Zu den beeindruckendsten Skulpturen im Magdeburger Dom zählt sicher die Figur des hl. Mauritius an der Südseite, neben dem Chorgestühl. Auch sie entstand um 1250. Leider fehlt der untere Teil der Beine. In seiner rechten Hand hielt er eine Lanze, in der linken ein Schild, das von der Hand bis zum Boden reichte. Seine Körpergröße entspricht in etwa der Größe eines Ritters im 13. Jahrhundert. Der ruhige Blick, die respekteinflößende Haltung und die bis ins Detail realistische Rüstung, zeigen seine bedingungslose Bereitschaft zum Kampf. Das Besondere an der Skulptur sind die afrikanischen Gesichtszüge. Dies wird im Vergleich mit der älteren Mauritius-Figur am Emporenpfeiler umso deutlicher. Das erste Mal in der christlichen Kunst des Abendlandes ist der hl. Mauritius hier seinem Kulturkreis entsprechend dargestellt. Dazu genügte dem Bildhauer ein kleiner Gesichtsausschnitt. Während die noch in Resten erhaltene farbige Fassung die afrikanische Physiognomie in ihrer realistischen Darstellung unterstützt, kann das Gold des Kettenhemdes auch eine symbolische Funktion gehabt haben, um Mauritius als Heiligen zu würdigen, denn in der Regel wurden Kettenhemden mit einem bläulichen Grau versehen. Die Darstellung eines Afrikaners war in der christlichen Kunst bis zum 12. Jahrhundert negativ belegt. Der „schwarze Mann“ symbolisierte das Böse. Nicht selten war er bei Darstellungen des Jüngsten Gerichts auf der Seite der Verdammten. Vor diesem Hintergrund ist der Magdeburger Mauritius eine kleine Revolution. Die Kreuzzüge und der damit verbunde Kulturtransfer zwischen Europa und dem Orient hinterließen nicht nur negative Spuren, sondern verhalfen hier dem hl. Mauritius mit der afrikanischen Erscheinung zu einem unverwechselbaren Attribut.
Es war in den Tagen der härtesten Auseinandersetzung zwischen dem alten römischen Heidentum, das den Staat retten wollte, und der jungen christlichen Kirche. Der römische Kaiser Maximianus war im Herbst des Jahres 286 n. Chr. mit mehreren römischen Legionen über den schwierigen Pass des Großen St. Bernhard (Schweiz) gestiegen, um die Straße nach Gallien (Frankreich) zu gewinnen. Er wollte dort einen aufständischen Stamm niederwerfen und zugleich dessen christlichen Glauben austilgen. Die Nachhut seines Heeres bildete die 22. Legion unter dem Obersten Mauritius, die man nach ihrer Heimat Thebae die ",thebaeische Legion" nannte und die ob ihrer Waffentaten im ganzen Heer berühmt waren. (Anm.: Mauritius war von schwarzer Hautfarbe.)
Nach glücklich vollbrachtem Übergang ließ der Kaiser seine Truppen Lager beziehen, um ihnen nach dem beschwerlichen Marsch einen Ruhetag zu gönnen. Zugleich sollte durch ein allgemeines und feierliches Opfer von den heidnischen Göttern Waffenglück für den Feldzug erfleht werden. Die Männer der 22. Legion waren aber nicht nur tapfere Soldaten, sondern auch Christen. Als sie vom bevorstehenden Opferfest erfuhren, marschierten sie noch drei Stunden weiter am Hauptlager vorbei. Sie bezogen eigene Quartiere, weil sie nicht gewillt waren, am heidnischen Opfer teilzunehmen. Maximianus war empört über die Eigenmächtigkeit der Truppe und befahl ihr, unverzüglich zurück zu marschieren. Als sie dem Befehl nicht nachkam, verhängte er die furchtbare Strafe, die man von alters her gegen meuternde Truppen anzuwenden pflegte: jeder zehnte Mann wurde niedergehauen. Die Strafe hatte aber nicht die erhoffte Wirkung, denn die Überlebenden weigerten sich standhaft, am Opferfest teilzunehmen und bei der geplanten Ausrottung des christlichen Glaubens unter jenem gallischen Stamme mitzuwirken.
