Bei der Rückkehr der siegreichen Truppen aus dem Krieg erfolgte der Einzug in Magdeburg durch das Sudenburger Tor. Zu Beginn des Breiten Weges, in Höhe der Prälatenstraße, wurde zusätzlich ein Triumphbogen errichtet. Bild entfernt (keine Rechte) Bild entfernt (keine Rechte)
Nach meinen Informationen waren etwa 20 000 Mann plus 6 000 Offiziere als Gefangene in Magdeburg. Die Mannschaften wurden zu Abrissarbeiten der Wälle im Süden und Westen eingesetzt. In größerem Umfang auch zu Arbeiten bei Magdeburger Bürgern als Gärtner u. ä. Die gefangenen Offiziere durften sich gegen Ehrenwort in Zivil frei bewegen. Das war für die Mageburger Herrenschneider ein gutes Geschäft, da nach der Herbstgarderobe auch der Wechsel zur Winterkleidung erfolgte. Das war insbesondere erforderlich, weil der Winter 1870 zu 1871 von ungewöhnlicher Kälte begleitet war. Vom 25. Dezember bis zum März lagen die Temperaturen häufig unter -20 °C bis zu -25 °C. Sogar das Überqueren der zugefrorenen Elbe machten die Magdeburger noch zum Geschäft. Schilder am Ufer "le passage sur le glace coute 2 1/2 Sgr." wiesen auf den zu entrichtenden Wegezoll hin. Besondere Aufmerksamkeit der Magdeburger erregten bei den zumeist erfolgreichen Schlittschuhkünstlern unter den Gefangenen die "Zuaven", die ihre neu erworbenen Künste in ihren exotischen Uniformen vorführten. Die Offiziere mieteten Privatquartiere, meist die so genannten "guten Stuben", und zahlten dafür 6 - 8 Thaler im Monat.
Da ich nun mal 1870/71 für mich entdeckt habe, will ich noch einiges beisteuern
Mobilmachung, Auszug und Rückkehr der teilnehmenden Einheiten
Die Mobilmachung der preußischen Truppen erfolgte auf Grund der erkennbaren „Kriegslust“ Napoleons III., der für Frankreich eine europäische Führungsrolle demonstrieren wollte. Preußen mit dem Norddeutschen Bund und den über Geheimverträge verbündeten Staaten Bayern, Baden, Württemberg sowie Hessen-Darmstadt wollten diese Führungsrolle zurückweisen und gleichzeitig deutsche Gebietsansprüche in Elsass-Lothringen durchsetzen. Mit der Emser Depesche (13. Juli 1870) provozierte Bismarck Frankreich, das bis dahin diplomatisch ungeschickt agiert hatte, bewusst und erfolgreich. In Magdeburg hörte man an vielen Stellen den Gesang von Schulklassen, Gesangsvereinen, Männerchören und Soldaten. Immer wieder erklang „Die Wacht am Rhein“. Da die Entwicklung in Deutschland vorausgesehen wurde, mobilisierten Preußen ab 15. 7., Bayern folgte am 16., Baden und Württemberg dann am 17. Juli 1870. Die Mobilisierung erfolgte in größter Ruhe. Die Einheiten wurden auf Kriegsstärke gebracht und voll ausgerüstet. Über das gut ausgebaute deutsche Schienennetz erfolgte der Transport in Richtung Grenze. Erster Höhepunkt für Magdeburg war die Rückfahrt des preußischen Königs von Bad Ems nach Berlin. Dabei musste er, von Dortmund über Minden und Hannover kommend, Magdeburg berühren. Und Magdeburg war eine preußische Festung, durch die nicht so einfach ein königlicher Salonzug durchfahren konnte. Da landete man erst einmal am Wilhelmsgarten vor dem Festungstor. Dort musste die Lokomotive von vorne am Zug an das hintere Ende umgespannt werden. Und mit dem was nun vorne war, ging es auf der Berlin-Potsdam-Magdeburger Eisenbahnstrecke über die Elbe nach Berlin. Das Ganze dauerte 20 Minuten und in dieser Zeit konnte am 15. Juli 1870 Oberbürgermeister Hasselbach und was sonst an Honoratioren aus Magdeburg zur Verfügung stand, den König begrüßen, die Bevölkerung (nach Zeitzeugenberichten: die halbe Stadt) durfte mit ihrer vaterländischen Gesinnung dabei sein. Der Oberbürgermeister hielt auch eine Rede und das Bürgertum der halben Stadt verfolgte den König, bis sein Zug über die Brücke verschwand mit Hurra-Rufen. Der König bewunderte bei seiner