Am 17.11.1710 schreibt der Direktor des grauen Klosters zu Berlin an Leibnitz: ...”Der Cronprinz richtete zu Magdeburg im Citadell eine kleine Akademie für Cadetten an, das Werk dirigiert ein gewesener Hauptmann Namens Bosse."
Erwähnt wird beiläufig ... ”eine andere Anstalt zur Erziehung und Ausbildung von Militärs, die beim Kloster unserer Lieben Frauen eingerichtet wurde.”
Über letztere Einrichtung konnte der Verfasser bis jetzt nichts in Erfahrung bringen, doch über die Kadettenanstalt schon rnehr:
Unter König Friedrich I. bestand eine Kadettenkompanie zu Königsberg (i.Pr.), welche aber wegen der Entlegenheit ihres Standortes wenig Zugang hatte. Der König versprach sich einen größeren Erfolg von der Aufstellung einer solchen Kompanie in der Mitte seines Staates und fasste dazu Magdeburg ins Auge.
Am 27.O2.1706 schreibt er an den Festungskommandanten von Magdeburg:
”Unseren Gnädigen Gruß zuvor, Bester, Lieber, Getreuer. Bei Aufrichtung der Compagnie Cadets ist Unsere vornehmste Allergnädigste undt Landes Vätterliche Absicht dahin gegangen, daß derer von Adel, sonderlich der unvermögenden Söhne aus unseren Landen, unter solcher Compagnie genomen in denen Kriegs- und andern Exercitiis frey unterrichtet und demnächst bey ihrer Qualificirung unter die Regimenter zu Ober- undt Unteroffiziere genommen undt emplogiret werden sollen. Weilen aber eine Zeit hero undt seith die angeregte Compagnie in Königsberg ei.nquartieret gewesen angemerket worden, daß wegen der Entlegenheit fast kein von Unseren Vasallen sich gemeldet, undt dannenhero zu Completirung derselben verschiedene Außwärtige von Adell angenomen werden müssen, Wir aber die Unserigen dieses beneficii nicht gern priviret sehen wollen, Als seindt Wir bey solcher Bewandtniß Allgergnädigst bedacht, mehgemeldete Compagnie an einem dazu bequehmeren undt in der Mitte von Unseren Landen belegenen Orte förderlichst unterzubringen. Allermaßen Unser Allergnädigster Befehl hiermit an Euch ergehet, diese Sache gebührend zu erwägen undt Uns Euere ohnvorgreifliche Gedanken zu eröffnen, ob Ihr vermeinet, daß, umb hierüber zum Zweck zu gelangen, mehrbesagte Compagnie in die Zitadelle zu Magdeburg füglich verleget werden könne? Worauff Wir Uns sodann nach Befinden deshalb weiter determiniren undt die Gebühr Allergnädigst verordnen wollen. Seindt Euch schließlich mit Gnaden gewogen."
Vorläufig unterblieb die Aufstellung der Kompanie in der Elbfeste. Erst 1709 wurde ihre Aufstellung fest beschlossen.
Ihr eigentlicher Schöpfer ist Friedrich Wilhelm I. (damals noch Kronprinz, später dann der ,,Soldaten-König"), der sich zum Zweck der Aufstellung dieser Kompanie mit dem Gouverneur von Magdeburg (Fürst Leopold von Anhalt-Dessau, bekannt als ,,Der Alte Dessauer") in Verbindung setzte. Dieser schlug vor den Kapitän Hans Martin Boße als Kommandeur einzusetzen. Boße stammte aus dem Regiment des Fürsten, das seinerzeit (zumindest in Teilen) seine Garnison in Magdeburg hatte. Am 01.06.1710 stellte Bosse die Kadetten-Kompanie auf. 60 Kadetten sollte sie ausbilden, 31 waren aber zu dieser Zeit nur vorhanden. 1713 aber waren es 76 ”Cadets”. Als ”Stammpersonal” stehen in der Kompanierolle dieses Jahres: - 1 Capitain: Oberstlientenant Hans Martin von Bosse - 1 Premier-Lientenant: Capitain Bernhard Meyer - 1 Secound-Lientenant: Sec.-Lient. Hans Neumann - 1 Fecht-, 1 Tanz-, 1 Sprach-, 1 Schreib- und 1 Rechenmeister, 1 Feldscher, 2 Pfeiffer und 2 Trommler.
In die Kompanie werden als Kadetten nur inländische junge Leute von ,,gutem Adel" eingestellt. Vermögen spielte keine Rolle, wohl aber die Körpergröße (die Längsten erhielten den Vorzug - warum wohl?)
