Vorgestern ZZ-Telefoninterview geführt. Gestern vom Band abgeschrieben und heute liegt die getippte Versin durch Teddy vor. Das war eine echte Eilstaffette.....
Horst Rolf Lehmann, Bennigsenstr. 11, 39114 Magdeburg, Jg. 1934, Telefoninterview 28.2.2018 durch H. Menzel
Am 16.1.45 wurden wir in Magdeburg in der Olvenstedter-Str. ausgebombt. Dort betrieben meine Eltern damals eine Bäckerei. Meine Tante hatte in Diesdorf auch eine Bäckerei. Dort wurden wir aufgenommen, - in der Krumme - Straße 7. Den Einmarsch der Amerikaner Anfang April erlebten wir in Diesdorf in der Krumme - Straße 7 und im Ort. Von uns aus konnten wir bis zur Zerrener – Straße schauen bis zu den Schulplatz und weiter bis auf den Acker. Dort waren Obstplantagen in Richtung Olvenstedt und die zweite Obstplantage befand sich kurz vor dem Friedhof. Dort spielten wir Kinder oft, Auch an diesen Tage, als s plötzlich hieß, die Amerikaner kommen. Wir wollten sofort nach Hause laufen. Als wir auf dem Weg zum Friedhof waren, kamen zwei amerikanische Panzer und ein dritter hinter her, durch die Obstplantage aus Richtung Olvenstedt gefahren, den Weg runter auf die Krumme - Straße zu. Ich hatte gerade noch so in unser Haus 7 geschafft. Zu diesem Zeitpunkt hatte Diesdorf bereits auf dem Kirchturm die weiße Fahne gehisst. Die Panzer fuhren runter bis zur Zerrener Straße. Dort hatte dann ein verrückter aus einem Nebengebäude am Schulplatz mit einer Panzerfaust auf einen der Panzer geschossen. Andere meinten später, dass der mit einem Karabiner geschossen hatte. Dieser Panzer drehte den Turm herum und ein Amerikaner schoss in Richtung des Heckenschützen. Von dem Gebäude hatte der MG-Schütze das ganze obere Stockwerk zusammengeschossen. Es brach zusammen. Was aus dem Heckenschützen wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Die drei Panzer zogen sich sofort wieder zurück. Als die Amerikaner Diesdorf wieder verlassen hatten, kamen deutsche Militärfahrzeuge ins Dorf gefahren mit Volkssturmmännern und SS-Offizieren und Soldaten. Die hielten auf dem Dorfplatz und riefen alle Männer, die noch bei Kräften seien, sollten sich hier sofort einfinden um weiter Panzersperren zu errichten. Die weiße Fahne musste wieder eingeholt werden. Eine Sperre wurde direkt in der Krumme – Straße errichtet, zwischen der Getreidemühle und unserer Dorfmauer (aus Bruchsteine).In Diesdorf gab es so zusagen über Nacht mehrere Panzersperren. Da hatte man auf den Straßen große Balken eingegraben. Die waren noch gar nicht fertig, da erhielten wir Artilleriebeschuss aus Richtung Olvenstedt. Dabei währen wir noch beinahe ums Leben gekommen. Zwei Granaten schlugen vor unserem Haus in der Krumme - Straße 7, 2 Meter vor unserem Keller ein. Wir hockten dort im Kartoffelkeller. Von unserem Haus war nun die gesamte Vorderfront zerstört. Während des Artilleriebeschusses wurde wieder die weiße Fahne auf dem Kirchturm gehisst. Dann hörte der Beschuss wieder auf und es herrschte totenstille. Am anderen Tag kamen die Amerikaner mit allen Fahrzeugen nach Diesdorf rein gefahren. Sie kamen aus Dodeleben, Hohendodeleben, Niederndodeleben, über die Äcker und Feldwege etc. Unsere Panzersperre in der Krumme - Straße war geschlossen. Aber der erste Panzer hielt davor an, drehte kurz zur Seite, durchbrach die Dorfmauer, die war ja nicht dick und altersschwach, umfuhr so die Sperre und durchbrach dahinter die alte Bruchsteinmauer erneut und war im Dorf. Heute erkennt man die Stelle daran, dass die alte Bruchsteinmauer später durch eine Betonmauer ausgebessert wurde. Die Sperren wurden mit Räumpanzern geöffnet. Als die Amerikaner im Dorf waren, kamen zuerst Leute in amerikanischer Uniform auf den Hof meiner Tante und rissen die Wäsche von der Leine, die da noch hing. Im Hühnerstall plünderten Sie noch die Eier etc…. In diesem Moment fuhr ein amerikanischer Jeep vor. Mein Onkel aus Berlin, der zu dem Zeitpunkt zufällig bei und war, konnte gut Englisch und verstand alles. Die Amerikaner aus dem Jeep erklärten, das sind