Ausfahrt die Hurra-Rufe(sie wurden durch Rufe wie „nieder mit den Franzosen“ ergänzt) weniger, als die sichtbaren Baufortschritte an den Magdeburger Festungswerken. Diese erfreuten den „greisen König“, der „hochaufgerichtet“ die Festungswerke vor der Brücke bewunderte. Die Stadt quoll indessen über von einberufenen Reservisten, die nach Quartieren suchten, weil die „Kasernements“ bei weitem nicht ausreichend waren und fast jede Magdeburger Familie Einquartierung aufzunehmen hatte. Als die Zeug- und Wagenhäuser geöffnet wurden, konnten Alt und Jung nicht genug staunen über die schimmernden Waffen. Der Jugend hatten es ganz besonders die neuen Kanonen mit Rohren aus Gussstahl und gezogenen Läufen angetan. Jeder konnte sich frei zwischen den Geschützen bewegen und mit eigenen Augen sehen, dass diese die eingeschlagene Jahreszahl 1867 trugen. Das Neueste vom Neuen: also das Beste vom Besten. Die Pferdemusterung fand auf im Kavalier Scharnhorst statt . Da wurde klassifiziert nach „Stangenpferd“, „Train-Vorderpferd“, „Chargenpferd“ usw. Und es kam auch zu folgenden Szenen: „Ein schöner großer Fuchs, der bisher wohl nur den Sattel getragen, benahm sich wie rasend, als ihm das Kumtgeschirr aufgelegt wurde. >Umdrehen< lautete der kurze Befehl des beaufsichtigenden Leutnants. Zwei kräftige Artilleristen drehten darauf den Fuchs ein paarmal im Kreise, bis er schwindelig wurde und auf den Rücken fiel. Und nun schlugen die beiden mit umgedrehten Peitschen auf ihn los und bearbeiteten ihm Bauch und Flanken, dass der Gaul nach wenigen Minuten lammfromm aufstand und alles mit sich machen ließ. Um auch noch den Pferden die Mucken gemütlich auszutreiben, dazu reichte die Zeit nicht.“ Auf dem Domplatz exerzierten Freiwillige für den noch nicht erklärten Krieg. Ein interessantes Schauspiel für die Nicht-Freiwilligen. Gleichzeitig war Magdeburg Durchgangsstation für „fremde Truppen“, denn der Buckauer Bahnhof wurde als Abgangsbahnhof nicht nur für die Magdeburger Garnison genutzt. Viele der Waggons wurden mit der Aufschrift „Eilgut nach Paris“ versehen und mit Blumen geschmückt. Und Anfang August kamen schon die „Extra-Blätter“ mit den Meldungen über erste Scharmützel. Die Meldungen steigerten sich im Kriegsverlauf und die deutschen Erfolge wurden durch die große Zahl der Kriegsgefangenen, die nach Magdeburg kamen, bestätigt. Die Angst einiger Magdeburger, dass die Schwächung der Festung Magdeburg durch die stattfindende Stadterweiterung zum Schaden Deutschlands sei, bestätigte sich glücklicherweise nicht. Nachdem am 27. Oktober Metz kapituliert hatte, erhöhte sich nochmals die Zahl der nach Magdeburg verbrachten Gefangenen. Die Unterbringung solcher Menschenmassen wurde vor allem im Hinblick auf den bevorstehenden Winter zum Problem. Notgedrungen wurden vor dem Sudenburger Tor und beim Kavalier Scharnhorst Hunderte Baracken errichtet. Sie konnten als Fachwerkbauten mit Pappdächern den Schutz ihrer Bewohner in diesem strengen Winter allerdings auch nicht erfüllen. Zusätzlich brach unter den Kriegsgefangenen eine Pockenepidemie aus, die einer großen Zahl den Tod brachte, sodass nicht einmal die Bestattungsmöglichkeiten in Magdeburg ausreichten und viele der Verstorbenen in Massengräbern beigesetzt wurden. Deutsche Soldaten und die Magdeburger Bevölkerung waren von dieser Epidemie nur in geringem Umfang betroffen, da in Preußen die Pockenschutzimpfung als Zwangsimpfung bereits weitgehend umgesetzt war. Die deutsche Einigung und die nachfolgende französische Kapitulation versetzten Deutschland in einen Siegestaumel, der auch in Magdeburg seinesgleichen suchte. Am 2. März 1871 schwamm die Stadt in einem Lichtermeer. Besonders zu erwähnen war das Empfangsgebäude der Leipziger Eisenbahn am Fürstenwall, die