V22.12.12 Was Majestät zu speisen wünschten Die Pietzpuhler Küchenzettel des Alten Fritz. Von Andreas Tempelhof Das Familienarchiv derer von Wulffen warfen 1945 sowjetische Soldaten ins Feuer oder in den Wassergraben hinterm Schloss. Alles schien für immer verloren. Doch jetzt, pünktlich zum 300. Geburtsjahr Friedrich II., sind sie wieder aufgetaucht. Küchenzettel aus dem Schloss derer von Wulffen in Pietzpuhl. Diese Küchenzettel sind quasi Speisekarten und sie stammen aus dem Mai 1775. Damals gab sich kein geringerer als der Preußenkönig Friedrich II. die Ehre, auf Schloss Pitzpuhl zu weilen. Und Majestät wünschten zu speisen. Pietzpuhl ist ein wirklich kleines Dörfchen. Hier endet die schmale Landstraße aus Richtung Burg. Weiter geht es nur auf Feldwegen. Am Rande des Ortes steht allerdings ein imposantes Schloss. Reiner Barock. Seit 1998 gehört das Schloss wieder den von Wulffens. Heute leben hier Ulrike und Hanno von Wulffen, die es Stück für Stück restaurieren. Im Salon hängt ein erstaunlich fein gezeichnetes Porträt des Alten Fritz; schließlich war der Preußenkönig oft hier zu Gast. „Natürlich ist es eine gewisse Freude, so jemanden im Hause begrüßen zu dürfen“, sagt der 72-jährige Hanno von Wulffen. Pietzpuhl, Ende Mai 1775. Alljährlich halten die preußischen Truppen aus Magdeburg auf den kargen Äckern um Pietzpuhl Manöver ab. Revuen heißen diese Übungen. Der Alte Fritz lässt es sich nicht nehmen, mit gestrengem Blick seine Soldaten zu beaufsichtigen. Und das Quartier des Preußenkönigs war an diesen Tagen auch Schloss Pietzpuhl. Jetzt ist diese Geschichte um eine Facette reicher. Im Berliner Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz sind beim Durchstöbern der alten Dokumente rund um den Preußenkönig die Pietzpuhler Küchenzettel aufgetaucht. Nun ist klar, was der Alte Fritz zu speisen wünschte, anno 1775. Es waren ganz bodenständige Speisen. Hühnersüppchen hat er wohl geliebt. Kredenzt wurden aber auch Fleisch und Fisch aus der Region. Auf keiner königlichen Tafel fehlte Lachs. Der König der Fische war damals in den heimischen Flüssen noch gut vertreten. Dazu wurde viel Gemüse aus den Gärten ringsherum gereicht, vor allem Spargel. Schließlich war ja Mai. Frische Butter durfte nicht fehlen. Zwar haben einige Köstlichkeiten französisch angehauchte Namen, sind aber weit entfernt von der französischen Küche. Was überrascht, denn der Preußenkönig war bekanntlich großer Fan der französischen Sprache, der Kultur Frankreichs und ihrer Philosophen. In Pietzpuhl standen quer zur Vorderfront des imposanten Königliche Tafel 26. Mai 1775, Mittag Suppe … (?) 1 Huhn Bouillon Schwanzstück Rind mit jungen Mohrrüben Fasanenpastete Lachs a la Dessau mit frischer Butter Filet von 3 Karpaunen und 8 Hühnern Frikassee von Hühnern (12 Stk.) Gebratenes Reh (1/2) Gebratener Hammel mit Gurkensoße Spargel auf Sauce Florentiner (Gebäck oder Taubenrasse) Aal in grüner Ravigatensauce Kopfsalat a la …(?) Extra: Grüne Erbsen Lüder: Gurkensalat 4 kalte Pasteten, so mit auf der Reise gegangen für seine Majestät und Prinzen von 2 Hasen, von 2 Rebhühner, von 3 Fasanen Portugieser .... (Auszug) Schlosses zwei Kavaliershäuser. Hier logierten einst zu Manöverzeiten die Offi ziere (Kavaliere). Eines der Häuser ist erhalten, aufwendig restauriert und heute Restaurant mit Saal und Hochzeitszimmer. Jens Fandrey, der Restaurantchef, wurde ganz hellhörig, als sich das mit den alten Pietzpuhler Küchenzetteln herumsprach. Er und sein Küchenteam wollen einige dieser preußisch königlichen Spezialitäten von 1775 für ihr Menüangebot übernehmen. „Die Speisen von damals liegen voll im Trend“, schwärmt Jens Fandrey, „Produkte und Zutaten aus der Region, viel heimisches Gemüse …“ Also kann man demnächst im Pietzpuhler Kavaliershaus auch speisen wie Friedrich der Große. Das Verhältnis der Pietzpuhler von Wulffens zu Friedrich II. war allerdings nicht ungetrübt. Hanno von Wulffen erzählt, dass der Alte Fritz damals von der Pracht des Herrenhauses, gelinde gesagt, negativ beeindruckt war. Prompt soll er den von Wulffens eines ihrer Güter weggenommen haben. „Das geht mehr unsere Vorfahren an als uns“, reagiert Hanno von Wulffen darauf nach 250 Jahren diplomatisch. Ulrike von Wulffen schaut durch die Räume im Schloss und lacht: „In vielen Ecken ist er noch. Ich mag ihn. Ich mag ihn als historische Person. Aber ich würde auch nicht Juhu schreien, wenn Marylin Monroe hier plötzlich um die Ecke kommen würde.“
Hört sich sehr interessant an. Werde nächstes Jahr bestimmt mal einen Abstecher nach Pietzpuhl machen und bei dieser Gelegenheit auch den Ottohof besuchen.