Die Ausbildung dauerte je nach geistiger und körperlicher Entwicklung der jungen Leute 2 bis 4 Jahre. Nach der Ausbildung traten diese dann als Junker oder Gefreiten-Korporale in die Armee ein (die ”schlechteren Elemente" jedoch nur als Gemeine).
Der Betrag für den Unterhalt eines Kadetten (monatlich 6 Taler) war ziemlich knapp bemessen. Bosse beschwerte sich oft, dass er mit den bewilligten Geldern nicht auszukommen vermöge. Er müsse sogar Ersparnisse seiner früheren Kompanie zusetzen und mache obendrein noch Schulden. Erschwerend kam hinzu, dass sich das Kommissariat häufig mit der Anweisung der Gelder Zeit ließ, vielfach daran erinnert und öfter durch Geschenke bei guter Laune gehalten werden musste.
Fürst Leopold half häufig mit Geld und Ausrüstung aus, meist dann, wenn er Klagebriefe von Boße erhielt. Hier ein Beispiel:
,,Die Junger sollen Französich lernen und nur eine einzige französiche Grammaire befindet sich bei der Kompanie, sie sollen Zeichen lernen und noch ist nicht ein Groschen zur Beschaffung von Zeichenmaterial angewiesen."
Wir können aus von Bosse aufgestellten ,,Sentiments" erfahren, wie er die Erziehung der Kadetten leitete (um sie zu tüchtigen Offz. heranzubilden) und welche Ansprüche er an die jungen Leute stellte:
,,Der Junge Mann muss einen geschickten Leib, soliden esprit, eine fertige Zunge, ein ehrlich und brav Herz und eine vorsichtige conduite haben."
”Die Cadets müssen von allen Sachen solid zu raisonieren wissen, die Politique, Geographie, Histoire nebst Genealogie und die Jura erlernen."
Stets ist Bosse bestrebt, auf den Charakter seiner Schüler zu wirken. Er will sie ,,... ehrlich und brav gegen ihren König und das Vaterland ....” machen.
Die Kadetten waren in der Zitadelle von Magdeburg untergebracht. Diese wurde1680, östlich der Altstadt zwischen Stromelbe und Alter Elbe auf einer Insel erbaut (Kurfürst Friedrich Wilhelm).
1702 war sie vollendet, 1922 - 27 jedoch eingerissen, so dass heute die Unterbringung der Kadetten (2 - 4 in einem Raum) nicht mehr nachvollzogen werden kann. Dem Verfasser ist es auch nicht gelungen, präzises Bildmaterial zu beschaffen. Die Gewölbe sollen sehr feucht gewesen sein, was einen hohen Krankenstand zur Folge hatte.
Die Bekleidung bestand aus einer dunkelblauen Uniform und Aufschlägen wie das Regiment des Fürsten Leopold sie hatte (Inf Rgt Nr. 3, 1676 - 1747). Weiterhin lederne Kniehosen mit Knieschnalle, weiße Strümpfe und breitspitzige Schuhe. Als Kopfbedeckung diente ein hoher mit goldener Tresse und Feder geschmückter Hut, dessen vordere breite Krempe - wie damals üblich - aufgeschlagen wurde.
Bewaffnet waren die Kadetten mit Musketen und degenartigen Seitengewehren Die Gewehre hatte Fürst Leopold und die Degen der Kronprinz ,,gestiftet"..
1711 verlieh der König der Kompanie eine Fahne und der Kronprinz ,,erfreute" sie mit 2 Kanonen (die allerdings unbrauchbar waren).
Als der Kronprinz die Kompanie mustern wollte, geriet Bosse in arge Not. Die Bekleidung war knapp geworden. Fürst Leopold stand jedoch gerade in den Niederlanden.
So schrieb Bosse einen Bittbrief an dessen Gemahlin Anna Luise (die Apothekertochter). Der Läufer brauchte 7 Stunden von MD nach Dessau.
Die Fürstin schickte die Bekleidung unverzüglich durch ,,Extrapost”, so dass sie noch rechtzeitig eintraf, welche ,,attention der Kronprinz sehr hoch aufnahm".
Immer wieder litt Bosse besonders unter dem Kummer, dass er bei den geringen Mitteln, welche der Anstalt zuflossen, seine Pläne nicht durchführen konnte.
Vor Grarn gebeugt wendet er sich an Fürst Leopold: ,,Es chagrinirt mich allzusehr, daß ich ein Werk, das alle Welt admiriren sollte, so lau tractiret sehe. Ich will unterdaß das meinige dazuthuen und sollte ich dabei crepiren, so sterbe ich mit der unumstößlichen Wahrheit, daß alle meine actiones seit meinem Dienst zu principal hat die glorie vor Ew. Durchlaucht gehabt haben."
