Nach dem Film "Unsere Mütter - unsere Väter" weiss ich nun nicht mehr ein noch aus...
Es ist niemand mehr da, den ich fragen kann. Mein Opa, geboren 1921 in Magdeburg, gest. 1989 in Magdeburg. Meine Oma, geborgen 1921 im Magdeburg, gest. 1995. Meine Oma väterlicherseits, geb. 1922 in Magdeburg, gest. 2011. Und nun wird endlich so ein Film gezeigt, aber es ist niemand in meiner Familie mehr da, der das erlebt hat... Ich fühle mich so verloren...
Hallo B Traven, nun ja, ich habe noch einen Vater den ich befragen kann (86), er war noch kurz vor Ende des Krieges Soldat geworden und machte die Kämpfe um Elbing mit. Zum Glück mit einer schweren Erfrierung ins Hinterland und dann nach Wernigerode ins Lazarett. Hier erlebte er die Einnahme Wernigerodes durch die 8. US Pz D und der 1. ID. Aber viel sprechen tut er über das Erlebte nicht. Ausgerechnet ich, der so viele Zeitzeugenbefragungen, alle sehr erfolgreich, macht, kann nur bruchstückhaftes aus ihm herasbekommen. Das gleiche traf für meinen Schiegervater zu (+ 2009) der Ubootfahrer war und zeitweise mit Heinz Erhard zusammen war. Außer, dass er zur Besatzung eines der letzten U-Boote gehörte die bei Kiel den Krieg überlebten und die Pötte selbst versenkten, ist auch aus ihm nicht herauszubekommen gewesen.
Wie sieht es da in unserer Heimat aus.... Hier sieht die Situation so aus, dass in den DDR-Jahren das Erleben des Krieges nur einseitig erforscht wurde und Private Erlebnisse nur von Genossen aufgeschrieben und gesammelt wurden. Jetzt ist die Zeit der damals aktiven fast abgelaufen. Wen wir heute befragen können sind die Kinder und damaligen Jugendlichen... Ich hatte vor etwa 7 Jahren dieser Defizit erkannt und binn seit dem derjenige der fast ohne Unterbrechung diesen Personenkreis befragt, aber eben auf unsere Heimatregion bezogen. Damit gelingt es mir, deren Erlebnisse dem kollektiven Vergessen zu entreißen. Was wird damit? Nun, meine Aufgabe sehe ich darin, diese Erlebnisse zu sammeln, aufzuschreiben und geordnet in die Archive zu geben, damit eine spätere Generation daraus ihren Nutzen ziehen kann. Wenn ich so mit ZZ zusammensitze und diese völlig zwanglos und locker ins Mikro sprechen, dann ist das nur möglich, wenn zwischen beiden die Chemie stimmt. Bisher war das immer so. Aber auch so manches Erlebnis geht nicht emotionslos über die Lippen. und auch ich bekomme Gänsehaut und feuchte Augen. Manches geht sehr nahe. Besonders wenn Frauen über ihr Erlebtes sprechen, über Vergewaltigung von damals Kindern oder der Mutter usw... Was interessiert dabei eigentlich? Nicht nur das Kampfgeschehen sondern was geschah in den Dörfern auf den Höfen. Wie ging man mit Fremdarbeitern um, wie war die Einquartierung, wie verlif das polit. Leben im Ort, wie wurde die Arbeit auf den Acker zwischen Tieffliegern und Ari-Beschuss organisiert. Wie ging man mit hunderten Blindgängern auf den Äckern um und wie ging man mit Mitgliedern abgeschossener Bomber um, die sich mit Fallschirm retteten?
Was ich in der Familie nur schwer erreichen konnte gelingt mir bei fremden um so besser.
Die nächsten Vorbereitungen der Zeitzeugenrecherche sind getan. Nun hoffe ich auf Meldungen.
