Rückverlegung in die Kaserne auf Ablehnung.
Während das leichte Bataillon und das Depot in Magdeburg verblieben, wurden die Linien-Bataillone schon am 20. August der Division des Generals Girard zugeteilt. Diese Division aus Magdeburger Truppen in Stärke von 9-10.000 Mann zusammengestellt, sollte als Bindeglied zwischen den französischen Korps unter Oudinot und Davout, die von Norden und Süden anmarschierten um Berlin zu erobern, dienen. Die Division umfasste neben den 2 Thüringer Bataillonen (Brigade Babille), die neben einem westfälischen Bataillon als Kerntruppen galten, folgende Verbände: das 18., 19. und 72. französische Linien-Regiment, das französische 26. Leichte -Infanterie-Regiment, ein illyrisches Regiment, und das 4. und 9. westfälische Infanterie-Regiment, 6 Eskadrons Kavallerie (wahrscheinlich Reste verschiedener Regimenter) und 18 Kanonen. *1) Bei allen Einheiten handelte es sich entweder um Neubildungen oder um völlig unerfahrene Truppen. Am 21. August, nachts 2:00 Uhr wurde abgerückt. Das zur Beobachtung der Festung eingesetzte kleine preußische "Beobachtungskorps an der Niederelbe", wie es offiziell hieß, aus Kurmärkischer Landwehr unter General Gans Edler Herr zu Putlitz in Stärke von 6 Bataillonen und 3 Eskadrons (IV.AK) stand in sechs zur Verteidigung angelegten Schanzen bei dem Dorfe Lübs, westlich Magdeburg. Hier wurde es angegriffen und von den "Magdeburgern" aus den Schanzen geworfen. Die Verteidiger zogen sich in Richtung Burg zurück und wurden bis hierher verfolgt. Nach Augenzeugenberichten sollen dabei durch Angriffe der, beim preußischen Korps befindlichen Kosaken, einige Verluste eingetreten sein. Unmittelbar bei Burg bezog die Division am Abend ein Biwak. Unter leichten Vorpostengefechten marschierte die Division am nächsten Tag bis Ziesar und hier in ein Lager. Die beiden Thüringer Bataillone bezogen Kantonnements im Ort. Vorposten wurden am 23. August Richtung Brandenburg bis Viesen, nordöstlich von Ziesar vorgeschoben. Am nächsten Tag fand eine gegnerische Rekognoszierung gegen die Stellung statt. Aus zwei Gründen blieb General Girard in dieser Stellung bis zum 25. August stehen. Zum Einem lagen keinerlei Nachrichten von den Vorgängen bei den Hauptkräften vor, zum Anderen war die polnische Division Dombrowski aus Wittenberg , welche die Magdeburger Truppen verstärken sollte, noch nicht eingetroffen. Abgeschickte Ordonanzen und Boten kamen nicht durch und wurden vermutlich vom Feind abgefangen. Da die Situation völlig offen war, ging die Division Girard nordöstlich gegen Brandenburg weiter vor. Nachdem die Nachricht einlief, dass der Ort stark besetzt sei, wurde ohne die Ankunft des Zuzuges aus Wittenberg abzuwarten südöstlich abgebogen und bis nach Brück marschiert. Während des Marsches sollen angeblich Kosaken die Kolonne schon umschwärmt haben. Einige Quellen sprechen dabei von fast 200 Gefangenen der beiden Thüringer Bataillone, die bei dem forcierten Marsch zurückgeblieben waren. Am nächsten Morgen machte die Division eine rückgängige Bewegung in Richtung Magdeburg. Nach 3-4 stündigem Marsch wurde gegen Mittag ein Biwak unweit des Dorfes Lübnitz, 5 km von Belzig entfernt gelegen, bezogen. Die Front des Lagers war gegen Belzig gerichtet. Bild entfernt (keine Rechte) General Girard selbst ging mit 4 Bataillonen, 4 Kanonen und etwas Kavallerie zur Rekognoszierung gegen Belzig vor, weil hinter dem Ort Kosaken des russischen Generals Tschernitschew standen. Während dieser Zeit wurde die restliche Division, die nur mangelhaft Vorposten ausgestellt hatte, am 27. August 1813 , um 13:00 Uhr plötzlich von überlegenen preußischen Truppen (1. Reserve-Regiment, und mehrere Regimenter Kurmärkischer Landwehr zu Pferd und zu Fuß sowie russische Kosaken) unter Generalleutnant von Hirschfeldt umringt und sofort ungestüm angegriffen. Hirschfeldt hatte das ehemalige Magdeburger Beobachtungskorps unter Putlitz an sich gezogen und erreichte so eine Stärke von ca. 20.000 Mann. *2) Unter großen Verlusten gelang es der Division Karée zu bilden. Von den Thüringern kam besonders das II. Bataillon in Unordnung weil zwei ins Karrée einschlagende Kanonenkugeln sofort 10 Mann getötet hatten. Die Kompanie von Uttenhoven des Regiments hatte sich außerdem bei Kampfbeginn zum Sammeln nach Lübnitz hineingeworfen und fehlte somit in der Aufstellung. Hier wurde sie später nach Eroberung des Dorfes komplett gefangen. Nach Rückkehr der Truppen des General Girard, die bis Belzig vorgegangen waren, konnte das Gefecht