Der Fürst sprach Bosse Trost zu und half, wo er konnte.
Auch Bosses Gemahlin redete ihm gut zu ... ”sich die Sachen nicht so zu Herzen gehen zu lassen, er werde sich noch den Tod davon holen....”
Im höchsten Maße empörte sich Bosse darüber, dass der König mehr Interesse an der Berliner Kadetten-Anstalt zeigte, die wohl 1717 (als Kronprinzliche Kadetten-Kompanle , später auf ein Bataillon vermehrt) aufgestellt worden war. Der König plante die ,,Berliner” durch Abgaben aus Magdeburg zu verstärken.
Am 27.07.1717 musste Bosse nach Potsdam zum König. Bosse dazu an Fürst Leopold:
,,Gestern bin ich beim König gewesen. Er frug nach dem e'tat pro Augusto, ob ich ihn schon wisse und wie ich damit zufrieden sei. Ich antwortete: Ew. Majestät wies daraufhin, dass die neue Kompagnie in Berlin Ihr recht Kind und die Magdeburgische Ihr Stief-Kind ist, worauf der König: ”Adieu Bosse!” sagte und mich stehen ließ.
1718 starb Bosse,sein früher Tod wird zum Teil den Fehlschlägen seiner Hoffnung zugeschrieben.
1719 wurde die Kompanie dem Berliner Kadettenkorps einverleibt. Umschrieben hieß dies so:
,,Die Magdeburger Kp. erhielt (nach Boßes Tod, d.Yerf.) Ltn. Reymann als Capitain und schon im folgenden Jahr trat er mit der ganzen Kompanie nach Berlin über."
Nach einem Aufsatz von U.Bossert
[ Editiert von Administrator MAGADO-2 am 07.04.12 13:46 ]
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Aus Anlass des 300. Jahrestages der Gründung des Königlich Preußischen Kadetten-Corps habe ich noch einmal eine Zusammenstellung der wesentlichen Fakten vorgenommen. Warum das in unserem Forum eine Rolle spielt, ist in den vorangestellten Beiträgen bereits dokumentiert. Ich habe lediglich eine Ergänzung für die Zeit vor 1710 vorangestellt
1717 wurde durch den preußischen König Friedrich Wilhelm I. die preußische Kadetten-Anstalt, das „corps des cadets“, gegründet. Das Preußische Kadetten-Corps beruht auf Anfängen aus der Zeit des großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm. Und einen Teil dieser Anfänge kann man in Magdeburg finden. Mit dem Abschluss des Westfälischen Friedens war Magdeburg an Brandenburg gefallen. Gleichzeitig begannen einzelne Staaten ihre Söldnerheere durch stehende Heere zu ersetzen. Während man die Mannschaften durch Aushebung von Landeskindern aufbringen konnte, musste der entstandene Bedarf an Offizieren durch befähigte und speziell ausgebildete Kandidaten gedeckt werden. In Brandenburg sah man die Quelle dieser Kandidaten im Landesadel. Für dessen Ausbildung wurden Ritter-Akademien gegründet, deren erste in der durch den Westfälischen Frieden an Brandenburg gefallenen Festung Colberg eingerichtet wurde. Noch im Jahr der Übernahme der Festung wurde hier 1653 eine Ritter-Akademie für 60 bis 70 zum Kriegsdienst bestimmter junger Edelleute eröffnet. Die Militärmacht von Friedrich Wilhelm dem großen Kurfürsten war seit der Übernahme der Herrschaft im Jahre 1640 von weniger als 5000 Mann (Söldnern) inzwischen auf 11 600 Mann gewachsen. Das erforderte eine erhebliche Zuführung von Offizieren. Da Friedrich Wilhelm seine Streitmacht gleichzeitig zum stehenden Heer umbaute und auf seine Person verpflichtete, wurden auch einheitliche Ausbildungsgrundsätze und der Aufbau einer militärischen Intelligenz erforderlich. Da Ritter-Akademien selbst qualifizierte Lehrer erforderten, die in der erwünschten Anzahl gar nicht beschafft werden konnten, wurden weitere Wege der Offiziersausbildung beschritten und unter besonderen Bedingungen auch nichtadlige Bewerber aufgenommen. So wurden nach französischem Vorbild Regiments-Kadetten und Kadetten-Compagnien eingerichtet. Zu Regiments-Kadetten wurden junge Edelleute ausgewählt, die eine höhere Lehranstalt nicht besuchen konnten, sich aber für den Kriegsdienst beworben hatten. Sie wurden als einzelne Offiziersaspiranten in Regimenter aufgenommen, wo