Noch einmal wurde die Legion dezimiert, aber die Thebaer blieben standhaft. Sie schickten eine Abordnung an Maximianus und versicherten ihn aller Treue, auf die ein Kaiser Anrecht habe. Aber sie weigerten sich entschieden, ihren König Christus zu verleugnen. Der Kaiser gab sich alle Mühe, um die Legion von ihrem Standpunkt abzubringen. Als er ihren unbeirrbaren Willen erkennen musste, ergrimmte er dermaßen, dass er seine Truppen zusammenzog, um die ganze thebaeische Legion zu vernichten. Auch die Fürsprache anderer hoher Offiziere konnt den Kaiser nicht umstimmen. Die noch übrigen Legionäre boten sich wehrlos dem Tode dar, und die Erde des Walliser Landes färbte sich rot vom Blut der Märtyrer. Auch die Vorausabteilungen der Legion, die bereits in rheinischen Städten Quartier genommen hatten, zeigten nach Auffindung sich ihrer Brüder würdig.
Soweit der Bericht von Oberst Mauritius von der 22. römischen Legion, seinem Märtyrertod und dem seiner Kameraden. Diese Begebenheit des Obersten Mauritius (auch Moritz genannt) und seiner Kameraden ist ein ergreifendes Bild christlichen Bekennermutes. So kann uns der Name von St. Mauritius Aufschluss über deren Haltung geben.
Aus militärhistorischer Sicht stellt die Statue des Hl. Mauritius mehrfach etwas besonderes dar. Abgesehen von der ersten Abendländischen Darstellung als Mohr, sehen wir in ihm ein detailiertes Abbild eines zur damaligen Zeit modernen Ritters. Er trägt neben dem sichtbaren Kettenhemd mit Fäustlingen eine Kettenhaube. Bemerkenswert an ihm ist die erste Darstellung eines Plattenpanzers, genauer gesagt eines Plattenrockes.
Eine der ältesten Darstellungen eines Plattenrockes
Der so genannte Plattenrock (auch veraltet: Spangenharnisch) entstand vermutlich im Verlaufe der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts aus dem Plâten. Der Plâten entstand ebenfalls erst im 13. Jahrhundert, als der Schutz, den eine Kettenrüstung bot, alleine nicht mehr ausreichend war, vermutlich insbesondere unter den Erfahrungen des zunehmenden Einsatzes von Fernwaffen (Bogenwaffen).
Ein Plattenrock bestand aus mehreren überlappenden oder nebeneinander angebrachten Eisenplatten, die an der Innenseite eines Überwurfes angebracht wurden und schützte auf Grund seiner starren Form nur den Torso. Fundstücke, so zum Beispiel aus Massengräbern der Schlacht von Visby (1361) geben einen guten Eindruck der Verschiedenartigkeit des Aufbaus.
Als Träger kommen verschiedene Materialien in Frage, darunter Leder, oder festes Tuch aus z. B. Leinen. Spätere Nachfolgertypen, die Brigantinen oder Corrazine, weisen eher Leinen auf. Als Deckstoff kam vermutlich ein höherwertes Tuch zum Einsatz, z. B. Seide oder Seidensamt. Die Platten wurden mittels Nieten, die entweder aus Eisen sein konnten, oder, wie auch Darstellungen nahelegten, aus Buntmetall, inwandig auf den Träger aufgenietet.
Durch die teilweise Überlappung und die starre Anordnung auf der Innenseite des Trägermaterials war sichergestellt, dass keine angreifbaren Lücken entstanden. Diese Niete waren von außen gut zu sehen und nicht selten mit kunstvoll gestalteten Köpfen versehen.
Ab der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts entwickeln sich einerseits die Brigantine mit deutlich kleineren Platten, andererseits der Plattenpanzer, welche im Laufe der Zeit den Plattenrock vollständig ablösen.
Wie man hier an dem Mainzer Evangeliar (Entstehung um 1250) erkennt, war das Tragen des Plattenrockes in keiner Weise üblich. Dies unterstreicht die Besonderheit der Mauritiusstatue. Der Künstler hatte eine real existierende Rüstung vor Augen und konnte diese somit abbilden. Durch die besondere Stellung der Figur als Schutzpatron wird klar das er nicht irgendeine Rüstung abbildete, sondern das Modernste der Zeit.
