Die Sudenburg wurde bekanntlich auf Napoleons Befehl 1812 abgerissen und an heutiger Stelle neu aufgebaut. Einen Einblick in diese schwere Zeit für die Sudenburger liefert als Augenzeuge der 1855 verstorbene Ackerbürger Witte, der angeregt vom Pfarrer Hirschberg (St. Ambrosius) seine Erlebnisse niederschrieb, die dieser wortgetreu in seine Chronik übernahm:
"... Die Sudenburg wurde 1812 demoliert. Wir kriegten den 1. März Ordre abzureißen u das in 3 Tagen, wer da nicht fertig war kamen die Sappeur und rissen selber ein. Das war eine elende Zeit. Ein Jeder mußte nun sehen, wo er mit seiner Familie blieb bei Frost und Schneewetter. Viele blieben in ihren Kellern. Im Mai 1812 kriegten wir Acker zur Entschädigung. Da mußten wir uns einen Ort wählen zum Aufbauen, aber 1/2 Meile von Mbg, da haben wir hier gewählt. Kaufmann Hammer hatte 1811 eine Zuckerfabrik angefangen, jetzt Müller u Weichsel, da nahmen wir unseren Stand, da wurde einem Jeden sein Fleck zugemessen, da baute ein Jeder so gut er konnte u auf dem Felde kriegte ein Jeder seinen Acker was er werth war zugeteilt. Es hatten sich schon im April u März aus Noth 1812 kleine Häuser oder Hütten gebaut, wo jetzt die Fabriken stehen, das war der Anger. Wir hatten 1812 Sept. Okt. November einige Häuser wieder aufgebaut und 1813 auch, daß wir zufrieden waren, daß wir 1 Stube suchten zur Schule und Sonntag wieder Kirche hielten. Da wurde sie die Catharinenstadt genannt von dem Westphalenkönig Hieronymus Napoleon seine Frau. Nun kam aber das 2t. Unglück 1813 am 11. Febr. weil Napoleon bei Leipzig geschlagen war 18 Okt. Da kamen 2 Bataillone Franzosen Infantrie u 1 Schwadron Cürassiere bei uns. Das war ein Elend. Sie wurden auf Hammers Fabrik untergebracht, die zu Pferde bei die Wirthe. Da mußten wir gleich Kartoffeln liefern u Mohrrüben, da wurde auf der Fabrik Feuer angemacht und gekocht Tag u Nacht, da wurden alle Planken verbrannt u alle Ställe, Scheunen u weil wir keine Kartoffeln mehr wollten haben, da gingen sie des Nachts in die Keller, da war Mord und Totschlag. Der Oberste von die Cürassiere war König und Kommandant in der Catharinenstadt, was der befahl das mußte geschehen, der hieß Krabbe. Der ließ Weizen, Bohnen ausdreschen, nach Mbg fahren, verkaufte es u das Geld gab er seinen Frauen zum Besten in Mbg. Er wurde genannt Krabbe der Höllenhund. Alle Tage mussten wir auf Arbeit und wer nicht kam kriegte was mit dem Kantschu." (Quelle: Archiv und Bibliothek der Kirchenprovinz Sachsen, Magdeburg, Rep J3 Nr. 796)
Anmerkungen: - "...": Dem hier wiedergegebenen Text vorangestellt ist eine Topografische Beschreibung der alten Sudenburg, die thematisch eher in den Themenbereich "Festung" passt. - Die Rübenzucherfabrik von Hammer (1811 angelegt, 1812 stillgelegt) befand sich direkt gegenüber dem Eiskellerplatz an der Halberstädter Straße. - Die Lage der Gaststätten ("... bei die Wirthe ...") habe ich leider noch nicht recherchiert. - "Kantschu" ist eine Peitsche.
Der Plan #5 dürfte von ~1857 sein: Das Elbwasserreservoir auf dem Kroatenberg ist bereits eingezeichnet (im Zuge des Baus des Buckauer Wasserwerks entstanden), die 1857 fertiggestellte Gasanstalt noch nicht.
Du hast Recht, aber ich hab ihn deshalb reingestellt, weil die Industrie ganz gut zu sehen ist. Leider hab ich keinen Plan mit diesen Grundstücken 1814 bis ca. 1820.
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Unter Einbeziehung von Berghauer kann für die Einquartierung "bei die Wirthe" festgestellt werden:
Es existierten mindestens zwei Gasthöfe an der Einmündung der Leipziger Straße in die Halberstädter Straße (beim Zoll):
Von der Altstadt kommend rechte Seite: Der Zoll, "dabei ist zugleich ein Wirthshaus, dem ein anderes gegenüber liegt". - Ersteres ist "Zum goldenen Schlag" (an der Heerstraße, Bezeichnung: 1817: Sudenburg 1., 1823: Leipziger Straße 4.), Besitzer 1817: Andreas Sachs, 1823: Heinrich Hartmann. - Gegenüberliegend "Zur goldenen Sonne" (an der Leipziger Straße, auf der Seite der heutigen Grünfläche. Bezeichnung 1817: Sudenburg 2b, 1823: Leipziger Staße 6.). Besitzer 1817: Marie Lienekampf, 1823: Lunekampf, Wittwe. (Liene.. oder Lunekampf)
Bei einem dritten könnte es sich um den wiedererrichteten Gasthof "Zum goldenen Löwen" handeln, einem Vorgängerbau des heutigen, gegenüber dem Ambrosiusplatz. (1817: Sudenburg 87. 1823: Sudenburg 4.) Besitzer: 1817: Moritz Müller, 1823: Wilhelm Zapff. Ob es sich hier um das gleiche Grundstück handelt, muss ich allerdings noch klären, da mit der Einführung der Bezeichnung "Leipziger Straße" auch die Bezeichnungen der Grundstücke geändert wurden.