sie einen praktischen Ausbildungskurs durchliefen und anschließend noch Unterricht in Militärtheorie erhielten. Die Zahl der diese Laufbahn beschreitenden Anwärter war bescheiden, wenn auch die späteren Generalfeldmarschälle v. Röder und Graf Schmettau den Erfolg solcher Ausbildung bestätigen. Größeren Gebrauch von dieser Möglichkeit machten junge französische Emigranten nach Aufhebung des Edikts von Nantes. Die Kadetten-Compagnien waren ursprünglich fast ausschließlich aus Refugiés zusammengestellt und nahmen an allen militärischen Handlungen ihrer Regimenter, einschließlich Kampfhandlungen, teil. Sie empfingen Sold. 1689 gab es drei Kadetten-Compagnien zu je 18 Köpfen prima plana (Offiziere, Unteroffiziere, Feldscherer und Spielleute, die auf der ersten Seite der Musterrolle standen) und je 125 Kadetten. In Folge der Übernahme der Kadetten in die regulären Armee-Einheiten, der Kriegsverluste und des Ausscheidens aus dem Militärdienst reduzierte sich die Zahl der Kadetten-Kompanien bis 1700 auf eine. Diese war der Leibgarde in Berlin angegliedert und praktisch als Kadetten-Akademie angesehen wurde. Eine weitere Kadetten-Kompanie war möglicherweise einer der drei in Königsberg stationierten (Leib-)Gardekompanien angegliedert. Auf jeden Fall hat König Friedrich I. eine Kadetten-Kompanie von Königsberg nach Magdeburg gezogen, um sie dort „institutionell zu formiren“. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts stellen die preußischen Kadetten-Akademien einen Qualitätssprung in der Offiziersausbildung dar. Die Kadetten-Akademie in Berlin war zunächst zur Aufnahme und Förderung junger französischer adliger Emigranten gedacht. Mit der Übernahme als Offiziere in die brandenburgische Armee bzw. das Ausscheiden in einen anderen Beruf, hatte sich diese Aufgabe erledigt. 1701 wurde sie endgültig zu einer Einrichtung für die Ausbildung inländischer Adliger. Ihre Kapazität wurde zunächst auf 30 Kadetten begrenzt. Ihr Chef war der „Obrister“ Kronprinz Friedrich Wilhelm. Ab 1708 wurde sie der sogenannten weißen, oder Füsilier-Garde angegliedert. Ursprünglich mit größerer Kapazität, wollte man die Zahl der Kadetten nochmals reduzieren (es gab immer eine Anzahl „überkompletter“ Kadetten, d. h. dass die Zahl von 30 immer überschritten war), nachdem die Magdeburger Anstalt errichtet war. Die Kadetten erhielten eine Löhnung, dazu eine monatliche Zulage von 1 Thaler und 12 Groschen. Die staatlich aufgewendeten Mittel betrugen monatlich pro Kadetten 187 Thaler und 16 Groschen.
Die Kadetten-Akademie in Colberg war auf eine Kapazität von 24 Kadetten konzipiert. Sie wurde 1703 auf 30 erweitert. Die Zahl hat sich in den 12 ½ Jahren ihres Bestehens auf 50-60 gesteigert. Die Magdeburger Kadetten-Akademie wurde 1701 dem Regiment Anhalt überwiesen. Friedrich Wilhelm der große Kurfürst hatte dieses Regiment 1665 aus Mannschaften gebildet, die in Regensburg, Nürnberg und Frankfurt a. M. angeworben waren und erteilte diese 1679 dem Fürsten Hans Georg v. Anhalt-Dessau, dessen Taten das Regiment berühmt gemacht haben. In diese Formationen wurden die Magdeburger Kadetten eingegliedert bis sie nach Berlin überführt wurden. Besondere Hinweise auf die Magdeburger Kadetten aus der Zeit von 1701 bis 1706 sind leider nicht überliefert. 1706 oder kurz danach wurden dann die Königsberger Kadetten-Kompanie in die Magdeburger Zitadelle überführt. Wenig historisches Material zu diesem Vorgang ist verfügbar, aber König Friedrich I. schreibt an den Kommandanten von Magdeburg, Generalleutnant von Börstell, am 27. Februar 1706, dass die in Königsberg einquartiert gewesene Kadetten-Compagnie wegen der Entlegenheit ihres Standortes wenig Zugang gehabt habe, er sie also in die Mitte seines Landes, wo sie leicht zugänglich sei, verlegen, und hierzu Magdeburg erwählen wolle. 