Ein weiteres interessantes Detail an der Mauritiusstatue stellt die Ornamentik auf dem Wams dar. Hier ist die “Oriflame” zu sehen (goldene Linien auf blauem Grund). Hier wird Bezug genommen auf die lange Mauritiustradition. Seit 888 wurde Mauritius als Schutzpatron des Königreichs Burgund (Frankenreich, die Oriflame gilt als erste Nationalfahne Frankreichs) verehrt, nachdem sich der burgundische König Rudolf, der Abt von St-Maurice war, am Grab des Märtyrers gekrönt hatte. Unter den Liudolfingern begann der Mauritiuskult auch im ostfränkischen Reich aufzublühen. Besonders Otto der Große zeigte ein großes Interesse an diesem Heiligen. 937 gründete er in Magdeburg das benediktinische Mauritiuskloster, vermutlich bereits in der Absicht, später daraus einen Bischofssitz machen zu können. Dieses Kloster widmete er zwei Gestalten der Thebaischen Legion, Mauritius und Innocentius, sowie dem heiligen Petrus. Weihnachten 960 nahm Otto in Regensburg von König Konrad III. von Burgund den „Leib des heiligen Mauritius und einiger seiner Gefährten“ entgegen. Die Reliquien schickte er unverzüglich ins Moritzkloster nach Magdeburg, „wo es die einmütig versammelten Einwohner samt der Landbevölkerung in Verwahrung nahmen und zum Heil des ganzen Landes bis auf den heutigen Tag verehren“. 946 verstarb Ottos erste Frau Edgitha, die er im Mauritiuskloster beerdigen ließ. An dieser Stelle, wo auch der heutige Magdeburger Dom steht, ließ Otto 955 eine neue Kirche bauen. Die Kirche wählte er als Grablege für sich und seine Gemahlin aus. Er selbst wurde dort 973 beerdigt, nachdem seine Eingeweide bereits am Ort des Verscheidens in Memleben beigesetzt wurden. Durchgängig vom Anfang seiner Herrschaft bis zum eigenen Tod widmete Otto I. insgesamt 57 Urkunden dem heiligen Mauritius und dessen Kloster/Kirche, die er reich beschenkte. Damit bezweckte er laut den Urkunden vor allem persönliches und familiäres Seelenheil. Spätestens seit 965 ist Mauritius in den Urkunden als persönlicher Patron des Kaisers nachzuweisen. 962 bestätigte Papst Johannes XII. die Verehrung des Mauritius als Schutzpatron der Ottonen. Der heilige Mauritius galt schließlich als Schutzpatron aller Kaiser des Heiligen Römischen Reichs und auch des Reichs selbst. Im Zusammenhang mit seiner Venusfahrt (1227) spricht Ulrich von Liechtenstein bereits von einem zusätzlichen Brustschutz in Form von "blaten". Eine Annahme das der Ursprung des Plattenrockes in Frankreich liegt ist an dieser Stelle zu bejahen.
Der heilige Mauritius war ein Schutzheiliger des Heeres, der Infanterie, der Messer- und Waffenschmiede und wurde angerufen vor Kämpfen, Gefechten und Schlachten.
Das Reichsschwert und die Heilige Lanze, Teile der Reichskleinodien, wurden ab dem Hochmittelalter ebenfalls auf den heiligen Mauritius zurückgeführt.
Zahlreiche Kirchen und Klöster stehen unter dem Patrozinium des hl. Mauritius. Mauritius gilt als Patron der Städte Coburg, Fröndenberg/Ruhr, Wiesbaden, Ingolstadt und Zwickau Kloster Niederaltaich.
Ferner ist er der Schutzpatron aller Handwerker, die mit dunkler Farbe umgehen, also der Messer- und Waffenschmiede, Färber, Krämer, Hutmacher, Glasmaler, Salzsieder, Tuchweber und Wäscher sowie der der Schutzheilige der Pferde. Er wird angerufen bei Ohrenleiden, Besessenheit, Gicht und kranken Kindern.
Am 19. Juli 1941 bestimmte Papst Pius XII. Sankt Mauritius zum Schutzheiligen des Alpini-Korps des italienischen Heeres.
Die Christlichen Pfadfinder – Stamm Mauritius – Twistringen haben ihn als Schutzheiligen gewählt.
Im Gegensatz zur Hl. Barbara gehört er nicht (erstaunlich) zu den Vierzehnschutzheiligen der kat. Kirche.
Quelle: Wikipedia
[ Editiert von Administrator hadischa am 20.02.14 10:42 ]