vorübergehend zum Stehen gebracht werden. So war es möglich, sich in südliche Richtung nach Hagelberg zurückzuziehen. Verfolgt vom Gegner kam es hier zu der bekannten "Kolbenschlacht von Hagelberg". *3) Nach der verlustreichen Niederlage flüchtete ein Teil der Division in Panik in Richtung Magdeburg. Ein anderer Teil mit den Resten der Thüringer hatte sich in die naheliegenden Wälder geworfen, von wo sie sich ab 20:00 Uhr ohne Pause und unter ständiger Verfolgung des Feindes bis zum 28. August nach Wittenberg zurückzogen. Dabei verlor das Regiment viele Leute als Gefangene, die aus Entkräftung zurückblieben. Der Gesamtverlust der beiden Linien-Bataillone während der letzten Tage war 40-60 Tote und eine große Zahl von Gefangenen. Im Lager von Wittenberg konnten am 29. August nur noch 17 Offiziere, 30 Unteroffiziere und 205 Gemeine, bei einer Ausrückstärke von 1.250 Mann gezählt werden. Bis zum 01. September wurde im Schutz der Festung Wittenberg am diesseitigen Ufer biwakiert. An diesem Tag, frühmorgens, traten die Thüringer und die Reste der Division im Schutz der Elbe den Rückmarsch über Dessau und Calbe nach Magdeburg an. Am 03.09. wurde in Magdeburg eingerückt. Oberst von Münch erhielt am 07.09. die Order des Fürsten von Neuchatel zur Neuorganisation des Regiments. Das in der Festung verbliebene leichte Bataillon wurde herangezogen und bildete fortan das II. Bataillon. Aus den zurückgekehrten Resten der Linien- Bataillone wurden 2 Kompanien für das I. Bataillon gebildet. Das Depot in einer Stärke von 175 Mann wurde in das I. Bataillon eingestellt. Am 27. August war auch die noch fehlende Coburger Kompanie in Magdeburg eingetroffen. Sie komplettierte jetzt das I. Bataillon.
Die Kompanie war am 17. August aus Coburg ausmarschiert. Über Saalfeld, Gera, Leipzig, Köthen und Calbe/Saale wurde Magdeburg erreicht. Als das Kontingent in der Festung eintraf, meldete sich der Kompaniechef Hauptmann Freiherr von Schauroth beim Gouverneur Graf Lemarois, der ihn freundlich aufnahm. Der Zufall wollte es, dass der Hauptmann 1806 als preußischer Leutnant (lt. Rangliste 1806-Fähnrich) des Regiments Tauentzien bereits in der Festung gestanden hatte. Wegen seiner Ortskenntnisse ließ er die Kompanie gleich auf den Domplatz rücken. Dieser hieß allerdings jetzt "Napoleon-Platz". Die Vorstadt Sudenburg war durch ihn nicht wiederzuerkennen, da sie nur noch ein einziger Schutthaufen war. Das schöne Kloster Berge war teilweise verlassen. Hier war man dabei Nebengebäude abzureißen, um dort ein Außenwerk der Festung anzulegen. Von den schönen Gärten und Sommerhäusern vor dem Ulrichstor war auch nichts n mehr zu sehen. Die noch in der Stadt befindlichen Thüringer des Depots und des leichten Bataillons konnten schnell ausfindig gemacht werden. So war die Einquartierung schnell vonstatten gegangen.
Nach der Reorganisation in 2 Bataillone hatte das Regiment einen Effektivstand von: Stab 5 Offiziere, 34 Mann, die Bataillone: 29 Offiziere und 1.393 Unteroffiziere und Gemeine. Davon waren 3 Offiziere und 155 Mann zur Zeit krank. Das Regiment wurde der Brigade des westfälischen Generals von Langenschwarz zugeteilt. Diese Brigade gehörte formal zur Division Lannes. Am 08.09. führte der neue Brigadekommandeur eine Musterung durch. Mit dem Reorganisationsbefehl vom 07. war gleichzeitig der Befehl eingegangen in die Friedrichstadt zu marschieren , um dort ein französisches Bataillon abzulösen. Nach der Revue verlegte das noch nicht gänzlich formierte I. Bataillon jenseits der Elbe nach der Vorstadt. Da einige Häuser von ihren Besitzern verlassen waren, wurden diese zu Kasernen umfunktioniert. Exerziert wurde in dieser Zeit auf dem Werder, einer von Flussarmen gebildeten Insel. Am 10.09. traf die Order ein Krakau und Priester zu besetzen, wo Vorposten bezogen wurden. Hier waren alle Schäden von 1806 ausgebessert worden, viele Häuser hatten neue Dächer. Am Vormittag des 12.09. kam es zu einem unbedeutenden Gefecht mit herumstreifenden Kosaken, von denen 2 Mann gefangen werden konnten. Am Mittag des gleichen Tages traf ein französisches Bataillon zur Ablösung ein. Darauf kehrte das Thüringer Bataillon in die Festung zurück, wo der Garnisonsdienst weiter ging. *4)
Das Regiment bezog wieder Kasernen. Tagsüber wurde fleißig exerziert. Die Offiziere besuchten abends das Theater!!. Auch die stattfindenden Paraden mussten durch die Offiziere pünktlich besucht werden. Verspätungen zogen hohe Geldstrafen nach sich. Bei Stabsoffizieren betrug sie zum Beispiel 100 Franken.