unsere polnischen Truppenangehörigen, die nehmen was sie bekommen können… Die Polen mussten alles wieder herausrücken, was sie eingesteckt hatten und wurden vom Hof gejagt. Ecke Zerrener - Straße war eine Drogerie gerade über von der Krumme - Straße, da hatten sich Amerikaner einquartiert. Fort war der Keller voll mit Wein (Weinlager). Mit dem Wein kamen die Amerikaner zu uns rüber, weil mein Onkel englisch sprach… An diesem Abend wurde bei uns eine richtige Fete gefeiert… So konnten wir für einige Stunden den ganzen Stress den wir hatten vergessen. Bei der Fleischerei Luft, war der Stützpunkt der Amerikaner eingerichtet. Hier waren Massen an Fahrzeugen und Panzer abgestellt, zwischen Niederndodeleben und Hohendodelebener - Straße. Da war ja der eigentliche Dorfplatz, bei der kleinen Brücke. Nachdem nun Ruhe eingekehrt war, trauten auch wir Kinder uns wieder auf die Straße. Wir hatten nichts eiligeres zu tun, als hin zu den Panzern. Die Amerikaner haben uns nicht weggejagt, im Gegenteil, die freuten sich und gaben und Schokolade. Wir staunten das die deutsche Schoko-Cola in runden Dosen hatten. (Fliegerschokolade). Es dauerte nicht lange, da wurden die ersten deutschen Gefangenen (Wehrmachtssoldaten) durch das Dorf getrieben. Die marschierten aus Magdeburg zu Fuß durch`s Dorf, Richtung Niederndodeleben in Kolonnen. Als die erste Kolonne kam. Hatte meine Tante in der Bäckerei 25, Brote aus dem Backofen geholt und diese in einen Handwagen gepackt und zur Straße gefahren. Wir zerbrachen das frische Brot und verteilten es an die deutschen Kriegsgefangenen. Die Amerikaner (Bewacher welche die Kolonnen begleiteten) ließen es geschehen. Ausländische Soldaten waren oben, wo die Abzweigung nach Olvenstedt hingeht, auf einem Grundstück mit einer Villa. (Das müssen Briten gewesen sein –Schotten-). Im Juni verließen wir unser Quartier, in Diesdorf, da mein Vater eine Bäckerei in der Wilhelm-Kobelt-Straße übernahm. Das war Ecke Lessingstraße. Da wohnten wir dann auch. Als wir etwa acht Tage dort waren, hieß es die Amerikaner rücken ab – die Russen kommen jetzt. Am 1. Juli kamen Sie. Panjewagen an Panjewagen… auf der Großen Diesdorfer Straße aus Richtung Altstadt. Die russische Kommandantur wurde dann in der Gerhardt- Hauptmann-Straße eingerichtet (Hauptkommandantur). Oben, an der Westringbrücke/Liebknechtstraße stand später immer ein russischer Posten. Die versorgten wir immer mit Essen, frischem Brot… Da wir hinter unserer Bäckerei nun auch einen Garten hatten, mit herrlichen Schattenmorellen (Kirschen), da machte Vater daraus Rotwein. Den gab er den Russen und die beschafften dafür allerhand was wir so brauchten, Radio, Fahrräder usw. Die hatten sie sicher woanders konfisziert und uns gegeben. Da wir ja ausgebombt waren, hatten wir ja praktisch nicht`s und so war der Rotwein ein ideales Tauschobjekt. Als die Amerikaner westlich vor Magdeburg lagen, dass muß am 13. April 1945 gewesen sein, da hatten die Olvenstedter Flakbatterie im Erdkampf die Amerikaner zur Hohendoderlebener Chaussee westlich beschossen und die schossen dann mit ihrer Artillerie zurück. Wir konnten von Diesdorf aus sogar teilweise die Granaten fliegen sehen und heulen hören. In der Goethestraße stand auf der Schrotebrücke je ein 2cm Flak-Geschütz in Erdkampfstellung vor dem 17./18. 4 1945. Als die Amerikaner einrückten haben die diese Geschütze unbrauchbar gemacht, indem sie oben ins Rohr eine handvoll Sand reinwarfen und dann einen Schuss abfeuerten. Dann war das Rohr an der Mündung aufgeplatzt. So standen die da noch Wochenlang rum und wir Bengels benutzten diese als Karussell. Die Geschütze waren Richtung Sudenburg ausgerichtet gewesen, auf die Schillerbrücke und auf die Gerhardt-Hauptmann-Brücke der Schrote. Wohl auch auf die anderen Schrotebrücken. In den Mannlöchern in Diesdorf lagen noch Panzerfäuste weil der Volkssturm sich verdünnisiert hatte, als der Ami kam. Die waren in der Zerrener - Straße zwischen den Bäumen und am Feldweg, wo es zum Friedhof geht.