Feuerversicherung am Breiten Weg und die Lebensversicherung am Alten Markt, Börse und Rathaus hatten die gesamte Front erleuchtet. Die Bevölkerung zog in einem nicht endend wollenden Fackelzug durch die Stadt und endete mit einem aus Tausenden Kehlen ausgebrachten Hochruf nach einer Ansprache von Oberbürgermeister Hasselbach. Die nun erfolgende Rückkehr der Magdeburger Garnisonstruppen erfolgte mehr oder weniger unspektakulär. Als erste kamen Pioniere in Kompaniestärke, die offiziell begrüßt wurden und den Dank der Bevölkerung entgegen nahmen. Andere kamen unangemeldet, auch nachts und sehr vereinzelt, ohne dass ihre Ankunft besonders vermerkt wurde. Parallel wurden die Kriegsgefangenen zurückgeschickt. Die Turkos sofort nach Algier, um dort gegen den Aufstand ihrer Landsleute eingesetzt zu werden. Wichtiger aber als die Rückkehr der überlebenden Helden und die Rückkehr der beschämten Besiegten war zunächst ein Ereignis, das die Herzen der Magdeburger Patrioten fast hoch bis zum Bersten schlagen ließ: der preußische König und neue gesamtdeutsche Kaiser „berührte“ wenige Tage vor seinem Geburtstag am 22. März die Stadt. Wieder 20 Minuten (technisch bedingt) und wieder Glück verströmend, für die, die dabei waren. Oberbürgermeister, Ehrenjungfrauen, Vorsitzende der Vaterländischen Vereine und der Hilfs- und Frauenvereine eingeschlossen. Ein schnell errichtetes Buffet ermöglichte dem Kaiser die Einnahme eines Imbisses. Begleitet vom Kronprinzen und vom Jubel der Bevölkerung entschwand der Monarch sodann nach Berlin. Der 16. Juni brachte dann den Magdeburgern endlich ihre lang ersehnte Garnison. Schon am frühen Morgen „wälzten sich die Volksmassen zu dem Buckauer Bahnhof und nun das Hurra, als endlich der Zug einlief, er das erste Bataillon brachte! Was waren das für freudige Momente des Wiedersehens, denn nicht nur wir Magdeburger waren am Bahnhofe, sondern auch aus der Umgegend, aus der Altmark usw. waren Eltern und Verwandte, Bräute und Kinder von Reservisten gekommen, um ihre Lieben in Empfang zu nehmen…“ Bataillon auf Bataillon kamen, bis am 18. Juni das vom Kaiser angeordnete Friedens- und Denkfest gefeiert wurde. Es war ein Sonntag und nach einer Reihe von Regentagen ein schöner Sonnentag in Magdeburg. Die Schüler der höheren Schulen trugen nach dem Nachmittags-Gottesdienst zum ersten Male die neuen farbigen Schülermützen, Vereine und Gewerke standen Spalier und durch den Triumphbogen an der Prälatenstraße kamen zur Begrüßung durch Oberbürgermeister Hasselbach die siegreichen Truppen, an deren Spitze General von Schwarzhoff ritt. Auf dem Alten Markt wurde Aufstellung genommen. Den Veteranen und den Rekonvaleszenten des abgeschlossenen Feldzugs wurden neben den Abordnungen der Garnisons-Truppenteile Ehrenplätze zugestanden und die angetretenen Musikkapellen spielten „Nun danket alle Gott“.. Die Magdeburger Gewerke marschierten dann an Exzellenz von Schwarzhoff vorüber: die Fleischer hoch zu Ross mit weißen Jacken und roten Schärpen, ebenso die Fuhrleute hoch zu Ross, die Maurer mit weißen Schürzen, Beilen und anderen Emblemen die Zimmerleute und Dachdecker. Die Kürschner waren teils als Braun- andere als Eisbären verkleidet. Am Abend erglänzte die Stadt in Illuminationen. Die bereits genannten Gebäude hatte wieder ihr Festkleid angelegt, ebenso erstrahlte die Ehrenpforte. Das Innere des Domes war rot erleuchtet, während die Türme abwechselnd in weißem und in rotem Licht erglänzten.
Ja, so schön waren vor 145 Jahren die Kriege. Übrigens wurde in diesem Krieg auch die Sammlung von „Liebesgaben“ erfunden. Damit wollte man die Helden fern der Heimat erfreuen. Der Magdeburger Volksmund bezeichnete noch lange nach der heroischen Zeit besondere Stänker als „Liebesgaben-Zigarren“.