1707 wird der bei Cassano verwundete Hauptmann Martin v. Bosse zu den Magdeburger Kadetten versetzt. v. Bosse erhielt 1709 den königlichen Befehl, die Kadetten-Anstalt zu Magdeburg einzurichten. Er wurde im gleichen Jahr zum Ober-Ingenieur der Festung Magdeburg befördert. Er leitete die Kadetten-Anstalt bis 1718 (Feldmarschall Fürst Luitpold von Anhalt-Dessau führte den Titel „Capitaine“ der Kadetten, v. Bosse war „Sous-Capitaine“. Wann v. Bosse zum Major befördert wurde ist nicht bekannt. Hingegen ist seine Beförderung zum Oberstlieutenant am 30. Januar 1712 dokumentiert. Er starb, erst 47 Jahre alt, am 9. Dezember 1718. Ihre Kadettenausbildung haben in Magdeburg die späteren Generalmajore von Woedtke und v.Saldern sowie die Obersten von Sydow und v. Manstein erfahren. Manstein und Saldern u. a. wurden 1717 in die Berliner Kadetten-Anstalt versetzt, welche 1718 dafür einige Zöglinge nach Magdeburg abgegeben hat. Unterrichtsfächer der Magdeburger Kadetten-Anstalt waren wie in Berlin und Colberg, darunter auch Kriegsbaukunst, Mathematik, und ritterliche Exercitien. Nach dem Tode v. Bosses wurde als neuer Sous-Capitaine Christian Neumann eingesetzt, der 1719 mit seinen Zöglingen nach Berlin übertrat. Fürst Leopold erhielt als Ersatz für die Kadetten-Kompanie ein drittes Bataillon, für sein bis dahin nur aus zwei Bataillonen bestehendes Regiment.
Ausgezeichnet!!! Welche Quelle hast du dazu kontaktiert, denn diese Angaben kannte ich noch nicht. Ich selber habe nun auch die Kopien in der Traskription von Lehrmaterial des von Bosse für den Kadettenunterricht in Geometrie Mathematik etc. mit Skizzen.
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Über die preußischen Kadetten zu Beginn des 18. Jahrhunderts 1. Anzug (nach einer zeitgenössischen Beschreibung) Die preußischen Kadetten in Colberg und Magdeburg trugen blaue Uniformen mit goldenem Besatz und mit Aufschlägen von der Farbe der Truppenteile, denen sie zugeordnet waren. Hierzu kamen lederne Beinkleider, weiße Strümpfe und breitspitzige Schuhe mit Schnallen, oder auch kurze Stolpstiefel. Als Kopfbedeckung diente ein hoher, mit Tresse und Feder geschmückter Hut, dessen vordere breite Krempe weit aufgeschlagen stand. 2. Bewaffnung Bewaffnet waren sie mit den in der Infanterie gebräuchlichen Musketen und mit Seitengewehren, die bei den Colberger Kadetten nur kurz, bei den Magdeburger Kadetten aber degenartig waren, von ersteren an einem über die rechte Schulter hängenden Kuppel, von den letzteren aber mittelst eines Leibgurtes getragen wurden.
3. Aufgaben Sie wurden zu jeder in der Garnison vorkommenden Dienstleistung, jedoch stets unter dem Gesichtspunkte ihrer Ausbildung für höhere Dienstzwecke, herangezogen. Sie waren den verschiedenen Compagnien der Garnison zugetheilt, und in strenger Abhängigkeit von denselben, bildeten aber auch in sich Corporalschaften, deren jede unter dem Commando des betreffenden ältesten Kadetten stand. Auf die Kriegsartikel waren sie, ihres verschiedenen und größtentheils noch allzujugendlichen Alters wegen, wahrscheinlich noch nicht vereidet, doch aber haben sie strenge Bestrafungen militärischer Art unterlegen. Ihr Uebertritt in die Armee war an keine bestimmten Festsetzungen gebunden, sondern geschah, je nach den Bedingungen des Alters, der körperlichen Entwicklung und gesammten Application, nach 2-, 3- oder auch4 jährigem Kadetten-Cursus. Sie wurden alsdann als Junker oder Gefreiten-Corporale, in einzelnen ungünstigen Fällen auch als Regiments-Cadets, oder gar als Gemeine, in den verschiedenen Truppentheilen placiert, und die Biographien derer, welche diese Erziehungsschule durchmachten, können dazu Beispiele liefern.
1869 wurden die Bedingungen für die Aufnahme in das Kadetten-Korps neu bestimmt. Vielleicht ist die Neuformulierung für den einen oder anderen Geschichtsinteressierten von Interesse, so dass ich sie hier einmal zur Kenntnis geben will.