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Auch Herr Lehmann berichtet von ausländischen Soldaten, Schotten, die dort waren. Wir haben bei dem Thema Tangermünde Bilder von englischen Soldaten. Ich muss jetzt doch mal schauen ob da was zu finden ist, was die in den US Bereichen zu suchen hatten, ob als Beobachter zugeordnet oder was auch immer.
Also, noch kurz bevor die Amerikaner in MD abrückten kamen am 1.6.45 britische Truppen nach MD die so zu sagen MP-Funktionen als Besatzer ausführten. Da war eine Einheit der Cameronians und Sherwood Rangers in MD, bis 1.7.45 Einige wenige Amerikaner waren im Juli auch noch in MD. Leider finden sich für die kurze britische Besatzung MD keine Berichte der Cameronians. Lediglich auf Fotos sind sie zu sehen. Und natürlich in den ZZ Berichten oft erwähnt. Aber es sind keine Militärunterlagen greifbar.
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Ich habe mal ein wenig recherchiert. Es waren bereits Mitte April Briten im Raum um Magdeburg, und zwar gingen wohl Transporte von Kriegsgefangenen aus dem Stalag XXb (oder auch Stalag 20b) in diese Gegend, so berichtet z. B. David Ballantyne Johnston, Britische Armee, 643 Coy. Royal Army Service Corps, in seiner oral history dass man aus dem Stalag XXb - das war bei Marienburg, heute Malbork, an der Weichsel in Polen - zu Fuß nach Westen marschierte. Bei Magdeburg traf man auf US Einheiten. Erst im Mai wurde er dann nach England ausgeflogen.
Die Märsche gingen wohl über Wittenberg oder Bitterfeld und dann nach Nordwesten.
Henry Owens, Britische Armee, 51th Highland, breichtet ebenfalls von seinem Transport von Kriegsgefangenen, dieser befand sich aber früher in Magdeburg, er berichtet dass man beim Angriff der RAF auf Magdeburg in der Stadt war, aber glücklicherweise überlebte.
Auf einem Luftbild aus dem Jahre 1953 fand ich dieses!!
Bild entfernt (keine Rechte)
Zu sehen ist das Ende des Hohendodeleber Weg. Hier haben Häftlinge während des letzten Krieges für die Firma Polte Munition produziert. Acht Jahre nach der Belagerung Magdeburgs sind auf dem Bild Splittergräben und Unterstände zu erkennen. Handelt es sich hier um Altlasten der Verteidigung Magdeburgs oder stehen diese Bauten im Zusammenhang mit dem benachbarten Schießstand der bis heute von der Polizei genutzt wird.
Splitterschutz macht eigentlich keinen Sinn da die Gräben auf einer Art Wall ausgehoben wurden. Verteidigungsanlagen könnten Sinn machen wenn man damals geahnt hätte das die US Armee von Ottersleben nach Diesdorf/Olvenstedt über die Felder vorrückt. Ein natürliches Hindernis für Panzer ist hier die Bahnlinie. Sie wirkt an dieser Stelle wie ein Trichter. Es gibt nur eine Unterführung und ein Bahnübergang der für Panzer passierbar ist. Mittendrin steht dieser o.g. Wall am Junkersberg. ??
Hier noch der Ausschnitt eines LB vom April 45. Zu erkennen ist die Bahnlinie (von links oben kommend) und der Weg (von links unten kommend). Auf dem Weg steht irgendwas was den Amerikaner aufhalten soll. (Pz-Sperre? 8,8 in Erdkampfstellung? Bild entfernt (keine Rechte)
Hier noch der Ausschnitt eines LB vom April 45. Zu erkennen ist die Bahnlinie (von links oben kommend) und der Weg (von links unten kommend). Auf dem Weg steht irgendwas was den Amerikaner aufhalten soll. (Pz-Sperre? 8,8 in Erdkampfstellung?