Gruß Magado
[ Editiert von Administrator MAGADO-2 am 21.03.13 11:39 ]
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Ja, das leidige Problem des Privatmannes, der die Geschichte erforschen will. Wie sieht es mit den staatlichen oder gemeindlichen Stellen aus? Schlecht. Erst vorgestern wurde im Lokalteil der Frankenpost, Regionalzeitung für den Großraum Hof in Nordostoberfranken, berichtet dass das Stadtarchiv Hof kein Geld hat, um Sachen und Dokumente anzukaufen. Hintergrund war eine Rechnung des Gasthofes zum goldenen Hirsch, in dem auch schon Goethe fünfmal logierte. Es wurde eine Rechnung vom 4.8.1865 angeboten. Und Herr Kluge, der Stadtarchivar, konnte dies nicht ankaufen. Dass es eine Schenkung sein soll wurde erst später bekannt. Der Beitrag, den der private Historiker leistet, wird meist nicht anerkannt. Es freut mich, dass es zumindest in Teilen Deutschlands möglich ist, solche Forschungen zu betreiben. Meine Erfahrungen sind da leider anderer Natur. Erstens ist es erstaunlich wie gut die Geschichte von Zwangsarbeit, KZ-Außenlagern etc. erforscht wird, von Privatpersonen wie auch Historikern, jedoch dem Kriegsverlauf wenig bis gar keine Beachtung geschenkt wird. Wie so oft wenn dem Zeitgeist nachlaufende „Personen" sich nicht die Mühe machen die Gegebenheiten genau unter die Lupe zu nehmen (ich bekam schon öfter zu hören "was wollen sie denn damit, das interessiert doch keinen, nur die Nazis. Sind sie etwa einer?) kommt es zu Verfälschungen, so auch bei diesem Thema. Beispielhaft darf genannt werden dass viele Zeitzeugen immer SS gesehen haben, obwohl weit und breit keine solchen Einheiten zu diesem Zeitpunkt eingesetzt waren. Zweitens stellt man sehr schnell fest dass eine neutrale Aufarbeitung fast unmöglich ist, denn man wird selbst als Nazi hingestellt (wie mehrfach geschehen), wenn man eben nicht wie o. g. die Gräuel aufzeigen möchte, sondern das reale Kampfgeschehen, und dazu gehört die Wehrmacht ebenso wie die SS und die Luftwaffe. Schon aus diesem Grund ist dieses Forum für mich interessant, und meine Erfahrungen mit "weiter nördlich beheimateten Personen" sind weitaus angenehmer als die bisherigen.
ZitatGepostet von US330Reg Ja, das leidige Problem des Privatmannes, der die Geschichte erforschen will. Wie sieht es mit den staatlichen oder gemeindlichen Stellen aus? Schlecht. Erst vorgestern wurde im Lokalteil der Frankenpost, Regionalzeitung für den Großraum Hof in Nordostoberfranken, berichtet dass das Stadtarchiv Hof kein Geld hat, um Sachen und Dokumente anzukaufen. Hintergrund war eine Rechnung des Gasthofes zum goldenen Hirsch, in dem auch schon Goethe fünfmal logierte. Es wurde eine Rechnung vom 4.8.1865 angeboten. Und Herr Kluge, der Stadtarchivar, konnte dies nicht ankaufen. Dass es eine Schenkung sein soll wurde erst später bekannt. Der Beitrag, den der private Historiker leistet, wird meist nicht anerkannt. Es freut mich, dass es zumindest in Teilen Deutschlands möglich ist, solche Forschungen zu betreiben. Meine Erfahrungen sind da leider anderer Natur. Erstens ist es erstaunlich wie gut die Geschichte von Zwangsarbeit, KZ-Außenlagern etc. erforscht wird, von Privatpersonen wie auch Historikern, jedoch dem Kriegsverlauf wenig bis gar keine Beachtung geschenkt wird. Wie so oft wenn dem Zeitgeist nachlaufende „Personen" sich nicht die Mühe machen die Gegebenheiten genau unter die Lupe zu nehmen (ich bekam schon öfter zu hören "was wollen sie denn damit, das interessiert doch keinen, nur die Nazis. Sind sie etwa einer?) kommt es zu Verfälschungen, so auch bei diesem Thema. Beispielhaft darf genannt werden dass viele Zeitzeugen immer SS gesehen haben, obwohl weit und breit keine solchen Einheiten zu diesem Zeitpunkt eingesetzt waren. Zweitens stellt man sehr schnell fest dass eine neutrale Aufarbeitung fast unmöglich ist, denn man wird selbst als Nazi hingestellt (wie mehrfach geschehen), wenn man eben nicht wie o. g. die Gräuel aufzeigen möchte, sondern das reale Kampfgeschehen, und dazu gehört die Wehrmacht ebenso wie die SS und die Luftwaffe. Schon aus diesem Grund ist dieses Forum für mich interessant, und meine Erfahrungen mit "weiter nördlich beheimateten Personen" sind weitaus angenehmer als die bisherigen.