Ich habe in der Zeitschrift „Weltbühne“ Nr. 5/1920 vom 29. Januar 1920 einen Beitrag gefunden, der von einem konservativen ehemaligen höheren Generalstabsoffizier des kaiserlichen deutschen Heeres stammt. Ich möchte diesen zur Illustration von Zuständen in der „guten alten Zeit“ hier mal zur Kenntnis bringen.
Das Kadettencorps
Während ich mich meiner beinahe dreißigjährigen Dienstzeit im Heer immer gern erinnere, und der Truppenteile, bei denen ich gestanden habe, stets in treuer Anhänglichkeit gedenken werde, kann ich auch heute noch in der Erinnerung an die acht Jahre meiner Kadettenzeit nur Abscheu und Widerwillen empfinden. Unmöglich, sich Internate vorzustellen, die noch schlechter und einseitiger wären. Das Kadettencorps hatte eine gute Eigenschaft: das war die Billigkeit. Meine Erziehung kostete erst einhundertachtzig, dann sogar nur neunzig Mark im Jahr, und dafür wurde man ernährt, bekleidet, unterrichtet, bekam Bücher und lernte schwimmen, tanzen, reiten. Sonst wüßte ich aber auch nichts zum Lobe dieser Schule zu berichten. Freilich muß ich betonen, daß im Kadettencorps immer schlechte und bessere Zeiten abwechselten. Die Entwicklung ging in Wellenlinien. Wenn die Zustände so haarsträubend geworden waren, daß Selbstmorde oder Sittlichkeitsdelikte vorkamen, wurde endlich eingegriffen, und der Erfolg hielt ein paar Jahre an -bis schließlich die Grundtendenz der ganzen Anstalt doch wieder zu allgemeiner Rohheit im Ton und in der Behandlung führte. Der Grundfehler des ganzen Systems war die Vorherrschaft des militärischen Geistes, schon in den Voranstalten, wo die jüngsten Schüler zehn Jahre alt waren. Die Offiziere, die Erzieher sowohl wie die Militärlehrer, hatten die ganze Macht in Händen und betonten bei jeder Gelegenheit die Minderwertigkeit der Zivilisten, sodaß die paar Zivillehrer keinerlei Achtung genossen. Man wurde systematisch dazu erzogen, im Zivilisten ein verächtliches schlappes Vieh zu sehen. Es war etwa so wie bei der Mannschaftsinstruktion über den Wachtdienst, wo auch der Zivilist immer eine schmähliche Rolle spielte. Er beschmutzte und beschädigte Schilderhäuser, war betrunken, lärmte, wurde verhaftet, mit dem Gesicht gegen die Wand ins Schilderhaus gestellt und schließlich erstochen. In Metz meldete ein Patrouillenführer nach einer nächtlichen Streife durch die Bordellstraßen, daß gegen Mitternacht aus einem Bordell ein "nackter Zivilist" hinausgeworfen worden sei . "So war für das Militär der Zivilist beschaffen, und so wurde den Jungens vom zehnten Jahre an eingehämmert: "Es gibt Soldaten und Schweinehunde." Die Erzieher waren größtenteils junge Offiziere, die irgendwie kaltgestellt werden sollten, teils wegen Schulden, teils wegen Saufens. Einer war schon in Amerika gewesen und rief uns kaum jemals anders als: "Schwein!" oder: "Ehrloser Schuft!" Manche Schimpfworte verstand man mit zehn Jahren zunächst noch garnicht; so, wenn er sagte: "Dich Schwein hätte Dein Vater auch lieber an die Wand spritzen sollen." Aber allmählich verstand man leider alles. Ich erinnere mich aus der Voranstalt eigentlich nur eines Erziehers, der besser war als die andern: das war ein Württemberger, ein ernster, achtenswerter und allgemein beliebter Mann. Der Unterricht war, soweit er von Zivillehrern erteilt wurde, gut; aber leider unterrichteten auch die Offiziere, und das war dann oft ein sinnloses Frage- und Antwortspiel auf dem Niveau des Mannschaftsunterrichts. Der Grobian aus Amerika, zum Beispiel, gab Naturgeschichte in Quinta, wahrscheinlich weil er drüben Gärtner gewesen war. Er ließ uns meist in Kniebeuge irgendwo in der Ecke stehen; wie denn überhaupt Kniebeuge und Klopfpeitsche die wichtigsten Erziehungsmittel waren. Einmal kam der General bei der Inspektion des Unterrichts auch zur Naturgeschichte. Da sahen wir zum ersten Mal den weißen und roten Klee in natura, nachdem ein Zivillehrer in der Pause vor der Stunde erschienen war und ihn mit bunter Kreide an die Tafel gezeichnet hatte. Unsre Antworten konnten wir alle seit Wochen im