H. Menzel Tel.-Gespräch mit Pfarrer Bicknese und Ortschronist Flechtingen 039054-2380 11.2.13
Wie war das damals April 1945, als die Ami’s anrückten? In Flechtingen war es ziemlich ruhig, kein Widerstand durch den Volkssturm. In Flechtingenwaren auch keine Panzersperren errichtet. Der Bürgermeister von Flechtingen war Heinrich Bordfeld. Er ist auch nicht mit weißer Fahne den Ami’s entgegen gegangen. Einige Leute haben aber weiße Lappen aus den Fenstern gehängt. Als die Ami’s bereits in Behnsdorf waren hat hier der Pastor die Kirchenglocken geläutet. Das war das Zeichen für Feindalarm. Die Menschen hier in Flechtingen hielten sich in ihren Häusern auf, Fensterläden waren verschlossen. Als die Glocke läutete, waren noch etliche Kinder auf den Straßen. Auch Wehrmacht war nicht in Flechtingen und der Volkssturm blieb zu Haus und rührte sich nicht. Von Flechtingen aus konnten wir oft Bomberpults sehen, die in Richtung Berlin flogen. Ich erinnere mich auch noch an den 16.1.45 Magdeburger Luftangriff. Als das Bombardement begann, lag ich im Bett und hörte etwa eine Stunde lang das Gebrumme der Bomber. Da kam auf einmal meine Mutter hoch und rief: “Komm mal runter Magdeburg brennt!“ Da wo Magdeburg sein musste flackerte es. Scheinwerfer waren zu sehen und auch die Weihnachtsbäume die runter gingen. Von weitem die dumpfen Detonationen von Bomben und der Himmel färbte sich ganz rot. Trotz der über 40 km Luftlinie entfernt war alles gut zu beobachten. Wir standen alle Richtung Altenhausen und beobachteten Magdeburg’s Schicksal. Immer wenn die Bomber Richtung Berlin flogen und wir in der Schule waren, hörte man die Feuerwehr ihr Signalhorn blasen. Das war Fliegeralarm. Dann aber schnell nach Hause. Der Unterricht war gelaufen. Das war meist so gegen 10:00Uhr am Tag. Einmal war ein US-Bomber im Luftkampf abgeschossen worden. Der warf noch eine Sprengbombe ab. Der Krater auf dem Acker war riesig. Wir hatten damals gerade Rüben gesät am 1.Mai 44. Wir warfen uns in den nahen Graben. Wasserschloß Flechtingen: Damals, als die Ami’s kamen April 45, waren noch die Besitzer des Wasserschloßes drin. Kurz nach dem Krieg waren dann auch noch Flüchtlinge (Sept. 45) drin, später Altersheim. Die Eigentümer wurden im Sept. 45 enteignet und ausgewiesen. Die Besitzer waren damals Jakob v. Schenk. Seine Frau war ca. 30 Jahre jünger, er schon über 80. Nach 45 Genesungsheim, Grenztruppenunterkunft ?? , Altersheim. Als die Ami’s kamen war die Brücke Mittellandkanal –Bülstringen- gesprengt. So standen sich die US-Panzer und Fahrzeuge mit aufgesessener Infanterie in Kolonne bis hinter Flechtingen, bis es dann irgend wann weiter ging. Wir Kinder sind dann einfach dort hin zur Chaussee und sammelten von den Ami’s Schokolade ein. Da sah ich auch die ersten farbigen Amerikaner, Nerger, wie wir damals sagten. Die waren alle freundlich. In Flechtingen befand sich die US-Kommandantur in der Ortsmitte in der alten Schule neben der Mühle. Später war auch die englische Kommandantur da drin. Als die Russen später, ab 1.7.45, ankamen, mit den Panjewagen, da richteten sie sich in das Rittergut ein. Der Besitzer wurde kurzerhand enteignet, auch die Kühe usw. Bei den Ami’s wurden der Ortsgruppenleiter der NSDAP und ein Herr Schubert (Nazi) verhaftet und mitgenommen. Die waren froh, nicht beim Russen gelandet zu sein, kamen später wieder nach Flechtingen?? zurück. Kriegsgefangenen -Camp’s bei Flechtingen Die deutschen Soldaten waren kurze Zeit bei den Bauern auf den Höfen verteilt, bis kurz bevor der Russe kam. So auch Hans-Dietrich Genscher, der bei Tangerhütte über die Elbe kam und in Gefangenschaft ging. Hier in Flechtingen lag er ca. 14 Tage lang bis zum Weitermarsch. Viele deutsche Kriegsgefangene wurden noch in der Nacht vom 30.6 zum 1.7.45 von den Bauernhöfen geholt, und bei Calvörde gesammelt zum Abtransport Richtung Westen. Der Kommandant der Brite fragte dort, wer hier bleiben will kann bleiben. Da trat einer aus der Reihe heraus, Der Kommandant :“Bist du Kommunist?