ganz meiner Meinung !!!
Falls nicht anders deklariert, stammen hochgeladene Bilder aus meinem Privatarchiv !
ZitatNach dem Film "Unsere Mütter - unsere Väter" weiss ich nun nicht mehr ein noch aus...
Es ist niemand mehr da, den ich fragen kann. Und nun wird endlich so ein Film gezeigt, aber es ist niemand in meiner Familie mehr da, der das erlebt hat... Ich fühle mich so verloren...
Ich habe die drei Teile dieses Filmes auch gesehen und muss sagen, obwohl ich keine 40 mehr bin, doch etwas betroffen war. Auch ich habe zum Zeitpunkt keinen mehr, in der engeren Familie, den ich befragen kann, aber ich habe es in der Vergangenheit getan. Meinen Vater, der aktiv 12 Jahre Soldat war, meine Mutter-was und wie sie es als Mädel erlebt hat, meine Großmutter und mein Großvater, die auf der Flucht waren und ihre Heimat verlassen mussten. Von drei Söhnen meiner Großeltern blieb einer im Krieg. Diese Erzählungen reichten fast schon aus, mir ein Bild der damaligen Zeit, der Sitten und Gebräuche zu machen. Meine Eltern und Großeltern kamen nun nicht aus dem Stadtmilieu, ihre Wurzeln waren ländlich geprägt. Ich kann nun nicht bestätigen, dass in der DDR nur Genossen das Bild des Faschismus geprägt haben. Sicher, vieles wurde unter der Glocke der Ideologie und der komm./ sozialistischen Weltanschauung gesehen. Man setzte sich aber auch in der DDR mit der Verführung durch den NS, den Verführten und ihrer Begeisterung zum Dritten Reich und zum Krieg auseinander. Ich denke da nur an solche Filme wie "Werner Holt", damals war ich persönlich im Alter der damaligen Flakgeneration. Man nahm ihre Begeisterung für das Reich und den Krieg mit erstaunen auf und verfolgte auch hier die Haltungen und Wandlungen dieser Generation, vor, während und nach dem Krieg. Ich denke auch an die Trilogie von Hofè " Roter Schnee", "Merci Kamerad" und "Schlußakkord" Auch hier die Haltungen von Begeisterung zum System, über militärische Pflichterfüllung bis zum gewaltsamen Augen öffnen durch Erlebnisse, die sich diese handelnden Personen in der Heimat und im Felde einfach nicht vorstellen konnten. Es passte nicht in ihr Denksystem der damaligen neuen Zeit. So ja auch die Haltungen, Wandlungen sowie der Erfahrungen der Charaktere im Dreiteiler "Unsere Mütter, unsere Väter" Viele tausend Menschen, Freundesgruppen und Familien erlebten solche Ereignisse und mussten sie verarbeiten. Jeder ehemalige Soldat der Wehrmacht hatte diese Probleme, viele haben sie gemeistert, viele nicht. Wenn man das betrachtet, es gab Überlebende aber keine Gewinner, es gab Erfahrungen für den Aufbau einer neuen Zeit, immer und überall. Dieser Film kam spät, aber nun auch nicht wieder zuspät.