Schlafe auswendig, und der General war entzückt und lobte den dicken Premierleutnant wegen der von ihm angewandten modernen "applikatorischen" Lehrmethode. Als er mit gnädigem Händedruck draußen war, sagte der Dicke lachend zu seinen grinsenden Schülern: "Seht Ihr, Ihr Schweinehunde: das nennt man den Leuten Sch . . . . . ums Maul schmieren." Der Mann war nicht ohne Humor, und dieses seines Ausspruchs, hab’ ich bei allen Besichtigungen meines militärischen Lebens gedenken müssen. Er befasste sich auch mit unsrer politischen Vorbildung. Als einmal der alte kranke Windthorst in der Nähe vorbei reiste, hieß es beim Appell: "Hoffentlich verreckt das Luder." Was nicht konservativ, war, war eben ein Schwein. Ein Kadett hatte einen Onkel seines Namens, der ein bekannter antisemitischer Abgeordneter war. Als diese Partei sich auf einmal christlich-sozial nannte, hätte der unglückselige Neffe beinahe Kompagniekeile bezogen ob des verdächtigen Wörtchens "sozial". Das erinnerte doch zu stark an Sozialdemokratie, und deren Anhänger standen damals noch unter dem Ausnahmegesetz und figurierten in unsrer Phantasie als Verbrechertypen mit ungepflegten Bärten, Ballonmützen und großen Holzknüppeln. Der ärgste Mißstand war die Einrichtung der Stubenältesten. Das waren Tertianer, die auf den Stuben beinahe unumschränkt regierten und die jungen Kadetten oft in der gröblichsten Weise mißhandelten. Da stand man, bis man zusammenbrach, in der Kniebeuge, in den ausgestreckten Armen ein Brett mit einem Stein oder einer Wasserkaraffe darauf, zwischen den Knieen womöglich noch einen aufgespannten Zirkel; oder man hing im "spanischen Bock" mit zusammengebundenen Händen und einen Stock durch Kniekehlen und Arme gesteckt zwischen zwei Spinden; oder man wurde mit Messern und Nadeln gestochen; oder es wurde einem ein Hosenknopf an die Backe genäht - kurz: die Rohheit feierte Orgien, und das unter den Augen der sogenannten Erzieher. Briefe nach Hause wurden kontrolliert. Für das, was zu schreiben war, gab es ein Schema, das auf jeder Stube angeschlagen war: es begann mit dem Dank für den erhaltenen Brief und hatte etwa fünf Punkte. Bei dieser Behandlung entwickelte sich unter den Kadetten ein entsprechender Geist. Es galt als höchst gemein, sich wegen irgendeiner Sache an die Offiziere zu wenden, überhaupt sich zu beklagen. Was einzig geachtet wurde, war die physische Kraft. War ein Tertianer körperlich schwach, so hatte er auch kein Ansehen. Alles, was mit dem Unterricht zusammenhing, galt als verächtlich, im besten Fall als notwendiges Uebel, auch der Pfarrer (Himmelsfähnrich genannt) war nichts als eine komische Figur, und in den Bibeln waren auf dem für alle Schulbibeln vorgeschriebenen eingehefteten Blatt mit den Rubriken: Beschmutzt - Zerrissen - Fehlt ... die Seiten angegeben, die Schilderungen von erotischen Vorgängen enthielten. (Zur Erbauung in der Religionsstunde.) Alle sexuellen Perversitäten blühten und wurden ziemlich offen betrieben; Hemmungen in der Beziehung gab es nicht. Einmal stand ich als Elfjähriger Posten, während mein Stubenältester sich im Kuhstall des Oekonomen mit einer Kuh irgendwie amüsierte. Jeder Tertianer hatte seinen "Schuß". das heißt: eine Art männlicher Geliebten, mit der er ganz offen verkehrte, und "die" deswegen keineswegs von den Andern verachtet wurde. Schlimm war ja überhaupt nicht so sehr daß dergleichen Dinge vorkamen - denn welches Internat ist frei davon? -, sondern daß eigentlich Niemand etwas dabei fand. Kerngesunde rüde Lümmels die mit zehn Jahren schon sechs Klimmzüge konnten, kamen bei dieser Erziehungsmethode auch ganz gut durch und fühlten sich wohl dabei; wer aber ein bißchen komplizierter veranlagt und mehr auf Wissenschaft und Künste gerichtet, oder wer körperlich zart war, der litt bitter unter dem „Geist" der Anstalt. In Lichterfelde war alles etwas besser und es ging wenigstens äußerlich etwas gebildeter her. Aber auch hier gaben Offiziere noch bis in die Sekunda hinein Unterricht der teilweise so skandalös war, daß die