Kriegsdauer: 190 Tage Zahl der Schlachten: 15 Zahl der Gefechte: weit über 100 Französische Verluste Gefallene: 140.000 Verwundete: 143.000 Kriegsgefangene: 702.000 Mannschaften 26.000 Offiziere Nach Deutschland verbrachte Kriegsgefangene: 374.995 Mannschaften 12.000 Offiziere In deutschen Lazaretten verstorbene Franzosen - In Frankreich: (Feldlazarette): 4.284 - In Deutschland: 13.349 - Gesamt in deutschem Gewahrsam: 17.633
Französische Kriegskosten: 14 Milliarden Francs
Die deutschen Truppen erbeuteten 7.400 Geschütze und 107 Fahnen
Deutsche Verluste
Gefallene: 17.255 Aufgrund der Verwundung bis 30.6.1871 verstorben: 11.023 Tote insgesamt: 28.288
Verwundete (einschl. der nachträglich Verstorbenen): 99.566
An Krankheiten Verstorbene im Feldheer: 14.904, davon 256 Offiziere
Als kleine Ergänzung, Verlustangaben (Tote, Verwundete, an Krankheiten Verstorbene usw. ) einiger Magdeburger Regimenter 70/71 aus den jeweiligen Regimentsgeschichten: 26. Inf. Reg. 25 Offiziere, 1 Arzt, 24 Unteroffiziere, 421 Gemeine 27. Inf. Reg. 19 Offiziere, 22 Unteroffiziere, 320 Gemeine
Im Vergleich zu vielen anderen Regimentern im Feldzug und im Vergleich der Verluste des Reg. 27 im Feldzug 1866 sind diese Verluste als "relativ gering" anzusehen- wenn man das überhaupt so formulieren darf.
Danke für die Ergänzung. Die Verluste der 26er waren mir bisher nicht bekannt, lediglich ihre verlustreiche Teilnahme an der Einschließung von Paris bei Epinai am 30.11.1870. Dafür noch als Ergänzung: Das Magdeburgische Pionier-Bataillon Nr. 4 verlor während des Feldzuges 7 Mann und hatte 2 Offiziere und 19 Mann an Verwundeten. Das in Halberstadt garnisonierte Königlich Magdeburgische Kürassier-Regiment Nr. 7 verlor 7 Offiziere, 196 Mann und 261 Pferde. Dabei wurde zwischen Toten und Verwundeten in meinen Unterlagen nicht unterschieden.
Pionier- Bataillon Nr.4: tot: Portepeefähnrich Kemper, verwundet: Seconde-Leutnant d. Reserve Schotte +18 Mann
7. Kürassiere: 1.Esk: tot: 3 Off. +18 Mann, verwundet: 1 Off. +29 Mann (incl. Stabstrompeter Braune, verw. bei Bernay) 3.Esk: tot: 1 Mann, verwundet: 5 Mann 4. Esk: tot: 1 Off.+24 Mann, verwundet: 2 Off.+32 Mann 5.Esk: tot: 1 Off. +25 Mann, verwundet: 2 Off.+33 Mann (incl. Avantageur Georg v. Hedemann als. Offz. gerechnet) Wir erinnern uns bei diesen hohen Verlusten an die denkwürdige Attacke des Regiments bei Mars-la-Tour........
Und weil wir beim Ergänzen sind..... Magdeburgisches Train-Bataillon Nr.4: Gesamtverlust: Rittmeister und Kommandeur des 2. Sanitätsdetachements Köhn von Jasky aus Erfurt + 43 Mann
Danke für die Information - da scheint es doch ähnliche Probleme wie heute gegeben zu haben. Die (offiziellen) Verluste hatten immer die anderen, selbst war man heroisch überlegen. In Magdeburg war man ja offiziell lange "nicht auf dem Laufenden". Erst nachdem ein großer Teil der Einheiten zurück gekommen waren, gab es auch die offiziellen Verlustlisten. Damit sagte man den Angehörigen, dass sie nun nicht länger warten sollten. Der ofizielle Empfang überdeckte dann wieder für den Rest der Bevölkerung die Trauer um die Verluste.
Nach dem deutsch-französichen Krieg von 1870/71 kommen bis zu 20.000 gefangene französiche Soldaten nach Magdeburg. Sie werden in der Zitadelle und in speziel eingerichteten Zeltlagern auf dem Cracauer Anger (Bild) interniert.
zu#11 In der Btl.Geschichte des PB 4 ist folgendes verzeichnet:
gefallen Vizefeldwebel Carl Schotte, ab 08.10. Sc.-Ltn. d. Reserve verwundet 14 Uffz. und Mannschaften durch Unfall und Krankheiten starben Pr.-Ltn. Müller sowie 9 Uffz. und Mannschaften. (Alle Namen und Einheiten sind aufgeführt)