Ende September nahm die Desertation stark zu. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits wieder 134 Mann desertiert. Zugegen kamen den Thüringern dabei zwei Umstände: Einmal bot sich durch die tägliche Arbeit zur Herstellung der Schanzen vor der Festung oder bei Arbeiten zur direkten Festungsverstärkung eine gute Fluchtmöglichkeit. So wurde das Fort "Napoleon", später "Scharnhorst" genannt, fast ausschließlich von Thüringer Soldaten errichtet. Der zweite Umstand ist als recht kurios zu bezeichnen. Insbesondere nach Kenntnis der französischen Niederlage in der Völkerschlacht wurde die zunehmende Desertation wohl bewusst gefördert, weil man sich der Verbündeten nicht n mehr ganz sicher war. So gaben die französischen Militärbehörden in den Tagesbefehlen die genauen Standorte der Pikes an, die eigentlich die Flucht verhindern sollten. Oft kam es dazu noch vor, dass diese Pikets sogar eingezogen wurden. So kam es, dass von den außerhalb der Festungswerke eingesetzten Arbeitskommandos oft nur die Hälfte der Leute wieder zurückkam.
Um Vorräte zu sparen, beschloss die französische Führung sich der unsicheren Verbündeten zu entledigen. Bei der Parade am 12.11.1813, vormittags 10:00 Uhr, erhielt der Brigadekommandeur, Baron von Langenschwarz, den Befehl seine Brigade um 15:00 Uhr ohne Waffen und Ausrüstung, nur mit Mantel und Feldmütze bekleidet, auf dem "Breiten Weg" vor dem Gouverneur die Revue passieren zu lassen. Schon gegen 14:30 Uhr befanden sich die Truppen an der befohlenen Stelle. Als der Gouverneur eintraf, wurden die Kolonnen vor das Krökertor geführt. Hier hielt Graf Lemarois eine Ansprache in der er die Soldaten und Unteroffiziere vor die Wahl stellte treu und redlich weiter zu dienen und in die Festung zurückzukehren oder die Kriegsdienste unter Zurücklassung von Mantel und Mütze sofort zu verlassen. Wie abzusehen war, erklärte sich die Brigade einstimmig zur Rückkehr in die Heimat. Daraufhin wurde sie durch eine französische Kavallerie-Eskorte durch die Vorposten geleitet und entlassen. Die Offiziere mussten dagegen in die Festung zurückkehren. Hier wurden sie unter Gewährung einer Bedenkzeit von zwei Tagen vor die Wahl gestellt in französische Regimenter einzutreten oder auf Ehrenwort ein Jahr nicht gegen Frankreich zu kämpfen und in die Heimat entlassen zu werden. Nach Ablauf der Bedenkzeit wurden alle entlassen. Alle Fouragier- und Packpferde mussten abgegeben werden. Je 1 Wagen für Gotha, Weimar und Hildburghausen zur Fortschaffung der Equipage und die Eigentumspferde der Offiziere wurden zugestanden. Der Brigadekommandeur von Wagenschwarz bat den Gouverneur um Ausstellung von Bescheinigungen für die einbehaltenen Sachen, was rundweg abgelehnt wurde. Dafür stellte Oberst von Münch für die Offiziere des Regiments ersatzweise die Bescheinigungen aus. In der zweiten Novemberhälfte erreichten die so entlassenen 32 Offiziere und 425 Unteroffiziere und Gemeine wieder ihre Heimat.
Damit endete der jahrelange Dienst für Frankreich. Alle Thüringer Länder stellten danach neue Truppen- und Freiwilligenverbände auf und beteiligten sich auf Alliierter Seite am Kampf gegen Frankreich.
Anmerkungen: 1) Die Anzahl wird unterschiedlich angegeben 2) Eigenermittlung, da vorliegende Quellen falsche Angaben enthalten 3) Angaben in der populären Literatur meist propagandistisch überhöht 4) Datumsangaben schwanken um einen Tag