“ Antwort: „Nein, ich will zu meiner Mutter nach Halle!“…Dann wurden alle auf LKW’s verladen und Richtung Westen gefahren. Es waren aber doch einige, die nicht mit auf den Transport gehen wollten. Das waren meist sehr junge Soldaten aus dieser Heimat. Sie versteckten sich noch einige Zeit, als der Russe schon hier war bis sich alles beruhigt hatte, Lazarette hatte es hier in Flechtingen nicht gegeben. Das war in Haldensleben, in der Landes-Heilanstalt. Der Bomber, der im Luftgefecht abgeschossen wurde, kam schon mit einer großen Rauchfahne an. Das war März 44. Der hatte neben Sprengbomben auch noch die Stabbrandbomben vorher abgeworfen. Die gingen alle hinter dem Bahnhof runter. Da nicht alle brannten, mussten wir Kinder diese aufsammeln. Auf der Verladerampe und der Straße lagerte Grubenholz. Der Verantwortliche der Verladung rettete sich hinter einem Holzstapel. Auf diesen Stapel knallte ein brennender Motor des Flugzeuges, welches auseinander brach. Eine Kanzel und Rumpfteile lagen im Wald an der Waldkante. Auch der Wald fing Feuer. Neben den Wrackteilen lagen zwei verkohlte Besatzungsmitglieder, Die wurden auf dem Flechtinger Friedhof beerdigt. Als der Krieg zu Ende war, stellte man auch noch zwei Kreuze auf. „Hier liegen zwei unbekannte amerikanische Soldaten“: Heute sind diese Gräber eingeebnet. Zum Kriegsende kam hier auch noch der KZ-Zug durch, der nach Isenschnibbe fuhr. Hier in Flechtingen wurden zwei Tote aus dem Zug geworfen. Die wurden dann in Flechtingen auf dem Friedhof neben den beiden unbekannten US-Soldaten beerdigt. Da stand auf den Kreuzen „von der SS ermordet“ drauf. Fremdarbeiter in Flechtingen Eine Frau auf einem Bauernhof hatte sich Ende 44 noch mit einem Polen befreundet. Der Bauer hatte das bemerkt und beide im Bett erwischt. So wurde die Frau von der Polizei eingesperrt und der Pole wurde versetzt. Diese Frau Elschen Stützer, geb. Schulze wurde aber durch Bezahlung mit Lebensmitteln wieder frei gelassen. Als dann der Krieg aus war in Flechtingen, Saß der Pole auf dem ersten US-Panzer vorne drauf der in unserem Ort gefahren kam. So trafen sich beide hier wieder. Als der Krieg zu Ende war und die Polen wieder in ihre Heimat konnten, ist Elschen Stützer mit ihrem Freund gegangen. 1942/43 war hier bei Flechtingen eine Scheinwerferstellung auf dem Mühlenberg. Die sind dann aber wieder weggekommen. Auch hinter dem Friedhof
Persönliche Anmerkungen meinerseits: Es sollte unbedingt noch geklärt werden, wann das Wasserschloß Flechtingen, Grenztruppenunterkunft wurde. (Jahr und wie lange)Die Bezeichnung Grenztruppen wurde erst am 1.Dezember 1975 eingeführt. Wer war der Ortsgruppenführer der NSDAP (Name). Welche Rolle spielte Herr Schubert und wann kehrten beide zurück (Jahr). Friedhof Flechtingen (genauere Beschreibung wo die Kreuze standen). Ist bekannt ob Elsche Stützer noch lebt und wenn ja, hat Sie ihre Heimat einmal besucht? Hat man bei den beiden toten Häftlingen noch Kenntnis über Herkunft und Häftlingsnummer sicher stellen können? Teddy
Gute Fragen, die ich auch hatte, aber es konnten von Herrn Bickmese darauf keine Antworten gegeben werden. H. Menzel
Reinschrift Teddy
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Hallo Wirbelwind, was die Grabanlagen (Gräber der beigesetzten amerikanischen Soldaten betrifft, exestiert auf dem Friedhof kein Grab. Nach mir vorliegenden Informationen, wurden die ums Leben gekommenen Amerikaner nach dem die US-Streitkräfte das Gebiet des heutigen Bundesland Sachsen-Anhalt (damals Provinz Sachsen) an die Rote Armee übergaben, wurden diese gefallenen Amerikaner mitgenommen (99,9% Sicherheit).Ich habe nur einen Vorschlag für die VG Flechtingen unterbreitet, dass man doch an der Stelle wo einst die Gräber sich befanden, einen Gedenkstein bzw. ein großes Holzkreuz aufstellen könnte mit der Information was dort vor genau 70 Jahren einst geschah. Gruß Teddy