begabteren Schüler mehr wußten als die Lehrer. Ein Oberleutnant, nebenbei bemerkt: ein schwerer Alkoholiker, gab Geschichte in Unter-Sekunda, und wenn man den wörtlich auswendig gelernten Stoff mit einem falschen Wort herunterzurasseln anfing, mußte man abends mit dem Gewehr zu ihm kommen und unter Gewehrstrecken repetieren. Dieser Mann wußte immer nur, was grade das Thema für die Unterrichtsstunde war. Wir machten uns manchmal den Scherz, ihn nach andern Begebenheiten zu fragen: dann wurde er grob und meinte, das ginge uns Rindviecher garnichts an. Erst in der Prima wurde der Unterricht ausschließlich von Zivillehrern erteilt, und da lernte man auch wirklich was. Meine Lehrer aus der Prima habe ich heute noch in dankbarer Erinnerung: die Professoren Tüllmann und Schwengberg, zum Beispiel, waren ganz hervorragende Pädagogen, an denen ihre Schüler hingen. Die große Masse der Kadetten gelangte jedoch garnicht in die Prima, sondern machte nach der Obersekunda das Fähnrichsexamen und trat in die Armee ein, oder wurde Selektaner, was dem Fähnrich entsprach. Die Bildungsstufe dieser Jünglinge war selbstverständlich denkbar niedrig. Sie waren für die Offizierskarriere dressiert, und wehe ihnen, wenn sie in der Armee Schiffbruch erlitten! Diese streng durchgeführte militärische Methode bildete Menschen aus, die vollständig im Militärwesen aufgingen. Wenn es ernste, strebsame Menschen waren, wurden sie, was man in der Armee den guten Typ des Kadetten nannte, Männer, für die andre Berufe garnicht existierten, die nur noch militärisch fühlten und dachten. Bei beschränkten Menschen führte das zu Dünkel, Ueberhebung und Unduldsamkeit und zu einer betonten Verachtung aller Geistigkeit. Wenn man an den Offizier sonst keine Anforderung stellt, als daß er beim Sturm seinen Leuten vorangehe - im Grunde kann man nicht mehr von ihm verlangen -, so lieferte das Kadettencorps sicherlich derartige Führer in großer Menge, denn es erzog zu rücksichtslosem Schneid und wüstester Draufgängerei. Wenn aber der Offizier Erzieher des Volkes sein, wenn er unterrichten und fortbilden soll, was doch immer feierlich als seine Aufgabe verkündet wurde: dann war die Bildung, die ihm das Kadettencorps mitgab, viel zu einseitig und zu gering, und um sie aus sich zu ergänzen, mußte man erst den bildungsfeindlichen Geist dieser Anstalt innerlich überwunden haben. Der Kadett trat direkt in die Armee, und zwar als Fähnrich, also bereits als ziemlich hoher Vorgesetzter, der auf der Straße gegrüßt werden mußte. Irgendein Luftzug von Geistigkeit, wie ihn die Universität bringt, erreichte ihn nicht. Das Leben des Fähnrichs war im Vergleich zum Kadettencorps schon von ungeahnter Freiheit. Wie ein Automat schnellte er hoch, wenn ein Leutnant im Kasino: "Prost Fähnrich!" rief, und schließlich wurde er selber Leutnant und gehörte von da an dem Dienst und dem Kasino. Das geistige Leben der Nation, Politik, Geschichte, Kunst interessierte ihn nicht, und teilweise waren diese Dinge sogar verdächtig. Zote und Alkohol waren bequemere Unterhaltungsstoffe. Für viele Jahre, für Manche jahrzehntelang. In einem Alter, wo man grade zu denken anfängt, war man eben systematisch mit dem Portepee vor den Schädel geschlagen worden. Als ich die Hauptkadetten-Anstalt verließ hatte ich jede Illusion über meinen zukünftigen Beruf und den Offiziersstand verloren, und erst die Berührung mit den Mannschaften in der Truppe und die Einsicht in die Notwendigkeit und die Mission der Armee erweckten wieder Lust und Liebe zum Soldatenberuf. Die ganze Institution des Kadettencorps war, seit es eine Verfassung gibt, nicht mehr zeitgemäß und man sollte von ihr nur jene ihre beste Eigenschaft beibehalten: die Billigkeit. Man mache aus den Kadettenhäusern Bildungsanstalten für Söhne von Witwen und für Kriegswaisen aller, aber auch wirklich aller Stände, bestelle bewährte Philologen als Leiter und verlange von Offizieren, die als Lehrer und Erzieher zugelassen sein wollen, unbedingt, daß sie das philologische Staatsexamen gemacht haben.